Entscheidungsstichwort (Thema)

Einkommensteuer, Lohnsteuer, Kirchensteuer

 

Leitsatz (amtlich)

Zum gewillkürten Betriebsvermögen einer Personengesellschaft können auch Wirtschaftsgüter gehören, die im bürgerlich- rechtlichen Eigentum eines der Gesellschafter stehen.

überträgt eine OHG ein im Gesamthandsvermögen ihrer Gesellschafter stehendes, zum Betriebsvermögen gehörendes Grundstück auf ihre Gesellschafter zu Miteigentum, so liegt darin keine Entnahme des Grundstücks aus dem Betriebsvermögen.

 

Normenkette

EStG §§ 5, 6/1/4, § 15/2

 

Tatbestand

Streitig ist, zu welchem Zeitpunkt ein Grundstück, das bis zum Streitjahr 1959 als gewillkürtes Betriebsvermögen einer OHG behandelt wurde, entnommen worden ist.

An der OHG waren der Kaufmann A, der Kaufmann B und deren beider Schwester, C beteiligt. Zum Betriebsvermögen der OHG gehörte ein im Grundbuch für die OHG eingetragenes Trümmergrundstück. Im notariellen Vertrag vom 3. Oktober 1957 veräußerte die OHG das Grundstück an die beiden Gesellschafter A und B. An C wurden zur Abgeltung ihres Anteils an dem Grundstück 7000 DM gezahlt. Ein Kaufpreis wurde mit der OHG nicht vereinbart. Das Grundstück stand mit 37 000 DM zu Buche. In den Bilanzen vom 31. Dezember 1957 und vom 31. Dezember 1958 wurde es als Betriebsvermögen der OHG geführt. Erstmals im Jahre 1959 erschien es nicht mehr in der Bilanz.

Das Finanzamt erblickte hierin eine Entnahme des Jahres 1959 und rechnete den Entnahmegewinn von ursprünglich 35 000 DM, später 62 960 DM, dem durch die einheitliche Gewinnfeststellung festgestellten Gewinn der OHG hinzu. Die Bf. A und B sind der Auffassung, daß das Grundstück nicht erst 1959, sondern schon 1957 durch den Kaufvertrag aus dem Betriebsvermögen ausgeschieden sei.

In einer mit Zustimmung der Bf. ergangenen Zwischenentscheidung stellte das Finanzgericht fest, daß das im Eigentum der Bf. A und B stehende Grundstück in den Jahren 1957 und 1958 in dem Betriebsvermögen der OHG verblieben und erst 1959 ausgeschieden sei. Es begründete seine Entscheidung im wesentlichen wie folgt. Da das Grundstück nicht notwendiges Privatvermögen der Gesellschafter gewesen sei, habe es als gewillkürtes Betriebsvermögen der OHG geführt werden können (vgl. die Urteile des Reichsfinanzhofs VI A 306/37 vom 16. Juni 1937 Steuer und Wirtschaft - StuW - 1937 Nr. 420 - Wertpapiere -, und VI 755/37 vom 23. März 1938, RStBl 1938 S. 565 - Grundstück -). Das Grundstück sei, mit dem Verkauf an die Bf. A und B im Jahre 1957 nicht notwendiges Privatvermögen geworden, so daß es bis zum Jahre 1959 gewillkürtes Betriebsvermögen der OHG gewesen sei. Es fehle an einer Entnahme vor 1959. Eine rückwirkende Entnahme sei nicht möglich (vgl. Urteil des Reichsfinanzhofs VI 620/37 vom 18. November 1937, RStBl 1938 S. 133). Das Grundstück habe auch nicht dadurch seinen Charakter als Betriebsvermögen verloren, daß die Gesellschafterin C ihren Anteil an die beiden anderen Gesellschafter verkauft habe. Ein Vermögensgegenstand könne auch dann, wenn er nicht im Eigentum jedes Gesellschafters einer Gesellschaft stehe, zum gewillkürten oder zum notwendigen Betriebsvermögen der Gesellschaft gehören (Urteil des Bundesfinanzhofs I 147/57 U vom 18. März 1958, BStBl 1958 III S. 262, Slg. Bd. 66 S. 683).

