Entscheidungsstichwort (Thema)

Grunderwerbsteuer/Kfz-Steuer/sonstige Verkehrsteuern

 

Leitsatz (amtlich)

über den Zeitpunkt der Entstehung der Steuerschuld bei Auflösung von Treuhandverhältnissen.

 

Normenkette

GrEStG § 1 Abs. 1 Ziff. 1

 

Tatbestand

Streitig ist,

ob Ludwig T., auf dessen Namen das in Betracht kommende Grundstück vom 27. März 1905 bis zum 9. Juni 1936 im Grundbuch eingetragen stand, lediglich Treuhänder der für tot erklärten Mutter der Beschwerdeführerin - Erbin der Mutter ist die Beschwerdeführerin - war,

bejahendenfalls, ob das Treuhandverhältnis über das Grundstück erst am 20. Februar 1954 oder schon am 2. Mai 1936 erloschen ist. Der 20. Februar 1954 ist der Tag, an dem sich der Rückerstattungsverpflichtete R. durch Vergleich vor der X. Zivilkammer des Landgerichts Y. zur Rückgabe des Grundstücks an die Beschwerdeführerin als die Berechtigte verpflichtete; der 2. Mai 1936 ist der Tag, an dem T. das Grundstück auf Weisung der Mutter der Beschwerdeführerin an S. verkaufte; der Rückerstattungsverpflichtete R. erwarb das Grundstück zu einem späteren Zeitpunkt.

Das Finanzamt hat ein Treuhandverhältnis bejaht und zugleich die Auffassung vertreten, daß dieses Treuhandverhältnis erst am 20. Februar 1954 endigte. Es hat in der Auflösung des Treuhandverhältnisses einen Erwerbsvorgang im Sinne des § 1 Abs. 1 Ziff. 1 des Grunderwerbsteuergesetzes (GrEStG) erblickt und die Steuer unter Zugrundelegung einer Gegenleistung von 7.051,71 DM festgesetzt. Dabei wurde als Gegenleistung der Gesamtbetrag der Aufwendungen angesetzt, die die Treugeberin (oder ihre Rechtsvorgängerin) nach § 670 BGB erstattet hatte oder erstatten mußte.

Einspruch und Berufung wurden als unbegründet zurückgewiesen.

 

Entscheidungsgründe

Die Rechtsbeschwerde ist von Erfolg.

Es kann unerörtert bleiben, ob zwischen der Beschwerdeführerin (bzw. ihrer verstorbenen Mutter) und T. ein Treuhandverhältnis bestand oder nicht. Selbst wenn entsprechend der Auffassung der Vorinstanz ein Treuhandverhältnis zu bejahen ist, kommt eine Steuererhebung nicht in Betracht.

Wie unstreitig ist, wurde das Grundstück am 2. Mai 1936 auf Weisung der damaligen Treugeberin, das heißt der Mutter der Beschwerdeführerin, an S. verkauft. Nach feststehender Rechtsprechung endete damit das Treuhandverhältnis. Auf das Urteil des Reichsfinanzhofs II 140/42 vom 18. Februar 1943 (RStBl 1943 S. 473, Slg. Bd. 53 S. 1) wird hingewiesen. In diesem Urteil wird ausgeführt, daß der Treuhänder nach § 667 BGB verpflichtet sei, dem Auftraggeber (das heißt dem Treugeber) alles, was er aus der Geschäftsbesorgung erlangt hat, herauszugeben. Der Treuhänder sei somit auch verpflichtet, das Eigentum an dem Grundstück dem Treugeber zu übertragen. Im Wesen des Treuhandverhältnisses sei es jedoch begründet, daß der Treuhänder zur Eigentumsübertragung erst dann verpflichtet sei, wenn der Treugeber es verlangt. Stelle der Treugeber dieses Verlangen, so werde die bedingte Eigentumsübertragungsverpflichtung des Treuhänders zu einer unbedingten; in diesem Zeitpunkt entstehe die aus § 1 Abs. 1 Ziff. 1 GrEStG herzuleitende Steuerpflicht bezüglich der Auflösung des Treuhandverhältnisses (ß 3 Abs. 5 Ziff. 5 Buchst. a des Steueranpassungsgesetzes in der Fassung des § 19 GrEStG vom 29. März 1940). Siehe auch das Urteil des Senats II 35/56 U vom 19. Dezember 1956 (BStBl 1957 III S. 108, Slg. Bd. 64 S. 284). Wegen der hiermit übereinstimmenden Auffassung des Reichsministers der Finanzen siehe den Treuhanderlaß vom 18. Juni 1940 (RStBl 1940 S. 617), und zwar den Fall 1 Buchst. c in Verbindung mit dem Fall 3 Buchst. c. Die vorbezeichneten Entscheidungen und der Erlaß des Reichsministers der Finanzen sind allerdings zum GrEStG vom 29. März 1940 ergangen; eine andere Auffassung ist aber auch zum GrEStG vom 11. März 1927 (RGBl 1927 I S. 72) nicht möglich, da dort die gleiche Rechtslage bestand.

Die Steuerschuld ist demgemäß im Jahr 1936 entstanden. Nach den damals geltenden Vorschriften, die auch nach dem Inkrafttreten des GrEStG vom 29. März 1940 aufrechterhalten blieben (siehe § 23 Abs. 3 Ziff. 1 GrEStG 1940), verjährte die Steuerschuld mit Ablauf des 31. Dezember 1941 (siehe §§ 143, 145 der Reichsabgabenordnung in der vor Inkrafttreten des GrEStG vom 29. März 1940 geltenden Fassung).

Richtig ist allerdings, daß T. nach der Erklärung aller Beteiligten vor der Wiedergutmachungskammer (das heißt am 20. Februar 1954) Treuhänder der verstorbenen Mutter der Beschwerdeführerin "war und ist". Jedoch sind Anhaltspunkte dafür, daß nach dem 2. Mai 1936 ein neues Treuhandverhältnis begründet wurde, aus den Akten nicht ersichtlich. Anzuerkennen ist zwar, worauf die Vorinstanz mit Nachdruck hinweist, daß die Steuergerichte an die Entscheidungen der Wiedergutmachungsbehörden grundsätzlich gebunden sind. Der Senat ist aber der Auffassung, daß Parteierklärungen in Vergleichen, die vor einer Wiedergutmachungskammer abgeschlossen wurden, nicht bereits als Entscheidungen der Wiedergutmachungskammer anzusehen sind.

Nach alledem war die angefochtene Entscheidung aufzuheben und in der spruchreifen Sache dahin zu erkennen, daß die Beschwerdeführerin von der Steuer freizustellen ist.

 

Fundstellen

Haufe-Index 409482

BStBl III 1959, 433

BFHE 1960, 462

BFHE 69, 462

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