Entscheidungsstichwort (Thema)

Einkommensteuer, Lohnsteuer, Kirchensteuer

 

Leitsatz (amtlich)

Gewährt der Vater seiner Tochter unentgeltlich einen Geldanspruch gegen sich selbst, so können die Umstände, insbesondere die mangelnde Verfügungsmacht der Tochter über den Anspruch oder eine ungewöhnlich hohe Verzinsung den Schluß rechtfertigen, daß die vom Vater als Zinsen bezeichneten laufenden Zahlungen steuerlich weder Betriebsausgaben noch Sonderausgaben, sondern auf privaten Erwägungen beruhende, einkommensteuerlich unerhebliche laufende Zuwendungen sind.

 

Normenkette

EStG § 10 Abs. 1 Ziff. 1, § 12/2, § 4/4; StAnpG § 1/2; StAnpG § 1/3

 

Tatbestand

An der beschwerdeführenden OHG waren in den Streitjahren 1953 bis 1955 A. mit 70 v. H., B. mit 20 v. H. und C. mit 10 v. H. beteiligt. Nach den angefochtenen einheitlichen Gewinnfeststellungen betrugen die Gewinne in den bezeichneten Jahren 102.157 DM, 118.441 DM und 84.077 DM. Nach dem Vertrag vom 25. März 1953 schenkte der Gesellschafter A. seiner Tochter D. 6.000 DM, die mit Wirkung vom 1. Januar 1953 bis zum 31. Dezember 1961 eine stille Beteiligung am Gewinnanteil des Gesellschafters A. an der Bfin. bilden sollten und in den Büchern der Bfin. dementsprechend ausgewiesen wurden. Der Gewinnanteil der stillen Gesellschafterin sollte 5 v. H. des Gewinns der Bfin., mindestens jedoch 1.200 DM und höchstens 1.500 DM jährlich, betragen; am Verlust der Bfin. nahm Frau D. nicht teil. Die stille Beteiligung sollte sich nur auf den Gewinnanteil des Gesellschafters A. auswirken und die Gewinnanteile der anderen Gesellschafter nicht berühren. Frau D. bekam bis Ende 1955 jeweils den Höchstbetrag von 1.500 DM, da die für 1951 und 1952 von der Bfin. erklärten Gewinne rund 80.000 DM betrugen und somit in keinem Jahr ein unter 30.000 DM liegender Jahresgewinn ausgewiesen wurde.

Das Finanzamt lehnte die Berücksichtigung der stillen Beteiligung bei den einheitlichen Gewinnfeststellungen ab, weil es sich um ein partiarisches Darlehen handele, das allein auf familiären Erwägungen beruhe. Das Finanzgericht kam zu dem gleichen Ergebnis. Nach seiner Auffassung könne es dahingestellt bleiben, ob der Gesellschafter A. den Betrag von 6.000 DM seiner Tochter rechtsgültig geschenkt habe; denn die Beteiligten hätten alle Folgerungen aus dem Vertrage gezogen, deshalb sei er der steuerlichen Beurteilung zugrunde zu legen. Eine stille Gesellschaft könne aber deshalb nicht anerkannt werden, weil die Einlage von 6.000 DM nicht unmittelbar in das Vermögen der Bfin. übergegangen sei und eine Beteiligung der Tochter am Gewinn nicht vorliege. Es handele sich um ein partiarisches Darlehen, das aus betrieblichen Gründen nicht geboten gewesen sei. Die Darlehnsbegründung habe nur den Zweck verfolgt, die Tochter an dem Erfolg der Bfin. teilhaben zu lassen. Für den privaten Charakter der Vereinbarung sei auch bezeichnend, daß die anderen Gesellschafter mit den an die Frau D. gezahlten Beträgen nicht belastet worden seien. Unter diesen Umständen seien die Zahlungen an Frau D. weder bei der Bfin. noch bei dem Gesellschafter A. Betriebsausgaben.

 

Entscheidungsgründe

Die Rb. der Bfin. ist im Ergebnis nicht begründet.

