Entscheidungsstichwort (Thema)

Gewerbesteuer Einkommensteuer/Lohnsteuer/Kirchensteuer

 

Leitsatz (amtlich)

Schloßbesichtigung gegen Entgelt stellt in der Regel einen Gewerbebetrieb dar.

 

Normenkette

GewStG § 2 Abs. 1; EStG §§ 15, 21/1

 

Tatbestand

Streitig ist, ob der Ertrag aus den Einnahmen für die Besichtigung eines Schlosses gewerbesteuerpflichtig ist.

Schloß und Park, Schloßhof, Nebengebäude, Gräben und Türme haben historische Bedeutung. Der Steuerpflichtige hat das sonst unbewohnte Schloß mit seinen Sammlungen der öffentlichkeit zur Besichtigung freigegeben.

Für die Besichtigung werden ab 1. April 1951 Eintrittskarten gegen Entrichtung von Eintrittsgeldern ausgegeben. Für den streitigen Zeitraum vom 1. April bis 31. Dezember 1951 hat das Finanzamt einen Gewerbesteuermeßbetrag festgesetzt.

Mit Zustimmung des Steuerpflichtigen hat das Finanzgericht durch Zwischenentscheidung über die Frage, ob eine Gewerbesteuerpflicht besteht, im bejahenden Sinne vorab entschieden. Bei der Schloßbesichtigung würden, so führt es aus, keineswegs nur die nackten Gebäudeteile den Besuchern zur Benutzung überlassen, sondern vor allem die bewegliche Einrichtung mit Erinnerungsstücken zur Schau gestellt und teilweise durch Führungen weitere Leistungen geboten. Der Eigentümer überlasse nicht nur Grundstücksteile zur Benutzung, sondern stelle eine ständige unterhaltene Einrichtung zur Verfügung. Dazu seien Leistungen wie Bereitstellung, Instandhaltung beweglicher Sachen, Reinigung, Bewachung der Räume und ihres Inhaltes, Führungen und Erklärungen notwendig; das erfordere ständiges Personal. Zu welchem Zwecke die Einnahmen verwendet würden, sei ohne Bedeutung. Wenn schon die Verpachtung einer eingerichteten Wirtschaft als Gewerbebetrieb gelte, so müsse das noch viel mehr der Fall sein, wenn über die Einrichtung hinaus noch weiter Leistungen geboten würden. So sei zum Beispiel die Schaustellung von Sammlungen grundsätzlich eine gewerbliche Betätigung.

In der Rechtsbeschwerde (Rb.) wird mangelnde Sachaufklärung und unrichtige Anwendung des bestehenden Rechtes gerügt. Die Hauptleistungen bestünden wegen der baulichen Beschaffenheit des Schlosses, der ihm eigenen Lage sowie seiner historischen Bedeutung in der Bereitstellung zur Besichtigung durch die öffentlichkeit; die Einrichtung sei nur unwesentlich. Das Finanzgericht habe die Schloßbesichtigung mit der Schaustellung von Sammlungen verglichen. Diese Auffassung widerspreche den tatsächlichen Verhältnissen; solche Sammlungen bestünden nicht. Die wenigen und unwesentlichen Einrichtungsgegenstände würden im Zusammenhang mit dem Schloß fast nie erwähnt. Die Zurverfügungstellung des Schlosses zur Besichtigung könne auch mit der Vermietung von Büroräumen und Messeräumen nicht verglichen werden, da in diesen Fällen der rege Verkehr mit wechselnden Mietern und Interessenten sowie die zusätzliche Ausstattung und Einrichtung der Räume als wesentliche Leistungen angesehen würden. Das sei hier nicht der Fall. Die Führungen, die von jungen Hilfskräften aus der Umgebung ohne jegliche weiter Ausbildung vorgenommen würden, hätten in erster Linie den Zweck der überwachung. Es fehle außerdem an einer selbständigen nachhaltigen Tätigkeit mit Gewinnabsicht, da die Eintrittsgelder nur zeitweise die Aufwendungen überstiegen. Die Bereitstellung des historischen Schlosses könne auch nicht als Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr angesehen werden.

 

Entscheidungsgründe

Der Rb. muß im Ergebnis der Erfolg versagt bleiben.

Unter Gewerbebetrieb ist nach § 2 Abs. 1 des Gewerbesteuergesetzes (GewStG) ein gewerbliches Unternehmen im Sinne des Einkommensteuergesetzes (EStG) zu verstehen. Dieses gibt für den Gewerbebetrieb keine Begriffsbestimmung. Im Anschluß an die Rechtsprechung des Preußischen Oberverwaltungsgerichts und des Reichsfinanzhofs ist der Begriff des Gewerbebetriebes im § 7 Abs. 2 der Gemeinnützigkeits-Verordnung (GemV) umschrieben und in § 1 der Gewerbesteuerdurchführungsverordnung (GewStDV) 1955 übernommen worden; auch Abschnitt 8 Abs. 1 der Gewerbesteuer-Richtlinien (GewStR) 1951 weist auf § 7 Abs. 2 GemV hin. Die hier gegebene Begriffsbestimmung gilt nach ständiger Rechtsprechung sowohl für das EStG wie auch für das GewStG. Danach sind die Hauptmerkmale für das Vorliegen eines Gewerbebetriebes eine selbständige und nachhaltige Betätigung mit der Absicht, Gewinn zu erzielen, wobei es genügt, wenn die Gewinnabsicht nur Nebenzweck ist, sowie die Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr. Voraussetzung für das Vorliegen eines Gewerbebetriebes ist ferner, daß diese Betätigung weder als Ausübung der Land- und Forstwirtschaft noch als Ausübung eines freien Berufes oder einer anderen selbständigen Arbeit im Sinne des EStG anzusehen ist.

