Entscheidungsstichwort (Thema)

Gewerbesteuer

 

Leitsatz (amtlich)

Die Hälfte der Miet- und Pachtzinsen wird auch dann bei der Ermittlung des Gewerbeertrags des Pächters seinem Gewinn aus Gewerbebetrieb hinzugerechnet, wenn diese Zinsen zum Gewinn aus Gewerbebetrieb des der inländischen Besteuerung nicht unterliegenden ausländischen Empfängers gehören und ihr Jahresbetrag 250.000 DM nicht übersteigt.

 

Normenkette

GewStG § 8 Ziff. 7

 

Tatbestand

Die beschwerdeführende GmbH zahlte im Kalenderjahr 1958 an ein der inländischen Besteuerung nicht unterliegendes Unternehmen in Italien 40.800 DM Lizenzgebühren. Das Finanzamt rechnete die Hälfte dieser Lizenzgebühren als Miet- und Pachtzinsen nach § 8 Ziff. 7 GewStG 1957 bei der Ermittlung des Gewerbeertrages 1958 dem Gewinn der Bfin. hinzu. Die Bfin. ist der Auffassung, daß die Voraussetzungen des § 8 Ziff. 7 GewStG nicht vorlägen, weil die Zinsen im Jahr 250.000 DM nicht überstiegen hätten und beim Empfänger zum Gewinn aus Gewerbebetrieb gehörten.

Die Sprungberufung der Bfin. blieb erfolglos. Das Finanzgericht kam zu dem Ergebnis, daß nach dem Sinn und Zweck der bezeichneten Zurechnungsvorschrift von der Zurechnung der Lizenzgebühren nur dann abgesehen werden könne, wenn die Gebühren beim Empfänger im Inland zur Steuer nach dem Gewerbeertrag heranzuziehen seien. Das ergebe sich auch aus der bis zum 31. Dezember 1950 geltenden Fassung des § 8 Ziff. 8 GewStG 1936, wonach Miet- und Pachtzinsen dem Gewinn aus Gewerbebetrieb nicht zuzurechnen seien, soweit sie beim Empfänger der Steuer nach dem Gewerbeertrag unterlägen. Die ab 1. Januar 1951 geltende Neufassung des § 8 Ziff. 8 GewStG 1950 habe an der bisherigen Rechtslage, nach der Miet- und Pachtzinsen an ausländische Empfänger stets hinzuzurechnen seien, nichts ändern wollen.

 

Entscheidungsgründe

Die Rb. der Bfin. ist nicht begründet.

Die Vorschrift des § 8 Ziff. 8 GewStG vom 1. Dezember 1936 (RGBl 1936 I S. 979) bestimmte, daß die Hälfte der Miet- und Pachtzinsen für die Benutzung der nicht in Grundbesitz bestehenden Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens, die im Eigentum eines anderen stehen, dem Gewinn des Pächters aus Gewerbebetrieb hinzugerechnet werden; das gilt nicht, soweit die Miet- und Pachtzinsen beim Empfänger zur Steuer nach dem Gewerbeertrag heranzuziehen sind. Es besteht unter den Beteiligten kein Streit darüber, daß während der Geltungsdauer dieses Gesetzes an einen ausländischen, der inländischen Besteuerung nicht unterliegenden Unternehmer gezahlte Lizenzgebühren dem Gewerbeertrag des zahlenden inländischen Unternehmers hinzuzurechnen waren, weil diese Beträge beim Ausländer nicht zur Steuer nach dem Gewerbeertrag herangezogen werden konnten. Streitig ist, ob sich diese Rechtslage mit Wirkung vom 1. Januar 1951 deshalb änderte, weil die von diesem Zeitpunkt ab in Kraft getretene Neufassung des § 8 Ziff. 8 GewStG 1950 (Art. I § 1 Ziff. 6 Buchst. a und Art. VI § 8 Abs. 2 des Gesetzes zur änderung des Gewerbesteuerrechts vom 27. Dezember 1951, BGBl 1951 I S. 996) den Wortlaut der Ausnahme von der gesetzlichen Zurechnungspflicht änderte und von der Zurechnung absah, soweit die Miet- und Pachtzinsen "beim Empfänger zum Gewinn aus Gewerbebetrieb gehören" und 250.000 DM jährlich nicht übersteigen.

