Entscheidungsstichwort (Thema)

Reisekosten bei Auszubildenden mit wechselnden Ausbildungsstätten

 

Leitsatz (amtlich)

1. Die Grundsätze für die Berücksichtigung von Werbungskosten wegen Tätigkeiten an ständig wechselnden Einsatzstellen gelten auch für Auszubildende, wenn keine Ausbildungsstätte nach den Umständen des Falles als dauerhafter Mittelpunkt der Ausbildungstätigkeit angesehen werden kann (Änderung der Rechtsprechung).

2. Mit dem planmäßigen Antritt der jeweils nächsten Ausbildungsstätte sind in einem solchen Fall keine Dienstreisen verbunden.

 

Orientierungssatz

1. Werden Dienste an unterschiedlichen Tätigkeitsstellen erbracht, ist eine Dienstreise anzunehmen, wenn der vorübergehend aufgesuchten eine regelmäßige Arbeitsstätte gegenübersteht, die der erstgenannten gegenüber als dauerhafter Mittelpunkt der beruflichen Tätigkeit erscheint. Ob ein derartiger Mittelpunkt der dienstlichen Tätigkeit vorliegt, bestimmt sich nach den gesamten Umständen des jeweiligen Einzelfalles. Anhaltspunkte für die Bejahung eines solchen Mittelpunktes kann neben der Dauer der dort abgeleisteten Dienste und dem Umstand, daß an diesen Ort immer wieder zurückgekehrt wird, die mit den Vorstellungen der Beteiligten übereinstimmende Verkehrsanschauung sein.

2. Ob im Rahmen von Ausbildungsdienstverhältnissen eine für ständig wechselnde Einsatzstellen berufstypische Tätigkeit vorliegt, ist nicht nach den abstrakten Merkmalen eines bestimmten Berufsbildes zu bestimmen, sondern danach, ob der Arbeitnehmer des konkret zu beurteilenden Dienstverhältnisses nach dem Direktionsrecht seines Arbeitgebers aller Voraussicht nach damit rechnen muß, daß er seine Arbeitsleistung an immer wieder anderen Arbeitsstellen zu erbringen hat. Es ist dementsprechend auf das konkrete Ausbildungsdienstverhältnis abzustellen, in welchem der Auszubildende im Rahmen des Ausbildungszwecks Weisungen Folge zu leisten hat, wofür er auch entlohnt wird (vgl. BFH-Rechtsprechung). Unbeachtlich ist der Umstand, daß dem Auszubildenden der bevorstehende Wechsel der Einsatzstellen bereits zu Beginn der Ausbildung bekannt sein kann. Eine Schlechterstellung von Auszubildenden ist nicht deshalb gerechtfertigt, weil ein häufiger Wechsel des Arbeitsplatzes in ihrem Interesse liegen könnte.

3. Bei Ausbildungsdienstverhältnissen sind die durch die Ausbildung veranlaßten Aufwendungen ebenso Werbungskosten wie Aufwendungen von Arbeitnehmern anderer Dienstverhältnisse, die durch deren Beruf veranlaßt sind (vgl. BFH-Rechtsprechung).

 

Normenkette

EStG 1979 § 9 Abs. 1 Sätze 1, 3 Nr. 4, Abs. 1 Nr. 4

 

Tatbestand

Die Kläger und Revisionskläger (Kläger) werden als Ehegatten zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Der Ehemann war im Streitjahr 1979 bis einschließlich Juli im Hauptzollamt A tätig. Mit Wirkung vom 1.August 1979 wurde er an das Hauptzollamt B versetzt, um eine 36 Monate dauernde Ausbildung zu durchlaufen. Vom 28.August 1979 bis 2.April 1980 war er zum Einführungslehrgang an die Fachhochschule C abgeordnet.

Die Kläger gingen davon aus, daß er, der Ehemann, im August 1979 Dienstreisen durchgeführt habe bzw. an ständig wechselnden Einsatzstellen beschäftigt gewesen sei. Sie machten daher für sechs Arbeitstage Fahrtkosten (6 x 58 x 2 x 0,36 DM), sowie Verpflegungsmehraufwand (6 x 5 DM) abzüglich erhaltener Erstattung als Werbungskosten geltend. Dies berücksichtigte der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) nicht, da der Kläger nur Fahrten zwischen Wohnung und regelmäßiger Arbeitsstätte vorgenommen habe und der hierfür anzusetzende Betrag die Erstattung nicht übersteige.

