Entscheidungsstichwort (Thema)

Einkommensteuer, Lohnsteuer, Kirchensteuer

 

Leitsatz (amtlich)

Eine Personengesellschaft kann die zu ihrem Gesamthandsvermögen gehörigen, aus außerbetrieblichen Erwägungen erworbenen Anteile an einer gemeinnützigen Wohnungsbaugesellschaft nicht als gewillkürtes Betriebsvermögen behandeln.

 

Normenkette

EStG §§ 4-5

 

Tatbestand

Streitig ist bei der einheitlichen Gewinnfeststellung 1959, ob die Revisionsklägerin (eine Kommanditgesellschaft - KG -) in der Bilanz vom 31. Dezember 1959 eine Teilwertabschreibung an einer im Jahre 1959 erworbenen GmbH-Beteiligung vornehmen kann.

Die KG, die einen Betrieb zur Herstellung von Artikeln zur Elektro-Installation unterhielt, erwarb im Jahre 1959 zu bereits vorhandenen Anteilen aus einer Kapitalerhöhung weitere Anteile an einer Gemeinnützigen Wohnungsbaugesellschaft mbH (GmbH) zum Anschaffungspreis von 5500 DM. Die KG, der für die in ihrem Besitz befindlichen Anteile schon früher eine Abschreibung von 85 % des Nennbetrages zugestanden worden war, nahm auf die hinzuerworbenen Anteile eine Teilwertabschreibung von 85 % der Anschaffungskosten 4675 DM vor. Sie begründete diese Abschreibung mit dem gemeinen Wert der Anteile am 1. Januar 1957, der 15 % betrage. Bei der einheitlichen Gewinnfeststellung 1959 strich das Finanzamt (FA) die Abschreibung und setzte die neuerworbenen Anteile mit den Anschaffungskosten an. Einspruch und Berufung der KG blieben ohne Erfolg.

Das Finanzgericht (FG) begründete seine Entscheidung im wesentlichen wie folgt. Die KG habe erklärt, die Unternehmen, die sich an der GmbH beteiligt hätten, hätten die GmbH im Interesse der Allgemeinheit und aus wirtschaftspolitischen Erwägungen unterstützen wollen. Dann könne die übernahme der von vornherein verlustbringenden Anteile nicht als betrieblicher Vorgang angesehen werden. Der Erwerb habe den Charakter einer Spende. Wenn die Anteile aber, wie die KG ebenfalls vorgetragen habe, in erster Linie übernommen worden seien, um eine vermeintliche Abschreibungsmöglichkeit ausnutzen zu können, so schließe auch dieses Vorbringen die Annahme eines betrieblichen Vorgangs aus. Wenn schließlich die KG auf Aufforderung des FG die betriebliche Veranlassung des Erwerbs der Anteile damit begründet habe, daß die Bereitstellung von Wohnungen im Ortsbereich und Einzugsgebiet des Unternehmens allgemein die wirtschaftliche Lage verbessere und auf die Dauer gesehen bessere Absatzbedingungen schaffe, so reiche dieses allgemeine Interesse an der Schaffung von Wohnungen in der näheren Umgebung der KG zur Annahme eines Geschäftsvorfalles nicht aus.

