Entscheidungsstichwort (Thema)

Einkommensteuer, Lohnsteuer, Kirchensteuer

 

Leitsatz (amtlich)

Pensionszahlungen an frühere Hausangestellte können dauernde Lasten im Sinne von § 10 Abs. 1 Ziff. 1 EStG sein.

 

Normenkette

EStG § 10 Abs. 1 Ziff. 1, § 33a/3

 

Tatbestand

Der Bg. zahlt seit dem 1. November 1953 an eine frühere Hausdame monatlich 150 DM, an eine frühere Köchin monatlich 100 DM und an den früheren Gärtner seit dem 1. April 1957 monatlich 120 DM. Die Hausangestellten hatten 35 bis 40 Jahre in seinem Diensten gestanden. Der Bg. verpflichtete sich jeweils, als die Hausangestellten in den Rentenstand traten, in einem Schreiben an sie, "in dankbarer Anerkennung der geleisteten Dienste" die genannten Beträge zu zahlen.

Das Finanzamt ließ die Zahlungen des Bg. als Leibrenten gemäß § 10 Abs. 1 Ziff. 1 EStG nur mit dem Ertragsanteil zum Abzug zu.

Die Berufung hatte Erfolg. Das Finanzgericht bezeichnete die Verpflichtungen des Bg. nicht als Leibrentenversprechen, sondern als arbeitsrechtliche Versorgungszusagen (Pensionszusagen), die als solche weder der Form des § 518 BGB noch der des § 761 BGB bedürften. Das Finanzgericht setzte deshalb die gezahlten Ruhegelder von zusammen 4.440 DM als dauernde Lasten gemäß § 10 Abs. 1 Ziff. 1 EStG voll als Sonderausgaben ab.

Der Vorsteher des Finanzamts rügt mit der Rb. unrichtige Anwendung des § 10 Abs. 1 Ziff. 1 EStG. Er will nunmehr die Ruhegelder nur im Rahmen des § 33 a EStG 1955 ff. abziehen lassen. Er ist der Auffassung, daß keine ausreichende rechtliche Verpflichtung zur Zahlung einer dauernden Last vorliege.

 

Entscheidungsgründe

Die Rb. des Vorstehers des Finanzamts ist nicht begründet.

Dem Finanzgericht ist darin beizutreten, daß der Bg. keine Leibrenten zahlt, sondern Arbeitslohn (Ruhegelder) an frühere Arbeitnehmer. Zu diesen Ruhegeldzahlungen hat der Bg. sich auch rechtswirksam verpflichtet. Für Pensionszusagen dieser Art genügt auf jeden Fall die einfache Schriftform, die der Bg. gewählt hat (Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 19. Juni 1959 I AZR 417/57 in Neue Juristische Wochenschrift - NJW - 1959 S. 1746; Der Betrieb - DB - 1959 S. 918). Ob eine Leibrente im Sinne des § 10 Abs. 1 Ziff. 1 in Verbindung mit § 22 Ziff. 1 EStG 1955 ff. vorliegt, ist steuerlich nach den Grundsätzen des bürgerlichen Rechts zu bestimmen, wie im Urteil des Senats VI 105/61 U vom 29. März 1962 (BStBl 1962 III S. 304, Slg. Bd. 75 S. 96) dargelegt ist. Verpflichtungen, die wie hier ihre Grundlage in einem früheren Dienstverhältnis haben, begründen kein selbständiges Stammrecht auf die Gewährung von Leibrenten im Sinne von § 759 BGB; vielmehr ist der Zusammenhang mit dem Dienstverhältnis bestehen geblieben. Daher haben pensionsberechtigte Arbeitnehmer auch keine Leibrenten im Sinne des § 22 Ziff. 1 EStG zu versteuern sondern Bezüge aus nichtselbständiger Arbeit im Sinne von § 19 Abs. 1 Ziff. 2 EStG.