Aus Anlaß des Lehrgangs in C begehrten die Kläger, Fahrtkosten für 16 Heimfahrten mit (16 x 260 x 2 x 0,36 DM *= 2 995,20 DM abzüglich Erstattung 245,20 DM *=) 2 750 DM und Verpflegungsmehraufwand für die Dienstantrittsreise in Höhe von 31 DM als Werbungskosten abzuziehen. Hiervon ließ das FA nur (16 x 260 x 0,36 DM *= 1 497,60 DM ./. 245,20 DM *=) 1 252,40 DM als Werbungskosten zu.

Die nach erfolglosem Einspruch eingelegte Klage, mit der die Kläger die Berücksichtigung weiterer Werbungskosten in Höhe von 1 627 DM beantragt hatten, wies das Finanzgericht (FG) ab. Es führte aus, die Fahrten des Klägers an das Hauptzollamt B seien keine Dienstreisen gewesen, weil sich dort seine regelmäßige Arbeitsstätte befunden habe. Es habe sich auch nicht um Fahrten zu ständig wechselnden Einsatzstellen gehandelt, da die Tätigkeiten an immer anderen Einsatzstellen für einen Zollbeamten (anders als z.B. für einen Monteur) nicht berufstypisch seien, sondern nur in Ausnahmefällen vorkämen, wie etwa dem vorliegenden und nur für eine begrenzte Zeit. Die 16 Fahrten zwischen dem Wohnort des Klägers und C seien Familienheimfahrten i.S. von § 9 Abs.1 Nr.5 des Einkommensteuergesetzes (EStG) gewesen, weil sich während der Abordnungszeit die regelmäßige, wenn auch befristete Arbeitsstätte des Klägers in C befunden habe. Der Pauschbetrag für Verpflegungsmehraufwendungen für den 27.August 1979 stehe dem Kläger jedenfalls nicht in voller Höhe zu, da ihm im Bildungszentrum C unentgeltliche Verpflegung gewährt worden sei und er dort zumindest das Abendessen habe einnehmen können. Bei einer dementsprechenden Kürzung des Pauschbetrages um 30 v.H. wirke sich der verbleibende Betrag von 25 DM wegen des Tabellensprungs nicht aus.

Mit der Revision rügen die Kläger die Verletzung von § 9 Abs.1 Satz 1 und 3 Nr.4 EStG.

Sie tragen vor, im August 1979 sei noch das Hauptzollamt A die regelmäßige Arbeitsstätte gewesen, weshalb die Fahrten nach B als Dienstreisen zu beurteilen seien. Die Annahme einer regelmäßigen Arbeitsstätte setze voraus, daß der Arbeitnehmer dort auch eine gewisse Zeit tätig werde. Dem Zeitmoment sei wesentliche Bedeutung beizumessen (Urteil des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 8.Juli 1983 VI R 156/79, BFHE 139, 67, BStBl II 1983, 679). Er, der Kläger, sei im August 1979 nur an sechs Tagen in B tätig gewesen. Auch unter Einbeziehung der Urlaubsabwesenheit ergebe sich erst eine Aufenthaltsdauer von einem Monat. Das reiche zur Begründung einer regelmäßigen Arbeitsstätte nicht aus. Dabei sei zu berücksichtigen, daß die Abordnung nur zu Ausbildungszwecken angeordnet worden sei und nach Beendigung der Ausbildung eine Rückkehr an das Hauptzollamt A habe erfolgen sollen.

