Leitsatz (amtlich)

Der Senat hält an der bisherigen Rechtsauffassung fest, daß hinterzogene Steuerbeträge an Stichtagen vor der Aufdeckung der Steuerverkürzung vom Abzug als Betriebsschulden ausgeschlossen sind.

 

Normenkette

BewG i.d.F. vor BewG 1965 § 62 Abs. 1

 

Tatbestand

Der Einheitswert für das Betriebsvermögen des Erblassers war vom FA zum 1. Januar 1946 auf 53 000 RM, zum 21. Juni 1948 auf 41 500 DM und zum 1. Januar 1950 auf 84 000 DM festgestellt worden. Im Jahre 1956 fand bei dem Erblasser eine Betriebsprüfung durch die Steuerfahndung statt. Das FA berichtigte durch Bescheide vom 3. Dezember 1958 aufgrund der Feststellungen des Betriebsprüfers die Einheitswertfeststellungen zum 1. Januar 1946, 21. Juni 1948 und 1. Januar 1950 nach § 222 Abs. 1 Nr. 1 AO und stellte den Einheitswert des Betriebsvermögens zum 1. Januar 1946 auf 71 000 RM, zum 21. Juni 1948 auf 61 000 DM und zum 1. Januar 1950 auf 106 000 DM fest. Gleichzeitig führte es ebenfalls aufgrund der Feststellungen des Betriebsprüfers eine Wertfortschreibung des Einheitswerts des Betriebsvermögens zum 1. Januar 1951 auf 94 000 DM, die Hauptfeststellung des Einheitswerts des Betriebsvermögens zum 1. Januar 1953 auf 84 000 DM und eine Wertfortschreibung des Einheitswerts des Betriebsvermögens zum 1. Januar 1954 auf 63 000 DM durch. Bei diesen Einheitswertfeststellungen ließ das FA u. a. die sich aus der Betriebsprüfung ergebenden Mehrsteuern an Umsatzsteuer und Gewerbesteuer nicht zum Abzug zu, weil es sich um hinterzogene Steuern handele.

Der Einspruch blieb ohne Erfolg. Dagegen war die Berufung teilweise erfolgreich. Das FG stellte in dem in EFG 1963, 195 veröffentlichten Urteil den Einheitswert des Betriebsvermögens zum 1. Januar 1946 auf 45 000 RM, zum 21. Juni 1948 auf 38 000 DM, zum 1. Januar 1950 auf 80 000 DM, zum 1. Januar 1952 auf 65 000 DM, zum 1. Januar 1953 auf 75 000 DM und zum 1. Januar 1954 auf 51 000 DM fest. Den Fortschreibungsbescheid zum 1. Januar 1951 hob das FG auf. Das FG ließ dabei die sich aus der Betriebsprüfung ergebenden Mehrsteuern an Umsatzsteuer und Gewerbesteuer zum Abzug zu. Es ist der Auffassung, daß es entgegen der bisherigen Rechtsprechung nicht darauf ankomme, ob der Steuerpflichtige am Stichtag mit der Nachholung der betrieblichen Steuern habe rechnen können. Entscheidend sei, daß diese Steuerschulden am Stichtag bereits entstanden gewesen seien. Würden sie durch eine Berichtigungsveranlagung geltend gemacht, so sei dieses nachträgliche Ereignis angemessen zu berücksichtigen. Es habe sich dann eben herausgestellt, daß die Auffassung des Steuerpflichtigen seinerzeit falsch gewesen sei. Deshalb könnten auch hinterzogene betriebliche Steuern, sobald sie nachträglich geltend gemacht würden, an den betreffenden Stichtagen zum Abzug zugelassen werden.

Mit der Rechtsbeschwerde, die nach dem Inkrafttreten der FGO als Revision zu behandeln ist, rügt das FA unrichtige Anwendung des bestehenden Rechts. Diese sieht es darin, daß das FG die hinterzogenen Steuern zum Abzug zugelassen habe. Das FA beantragt, das Urteil des FG aufzuheben.

 

Entscheidungsgründe

Aus den Gründen:

Die Revision des FA führt zur Aufhebung der Vorentscheidung.

Das FG hat sich mit seiner Auffassung, daß auch hinterzogene betriebliche Steuern, die durch eine Berichtigungsveranlagung erhoben werden, an den in Betracht kommenden Stichtagen zum Abzug zuzulassen seien, in bewußtem Gegensatz zu der bei Erlaß des FG-Urteils bestehenden Rechtsprechung, insbesondere auch zu dem Urteil des Senats III 211/54 U vom 4. März 1955 (BFH 60, 321, BStBl III 1955, 123) gesetzt. Der Senat hat an der in diesem Urteil vertretenen Auffassung, daß hinterzogene Steuerbeträge vom Abzug als Betriebsschulden ausgeschlossen sind, seither in ständiger Rechtsprechung festgehalten (vgl. z. B. Urteil des BFH III 225/61 U vom 13. März 1964, BFH 79, 400, BStBl III 1964, 378). Er ist dabei von der vom FG abgelehnten Erwägung ausgegangen, daß der Steuerpflichtige vor der Aufdeckung der Steuerverkürzungen nicht mit einer Inanspruchnahme durch den Steuergläubiger gerechnet hat, vielmehr durch sein Verhalten erreichen wollte, daß diese Steuern nicht erhoben würden. Gerade aus diesen Erwägungen hat der Senat in dem Urteil III 225/61 U (a. a. O.) ausdrücklich hervorgehoben, daß der Nichtabzug nur für vorsätzlich, nicht auch für fahrlässig verkürzte Steuerbeträge in Betracht kommt. Der Senat sieht trotz der Ausführungen des FG keine Veranlassung, von dieser Rechtsprechung im Streitfall abzugehen. Er hält vorsätzlich hinterzogene Steuern schon mit Rücksicht darauf nicht für abzugsfähig, daß sich der Steuerpflichtige mit der nachträglichen Geltendmachung dieser Steuern an den zurückliegenden Stichtagen zu seinem früheren Verhalten in Widerspruch setzt und damit gegen die Grundsätze von Treu und Glauben verstößt. Der Steuerpflichtige hat durch sein früheres doloses Verhalten die Geltendmachung der Steuerschulden verwirkt. Es werden damit nicht, wie das FG meint, Tatbestandsmerkmale als vorhanden unterstellt, die objektiv nicht vorliegen. Es handelt sich entgegen der Auffassung des FG auch nicht um eine doppelte Bestrafung des Steuerpflichtigen. Es werden vielmehr Folgerungen aus dem gegen den Grundsatz von Treu und Glauben verstoßenden Verhalten des Steuerpflichtigen gezogen.

Die Vorentscheidung war aus diesem Grunde aufzuheben. Die Sache ist nicht spruchreif. Sie wird deshalb zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung nach § 126 Abs. 3 Nr. 2 FGO an das FG zurückverwiesen. Dieses wird noch Feststellungen darüber zu treffen haben, inwieweit die nachgeholten betrieblichen Steuern auf Steuerverkürzungen beruhen, die der Steuerpflichtige vorsätzlich begangen hat. Denn nur die Steuerbeträge, bei denen es einwandfrei feststeht, daß sie durch vorsätzliches Handeln verkürzt worden sind, sind vom Abzug ausgeschlossen. Diese Feststellungen hat das FG selbst zu treffen. Es bedarf dazu nicht der Durchführung eines Strafverfahrens.

 

Fundstellen

Haufe-Index 68704

BStBl II 1969, 750

BFHE 1970, 90

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