Leitsatz (amtlich)

1. Zur äußerlichen Erkennbarkeit von Fahrzeugen für einen begünstigten Zweck i.S. von § 3 Nr.5 KraftStG 1979.

2. Das Halten von Behelfskrankenwagen ist nur kraftfahrzeugsteuerfrei, wenn die Fahrzeuge äußerlich eine geeignete Beschriftung, Beschilderung oder ähnliche Kenntlichmachung aufweisen (z.B. Rotkreuz-Zeichen oder für Krankenkraftwagen verkehrsrechtlich zugelassene besondere Beleuchtungseinrichtung); Merkmale wie Farbanstrich, Blaulicht und besondere Polsterung genügen nicht.

 

Normenkette

KraftStG 1979 § 3 Nr. 5; StVZO § 52 Abs. 5

 

Tatbestand

I. Der Kläger und Revisionskläger (Kläger), eine Gebietskörperschaft, versieht in seinem Bereich, wie zuvor eine aus ihm und dem Kreisverband des Deutschen Roten Kreuzes bestehende Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR), den Rettungsdienst und den Krankentransport. Zur Durchführung dieser Aufgaben hatte der Kläger von der GbR u.a. zwei sog. Behelfskrankenwagen übernommen, rot-weiß lackierte Exemplare einer für Polizei, Feuerwehr und Rettungsdienst gefertigten Sonderserie des Typs D-B mit eingebauter Sondersignalanlage (blaues Rundumlicht, Mehrklanghorn), Vorrichtung für Funk, Kommandoanlage und leicht zu reinigender und desinfizierbarer Polsterung. Die Fahrzeuge dienen der Beförderung von Kranken, die nicht in Rettungs- und Krankentransportwagen gefahren werden müssen, von eiligen Blutkonserven usw. und dem Transport des Notarztes.

Für das von ihm nicht mehr als steuerfrei angesehene Halten der Fahrzeuge setzte der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) gegen den Rechtsvorgänger des Klägers mit Bescheiden vom 13.Oktober 1982 Kraftfahrzeugsteuer fest. Der Einspruch des Klägers und dessen Klage blieben erfolglos.

Das Finanzgericht (FG) entschied, die Steuerbefreiung nach § 3 Nr.5 des Kraftfahrzeugsteuergesetzes (KraftStG) 1979 sei nicht gegeben, da die Fahrzeuge nicht äußerlich als für die Krankenbeförderung oder ggf. gleichzeitig für andere begünstigte Zwecke bestimmt erkennbar seien. Nach ihrem äußeren Erscheinungsbild könnte es sich ebensogut um Fahrzeuge handeln, die auch von anderen Einrichtungen für besondere Aufgaben verwendet werden (z.B. Fahrzeuge einer Feuerwehr zum Transport des Einsatzleiters; Einsatzfahrzeuge einer Straßenbaumeisterei oder eines Automobilclubs). Auch das Rundumlicht lasse die spezifische und ausschließliche Verwendung zur Nutzung als Krankenfahrzeug noch nicht erkennen. Für die Erkennbarkeit bedürfe es eines äußeren Symbols (z.B. Rotkreuz-Zeichen) oder einer an geeigneter Stelle fest angebrachten, allgemein verständlichen Beschriftung mit unmittelbarem Hinweis auf den begünstigten Zweck.

Mit der Revision trägt der Kläger vor, für die Steuerbefreiung reiche es aus, wenn Fahrzeuge äußerlich als für die begünstigten Zwecke insgesamt bestimmt erkennbar seien, d.h. für Notfallzwecke der in § 3 Nr.5 KraftStG 1979 bezeichneten Arten allgemein, ohne daß es bei der äußerlich erkennbaren Zweckbestimmung einer spezifischen Zuordnung zu den einzelnen aufgezählten Zwecken bedürfe. Aber auch, wenn die spezifische Nutzung für einen dieser Zwecke erkennbar sein müsse, erfüllten die Fahrzeuge aufgrund ihrer festgestellten Merkmale --diese zusammengenommen-- die Voraussetzung der Erkennbarkeit. Mit blauem Rundumlicht und Mehrklanghorn dürften nach den verkehrsrechtlichen Vorschriften nur bestimmte Kraftfahrzeuge ausgerüstet sein; zu diesem Kreis zählten auch die beiden Behelfskrankenwagen. Einsatzfahrzeuge einer Straßenbaumeisterei oder eines Automobilclubs dürften demgegenüber nur mit gelben Rundumlichtern und nicht mit Einsatzhörnern ausgerüstet sein; solche Fahrzeuge hätten zudem eine gelb- bzw. orangefarbene Sonderlackierung, Feuerwehrfahrzeuge üblicherweise nur eine rote Farbe.

