Entscheidungsstichwort (Thema)

Einkommensteuer, Lohnsteuer, Kirchensteuer

 

Leitsatz (amtlich)

Zu den Vergütungen im Sinn des § 15 Ziff. 2 EStG eines Gesellschafters für seine Tätigkeit im Dienst einer Personengesellschaft gehören auch seine Bezüge als Geschäftsführer einer GmbH, die Komplementärin und Geschäftsführerin einer GmbH & Co. KG ist, soweit sie auf eine Tätigkeit entfallen, die er als Organ der GmbH für die Personengesellschaft ausübt.

 

Normenkette

EStG § 15 Nr. 2

 

Tatbestand

Streitig ist bei der einheitlichen Gewinnfeststellung der Bfin. die Behandlung der Geschäftsführergehälter, die der Gesellschafter-Geschäftsführer der B.-GmbH, W. B., in den Jahren 1954 und 1955 erhalten hat.

Die Bfin., die Firma B.-GmbH & Co. KG, war in der Zeit vom 1. Januar bis 30. Juni 1954 eine KG, deren alleiniger Komplementär und Geschäftsführer W. B. war. Mit Wirkung vom 1. Juli 1954 wurde die offene Beteiligung des W. B. ebenfalls in eine Kommanditbeteiligung umgewandelt, als alleiniger persönlich haftender Gesellschafter trat die B.-GmbH in die KG ein. Die GmbH war mit Gesellschaftsvertrag vom 24. Januar 1953 mit einem Stammkapital von 20.000 DM, das im Dezember 1954 auf 100.000 DM erhöht wurde, gegründet worden. Die Stammkapitalsinhaber der GmbH sind zugleich Kommanditisten der Bfin. Alleiniger Geschäftsführer der GmbH in den Streitjahren war W. B. Er hatte laut Ziff. 4 des Geschäftsführungsvertrages einen monatlichen Gehaltsanspruch von 4.000 DM. Alleinige Geschäftsführerin der GmbH & Co. KG ist ab 1. Juli 1954 die GmbH. Ihr steht nach § 8 Abs. 2 des KG-Vertrags für die Geschäftsführung ein Vorab in Höhe von 20 % des KG- Gewinnes zu.

In den Streitjahren hat W. B. von der GmbH zuzüglich der Zuführung für eine Pensionsrückstellung an Gehalt bezogen:

Für die Zeit vom 1. Juli bis 31. Dezember 1954 30.293 DM, für das Kalenderjahr 1955 -------------------- 71.398 DM.Die Restgewinne (Gewinn nach Abzug der für die GmbH vertraglich vereinbarten Geschäftsführervergütung) für diesen Zeitraum sind wie folgt verteilt worden:

GmbH -------------------- = 40 % W. B. ------------------- = 30 % Kommanditisten ---------- = 30 % -------------------------------- 100 %.Die Angemessenheit dieser Gewinnverteilung ist nicht bestritten und begegnet nach Aktenlage auch keinen ernsthaften Bedenken.

