Leitsatz (amtlich)

Stellt der Erwerber eines Grundstücks einen "Ersatzkäufer", um von dem Grundstückskauf freizukommen, so hindert das allein nicht die Anwendung des § 34 GrEStG RP (*= § 17 GrEStG 1940) bzw. § 16 GrEStG 1983, wenn daraufhin der ursprüngliche Kaufvertrag aufgehoben und das Grundstück an den "Ersatzkäufer" veräußert wird.

 

Normenkette

GrEStG RP § 34; GrEStG § 17 Fassung: 1940-03-29; GrEStG 1983 § 16

 

Tatbestand

I. 1. Die Klägerin --eine GmbH-- erwarb durch fünf notariell beurkundete Verträge vom 3.November 1982 (vier Verträge) und 5.November 1982 (ein Vertrag) von der X Gesellschaft für Ferien- und Freizeitanlagen mbH (X GmbH) fünf Appartements in der Appartementanlage Y.

Das beklagte Finanzamt (FA) setzte Grunderwerbsteuer fest.

2. Am 25.Januar 1983 erklärten die X GmbH und die Klägerin in notariell beurkundeter Form, daß sie die unter 1. genannten Kaufverträge wieder aufheben; die Kaufpreise seien noch nicht gezahlt, das Eigentum im Grundbuch noch nicht umgeschrieben worden. Am selben Tag verkaufte die X GmbH durch notariell beurkundeten Vertrag die fünf Appartements zum selben Preis an die allein vertretungsberechtigte Gesellschafter-Geschäftsführerin der Klägerin.

3. Den Antrag der Klägerin, die festgesetzte Grunderwerbsteuer nicht zu erheben bzw. zu erstatten, lehnte das FA ab. Den Einspruch wies es zurück.

Durch notariell beurkundeten Kaufvertrag vom 29.Juli 1983 erwarb die Klägerin erneut von der X GmbH 30 Appartements in demselben Objekt.

4. Mit ihrer Klage machte die Klägerin geltend, sie habe nicht die Verkäuferin an deren Übereignungsverpflichtung festhalten und die Appartements der Geschäftsführerin zukommen lassen wollen. Vielmehr habe sie lediglich aus den Kaufverträgen vom 3. und 5.November 1982 freikommen wollen, weil nach dem Gesellschaftsvertrag intern die Zustimmung des zweiten Gesellschafters zu dem Kaufvertrag notwendig gewesen sei und diese Zustimmung wegen bestehender Streitigkeiten zwischen den Gesellschaftern mit Sicherheit nicht zu erreichen gewesen wäre. Das habe die Geschäftsführerin bei Abschluß der Verträge übersehen, obwohl der Rechtsstreit mit dem anderen Gesellschafter beim Oberlandesgericht (OLG) anhängig war. Die Verkäuferin habe die Vertragsaufhebung von der Benennung eines "Ersatzkäufers" abhängig gemacht. Insofern sei der vorliegende Sachverhalt anders als die bisher vom Bundesfinanzhof (BFH) zu § 17 des Grunderwerbsteuergesetzes (GrEStG) 1940 entschiedenen Fälle, in denen jeweils der Käufer das Grundstück dem nächsten Käufer habe verschaffen wollen.

Die Klage wies das Finanzgericht (FG) ab. Die Kaufverträge vom 3. und 5.November 1982 seien nicht i.S. des § 34 Abs.1 GrEStG Rheinland-Pfalz (RP) rückgängig gemacht worden. Die Verkäuferin sei nicht in ihre ursprüngliche Rechtsstellung wieder eingerückt, weil die Klägerin durch die beiden Verträge vom 25.Januar 1983 ihre Rechtsstellung auf die Geschäftsführerin übertragen habe.

Mit der Revision verfolgt die Klägerin weiterhin ihr Klageziel.

Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

II. Die Revision führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das FG (§ 126 Abs.3 Nr.2 FGO). Der bisher festgestellte Sachverhalt erlaubt keine abschließende Entscheidung der Sache.