 

Entscheidungsgründe

II. Die Revision ist nicht begründet.

Das FG hat zutreffend entschieden, daß das Halten der beiden Behelfskrankenwagen des Klägers nicht nach § 3 Nr.5 KraftStG 1979 kraftfahrzeugsteuerfrei ist.

Für die Steuerbefreiung nach dieser Vorschrift genügt nicht allein die Verwendung eines Fahrzeugs zu den begünstigten Zwecken. Hinzutreten muß vielmehr, daß die Fahrzeuge äußerlich als für diese Zwecke bestimmt erkennbar sind (§ 3 Nr.5 Satz 2 KraftStG 1979; ebenso § 3 Nr.2 Satz 2, Nr.3 Satz 2, Nr.4 Satz 3, Nr.9 Satz 2 KraftStG 1979). Dies setzt entsprechende äußere Merkmale voraus, die allein für sich die Widmung des Fahrzeugs deutlich werden lassen. Beschaffenheitsmerkmale anderer Art (z.B. eine für den Verwendungszweck bestimmte Polsterung) genügen nicht, auch wenn sie von außen wahrnehmbar sind. Nicht bestimmt ist die Art der äußeren Merkmale, die das Fahrzeug entsprechend erkennbar machen. Sie können sich aus der besonderen Bauart des Fahrzeugs --z.B. herkömmliche Krankenwagen-- oder etwa einer geeigneten Beschriftung, Beschilderung oder ähnlichen Kenntlichmachung ergeben (vgl. Heinz in Bischoff/Heinz/Kopp, Verkehrsteuern, 2.Aufl. 1986, S.164; Strodthoff, Kraftfahrzeugsteuer, 1987, § 3 Anm.3). Bei Behelfskrankenwagen bedarf es einer geeigneten Kenntlichmachung (z.B. durch Rotkreuz-Zeichen; vgl. Egly/Mößlang, Kraftfahrzeugsteuer, 3.Aufl. 1981, Abschn.17 a = S.177).

Das FG hat aufgrund der von ihm festgestellten äußeren Merkmale der Fahrzeuge das Vorliegen dieser Voraussetzungen rechtsfehlerfrei verneint.

Der Senat braucht nicht auf die von der Revision aufgeworfene Frage einzugehen, ob die nach Ansicht des FG den Behelfskrankenwagen des Klägers im äußeren Erscheinungsbild gleichen Fahrzeuge nach den Verkehrsvorschriften anders beschaffen sein müssen. Entscheidend ist, daß die Behelfskrankenwagen mit ihren festgestellten äußeren Merkmalen aus Rechtsgründen nicht als im Halten kraftfahrzeugsteuerfrei angesehen werden können.

Der Anstrich der Fahrzeuge weist diese noch nicht als Kranken- oder Rettungsdienstwagen aus. Er ist Fahrzeugen dieser Art verkehrsrechtlich nicht vorbehalten, wie § 52 Abs.4 Nr.1 der Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung --StVZO-- (weiß-roter Anstrich von Wegebaufahrzeugen und dergleichen) zeigt; auch steht nicht fest, daß diese Art des Anstrichs die einzig übliche bei Kranken- oder Rettungsdienstwagen sei. Das Blaulicht und --damit verbunden-- die akustische Warneinrichtung (§ 52 Abs.3 Nr.4, § 55 Abs.3 StVZO) lassen gleichfalls noch nicht die Bestimmung der Fahrzeuge erkennen. Diese Art der Ausrüstung ist auch für bestimmte andere Fahrzeuge als Krankenkraftwagen zugelassen (§ 52 Abs.3 Nr.1 bis 3 und 5 StVZO). Zwar könnte aus dem Vorhandensein der Rundumlicht-Anlage (blaues Blinklicht) und dem Fehlen von Merkmalen der in § 52 Abs.3 Nr.1 StVZO bezeichneten Fahrzeuge (Polizei usw.) geschlossen werden, daß es sich um Kraftwagen handelt, die für Zwecke i.S. von § 3 Nr.5 KraftStG 1979 bestimmt sind. Die konkrete Widmung der Fahrzeuge kann jedoch auch auf diese Weise nicht erkannt werden. Überdies läßt sich ein solcher Schluß nicht allein aufgrund der vorhandenen äußeren Merkmale der Fahrzeuge ziehen. Schon damit fehlt es an der erforderlichen Erkennbarkeit i.S. von § 3 Nr.5 Satz 2 KraftStG 1979. Auch verkehrsrechtlich reicht das Vorhandensein einer Rundumlicht-Anlage für Blaulicht bei einem Krankenkraftwagen nicht aus, um den Verwendungszweck des Fahrzeugs kenntlich zu machen. Das ergibt sich aus § 52 Abs.5 StVZO, der für die Kenntlichmachung die (zusätzliche) Ausrüstung von Krankenkraftwagen mit einer besonderen Beleuchtungseinrichtung (z.B. Rotkreuz-Leuchte) gestattet.