Finanzamt und - auf die Sprungberufung der Bfin. - das Finanzgericht haben je 75 % der genannten Gehaltsbeträge nicht als Gehalt des W. B. für seine Geschäftsführertätigkeit im Dienste der GmbH, sondern als gewerbliche Einkünfte aus der KG angesehen. Sie haben sie demgemäß bei der einheitlichen Gewinnfeststellung der Bfin. nicht der GmbH, sondern W. B. als gewerbliche Einkünfte zugerechnet. Den auf die GmbH vertraglich entfallenden Vorab für die Geschäftsführung haben die Vorinstanzen um diese Beträge gekürzt. Zur Begründung seiner Auffassung führt das Finanzgericht im wesentlichen aus, wenn W. B. für die Ausübung der Geschäftsführung bei der KG von der GmbH bezahlt worden sei, so seien hierin steuerrechtlich von ihm bezogene Einkünfte aus Gewerbebetrieb zu erblicken, soweit die GmbH und die KG hierfür eine Gewinnvorabrede getroffen haben. Dieser Grundsatz sei bereits durch die Urteile des Reichsfinanzhofs VI A 501/31 vom 30. August 1932 (Steuer und Wirtschaft - StuW - 1932 Nr. 995) und VI A 1685/29 vom 7. April 1930 (RStBl 1930 S. 673, StuW Nr. 766) ausgesprochen und dabei betont worden, die Arbeitsleistung eines an der KG Beteiligten könne nicht in eine teilweise unselbständige und teilweise selbständige Tätigkeit aufgespalten werden. Obwohl der Gesellschafter-Geschäftsführer der GmbH die Geschäftsführung der KG in dieser Eigenschaft und nicht als ihr Kommanditist ausübe, sei er wirtschaftlich als geschäftsführender Gesellschafter der KG anzusehen. Auf die juristische Form, wonach er Angestellter der GmbH und diese geschäftsführender Gesellschafter sei, komme es für das Steuerrecht nicht ausschlaggebend an. In der Vorwegbeteiligung der GmbH am Gewinn der KG sei eine Gewinnverteilungsabrede mit der Folge zu sehen, daß steuerrechtlich die dem Geschäftsführer von der GmbH zugeflossene Vergütung bis zur Höhe des Gewinnanteils der GmbH als von der KG bezogene Einkünfte aus Gewerbebetrieb zu behandeln seien. Im Streitfall habe die GmbH auch eigene Geschäfte durch ihren Geschäftsführer, unter anderem die Verwaltung von Grundstücken neben der Geschäftsführung der KG betrieben. Die Entlohnung des Geschäftsführers erfolge demnach für beide Tätigkeiten, ohne daß eine klare Aufteilung nach der Art seiner Tätigkeit ersichtlich sei. Gemäß § 217 AO sei daher eine Schätzung der anteiligen Bezüge geboten. Es sei nicht zu beanstanden, wenn das Finanzamt eine Aufteilung der Gesamtbezüge des W. B. in 25 % für seine Tätigkeit im Interesse der GmbH und 75 % für seine Tätigkeit im Interesse der KG vorgenommen habe.

Mit der Rb. wird vor allem geltend gemacht, die höchstrichterliche Rechtsprechung betone seit langem den Grundsatz, daß im Falle der Errichtung von Kapitalgesellschaften durch die Steuerpflichtigen, z. B. einer GmbH, alle steuerlichen Konsequenzen dieser Rechtsgestaltung gezogen werden müßten. Er könne im Fall der GmbH & Co. KG nicht eingeschränkt bzw. seine Anwendung davon abhängig gemacht werden, daß etwa die Person des Geschäftsführers der GmbH mit einem Gesellschaftsfremden statt mit einem Kommanditisten besetzt werde. Es sei anerkannten Rechts, daß juristische Personen alleinige Komplementäre einer KG sein könnten. Da juristische Personen nur durch ihre Organe handeln könnten, in der KG aber nur der Komplementär zur Geschäftsführung berufen sei, könne die Tätigkeit des Geschäftsführers einer GmbH, die Komplementärin einer KG sei, nur eine solche im Dienste der GmbH sein. Empfängerin des Gewinnvorabs für die Geschäftsführung und für das Risiko der persönlichen Haftung sei die GmbH und nicht der Geschäftsführer. Dieser habe einen rechtlichen Gehaltsanspruch gegen die GmbH, der höher oder niedriger als der Vorabbetrag sein könne, und der nicht an das Bestehen der KG geknüpft sei. Der Grundsatz des Reichsfinanzhofs im Urteil vom 30. August 1932, daß die Arbeitsleistung des Kommanditisten nicht in eine teilweise unselbständige und teilweise selbständige eines Mitunternehmers aufgeteilt werden könne, werde abgelehnt.

 

Entscheidungsgründe

Die Rb. ist unbegründet.

Der Senat verbleibt bei der vom Finanzgericht angeführten Rechtsprechung des Reichsfinanzhofs.

