Entscheidungsstichwort (Thema)

Pachtvertrag zwischen Eltern und ihren erwachsenen Kindern

 

Leitsatz (NV)

1. Die Grundsätze für Verträge zwischen nahen Angehörigen gelten auch für Pachtverträge zwischen Eltern und ihren erwachsenen Kindern.

2. Zur Durchführung eines Pachtvertrags gehört die regelmäßige Zahlung der geschuldeten Vergütung. Der Ausweis von Verbindlichkeiten in der Bilanz genügt nicht.

3. Die zivilrechtliche Wirksamkeit eines Vertrags als Indiz für dessen Ernsthaftigkeit macht den Fremdvergleich nicht hinfällig. Es ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, wenn mit Rücksicht auf die besonderen persönlichen Beziehungen der Vertragsparteien strenge Anforderungen an die zwischen ihnen abgeschlossenen Vereinbarungen gestellt werden.

 

Normenkette

EStG § 4 Abs. 4, § 12 Nr. 2

 

Verfahrensgang

Niedersächsisches FG

 

Tatbestand

Streitig ist die steuerrechtliche Berücksichtigung eines Pachtverhältnisses zwischen Vater und Sohn.

Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) betreibt einen Kraftfahrzeughandel mit Werkstatt. Im Jahre 1975 verlegte er diesen Betrieb auf ein seinem volljährigen Sohn gehörendes Grundstück. Nach dem zugrunde liegenden Pachtvertrag sollte das Pachtverhältnis für eine Dauer von 14 Jahren gelten. Der monatlich im voraus zu entrichtende Pachtzins sollte 1 950 DM betragen; für den Fall des Zahlungsverzugs sah der Vertrag ein außerordentliches Kündigungsrecht vor.

Anläßlich einer Außenprüfung stellte der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA -) fest, daß die Pacht weder regelmäßig noch in voller Höhe gezahlt worden war. Die nicht ausbezahlte Pacht war jeweils passiviert worden; eine Verzinsung erfolgte nicht.

Das FA versagte daraufhin die steuerliche Anerkennung des Pachtverhältnisses. Gegen die entsprechenden Einkommensteuerbescheide erhob der Kläger erfolglos Einspruch und Klage.

Das Finanzgericht (FG) hielt die an Vereinbarungen zwischen Eltern und Kindern zu stellenden besonderen Anforderungen nicht für erfüllt. Insbesondere fehle es an einer Durchführung und Gestaltung des Vereinbarten entsprechend dem zwischen Fremden Üblichen. Der Kläger habe den vereinbarten Pachtzins zu den Fälligkeitszeitpunkten nicht in voller Höhe ausgezahlt. Unter Fremden wäre es unter diesen Umständen zur Kündigung des Pachtverhältnisses gekommen; zumindest wären im Rahmen einer Stundung oder eines Darlehens eine Verzinsung der Forderung und entsprechende Sicherheiten ebenso wie die Tilgung der Rückstände vereinbart worden. Eine solche Vereinbarung hätte zeitnah erfolgen müssen, weshalb der im Jahre 1980 über die Pachtrückstände getroffene Darlehensvertrag nicht ausreichend sei. Im Hinblick auf die völlig andere Interessenlage könne der Hinweis des Klägers auf die Üblichkeit zinslos gestundeter Rückstände bei Pachtverträgen zwischen Brauereien und Gaststättenpächtern nicht überzeugen. Nicht unberücksichtigt bleiben dürfe auch das Fehlen einer Anspassungsklausel, die im voraus klar und eindeutig hätte vereinbart werden müssen.

Mit der Revision rügt der Kläger die Verletzung formellen und materiellen Rechts.

Die Voraussetzungen des § 4 Abs. 4 des Einkommensteuergesetzes (EStG) seien erfüllt, weil der Pachtvertrag und die sich daraus ergebenden Pachtzinszahlungen durch den Betrieb des Klägers veranlaßt gewesen seien. Daran ändere ,,das Defizit an sachgerechter Ausgestaltung wie an Verifizierung" nichts. Anlaß für den Abschluß des Pachtvertrages sei die Kündigung des bisherigen Pachtverhältnisses über das Betriebsgrundstück des Klägers an anderer Stelle gewesen. Dem FG habe sich die Notwendigkeit einer Prüfung des Anlasses (der Ursache) für den Abschluß des Pachtvertrages gemäß § 76 der Finanzgerichtsordnung (FGO) aufdrängen müssen. Auf das Beweisanerbieten des Klägers, daß es bei Pachtverträgen unter Fremden keineswegs unüblich sei, die Zahlung des Pachtzinses ohne Sicherheitsleistung und ohne besondere Abkommen zu stunden, sei das FG im übrigen überhaupt nicht eingegangen.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist nicht begründet.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) sind Verträge zwischen nahen Angehörigen einkommensteuerrechtlich nur dann zu berücksichtigen, wenn sie nach Inhalt und tatsächlicher Durchführung dem zwischen Fremden Üblichen entsprechen und insbesondere, soweit sie inhaltlich einem Fremdvergleich standhalten, auch diesem Vertragsinhalt gemäß vollzogen werden (vgl. zuletzt Urteile vom 7. Mai 1987 IV R 73/85, BFH/NV 1987, 765, und vom 13. November 1986 IV R 322/84, BFHE 148, 168, BStBl II 1987, 121). Denn nur auf diese Weise kann sichergestellt werden, daß die vereinbarten Leistungen tatsächlich dem betrieblichen und nicht - z. B. als Unterhaltsleistungen - dem privaten Bereich (§ 12 Nrn. 1 und 2 EStG) zuzurechnen sind.