Wie der Vorentscheidung zu entnehmen ist, fehlt den Fahrzeugen des Klägers eine derartige Beleuchtungseinrichtung, die sie als Krankenkraftwagen kenntlich machen würde (vgl. Klein/Olbertz, Kraftfahrzeugsteuergesetz, 2.Aufl. 1987, § 3 Anm.6). Ob der Kläger, wie er in der Vorinstanz unter Berufung auf § 26 Abs.3 der Verordnung über den Betrieb von Kraftfahrunternehmen im Personenverkehr vom 21.Juni 1975 (BGBl I 1975, 1573) vorgetragen hat, mangels der für erforderlich gehaltenen Ausnahmegenehmigung an einer entsprechenden Kennzeichnung gehindert ist, spielt für die Entscheidung keine Rolle. Das gesetzliche Erfordernis darf nicht deshalb unbeachtet bleiben, weil es im Einzelfall --möglicherweise-- nicht erfüllt werden kann.

Der Revision ist einzuräumen, daß sich die Erkennbarkeit i.S. von § 3 Nr.5 Satz 2 KraftStG 1979 --wie offenbar auch das FG annimmt-- aus einer Mehrzahl einzelner äußerer Merkmale ergeben kann, die für sich allein zur Kenntlichmachung nicht ausreichen. Voraussetzung dafür ist jedoch, daß es sich um Merkmale handelt, die sich gegenseitig so ergänzen, daß sie zusammengenommen eine Widmung zu den begünstigten Zwecken äußerlich erkennbar machen. Den vom FG getroffenen Feststellungen kann nicht entnommen werden, daß dies im Streitfalle zutrifft. Das FG hat vielmehr ausgeführt, der Farbanstrich der Fahrzeuge und die Ausstattung mit blauem Rundumlicht vermöchten zwar "Assoziationen dahingehend auszulösen, daß es sich hier um ein Fahrzeug handelt, mit dem besondere Aufgaben erfüllt werden sollen", doch sei die spezifische und ausschließliche Verwendung zur Nutzung als Krankenfahrzeug damit noch nicht erkennbar. Diese Ausführungen enthalten eine Schlußfolgerung tatsächlicher Art, an die der Senat gemäß § 118 Abs.2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) gebunden ist, da sie von einem richtigen Verständnis des Erfordernisses der Erkennbarkeit ausgeht und weder gegen Denkgesetze noch Erfahrungssätze verstößt (vgl. Gräber/Ruban, FGO, 2.Aufl. 1987, § 118 Anm.40 mit Nachweisen). Es ist auch nicht ersichtlich, daß verkehrsrechtliche Vorschriften dem vom FG gezogenen Schluß entgegenständen.

Fehl geht schließlich die Rüge, das FG habe verkannt, daß es für die Steuerfreiheit genüge, wenn Fahrzeuge äußerlich als für die begünstigten Zwecke insgesamt bestimmt erkennbar sind. Das FG hat keine gegenteilige Auffassung vertreten, sondern die Frage offengelassen. Sie ist dahin zu beantworten, daß eine Widmung sowohl für den Rettungsdienst als auch für den Krankentransport --verwandte Zwecke--, sofern sie verkehrsrechtlich zulässig ist, bei Vorliegen der übrigen Voraussetzungen die Kraftfahrzeugsteuerfreiheit begründet. Auch unter diesem Gesichtspunkt kann die Revision aber nicht durchdringen. Ist --wie ausgeführt-- davon auszugehen, daß Farbanstrich und äußere Ausrüstung der Fahrzeuge weder einzeln noch insgesamt genügen, um die Verwendung zu einem der begünstigten Zwecke kenntlich zu machen, so ist auch die Annahme gerechtfertigt, daß sie nicht geeignet sind, die Verwendung zu mehreren (verwandten) Zwecken erkennen zu lassen.

 

Fundstellen

Haufe-Index 62245

BStBl II 1988, 904

BFHE 154, 418

BFHE 1989, 154

BB 1988, 2306-2307 (LT1-2)

HFR 1988, 639 (LT)

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