In der Rb. bleiben die Bf. bei ihrer bisherigen Auffassung. Das Grundstück sei ohne ihren Willen im Betriebsvermögen der OHG weiter ausgewiesen worden. Als Trümmergrundstück sei es für die OHG ohne Bedeutung gewesen. Es sei seinerzeit nur deshalb in die OHG-Bilanz aufgenommen worden, um nicht lediglich diesen einen Vermögenswert aus der Erbmasse der zuletzt verstorbenen Mutter der Gesellschafter außerhalb der OHG zu belassen. Die Stadt E. habe wiederholt darauf gedrängt, das Trümmergrundstück zu bebauen. Eine Bebauung durch die OHG sei wegen des geringen Umfangs des Grundstücks nicht in Betracht gekommen. Deshalb sollten die beiden Gesellschafter A und B das Grundstück käuflich von der OHG erwerben. Der Erwerb sollte zum Zwecke der möglichst baldigen Bebauung erfolgen. Die beiden nunmehrigen Eigentümer des Grundstücks hätten auch schon seinerzeit entsprechende Vorbereitungen für die Bebauung getroffen. Es habe damit gar kein Grund mehr bestanden, das Grundstück weiterhin in der OHG zu belassen. Es könne sich hier nur um ein Versehen des verstorbenen Helfers in Steuersachen der OHG gehandelt haben.

 

Entscheidungsgründe

Die Rb. ist unbegründet.

Die Beurteilung der Frage, ob durch die Umwandlung des Eigentums an dem Grundstück vom Gesamthandseigentum der Gesellschafter in Miteigentum eine Entnahme lag, hängt davon ab, ob an der Rechtsprechung des Reichsfinanzhofs und des Bundesfinanzhofs festzuhalten ist, wonach Wirtschaftsgüter, die nicht im Gesamthandsvermögen einer Personengesellschaft, sondern im Allein- oder Miteigentum der Gesellschafter stehen, Betriebsvermögen der Personengesellschaft sein können. Diese Rechtsauffassung wurde im wesentlichen für Wirtschaftsgüter entwickelt, die wegen ihrer betrieblichen Benutzung jedenfalls dann notwendiges Betriebsvermögen der Personengesellschaft wären, wenn die Personengesellschaft Eigentümerin wäre. Sie gilt aber, wie die vom Finanzgericht angeführten Urteile des Reichsfinanzhofs VI A 306/37 und VI 755/37 zeigen, auch für Wirtschaftsgüter, die nach ihren Beziehungen zum Betrieb nur zum gewillkürten Betriebsvermögen gehören.

Der Senat hält an dieser Rechtsprechung fest. Die Einwendungen im Schrifttum sind nicht stichhaltig. Es wird übersehen, daß im Mittelpunkt der Betrachtung für die Einkommensbesteuerung nicht die Personengesellschaft als solche, sondern als Unternehmer und Gewerbetreibender im Sinn des § 5 EStG der einzelne Gesellschafter steht. Einkommensteuerlich ist der Betrieb einer Personengesellschaft der Betrieb jedes Gesellschafters, lediglich belastet durch die sich aus der Gesamthand ergebenden Mitberechtigungen der anderen Gesellschafter. Hieraus ergibt sich, daß Wirtschaftsgüter, die beim einzelnen Gesellschafter, würde er den Betrieb der OHG als Alleinunternehmen führen, zum Betriebsvermögen zu rechnen sind, im Rahmen seiner Mitunternehmerschaft ebenfalls Betriebsvermögen darstellen. In der Umwandlung des Gesamthandseigentums an dem Grundstück in Miteigentum der beiden Bf. liegt deshalb keine Entnahme des Grundstücks aus dem Betriebsvermögen der OHG.

Auch die sonstigen Einwendungen der Bf. rechtfertigen keine Entnahme vor dem Beginn des Streitjahres. Wenn ein Steuerpflichtiger ein Wirtschaftsgut als gewillkürtes Betriebsvermögen in seiner Bilanz führt, ist es für den Zeitpunkt der Entnahme nicht entscheidend, welche Pläne er mit dem Wirtschaftsgut hat. Blosse Pläne eines Steuerpflichtigen wirken sich auf die Betriebsvermögenseigenschaft eines Wirtschaftsgutes nicht aus. Es muß eine Entnahmehandlung hinzukommen. Diese liegt erst darin, daß das Grundstück mit dem Willen der Miteigentümer im Jahr 1959 nicht mehr im Betriebsvermögen der OHG ausgewiesen wurde. Damit aber liegt der Zeitpunkt der Entnahme im Jahr 1959. Der Senat verweist auf seine Entscheidung IV 415/62 vom 12. März 1964 (Steuerrechtsprechung in Karteiform, Einkommensteuergesetz, § 6 Abs. 1 Ziff. 4, Rechtsspruch 39), wonach eine Vereinbarung unter den Gesellschaftern, daß ein bestimmtes Grundstück einem Gesellschafter für private Wohnbauzwecke überlassen werden solle, noch keine Entnahmehandlung darstellt. Das Finanzgericht ist daher mit Recht davon ausgegangen, daß der Entnahmegewinn im Jahr 1959 erzielt wurde.

 

Fundstellen

Haufe-Index 411461

BStBl III 1965, 92

BFHE 1965, 254

BFHE 81, 254

BB 1965, 154

DB 1965, 167

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