Leitsatz (amtlich)

Bei der Ermittlung der steuerpflichtigen Sachzuwendungen des Arbeitgebers aus Anlaß von Betriebsveranstaltungen gemäß § 35a Abs. 1 Nr. 2 und Abs. 3 LStDV 1965 i. V. m. Abschn. 11 LStR 1966 sind die anteilsmäßigen Aufwendungen für mitgenommene Familienangehörige nur den Arbeitnehmern zuzurechnen, die Angehörige mitgenommen haben.

 

Normenkette

EStG 1965 §§ 8, 19; LStDV 1965 § 35a Abs. 1 Nr. 2, Abs. 3; LStR 1966 Abschn. 11, 52 Abs. 9

 

Tatbestand

Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin) veranstaltete in den Jahren 1965 und 1966 je einen Betriebsausflug, an denen auch ein Angehöriger eines jeden Arbeitnehmers teilnehmen durfte. Die Aufwendungen der Klägerin für Fahrt, Übernachtung, Speisen und Getränke betrugen im Jahr 1965 bei 384 Teilnehmern 16 554,70 DM und im Jahr 1966 bei 375 Teilnehmern 14 526,45 DM.

Der Beklagte und Revisionskläger (FA) hat unter Berufung auf Abschn. 52 Abs. 9 letzter Satz LStR bei der Feststellung, ob der Betrag von 50 DM beim einzelnen Arbeitnehmer überschritten wurde, die Gesamtsumme der Aufwendungen eines Kalenderjahres, soweit sie auf die Arbeitnehmer und deren Angehörige entfielen, durch die Zahl der beteiligten Arbeitnehmer geteilt. Auf Grund dieser Berechnung forderte das FA unter Anwendung der Pauschbesteuerung nach § 35a LStDV im Haftungsbescheid vom 28. April 1967 von der Klägerin u. a. die Nachentrichtung von Lohnsteuer in Höhe von 2 275,68 DM und 2 225,76 DM, insgesamt 4 501,44 DM. Der Einspruch hiergegen blieb erfolglos.

Die Klage hatte zum Teil Erfolg. Das FG nahm eine andere Aufteilung der Gesamtaufwendungen auf die einzelnen Arbeitnehmer als das FA vor, und zwar ging es davon aus, daß den Arbeitnehmern, die ohne Angehörige am Betriebsausflug teilgenommen hatten, nur ihr eigener Anteil an den Gesamtaufwendungen, nämlich 43,11 DM im Jahr 1965 und 38,73 DM im Jahr 1966, zugerechnet werden könne. Da bei ihnen die Grenze von 50 DM (Abschn. 11 LStR) nicht überschritten sei, lägen insoweit keine steuerpflichtigen Sachzuwendungen vor. Die Aufwendungen für die Angehörigen müßten allein den Arbeitnehmern zugeschlagen werden, die einen Angehörigen mitgenommen hätten. Abschn. 52 Abs. 9 letzter Satz LStR stehe so, wie ihn das FA auslege, weder mit dem Wortlaut des § 35a Abs. 1 Nr. 2 LStDV noch mit der Ermächtigungsgrundlage in § 42a Abs. 1 Nr. 2 EStG in Einklang. Das FG kürzte daher den lohnsteuerpflichtigen Gesamtaufwand um die Anteile der Aufwendungen, die auf die Arbeitnehmer entfielen, die ohne Angehörige am Betriebsausflug teilgenommen hatten, und setzte dementsprechend den Haftungsbetrag um insgesamt 1 345,54 DM herab.

Mit der Revision rügt das FA Verletzung materiellen Rechts. Der Gesetzgeber habe für die Pauschalierung der Lohnsteuer in § 42a EStG 1958 eine Rechtsgrundlage geschaffen. Für die Bemessung der Lohnsteuer nach einem festen Pauschsteuersatz werde in § 35a LStDV bestimmt, daß von der Summe der Aufwendungen des Arbeitgebers auszugehen sei, die er aus Anlaß von Betriebsveranstaltungen gewährt habe. Für die einheitliche Behandlung solcher Zuwendungen gebe Abschn. 11 LStR die Weisung, wie sie dem Grunde und der Höhe nach steuerlich zu behandeln seien. Ergänzend hierzu sei in Abschn. 52 Abs. 9 letzter Satz LStR geregelt worden, daß für die Feststellung, ob der Betrag von 50 DM überschritten werde, die Gesamtsumme der Aufwendungen eines Kalenderjahres durch die Zahl der beteiligten Arbeitnehmer zu teilen sei. Dabei seien die Angehörigen der Arbeitnehmer nicht zu berücksichtigen. Im übrigen seien die LStR 1970 in Abschn. 11 Abs. 1 durch die Einfügung des folgenden Satzes ergänzt worden: "Zuwendungen an Angehörige des Arbeitnehmers, die an der Betriebsveranstaltung teilnehmen, gelten als Zuwendungen an den Arbeitnehmer." Einer solchen besonderen Klarstellung hätte es wegen der Behandlung von Zuwendungen an Arbeitnehmer ohne Angehörige nicht bedurft. Bei der Pauschalierung der Lohnsteuer von bestimmten sonstigen Bezügen seien aus Vereinfachungsgründen als Bemessungsgrundlage deshalb grundsätzlich alle Zuwendungen nach der Zahl der beteiligten Arbeitnehmer zu berücksichtigen. Es würde dem Sinn und Zweck der Pauschalierung widersprechen, wenn dabei eine Gruppe von Arbeitnehmern anders behandelt würde. Dasselbe müsse gelten für die Frage, ob die Freigrenze von 50 DM überschritten sei. Für beide Prüfungen und Betrachtungen könne mit Rücksicht auf den Zweck des § 35a LStDV, die Steuererhebung zu vereinfachen, nur dieselbe Methode, nämlich die des Abschn. 52 Abs. 9 letzter Satz LStR, angewendet werden.