Diese Grundsätze gelten auch für Pachtverträge zwischen den - einander unterhaltsverpflichteten (§ 1601 des Bürgerlichen Gesetzbuches - BGB -) - Eltern und ihren erwachsenen Kindern (BFH-Urteil vom 25. Mai 1976 IV R 226-227/71, BFHE 119, 161, BStBl II 1976, 561).

Im Streitfall scheitert die steuerliche Anerkennung des Pachtverhältnisses schon am fehlenden Vollzug der getroffenen Vereinbarung.

Zur Durchführung eines Pachtvertrages gehört - nicht anders als beim Arbeitsverhältnis - die regelmäßige Zahlung der geschuldeten Vergütung. Dies hat der BFH für ein Pachtverhältnis zwischen Ehegatten ausgesprochen (Urteil vom 22. März 1972 I R 152/70, BFHE 105, 351, BStBl II 1972, 614). Für den hier gegebenen Fall kann nach den dargelegten Grundsätzen nichts anderes gelten.

Nach den Feststellungen des FG ist die Pacht im Streitfall nicht regelmäßig gezahlt worden. Selbst ausnahmsweise zeitgerecht geleistete Zahlungen können in einem solchen Fall nicht als betriebliche Aufwendungen berücksichtigt werden (BFH-Urteil vom 6. März 1985 I R 279/81, BFH/NV 1986, 82). Die nicht gezahlten Beträge hat der Kläger als Verbindlichkeiten passiviert. Dieser Ausweis in der Bilanz kann die erforderliche Zahlung nicht ersetzen (BFH-Urteil vom 18. Juli 1972 VIII R 43/72, BFHE 106, 519, BStBl II 1972, 932). Ebensowenig kann im Streitfall eine Darlehensvereinbarung an die Stelle der Auszahlung getreten sein (vgl. dazu BFH-Urteil vom 17. Juli 1984 VIII R 69/84, BFHE 142, 215, BStBl II 1986, 48 betreffend die Gehaltszahlung an die Ehefrau, m. w. N.). Dafür genügt die erst im Jahre 1980 vereinbarte darlehensweise Überlassung der Pachtrückstände ebensowenig wie dies bei einer derart verspäteten Nachholung der Zahlung der Fall wäre. Da dem Pachtverhältnis schon danach die steuerrechtliche Anerkennung zu versagen ist, kann dahingestellt bleiben, welche Bedeutung dem Fehlen der in langfristigen Pachtverträgen üblichen Anpassungsklausel für sich genommen beizulegen wäre.

Die gegen dieses Ergebnis vorgebrachten Einwendungen des Klägers können nicht überzeugen.

Die vom Kläger unter Hinweis auf das BFH-Urteil vom 19. Dezember 1979 I R 176/77 (BFHE 129, 475, 477, BStBl II 1980, 242, 243) angesprochene Bedeutung der zivilrechtlichen Wirksamkeit eines Vertrages als Indiz für dessen Ernsthaftigkeit macht den Fremdvergleich nicht hinfällig. In diesem Urteil ist dieses Erfordernis auch ausdrücklich genannt. Auch wenn das überlassene Grundstück im Hinblick auf die Kündigung des bisherigen Pachtverhältnisses für den Betrieb benötigt wird, besagt dies für die hier streitige Frage nach der steuerlichen Anerkennung des - entgeltlichen - Pachtverhältnisses nichts. Daraus folgt nur, daß ein Entgelt - sofern es zu bejahen wäre - steuerlich abzugsfähig wäre. Daß eine Verpflichtung des Sohnes zur unentgeltlichen Überlassung des Grundstücks fraglos nicht besteht, schließt keineswegs eine solche Überlassung aus. Auch der vom Kläger genannte Irrtum hinsichtlich der steuerlichen Folgen kann diese nicht in seinem Sinne beeinflussen. Schließlich ist es auch verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, wenn mit Rücksicht auf die besonderen persönlichen Beziehungen der Vertragsparteien zueinander strenge Anforderungen an Inhalt und Durchführung zwischen ihnen abgeschlossener Vereinbarungen gestellt werden (vgl. Beschluß des Bundesverfassungsgerichts - BVerfG - vom 22. Juli 1970 1 BvR 285/66 u. a., BVerfGE 29, 104, 118, BStBl II 1970, 652, 656, m. w. N.; vgl. auch Beschluß des BVerfG vom 20. November 1984 1 BvR 1406/84, Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung 1985, 283). Auch im BVerfG-Urteil vom 24. Januar 1962 1 BvL 32/57 (BVerfGE 13, 290, 316) sind die dort genannten Vereinbarungen (Scheinverträge und überhöhte Vergütungen) den ,,ernsthaften und angemessenen" Verträgen gegenübergestellt, wobei letztere keinen besonderen - steuerverschärfenden - Anforderungen unterworfen werden dürfen. Auf die fehlende Ernsthaftigkeit der Vereinbarungen läßt sich aber auch dann schließen, wenn - wie im Streitfall - die Vereinbarungen tatsächlich nicht vollzogen werden (vgl. auch BFH-Urteil vom 5. Februar 1976 IV R 31/74, BFHE 118, 37, BStBl II 1976, 335).

Auch die Rüge mangelnder Sachaufklärung greift nicht durch. Insoweit ergeht die Entscheidung gemäß Art. 1 Nr. 8 des Gesetzes zur Entlastung des Bundesfinanzhofs ohne Begründung.

 

Fundstellen

Haufe-Index 62401

BFH/NV 1988, 553

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