Jedenfalls seien die Fahrten zwischen der Wohnung und B bzw. C solche zu ständig wechselnden Einsatzstellen. Entgegen der bisherigen höchstrichterlichen Rechtsprechung sei der häufige Wechsel der Ausbildungsstationen im Rahmen eines beamtenrechtlichen Laufbahnaufstiegs berufstypisch. Die Fahrten wiesen im Streitfall zumindest eine gewisse Ähnlichkeit zu Dienstreisen auf. Da er, der Kläger, nach Abschluß der Ausbildung an seine Ausgangsdienststelle zurückkehren werde, sei ihm eine Wohnsitzverlegung nicht zuzumuten. Selbst bei einer Verlegung des Wohnsitzes nach B wären weitere Fahrten, nämlich nach C, nicht zu vermeiden gewesen. Es sei demnach nicht möglich gewesen, die Wohnung möglichst nahe an die Arbeitsstätte zu legen; auch die mit § 9 Abs.1 Nr.4 EStG bezweckte Entlastung des Straßenverkehrs in Ballungsgebieten komme im Streitfall nicht zum Tragen. Schließlich sei kein Grund ersichtlich, Auszubildende schlechterzustellen als beispielsweise Monteure oder Bauhandwerker. Trotz der Vorhersehbarkeit des Wechsels könne sich ein Auszubildender auf die Ausbildungsstationen nicht besser einrichten als ein Monteur. Des weiteren sei zweifelhaft, ob, wie der BFH im Urteil vom 12.August 1983 VI R 155/80 (BFHE 139, 190, BStBl II 1983, 718) annehme, es im Interesse des Auszubildenden liege, möglichst viele verschiedenartige Tätigkeitsstellen kennenzulernen. Ihm, dem Kläger, wäre es --zumal er verheiratet sei-- recht gewesen, die dreijährige Ausbildung ausschließlich im Raume A zu absolvieren. Im übrigen seien gerade Monteure häufig interessiert, wegen der besseren Verdienstmöglichkeiten an wechselnden Einsatzstellen tätig zu sein. Es überzeuge auch nicht, Fahrten eines Gerichtsreferendars zu Arbeitsgemeinschaften als Dienstreisen anzusehen (BFH-Urteil vom 12.August 1983 VI R 83/82, BFHE 139, 195, BStBl II 1983, 720), solche eines Aufstiegsbeamten zu seinen Ausbildungsstationen hingegen nicht.

Die Kläger beantragen, unter Abänderung des angefochtenen Urteils weitere Werbungskosten in Höhe von 1 627 DM anzuerkennen, hilfsweise, die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurückzuverweisen.

Das FA beantragt, die Revision abzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist begründet.

1. Dem FG ist darin beizupflichten, daß die streitigen Aufwendungen nicht durch Dienstreisen verursachte Werbungskosten waren.

a) Eine Dienstreise liegt vor, wenn ein Arbeitnehmer aus dienstlichen Gründen in einer Entfernung von mindestens 15 km von seiner regelmäßigen Arbeitsstätte vorübergehend tätig wird (BFH- Urteil vom 3.Oktober 1985 VI R 129/82, BFHE 145, 513, BStBl II 1986, 369). Danach muß eine von der tatsächlichen Arbeitsstätte abweichende regelmäßige Arbeitsstätte vorhanden sein bzw. es darf der neue Einsatzort nicht seinerseits zur alleinigen oder weiteren regelmäßigen Arbeitsstätte geworden sein (BFH-Urteil vom 9.Dezember 1988 VI R 199/84, BFHE 155, 362, BStBl II 1989, 296).

Werden Dienste an unterschiedlichen Tätigkeitsstellen erbracht, ist eine Dienstreise anzunehmen, wenn der vorübergehend aufgesuchten eine regelmäßige Arbeitsstätte gegenübersteht, die der erstgenannten gegenüber als dauerhafter Mittelpunkt der beruflichen Tätigkeit erscheint. Ob ein derartiger Mittelpunkt der dienstlichen Tätigkeit vorliegt, bestimmt sich nach den gesamten Umständen des jeweiligen Einzelfalles. Anhaltspunkte für die Bejahung eines solchen Mittelpunktes können neben der Dauer der dort abgeleisteten Dienste und dem Umstand, daß an diesen Ort immer wieder zurückgekehrt wird, die mit den Vorstellungen der Beteiligten übereinstimmende Verkehrsanschauung sein.

b) Im Streitfall war weder das Hauptzollamt A gegenüber dem Hauptzollamt B noch das Hauptzollamt B gegenüber der Fachhochschule C als dauerhafter Mittelpunkt der beruflichen Tätigkeit anzusehen.

