Entscheidungsstichwort (Thema)

Bei Rückumtausch von Fremdwährungsguthaben in DM erzielte Kursgewinne als Spekulationsgeschäfte steuerbar

 

Leitsatz (amtlich)

Wird zu Lasten eines Kontos, das Geldbestände in DM ausweist, ein Guthaben in ausländischer Währung auf einem Fremdwährungskonto gebildet und wird dieses Fremdwährungsguthaben innerhalb der Spekulationsfrist des § 23 EStG gegen ein höheres Guthaben in DM getauscht, liegt ein steuerbares Spekulationsgeschäft vor.

 

Normenkette

EStG 1987 § 22 Nr. 2, § 23 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. b

 

Verfahrensgang

FG München (EFG 1997, 343; LEXinform-Nr. 0141027)

 

Tatbestand

Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) eröffnete am 10. November 1988 bei seiner Bank, bei der er bereits ein privates Konto unterhielt, ein Fremdwährungskonto und erwarb rd. 2,1 Mio. Finnmark (FIM). Dafür wurde sein privates Konto mit einem Betrag von 889 992 DM belastet. Den Fremdwährungsbetrag legte er als Festgeld an. Am 12. Dezember 1988 erwarb er zu Lasten seines privaten Kontos für 99 999 DM weitere 235 460 FIM und legte sie ebenfalls auf dem Festgeldkonto an. Am 17. Februar 1989 wurde das gesamte Festgeld einschließlich Zinsen aufgelöst und zugunsten des privaten Kontos in 1,027 Mio. DM umgetauscht.

Am 16. Februar 1989 erwarb der Kläger für 532 780 DM zu Lasten seines privaten Kontos 340 000 Kanadische Dollar (Can$) und legte den Betrag als Festgeld an. Nach Ablauf der Festlegungsfrist wurde ein Teilbetrag von 65 000 Can$ am 28. März 1989 umgetauscht und in Höhe von 102 466 DM dem privaten Konto gutgeschrieben. Der Restbetrag einschließlich Zinsen (insgesamt 279 588 Can$) wurde am 28. April 1989 umgetauscht und in Höhe von 439 513 DM dem privaten Konto des Klägers gutgeschrieben.

In seiner Einkommensteuererklärung führte der Kläger die Zinsen aus den Fremdwährungs-Festgeldkonten unter den Einkünften aus Kapitalvermögen auf. Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt ―FA―) erfasste darüber hinaus auch die erzielten Kursgewinne von 17 961 DM als Gewinn aus Spekulationsgeschäften gemäß § 22 Nr. 2, § 23 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. b des Einkommensteuergesetzes (EStG) in der für das Streitjahr geltenden Fassung.

Das Finanzgericht (FG) wies die dagegen nach erfolglosem Einspruch erhobene Klage ab (Entscheidungen der Finanzgerichte ―EFG― 1997, 343).

Mit der Revision rügt der Kläger die Verletzung von § 22 Nr. 2, § 23 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. b EStG. Es fehle an den Voraussetzungen eines Anschaffungs- und Veräußerungsgeschäfts. Er habe vor und nach dem strittigen Zeitraum gegenüber seiner Bank laufende Konten und Festgeldkonten in DM und Fremdwährungen in vergleichbarer Höhe unterhalten. Die Forderungen seien zu keinem Zeitpunkt erloschen und lediglich Wertschwankungen unterworfen gewesen. Wertschwankungen im privaten Geldvermögen durch Kursänderungen seien steuerlich nicht zu erfassen. Er habe keine Spekulation mit Devisen betrieben. Der Grund für die Festgeldanlage in Fremdwährungen sei allein das höhere ausländische Zinsniveau gewesen.

Der Kläger beantragt sinngemäß, das Urteil des FG aufzuheben und unter Abänderung des geänderten Einkommensteuerbescheids 1989 vom 24. Oktober 1992 die Einkommensteuer unter Berücksichtigung eines um 17 961 DM verringerten zu versteuernden Einkommens festzusetzen.

Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist unbegründet. Sie ist zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung ―FGO―). Das FG hat die strittigen Kursgewinne zu Recht als Einkünfte aus Spekulationsgeschäften gemäß § 22 Nr. 2, § 23 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. b EStG in der für das Streitjahr geltenden Fassung beurteilt.

1. Ein Spekulationsgeschäft (§ 22 Nr. 2 EStG) ist gemäß § 23 Abs. 1 Nr. 1 b EStG in der für das Streitjahr geltenden Fassung die Veräußerung von Wirtschaftsgütern, insbesondere von Wertpapieren, bei denen der Zeitraum zwischen Anschaffung und Veräußerung nicht mehr als sechs Monate beträgt. Die Regelung erfasst nur Veräußerungsgeschäfte über Wirtschaftsgüter. Das veräußerte Wirtschaftsgut muss mit dem erworbenen zumindest wirtschaftlich identisch sein. Zweck des § 23 EStG ist es, innerhalb der Spekulationsfrist realisierte Werterhöhungen eines bestimmten Wirtschaftsgutes im Privatvermögen der Einkommensteuer zu unterwerfen (Urteile des Bundesfinanzhofs ―BFH― vom 25. August 1987 IX R 65/86, BFHE 151, 132, BStBl II 1988, 248, m.w.N.; vom 27. August 1997 X R 26/95, BFHE 184, 385, BStBl II 1998, 135).