Aber auch wenn man in der Anschaffung der Anteile einen Geschäftsvorfall zu sehen hätte, so könne die Berufung keinen Erfolg haben. Denn dann stellten die Anschaffungskosten den Teilwert dar.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision der KG ist unbegründet. Dem FG ist darin zu folgen, daß eine Teilwertabschreibung schon deshalb nicht in Betracht kommt, weil die Anteile nicht Betriebsvermögen der KG wurden. Dafür, daß sie notwendiges Betriebsvermögen sind, liegen keine Anhaltspunkte vor. Sie könnten nur gewillkürtes Betriebsvermögen sein. Da die KG Vollkaufmann ist, kann sie zwar die mit Mitteln des Betriebes erworbenen Anteile grundsätzlich als gewillkürtes Betriebsvermögen behandeln (vgl. Urteile des BFH VI 335/61 vom 29. März 1963, Steuerrechtsprechung in Karteiform, Einkommensteuergesetz, § 5, Rechtsspruch 363; IV 167/64 U vom 10. Dezember 1964, BFH 82, 356, BStBl III 1965, 377). Voraussetzung ist jedoch, daß der Erwerb der Anteile nicht von vornherein ein Vorgang war, der dem Betrieb nicht nur keinen Nutzen, sondern nur Verluste bringen konnte. Das war hier unstreitig der Fall und der KG auch bei dem Erwerb bekannt. Im Urteil IV 121/63 U vom 5. Dezember 1963 (BFH 78, 337, BStBl III 1964, 132) entschied der Senat, daß der Erwerb von GmbH- Anteilen selbst dann, wenn zwischen dem Erwerber und der GmbH geschäftliche Beziehungen bestehen, kein betrieblicher Vorgang ist, wenn auf diese Weise Verluste der GmbH auf die betriebliche Sphäre des Erwerbers übertragen werden sollen. Die KG konnte kein irgendwie ins Gewicht fallendes betriebliches Interesse am Besitz der Anteile darlegen, geschweige denn nachweisen, welche betriebliche Erwägungen die übernahme des von Anfang an mit dem Erwerb der Anteile verknüpften Verlusts in den betrieblichen Bereich rechtfertigen könnten.

Das von ihr als entscheidend herausgestellte Motiv, durch den mit der Anschaffung verbundenen Verlust ihr Einkommen zu mindern, liegt für sich gesehen auf außerbetrieblichem Gebiet und reicht nicht aus, den Verlust in die betriebliche Sphäre zu verlagern.

Der von der KG geltend gemachte Vergleich des Vorgangs mit erfolglosen Werbeaufwendungen zwingt zu keiner anderen Beurteilung. Denn Werbeaufwendungen werden in der Regel im betrieblichen Interesse und in der ernsthaften Erwartung gemacht, das Unternehmen zu fördern; sie sind notwendig durch den Betrieb veranlaßt und deshalb Betriebsausgaben (§ 4 Abs. 4 EStG). Gerade an der betrieblichen Veranlassung aber fehlt es beim Erwerb der Anteile an der Baugesellschaft durch die KG.

An dieser Beurteilung ändert sich nichts dadurch, daß die Anteile offenbar ins Gesamthandseigentum der KG übergingen. Allerdings sprach das Urteil des BFH VI 185/64 U vom 8. Oktober 1965, BFH 83, 574, BStBl III 1965, 708, für Grundstücke, die zum Gesamthandsvermögen einer Personengesellschaft gehören, aus, sie seien grundsätzlich auch einkommensteuerlich Betriebsvermögen der Gesellschaft. Der Grundsatz ergebe sich, so wird in der Entscheidung ausgeführt, daraus, daß die Steuerbilanz ihre Grundlage in der Handelsbilanz habe und das Steuerrecht eine ernsthafte bürgerlich-rechtliche Gestaltung seiner Beurteilung zugrunde lege, solange nicht zwingende steuerrechtliche Vorschriften dem entgegenstünden. Letzteres ist hier der Fall. Es ist steuerlich zwingend, daß ein nicht notwendig betrieblicher Vorgang, der dem Betrieb von vornherein nur Verluste bringt, einkommensteuerlich nicht als betrieblicher Vorgang angesehen werden kann. Werden auf Grund eines solchen Vorganges Wirtschaftsgüter erworben, so können sie nicht zum gewillkürten Betriebsvermögen gezogen werden. Das gilt auch für Wirtschaftsgüter, die zum Gesamthandsvermögen einer Personengesellschaft gehören. Die Auswirkung der steuerlichen Beurteilung auf die Einkommensteuer der Gesellschafter kann keine andere sein als beim Einzelunternehmer.

 

Fundstellen

Haufe-Index 412502

BStBl III 1967, 391

BFHE 1967, 323

BFHE 88, 323

BB 1967, 703

DB 1967, 1115

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