Die Auffassung des Finanzgerichts, daß Frau D. schon deshalb nicht typische stille Gesellschafterin sei, weil es an einer Gewinnbeteiligung fehle, ist nicht zu beanstanden. Bei der Höhe der Gewinne der Bfin. war den am Vertrage vom 25. März 1953 Beteiligten offenbar bei Abschluß des Vertrages klar, daß Frau D. aller Voraussicht nach einen festen Betrag von jährlich 1.500 DM erhalten würde. Da Frau D. am Verlust nicht teilnahm und höchstens jährlich 1.500 DM oder mindestens einen den Höchstbetrag von 1.500 DM nur geringfügig unterschreitenden Betrag von 1.200 DM jährlich zu erhalten hatte, kann von einem Risiko der Frau D. keine Rede sein. Die Bezeichnung "stille Beteiligung" wurde nur gewählt, um den ungewöhnlich hohen, auf familiären Erwägungen beruhenden Zinssatz von mindestens 20 und höchstens 25 v. H. der Darlehnssumme zu rechtfertigen.

Der Senat kann der Auffassung des Finanzgerichts nicht folgen, daß die 6.000 DM ein von Frau D. der Bfin. oder ihrem Vater gewährtes partiarisches Darlehen seien, dessen Verzinsung, wenn auch nicht als Betriebsvorgang, so doch bei der Einkommensermittlung der Beteiligten im Rahmen der Sonderausgaben berücksichtigt werden müsse. Es ist zwar richtig, daß ernsthafte Darlehnsverhältnisse zwischen Eltern und Kindern auch steuerlich anerkannt werden. Wenn indessen der Vater seiner Tochter bei Abschluß des Darlehnsvertrags die Valuta schenkt und die gesamten Vereinbarungen ungewöhnlich sind, so bedarf es einer sorgfältigen Prüfung, ob nicht aus rein steuerlichen Erwägungen durch die Begründung eines Darlehnsverhältnisses ein anderer für die Beteiligten weniger günstiger Vorgang verdeckt werden sollte. So liegen die Verhältnisse hier. Selbst wenn man von den bürgerlich-rechtlichen Bedenken gegen die Gültigkeit der Schenkung der 6.000 DM absieht, so lassen die ungewöhnlich hohe, für eine bestimmte Zeit vereinbarte Verzinsung und die Tatsache, daß Frau D. neun Jahre lang über die 6.000 DM nicht verfügen konnte, nur den Schluß zu, daß der Vater der Tochter aus familiären und wahrscheinlich auch aus erbrechtlichen Gründen zunächst neun Jahre lang 1.500 DM, mindestens aber 1.200 DM jährlich zuwenden und ihr am Ende dieses Zeitraums noch einmal 6.000 DM schenken wollte. Diesen einkommensteuerlich unerheblichen Vorgang kleideten die Beteiligten nur deshalb in die Form eines zwischen Fremden nicht denkbaren Vertrags, um die laufenden Zuwendungen des Vaters an die Tochter als Betriebsausgaben oder als Sonderausgaben abziehen zu können. Bei dieser Sachlage sind steuerlich die laufenden Zahlungen ebenso wie die 6.000 DM private Zuwendungen des Vaters an die Tochter, die nicht als Zinsen für ein Kapital von 6.000 DM betrachtet werden können.

Selbst wenn man aber mit dem Finanzgericht annehmen wollte, daß Frau D. durch den Vertrag einen Darlehnsanspruch in Höhe von 6.000 DM gegen ihren Vater erworben habe, so konnte der Gesellschafter A. diese nur auf privaten Erwägungen beruhende Schuld an seine Tochter nicht dadurch zu einer betrieblichen Verbindlichkeit machen, daß er sie in den Büchern der Bfin. ausweisen ließ und eine Verzinsung vereinbarte, die - wenn auch nur in geringem Umfang - von der Höhe der Gewinne der Bfin. abhängig sein sollte. Denn weder die Begründung noch die Abwicklung dieser Verbindlichkeit hatte etwas mit betrieblichen Erwägungen der Bfin. oder des Gesellschafters A. in seiner Eigenschaft als Mitunternehmer zu tun. Für den Gesellschafter A. handelte es sich nur darum, seiner Tochter 6.000 DM zu schenken und diesen Betrag mit steuerlicher Wirkung bei ihm und bei seiner Tochter mit 20 bis 25 v. H. verzinsen zu dürfen. Diese Verbindlichkeit gehörte notwendig zum Privatvermögen und konnte nicht durch Einbuchung zu einem betrieblichen Vorgang der Bfin. gemacht werden

 

Fundstellen

Haufe-Index 409614

BStBl III 1960, 106

BFHE 1960, 285

BFHE 70, 285

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