Auch die geänderte Vorschrift des § 8 Ziff. 8 GewStG 1950, die mit § 8 Ziff. 7 GewStG übereinstimmt, geht von der Annahme aus, daß sich der Grundsatz der Zurechnung von Miet- und Pachtzinsen notwendig aus dem Objektcharakter der Gewerbesteuer ergibt und daß, um eine doppelte Erfassung dieser Beträge in Gewerbeerträgen zu vermeiden, im Fall der Hinzurechnung beim zahlenden Pächter eine Kürzung beim empfangenden Verpächter notwendig ist (§ 9 Abs. 4 GewStG). Die Zurechnung beim Pächter ist also nur im Zusammenhang mit der Kürzung beim Verpächter verständlich. Da der Gesetzgeber stets von der grundsätzlichen Zurechnungspflicht ausging und auch heute noch ausgeht, kann nicht angenommen werden, daß er den im Interesse der Vereinfachung ab 1. Januar 1951 vorgesehenen Verzicht auf die Zurechnung beim Pächter auch dann habe aussprechen wollen, wenn dem Zurechnungsverzicht für Zinsen unter 250.000 DM jährlich keine entsprechende Erhöhung der Gewerbesteuer des Empfängers gegenübersteht; denn durch die Verknüpfung der Besteuerung des zahlenden und des empfangenden Unternehmers wird deutlich, daß der Zurechnung oder dem Verzicht auf die Zurechnung ein Ausgleich bei der Besteuerung des Empfängers entsprechen muß. Würde man im Gegensatz zu dieser Annahme in übereinstimmung mit der Bfin. davon ausgehen, daß auch die an einen ausländischen Empfänger gezahlten Miet- und Pachtzinsen "beim Empfänger zum Gewinn aus Gewerbebetrieb gehören", so würde im Ergebnis die im Inland erhobene Gewerbesteuer nur durch Miet- und Pachtzinsen über 250.000 DM jährlich erhöht werden. Eine solche unterschiedliche Behandlung der Miet- und Pachtzinsen unter und über 250.000 DM jährlich kann, da kein entsprechender Ausgleich bei der Besteuerung des Empfängers eintritt, sachlich nicht gerechtfertigt und nicht allein mit Vereinfachung begründet werden. Diese überlegungen führen zu dem Ergebnis, daß dem Sinn und Zweck der Zurechnung von Miet- und Pachtzinsen allein die Annahme entspricht, daß diese Zinsen beim Empfänger nur dann zum Gewinn aus Gewerbebetrieb gehören, wenn sie bei ihm zur Steuer nach dem inländischen Gewerbeertrag heranzuziehen sind, also der inländischen Besteuerung unterliegen. Die änderung des Wortlauts des § 8 Ziff. 8 GewStG 1936 durch das oben bezeichnete Gewerbesteueränderungsgesetz vom 27. Dezember 1951 führte also insoweit zu keiner sachlichen änderung der Rechtslage. Zu diesem Ergebnis gelangt man auch durch die überlegung, daß eine Koppelung der Zurechnung und des Zurechnungsverzichts mit der Besteuerung eines weder der beschränkten noch der unbeschränkten Besteuerung unterliegenden Empfängers wirtschaftlich keinen Sinn hätte, weil die Erfassung des Ausländers in seinem Staat nur im Rahmen der internationalen Doppelbesteuerung von Bedeutung sein kann.

Obwohl demnach Sinn und Zweck der Zurechnung und Kürzung von Miet- und Pachtzinsen zur Bestätigung der Vorentscheidung führen, müßte der Auffassung der Bfin. dennoch zugestimmt werden, wenn der ab 1. Januar 1951 maßgebende Wortlaut des § 8 Ziff. 8 GewStG 1950 eindeutig wäre und eine dem Sinn und Zweck der Vorschrift gerecht werdende Auslegung nicht zuließe; denn der Senat würde erhebliche Bedenken gegen die Annahme haben, daß die Auslegung der Bfin. zu einem so sinnwidrigen Ergebnis führe, daß eine Auslegung gegen den Wortlaut des Gesetzes zum Nachteil der Bfin. gerechtfertigt werden könnte (vgl. z. B. Urteil des Bundesfinanzhofs VI 162/55 U vom 14. Februar 1958, BStBl 1958 III S. 207, Slg. Bd. 66 S. 539). Der Wortlaut des Gesetzes ist indessen nicht eindeutig und spricht eher gegen als für die Auffassung der Bfin.

Das GewStG befaßt sich für jeden Steuerpflichtigen erkennbar nur mit der Besteuerung im Inland erzielter Erträge und inländischer Kapitalien (§ 2 Abs. 1 Sätze 1 und 2 GewStG). Das GewStG sieht deshalb davon ab, bei der Abgrenzung der Besteuerungsgrundlagen, besonders des Gewerbeertrages, des Gewerbekapitals und des nach den Vorschriften des Einkommensteuer- oder Körperschaftsteuergesetzes zu ermittelnden Gewinns (vgl. z. B. §§ 6 und 7 KStG) jeweils besonders darauf hinzuweisen, daß es sich um im Inland liegende Besteuerungsgrundlagen handeln müsse. Aus diesen Gründen und aus der Erwägung, daß die inländische Besteuerung nur dann als von einem im Ausland zu erfüllenden, vom Finanzamt im allgemeinen nicht nachprüfbaren Tatbestand abhängig angesehen werden kann, wenn sich das einwandfrei aus dem Wortlaut des Gesetzes ergibt, müssen daran, ob in § 8 Ziff. 7 GewStG auch der ausländische Empfänger und dessen Gewerbebetrieb gemeint sein können, mindestens erhebliche Zweifel bestehen. Es kommt noch hinzu, daß in der unmittelbar zu dem Wortlaut des § 8 Ziff. 7 GewStG gehörenden Einleitung der im zweiten Satz dieser Vorschrift wiederkehrende Begriff des Gewinns aus Gewerbebetrieb durch den Klammerzusatz "§ 7" dahin bestimmt wird, daß es sich um einen nach den Vorschriften des Einkommensteuer- oder des Körperschaftsteuergesetzes ermittelten Gewinn handeln muß. Auch daraus ergibt sich die Beschränkung auf im Inland erzielte Gewinne, weil der Gewinn aus Gewerbebetrieb des ausländischen Empfängers nicht nach diesen Gesetzen ermittelt wird.

Die Zurechnungseinschränkung in § 8 Ziff. 7 Satz 2 GewStG ist nicht anwendbar, wenn die Miet- und Pachtzinsen einem ausländischen Empfänger zufließen (siehe auch Entscheidung des Bundesfinanzhofs I 128/54 vom 6. Dezember 1954, Steuerrechtsprechung in Karteiform, Gewerbesteuergesetz, § 8 Ziff. 2 bis 9, Rechtsspruch 18).

 

Fundstellen

Haufe-Index 410586

BStBl III 1962, 514

BFHE 1963, 679

BFHE 75, 679

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