aa) Ab der Aufnahme der Tätigkeit am Hauptzollamt B, an das der Kläger versetzt worden ist (vgl. dazu Abschn.25 Abs.3 Satz 2 der Lohnsteuer-Richtlinien 1984 --LStR-- bis Abschn.37 Abs.3 Nr.2 Satz 2 LStR 1990), war das Hauptzollamt A keine regelmäßige Arbeitsstätte des Klägers mehr, auch wenn er nach Ablauf der dreijährigen Ausbildung dorthin möglicherweise zurückkehren sollte. Denn während seiner neuen, der Ausbildung dienenden Tätigkeit hatte er dort keine Dienste zu erbringen. Sein beruflicher Mittelpunkt konnte sich allenfalls im Anschluß an die Ausbildung wieder dort befunden haben.

bb) Aber auch das Ausbildungszollamt B kann nicht als der auf die Dauer der gesamten Ausbildung bezogene berufliche Mittelpunkt des Klägers angesehen werden. Wie der Ausbildungsplan des Klägers zeigt, hatte er seiner Ausbildungsverpflichtung an immer wieder anderen Ausbildungsstellen nachzukommen, wobei er neben dem Besuch der Fachhochschule berufspraktische Ausbildungsgänge in 15 Abschnitten an fünf verschiedenen Ausbildungsstellen zu absolvieren hatte. Dabei sollte er im Hauptzollamt B im Streitjahr nur einen Monat und im Folgejahr gar nicht eingesetzt werden. Während der insgesamt 36-monatigen Ausbildung war eine Beschäftigung am Hauptzollamt B nur an knapp sieben Monaten vorgesehen. Angesichts dessen war das Hauptzollamt B auch unter Berücksichtigung der Verkehrsanschauung nicht dauerhafter Mittelpunkt der Berufsausbildung des Klägers.

cc) Dienstreisegrundsätze waren auch nicht deshalb anzuwenden, weil Abschn.25 Abs.2 Satz 11 LStR 1981 (ähnlich für Verpflegungsmehraufwendungen Abschn.43 Abs.8 Nr.1 b LStR 1990) bei Tätigkeiten an ständig wechselnden Einsatzstellen für den Fall, daß der Arbeitnehmer nicht täglich zu seiner Wohnung zurückkehrt, den Betrieb usw. als regelmäßige Arbeitsstätte fingiert. Es kann dahinstehen, ob diese Verwaltungsanweisung auf Ausbildungsdienstverhältnisse zutrifft. Sollte dies der Fall sein, könnte der Senat, wie er bereits im Urteil in BFHE 145, 513, BStBl II 1986, 369 festgestellt hat, dieser Anweisung nicht folgen (ebenso BFH-Urteil vom 8.Juli 1988 VI R 50/85, BFH/NV 1989, 105).

2. Dagegen stehen dem Kläger die geltend gemachten Werbungskosten deshalb zu, weil er an ständig wechselnden Einsatzstellen beschäftigt gewesen ist.

a) Wie bereits vorstehend (1., b, bb) dargelegt wurde, hatte er seiner Ausbildungsverpflichtung an immer wieder wechselnden Einsatzstellen nachzukommen.

Sind mangels regelmäßiger Arbeitsstätte keine Dienstreisen gegeben, wenden der BFH seit seinen Entscheidungen vom 5.November 1971 VI R 184/69 (BFHE 103, 493, BStBl II 1972, 130) und VI R 207/68 (BFHE 103, 472, BStBl II 1972, 137) und ihm folgend die Finanzverwaltung (zuletzt Abschn.24 Abs.4 Nr.3 LStR 1987) auf Fahrten zwischen der Wohnung und ständig wechselnden Einsatzstellen die Einschränkung des Werbungskostenabzugs durch § 9 Abs.1 Nr.4 Satz 2 EStG nicht an, weil sie einen Typus von Fahrten betrifft, der von dieser Vorschrift nach ihrem Zweck nicht erfaßt werden sollte. Des weiteren werden von der Verwaltung je Arbeitstag, an dem ein an ständig wechselnden Einsatzstellen beschäftigter Arbeitnehmer ausschließlich aus beruflichen Gründen mehr als zehn Stunden von seiner Wohnung abwesend ist, Verpflegungsmehraufwendungen pauschal in Höhe von 5 DM als Werbungskosten anerkannt (zuletzt Abschn.22 Abs.4 Nr.2 LStR 1987).