Die GmbH & Co. KG ist eine Personengesellschaft (Urteil des Bundesfinanzhofs I 351/56 U vom 16. September 1958, BStBl 1958 III S. 462, Slg. Bd. 67 S. 492). Nach § 15 Ziff. 2 EStG sind Einkünfte eines Gesellschafters einer Personengesellschaft auch die Vergütungen, die der Gesellschafter von der Gesellschaft für seine Tätigkeit im Dienst der Gesellschaft bezogen hat. Aus dieser Vorschrift ist der Wille des Gesetzgebers erkennbar, für die Einkommensteuer der Gesellschafter einer Personengesellschaft jeden Gesellschafter als Unternehmer des Betriebs der Gesellschaft anzusehen. Daher muß grundsätzlich die gesamte Tätigkeit eines Gesellschafters im Rahmen des Unternehmens der Gesellschaft als selbständige Unternehmertätigkeit beurteilt werden. Wie im Urteil des Bundesfinanzhofs I 71/57 U vom 28. Januar 1958 (BStBl 1958 III S. 112, Slg. Bd. 66 S. 290) ausgeführt wird, ist es nicht möglich, unter Berufung auf die sogenannte Bilanzbündeltheorie das Arbeitsverhältnis eines Gesellschafters zu seiner Gesellschaft in Arbeitsverhältnisse im eigenen Mitunternehmen und zu den Mitgesellschaftern aufzuspalten. Es muß das wirtschaftlich einheitliche Arbeitsverhältnis auch steuerlich einheitlich beurteilt werden. Hierbei ist gleichgültig, ob der Gesellschafter im Auftrage der Gesamtheit der Unternehmer oder im Auftrage eines einzelnen Mitunternehmers für die Personengesellschaft tätig wird. Denn jeder Mitunternehmer verkörpert für seine Person die Gesellschaft, so daß Tätigkeit für einen Mitunternehmer Tätigkeit für die Gesellschaft als der gesamthänderisch miteinander verbundenen Mitunternehmer ist. Siehe hierzu auch Entscheidungen des Bundesfinanzhofs I 99/54 U vom 2. August 1955 (BStBl 1955 III S. 294, Slg. Bd. 61 S. 250) und des Oberverwaltungsgerichts Münster III Az 89/54 vom 26. Oktober 1954 (Steuerrechtsprechung in Karteiform, Gewerbesteuergesetz, § 5 Rechtsspruch 8). Allein diese Auffassung entspricht der einkommensteuerlichen Vorstellung der Personengesellschaft und der Beziehungen der Gesellschafter untereinander und zu ihrer Gesellschaft. Die Beziehungen zum Mitgesellschafter sind stets auch Beziehungen zur Gesellschaft und damit zum eigenen gewerblichen Betrieb. Erhält ein Gesellschafter von einem anderen Gesellschafter, dem die Alleingeschäftsführung für die Gesellschaft obliegt, eine Vergütung dafür, daß er die Geschäftsführung für diesen ausübt, so stellen auch diese Beträge eine "von der Gesellschaft für seine Tätigkeit im Dienst der Gesellschaft" gewährte Vergütung dar. Das gilt auch für die Tätigkeit eines Kommanditisten einer GmbH & Co. Kg, der - wie im Streitfall - als Geschäftsführer der GmbH deren Geschäftsführung für die KG tatsächlich ausübt. In besonderem Masse muß dies dort gelten, wo die Kommanditisten der GmbH & Co. KG gleichzeitig die Gesellschafter der GmbH sind. Es trifft wohl zu, daß der Kommanditist als Geschäftsführer der GmbH in einer Weise tätig wird, daß seine Handlungen als diejenigen eines Organs einer juristischen Person unmittelbar solche der GmbH selbst sind. Indes darf die Doppelstellung nicht unbeachtet bleiben, die der Kommanditist als natürliche Person in einem solchen Fall einnimmt: er ist sowohl Organ der GmbH als auch Gesellschafter der KG. Bei einer wirtschaftlichen Betrachtung aber kann seine Geschäftsführertätigkeit nicht von seiner Gesellschaftereigenschaft und damit von seiner Eigenschaft als Unternehmer der KG losgelöst werden. über die GmbH wird er - wenn auch bei einer formaljuristischen Betrachtung nur mittelbar - im Dienst der KG für diese tätig. Die ihm hierfür gewährte Vergütung ist nach § 15 Ziff. 2 EStG von der KG bezogen und seinem Gewinnanteil als weiterer Teil seines gewerblichen Gewinns hinzuzurechnen. Die Sache kann für einen Kommanditisten, der Geschäftsführer der GmbH ist, nicht anders beurteilt werden als für einen Kommanditisten, der in einem sonstigen Arbeitsverhältnis zur GmbH steht und in ihrem Auftrage die Geschäftsführung der KG ausübt.

 

Fundstellen

Haufe-Index 409778

BStBl III 1960, 408

BFHE 1961, 425

BFHE 71, 425

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