a) Der Senat läßt offen, ob hier § 34 Abs.1 GrEStG RP (*= § 17 Abs.1 GrEStG 1940) oder § 16 GrEStG 1983 anwendbar ist. Beide Vorschriften verlangen übereinstimmend, daß der Erwerbsvorgang "rückgängig gemacht" wird. Hierzu müssen die Vertragspartner derart aus ihren vertraglichen Bindungen entlassen werden, daß die Möglichkeit der Verfügung über das Grundstück nicht beim Erwerber verbleibt, sondern der Veräußerer seine ursprüngliche Rechtsstellung wieder erlangt (BFH-Urteil vom 6.Oktober 1976 II R 131/74, BFHE 120, 557, BStBl II 1977, 253, m.w.N.). Denn, wenn der Käufer das Grundstück weiterhin in der Weise in der Hand behält, daß er --und nicht der Verkäufer-- über den anschließenden Verkauf an einen Dritten bestimmt, dann kommt das ganze einem Weiterverkauf des Grundstücks durch den Käufer an den Dritten gleich. Damit sind die Grenzen der genannten Vorschriften aufgezeigt: Ist dem Käufer das weitere Schicksal des Grundstücks gleichgültig, so hindert entgegen der Ansicht des FG eine "Auswechselung" des Käufers gegen den Dritten nicht die Anwendung des § 34 GrEStG RP bzw. § 16 GrEStG 1983, mag sie auch einer Abtretung der Rechte des Käufers an den Dritten gleichkommen; denn die Nr.6 und 7 des § 2 Abs.1 GrEStG RP bzw. § 1 Abs.1 GrEStG 1983 erfassen ihrerseits eine solche Abtretung erst dann, wenn sie einen Zwischenerwerb ersetzt oder eigenen wirtschaftlichen Interessen des Abtretenden dient, d.h. wenn der Abtretende Wert darauf legt, den Abtretungsempfänger zu bestimmen (BFH-Urteil vom 16.April 1980 II R 141/77, BFHE 130, 428, BStBl II 1980, 525). Nicht steuerbar ist dagegen die Abtretung, wenn der Eigentümer des Grundstücks dieses auf jeden Fall verkaufen will und daher von dem Käufer die Präsentierung eines Ersatzkäufers (hier des Abtretungsempfängers) verlangt. Greifen aber in einem solchen Fall die Nrn.6 und 7 des § 2 Abs.1 GrEStG RP bzw. § 1 Abs.1 GrEStG 1983 nicht ein, so kann hier auch die Anwendung des § 34 GrEStG RP bzw. § 16 GrEStG 1983 nicht verweigert werden. Die Systematik des Gesetzes duldet hier keine Überschneidung. Denn die letztgenannten Vorschriften verlangen die Beseitigung der Folgen eines Grundstückskaufvertrages nur soweit, daß Bindungen von grunderwerbsteuerrechtlicher Bedeutung nicht mehr bestehenbleiben.

Entsprechend dem vorgenannten Grundsatz hat der Senat schon in dem Urteil vom 21.Dezember 1960 II 194/57 U (BFHE 72, 444, BStBl III 1961, 163) im Rahmen des § 17 GrEStG 1940 die Interessen des Verkäufers an dem Grundstücksverkauf für unerheblich gehalten. Es schade nicht, wenn der Verkäufer vereinbarungsgemäß einen Teil des Kaufpreises als Entgelt dafür behält, daß er den Käufer aus dem Kaufvertrag entläßt. Nichts anderes kann für den Fall gelten, daß der Verkäufer statt dieser "Entschädigung" die Präsentierung eines anderen Käufers verlangt.

Der Senat verkennt nicht, daß es schwierig sein kann, in Fällen der vorgenannten Art die Interessen der Vertragspartner an der Aufhebung oder dem Fortbestand des Vertrages zu ermitteln. Der vom FA in Anspruch genommene Steuerschuldner hat hier eine erhöhte Pflicht zur Mitwirkung an der Aufklärung des Sachverhalts; denn er kennt am ehesten diese Interessenlage. Dementsprechend trägt er auch die objektive Beweislast dafür, daß die tatsächlichen Voraussetzungen der von ihm begehrten Steuerbefreiung nach (jetzt) § 16 GrEStG 1983 vorliegen (vgl. die Entscheidungen vom 24.Juni 1976 IV R 101/75, BFHE 119, 164, BStBl II 1976, 562, und vom 24.April 1985 II B 28/84, BFHE 143, 499, BStBl II 1985, 521).

b) Das FG hat --aus seiner Sicht zu Recht-- keine Tatsachen festgestellt, welche Aufschluß über die Interessenlage der Vertragspartner sowie die Gründe der gewählten Vertragsgestaltung geben und eine Entscheidung entsprechend den unter a) genannten Grundsätzen ermöglichen. Die Sache muß daher an das FG zurückverwiesen werden. Dieses wird auch zu prüfen haben, ob die Voraussetzungen des § 42 der Abgabenordnung (AO 1977) vorliegen.

 

Fundstellen

Haufe-Index 60821

BStBl II 1986, 271

BFHE 145, 448

BFHE 1986, 448

BB 1986, 934-934 (ST)

DB 1986, 1605-1606 (ST)

DStR 1986, 445-445 (ST)

HFR 1986, 248-248 (ST)

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