Das FA beantragt, das Urteil des FG aufzuheben und die Klage abzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist nicht begründet.

Ob und welche Sachzuwendungen eines Arbeitgebers an seine Arbeitnehmer lohnsteuerpflichtig sind, ergibt sich aus § 19 EStG, §§ 2 und 3 LStDV. Aus diesen Bestimmungen ist zu entnehmen, daß zum Arbeitslohn Sachzuwendungen des Arbeitgebers nicht gehören, durch die der Arbeitnehmer nicht objektiv bereichert wird (z. B. Urteil des BFH vom 30. August 1972 VI R 300/69, BFHE 107, 280, BStBl II 1973, 64). Die LStR gehen in Abschn. 11 Abs. 1 danach zutreffend davon aus, daß Zuwendungen aus Anlaß von Betriebsveranstaltungen wegen fehlender Bereicherung steuerfrei bleiben, wenn sie üblich und von geringem Wert sind und daß ein geringer Wert im allgemeinen anzunehmen ist, wenn der Wert der in einem Kalenderjahr gewährten Sachzuwendungen 50 DM für den Arbeitnehmer nicht übersteigt. Es kommt also darauf an, ob jedem der Arbeitnehmer im Kalenderjahr Sachzuwendungen im Wert von mehr als 50 DM zugeflossen sind.

Bei dem Ansatz von Sachzuwendungen an Arbeitnehmer sind - wie das FG zutreffend angenommen hat - die Sachzuwendungen der Klägerin an die Angehörigen der Arbeitnehmer, die an einer Betriebsveranstaltung teilgenommen haben, miteinzubeziehen. Dabei sind aber die Zuwendungen an die Angehörigen entgegen der Auffassung des FA nur den Arbeitnehmern zuzurechnen, die einen Angehörigen bei der Betriebsveranstaltung mitgenommen haben. Denn den anderen Arbeitnehmern, die ohne Mitnahme eines Angehörigen am Betriebsausflug teilgenommen haben, sind nur ihre eigenen Sachbezüge, nicht aber die von Angehörigen zugeflossen. Geht man davon aus, daß die Aufwendungen der Klägerin für jeden Teilnehmer des Betriebsausflugs gleich hoch waren, kann der Gesamtaufwand der Klägerin für die Arbeitnehmer und deren Angehörigen aus Vereinfachungsgründen durch die Teilnehmerzahl geteilt werden. Der auf einen Angehörigen entfallende Anteil ist jeweils nur einem Arbeitnehmer zuzurechnen, der einen Angehörigen mitgenommen hat. An dieser Art der Ermittlung des Werts der Sachbezüge der einzelnen Arbeitnehmer ändert auch § 35a LStDV nichts. Diese Vorschrift bestimmt nicht, unter welchen Voraussetzungen steuerpflichtige Sachzuwendungen anzunehmen sind, sondern regelt, wiie und unter welchen Voraussetzungen steuerpflichtige Sachzuwendungen pauschal besteuert werden können. Sie setzt, wie das FG richtig ausgeführt hat, bereits das Vorliegen einer steuerpflichtigen Zuwendung voraus. Sofern Abschn. 52 Abs. 9 letzter Satz LStR etwas anderes besagen sollte, würde dies nicht den Grundsätzen des Lohnsteuerrechts entsprechen.

Die vom FG vorgenommene lohnsteuerliche Behandlung der aus Anlaß des Betriebsausflugs gewährten Sachzuwendungen an die Arbeitnehmer der Klägerin entspricht deshalb dem geltenden Recht. Die Revision des FA war daher als unbegründet zurückzuweisen.

 

Fundstellen

Haufe-Index 70602

BStBl II 1973, 831

BFHE 1974, 267

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