aa) Allerdings hat der Senat im Urteil in BFHE 139, 190, BStBl II 1983, 718 entschieden, daß die an unterschiedlichen Orten zu durchlaufenden Ausbildungsabschnitte eines Auszubildenden keine ständig wechselnden Einsatzstellen im obigen Sinne darstellen. Er hat dies damit begründet,

daß die Tätigkeit auf ständig wechselnden Einsatzstellen für einen bereits

ausgeübten Beruf berufstypisch sein müsse und nicht an Fälle gedacht sei,

in denen sich der Arbeitnehmer erst in einem Durchgangsstadium befinde, in

welchem der Wechsel der Tätigkeitsstätten ausbildungsbedingt und damit

nicht auf Dauer angelegt sei,

daß der Wechsel der Tätigkeitsstätten regelmäßig von vornherein planmäßig

feststehe und der Auszubildende sich deshalb auf den Wechsel besser

einrichten könne und

daß der Tätigkeitswechsel nicht im Interesse des Dienstherrn, sondern im

eigenen Interesse des Auszubildenden liege, das darauf gerichtet sei, im

Rahmen der Ausbildung möglichst viele verschiedene Tätigkeitsstellen

kennenzulernen.

bb) Diese Rechtsprechung ist in der Literatur auf Kritik gestoßen (v. Bornhaupt in Kirchhof/Söhn, Einkommensteuergesetz, § 9 Rdnr.B 436; Schmidt/Drenseck, Einkommensteuergesetz, 9.Aufl. 1990, § 9 Anm.8 e; Wolff-Diepenbrock in Littmann/Bitz/Meincke, Das Einkommensteuerrecht, 15.Aufl., § 9 EStG Rn.255, 285; Gericke, Steuerrechtsprechung in Karteiform --StRK--, Anmerkung, Einkommensteuergesetz 1975, § 19 Abs.1 Nr.1, Rechtsspruch 7; Klein, Deutsches Autorecht 1984, 383, 386; M.Söffing, Finanz-Rundschau --FR-- 1984, 102); auch einzelne FG haben abweichend entschieden (FG Düsseldorf, Urteil vom 11.Januar 1979 II 305/74 E, Entscheidungen der Finanzgerichte --EFG-- 1979, 396; Niedersächsisches FG, Urteil vom 14.Oktober 1980 IX 271/79, EFG 1981, 81; FG des Saarlandes, Urteil vom 19.Mai 1982 II 622/80, EFG 1983, 112).

cc) Der Senat hält nach erneuter Prüfung nicht mehr daran fest, daß im Rahmen von Ausbildungsdienstverhältnissen das Vorliegen ständig wechselnder Einsatzstellen generell zu verneinen sei.

(1) Ob eine für ständig wechselnde Einsatzstellen berufstypische Tätigkeit vorliegt, ist nicht nach den abstrakten Merkmalen eines bestimmten Berufsbildes zu bestimmen, sondern danach, ob der Arbeitnehmer des konkret zu beurteilenden Dienstverhältnisses nach dem Direktionsrecht seines Arbeitgebers aller Voraussicht nach damit rechnen muß, daß er seine Arbeitsleistung an immer wieder anderen Arbeitsstellen zu erbringen hat (BFH- Urteil vom 20.November 1987 VI R 6/86, BFHE 152, 232, BStBl II 1988, 443). Dementsprechend kommt es nicht darauf an, welche Tätigkeitsmerkmale der später einmal ausgeübte Beruf hat, dem die Ausbildung dient. Abzustellen ist vielmehr auf das konkrete Ausbildungsdienstverhältnis, in welchem der Auszubildende im Rahmen des Ausbildungszwecks Weisungen Folge zu leisten hat, wofür er auch entlohnt wird (BFH-Urteil vom 18.Juli 1985 VI R 93/80, BFHE 144, 237, BStBl II 1985, 644). Die an der jeweiligen beruflichen Situation ausgerichtete Einordnung von Fahrten zur Arbeitsstätte als solche zu ständig wechselnden Einsatzstellen entspricht dem Grundsatz der Besteuerung nach der Leistungsfähigkeit. Denn Fahrten, die der Arbeitnehmer nach den Weisungen des Arbeitgebers zu immer wieder anderen Einsatzstellen vornehmen muß, kann er sich als Auszubildender ebensowenig entziehen wie als bereits Ausgebildeter.