2. a) Zu den Wirtschaftsgütern, die Gegenstand eines Spekulationsgeschäfts sein können, zählen auch Valuta in fremder Währung (Warnke in Lademann, Einkommensteuergesetz, § 23 EStG Anm. 88). Der Begriff des Wirtschaftsguts wird in § 23 Abs. 1 EStG nicht in einem anderen Sinne gebraucht, als in den Vorschriften über die übrigen Einkunftsarten (BFH-Urteil vom 14. November 1978 VIII R 72/76, BFHE 127, 9, BStBl II 1979, 298).

b) Fremdwährungsbeträge werden angeschafft i.S. von § 23 EStG, wenn sie gegen Umtausch von DM erworben werden. Sie werden veräußert im Sinne dieser Vorschrift, wenn sie in DM rückgetauscht oder in eine andere Fremdwährung umgetauscht werden.

Unterhält ein Steuerpflichtiger bei einem Kreditinstitut verschiedene Konten, so hat er eine den Konten entsprechende Zahl von Geldforderungen gegenüber dem Kreditinstitut. Jede Forderung bildet für sich ein selbständiges Wirtschaftsgut, über das der Steuerpflichtige gesondert verfügen kann. Wird zu Lasten eines Kontos, das Geldbestände in DM ausweist, ein Guthaben auf einem Fremdwährungskonto gebildet, so wird eine Forderung in DM aufgegeben, um eine Forderung in Fremdwährung zu erwerben. Dies bedeutet eine Anschaffung des Fremdwährungsguthabens i.S. von § 23 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. b EStG. Wird später das Guthaben auf dem Fremdwährungskonto gegen entsprechende Bestände auf einem in DM lautenden Konto getauscht, handelt es sich um eine Veräußerung des Fremdwährungsguthabens.

Obwohl § 23 EStG in seinem letzten Absatz von "Gewinn oder Verlust" aus Spekulationsgeschäften spricht, handelt es sich um Überschusseinkünfte, für deren Ermittlung die zugeflossenen Einnahmen den abgeflossenen Werbungskosten gegenüberzustellen sind (§ 2 Abs. 2 Nr. 2, §§ 8, 9, 11 EStG). Der sich durch Währungsschwankungen ergebende Kursgewinn wird mithin nicht schon durch den Transfer eines Fremdwährungsguthabens von einem Konto auf ein anderes oder durch Gewährung eines Darlehens in Fremdwährung und Rückfluss der Darlehensvaluta in Fremdwährung gemäß § 23 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. b EStG realisiert. Die Verlagerung des Fremdwährungsguthabens führt als solche zu keinem Vermögenszuwachs des Steuerpflichtigen und zu keiner Steigerung seiner wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit (vgl. Wellmann, Deutsche Steuerzeitung ―DStZ― 1997, 253, 254). Die Wertsteigerung im Privatvermögen in Form des erzielten Kursgewinns wird gemäß § 23 EStG erst dann durch einen marktoffenbaren Veräußerungsvorgang realisiert und damit steuerbar, wenn die ausländische Währung in DM (oder eine andere Währung) rückgetauscht wird. Erst in dem durch den günstigen Rücktausch erhöhten DM-Betrag (oder Betrag in einer anderen Währung) liegt der Zufluss des "Veräußerungspreises" i.S. von § 23 letzter Absatz i.V.m. § 11 Abs. 1 EStG.

3. Die durch Anschaffung eines Fremdwährungsguthabens gegen DM und dessen Rücktausch in DM innerhalb der Spekulationsfrist erzielte Wertsteigerung im Privatvermögen ist auch dann gemäß § 23 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. b EStG steuerbar, wenn der Steuerpflichtige seine Investitionsentscheidung allein mit Rücksicht auf die zu erzielenden Zinsen, nicht aber im Hinblick auf evtl. Kursgewinne getroffen hat. Die Regelung des § 23 EStG setzt keine Spekulationsabsicht voraus. Der Gesetzgeber hat dieses subjektive Merkmal, das noch in § 42 EStG 1925 enthalten war, mit Einführung der Vorschrift des § 23 EStG 1934 ―die der im Streitjahr maßgebenden Regelung entspricht― fallen gelassen (BFH-Urteile vom 13. Dezember 1961 VI 133/60 U, BFHE 74, 331, BStBl III 1962, 127; vom 8. März 1967 VI R 24/66, BFHE 88, 182, BStBl III 1967, 317; vom 21. März 1969 VI R 208/67, BFHE 96, 19, BStBl II 1969, 520; vom 29. August 1969 VI R 319/67, BFHE 96, 520; a.A. Neeb, Steuer und Wirtschaft 1991, 52; Crezelius, in: Kirchhof/Söhn Einkommensteuergesetz, § 23 Rdnr. A18, B1). Das alle Einkunftsarten kennzeichnende Merkmal der Einkünfteerzielungsabsicht ist für die Einkünfte aus Spekulationsgeschäften gemäß § 23 EStG durch die verhältnismäßig kurzen Spekulationsfristen in typisierender Weise objektiviert (vgl. Lang, Die Bemessungsgrundlage der Einkommensteuer, 1988, S. 55 f., 506, 513).

4. Im Streitfall hat danach das FG die vom Kläger erzielten Kursgewinne im Ergebnis zu Recht als Einkünfte gemäß § 23 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. b EStG beurteilt. Der Kläger hat dadurch Spekulationseinkünfte gemäß § 23 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. b EStG erzielt, dass er zu Lasten seines in DM lautenden Kontos Fremdwährungsguthaben erwarb und diese innerhalb der Spekulationsfrist wieder in DM umtauschte. Wenn der Kläger die Festgeldanlage in fremder Währung allein wegen der höheren Verzinsung gewählt hat, steht dies der Anwendung des § 23 EStG nicht entgegen.

 

Fundstellen

Haufe-Index 426194

BFH/NV 2000, 1289

BStBl II 2000, 469

BFHE 192, 88

BFHE 2001, 88

BB 2000, 1712

DB 2000, 1743

DStR 2000, 1386

DStRE 2000, 908

DStZ 2000, 727

HFR 2000, 719

StE 2000, 506

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