Für einen Arbeitgeber, der an seine früheren Hausangestellten Pensionen zahlt, die bürgerlich-rechtlich wirksam geschuldet und auf die Lebenszeit der Begünstigten abgestellt sind, entstehen dadurch dauernde Lasten im Sinne von § 10 Abs. 1 Ziff. 1 EStG. Mit dem Begriff "dauernde Last" im Sinne des § 10 Abs. 1 Ziff. 1 EStG im Zusammenhang mit Unterhaltsverträgen hat sich der Senat vor allem in den Urteilen VI 53/61 U vom 11. Oktober 1963 (BStBl 1963 III S. 594, Slg. Bd. 77 S. 745), und VI 59/62 U vom 11. Oktober 1963 (BStBl 1963 III S. 594, Slg. Bd. 77 S. 747) befaßt. Pensionszahlungen an frühere Hausangestellte rechnen zwar ebenso wie Löhne an noch tätige Hausangestellte zu den Lebenshaltungskosten des Hausherrn. Dauernde Lasten im Sinne des § 10 Abs. 1 Ziff. 1 EStG werden aber nicht von dem Abzugsverbot des § 12 Ziff. 1 EStG für Lebenshaltungskosten erfaßt, wenngleich sie mit der Lebensführung zusammenhängen. Denn wie sich aus den Eingangsworten des § 12 EStG ergibt, geht die Abzugsfähigkeit nach § 10 EStG dem Abzugsverbot des § 12 EStG vor.

Dem Abzug als dauernde Last nach § 10 Abs. 1 Ziff. 1 EStG steht auch nicht, wie das Finanzamt meint, die Sonderbestimmung des § 33 a Abs. 3 EStG 1955 ff. entgegen, auf Grund deren die Ausgaben für Hausgehilfinnen nur beschränkt abzugsfähig sind. Der Senat faßt die Regelung für Hausgehilfinnen, wie sie in § 33 a Abs. 3 EStG 1955 ff. enthalten ist, als abschließend auf und hat daher den Abzug von Sozialversicherungsbeiträgen für Hausgehilfinnen, die noch im Dienste sind, nicht als Sonderausgaben des Hausherrn anerkannt (Urteil VI 137/61 U vom 20. Oktober 1961, BStBl 1961 III S. 567, Slg. Bd. 73 S. 826). § 33 a Abs. 3 EStG 1955 ff. betrifft jedoch nur die Ausgaben für die "Beschäftigung" von Hausgehilfinnen, also die Ausgaben für Hausangestellte, die noch tätig sind. Der Gesetzgeber hat unter den in § 33 a Abs. 3 Ziff. 1 bis 4 EStG aufgeführten Voraussetzungen die Beschäftigung von Personen in solchen Haushalten begünstigt, in denen wegen der Zahl der minderjährigen Kinder oder der Berufstätigkeit beider Ehegatten oder wegen Krankheit oder Alters eine fremde Hilfe notwendig ist. Aus dem Zweck des § 33 a Abs. 3 EStG kann aber nicht geschlossen werden, daß auch Pensionszahlungen an nicht mehr tätige Hausangestellte nur unter den Voraussetzungen des § 33 a Abs. 3 EStG abzugsfähig sein sollen. Nach dem System des EStG ist es vielmehr gerechtfertigt, die für den Dienstherrn rechtswirksam begründete Pensionslast bei ihm auch voll zu berücksichtigen. Die Lage ist übrigens für ihn rechtlich und wirtschaftlich wesentlich anders, als wenn er noch tätigen Hausangestellten Arbeitslohn zahlt, denn nach der Pensionierung der Hausangestellten leistet er Zahlungen, ohne dafür einen Gegenwert in Form der Arbeitsleistung zu erhalten.

Der Annahme einer dauernden Last steht auch nicht entgegen, daß bei zwei Pensionszusagen die Einschränkung hinzugefügt war: "solange wir (die Eheleute) hierzu in der Lage sind". Es mag im Einzelfall aus einem solchen Vorbehalt gefolgert werden können, besonders wenn schon bei der Pensionszusage die wirtschaftliche Lage des Arbeitgebers nicht günstig war, daß der Arbeitgeber keine dauernde Last übernehmen wollte. Bei den günstigen Vermögens- und Einkommensverhältnissen des Bg. ist aber jedenfalls eine solche Folgerung nicht gerechtfertigt. Der Vorbehalt ist vielmehr nur als ein steuerlich unschädlicher Hinweis aufzufassen, daß sich der Bg. bei nicht voraussehbaren künftigen ungünstigen Entwicklungen nach dem allgemeinen Rechtsgrundsatz der clausula rebus sic stantibus das Recht auf Einstellung der Pensionszahlung vorbehalte.

 

Fundstellen

Haufe-Index 411647

BStBl III 1965, 444

BFHE 1965, 543

BFHE 82, 543

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