(2) Gleichfalls unbeachtlich ist der Umstand, daß dem Auszubildenden der bevorstehende Wechsel der Einsatzstellen bereits zu Beginn der Ausbildung bekannt sein kann. Vielmehr ist die Tatsache, daß ein Arbeitnehmer mit immer wieder neuen Arbeitsstätten zu rechnen hat, für die Annahme ständig wechselnder Einsatzstellen gerade typisch. Die besondere Behandlung von Arbeitnehmern mit ständig wechselnden Einsatzstellen beruht nicht auf der Unvorhersehbarkeit des Wechsels oder es Einsatzortes, sondern darauf, daß sich der Arbeitnehmer dem ständigen Wechsel nicht entziehen kann (BFHE 152, 232, BStBl II 1988, 443). Selbst wenn ein Auszubildender bei von vornherein feststehendem Ausbildungsplan sich auf die bevorstehenden Ausbildungsstätten durch entsprechende Wohnsitznahme theoretisch einstellen könnte, ist ihm ein Wohnsitzwechsel gerade wegen der zeitlichen Befristung des ständigen Wechsels nicht zuzumuten. Im übrigen besteht kein Grund, Auszubildende insoweit besonderen Anforderungen gegenüber anderen Arbeitnehmern zu unterwerfen.

(3) Schließlich ist eine Schlechterstellung von Auszubildenden nicht deshalb gerechtfertigt, weil ein häufiger Wechsel des Arbeitsplatzes in ihrem Interesse liegen könnte. Sofern die innerbetriebliche Organisation seines Arbeitgebers es nötig macht, zum Kennenlernen bestimmter Arbeitsgebiete Arbeitsstätten an immer wieder neuen Orten aufzusuchen, befriedigt der Auszubildende damit nicht sein Interesse an örtlicher Veränderung, sondern er nimmt diese lediglich in Kauf.

(4) Im übrigen ist auf die neuere Rechtsprechung des Senats hinzuweisen, derzufolge bei Ausbildungsdienstverhältnissen die durch die Ausbildung veranlaßten Aufwendungen ebenso Werbungskosten sind, wie Aufwendungen von Arbeitnehmern anderer Dienstverhältnisse, die durch deren Beruf veranlaßt sind (BFH-Urteile vom 28.September 1984 VI R 127/80, BFHE 142, 255, BStBl II 1985, 87, und VI R 144/83, BFHE 142, 258, BStBl II 1985, 89, sowie vom 7.August 1987 VI R 60/84, BFHE 150, 435, BStBl II 1987, 780). Hiervon bei der Beurteilung ständig wechselnder Einsatzstellen abzuweichen, besteht kein Anlaß.

b) Im Hinblick darauf, daß die Ausbildungsstätten des Klägers gemäß den Ausführungen zu 1. keine regelmäßigen Arbeitsstätten darstellten, sind diese als ständig wechselnde Einsatzstellen zu werten (Abgrenzung zu dem Urteil des Senats vom 4.Mai 1990 VI R 93/86, BFHE 160, 542). Da im Streitfall zwischen den Beteiligten die die Höhe der Werbungskosten bestimmenden Umstände --Anzahl der Fahrten, Entfernung, dienstliche Abwesenheitszeit-- unstreitig ist, war dem Antrag der Kläger in vollem Umfang zu entsprechen. Auf die aus Anlaß der Antrittsreise zur Fachhochschule C in Höhe von 31 DM geltend gemachten Verpflegungsmehraufwendungen braucht nicht eingegangen zu werden, weil sich dieser Betrag bei der Berechnung der Steuer nicht auswirkt. Bei Kürzung des bisherigen zu versteuernden Einkommens von 37 825 DM um die beantragten Werbungskosten von 1 627 DM ergibt sich nach der Splittingtabelle eine Einkommensteuerschuld von 6 412 DM.

 

Fundstellen

Haufe-Index 63101

BFH/NV 1990, 68

BStBl II 1990, 856

BFHE 160, 532

BFHE 1991, 532

BB 1990, 2169

BB 1990, 2169-2171 (LT)

DB 1990, 2099-2101 (LT)

DStR 1991, 183 (KT)

HFR 1990, 687 (LT)

StE 1990, 314 (K)

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