Die Bereitstellung des Schlosses gegen Ausgabe von entgeltlichen Eintrittskarten stellt eine selbständige Tätigkeit dar. Eine selbständige Tätigkeit liegt vor, wenn sie auf eigene Gefahr und Rechnung ausgeübt wird, und nachhaltig ist eine Tätigkeit, wenn sie mit dem Willen unternommen wird, sie bei sich bietender Gelegenheit zu wiederholen. Beide Voraussetzungen sind gegeben. Der Begriff der selbständigen, nachhaltigen Tätigkeit im Sinne des GewStG deckt sich mit dem gleichen Begriff im Sinne des Umsatzsteuergesetzes - UStG - (siehe Urteil des Obersten Finanzgerichtshofs IV 18/48 S vom 31. Januar 1949, Slg. Bd. 54 S. 302, Steuerrechtsprechung in Karteiform, Gewerbesteuergesetz § 2 Abs. 1 Rechtsspruch 6). Die Einnahmen aus dem Verkauf der Eintrittskarten sind rechtskräftig zur Umsatzsteuer veranlagt worden. Bei dem Verkauf der Eintrittskarten handelt es sich nicht um einmaliges Tun, das sich auf einen längeren Zeitraum erstreckt, sondern um eine Vielzahl von gleichartigen und sich immer wiederholenden Handlungen, die auf die Erzielung von Einkünften gerichtet sind. Zur Durchführung dieser Tätigkeit besteht auch eine den Verhältnissen angepaßte Organisation. Es werden Angestellte, die im übrigen auch mit anderen Aufgaben betraut sein können, für den Verkauf der Eintrittskarten und für die Regelung des Besucherverkehrs bereitgestellt. Wie der Steuerpflichtige ausführt, sind darüberhinaus weitere Hilfskräfte mit der Führung der Besucher durch das Schloß beauftragt. Hierbei ist es unerheblich, ob der vom Steuerpflichtigen in den Vordergrund gestellte überwachungszweck oder die durch die Führung gebotenen Leistungen für die Besucher von größerer Bedeutung sind. Die Einnahmen und Ausgaben für die Schloßbesichtigung werden von der Vermögensverwaltung auch als solche getrennt von den übrigen Einkünften ausgewiesen.

Ebensowenig kann das Vorliegen einer Gewinnabsicht verneint werden. Das ergibt sich allein schon aus der Höhe der Einkünfte in den Jahren nach der Währungsreform. So haben die Einnahmen in den einzelnen Jahren betragen:

II/1948 ---------------------------- 4.205 DM, 1949 ------------------------------ 24.219 DM, 1950 ------------------------------ 33.229 DM, 1951 ------------------------------ 65.921 DM, 1952 ------------------------------ 60.088 DM, 1953 ------------------------------ 69.734 DM, überschüsse sind für 1949 mit -------------------------- 11.295 DM, 1950 mit über --------------------- 10.000 DM, 1951 nach der berichtigten -- mensteuerveranlagung mit -----867 DM, 1952 mit -------------------------- 16.922 DM, 1953 mit -------------------------- 20.612 DM, ermittelt.Wenn in den früheren Jahren Verluste festgestellt wurden, so beruht das offenbar in der Hauptsache auf den für die Wiederherstellung des Schlosses gemachten Aufwendungen. Es ist ohne Bedeutung, zu welchen Zwecken die überschüsse verwendet werden, und ob in den einzelnen Jahren die abzugsfähigen Betriebsausgaben möglicherweise die Einnahmen übersteigen. Dabei ist zu beachten, daß, worauf das Finanzgericht bereits hingewiesen hat, Betriebsausgaben, die nicht nur das Ergebnis einer Rechnungsperiode betreffen, auf die Dauer der Nutzung zu verteilen sind. Im übrigen würde es auch der Erfahrung des Lebens widersprechen, wenn man annehmen wollte, ein Steuerpflichtiger führe mit Hilfe einer besonderen Organisation Leistungen aus, ohne entsprechende überschüsse zu erstreben, wobei dem Steuerpflichtigen zugestanden werden kann, daß auch kulturelle Gesichtspunkte (Heimatpflege, Heimatkunde) bei seinem Handeln eine Rolle spielen mögen. Das ändert aber nichts daran, daß das Gewinnstreben zum mindesten einen Nebenzweck seiner Betätigung darstellt, ein Merkmal, das, wie oben dargelegt, zur Annahme einer Gewinnabsicht genügt. Gegen ein ausschließlich selbstloses Handeln spricht zudem die Höhe der Einnahmen und überschüsse.

Auch die Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr ist zu bejahen. Eine solche ist gegeben, wenn das Unternehmen als solches, das heißt durch eine sachlich selbständige, in sich abgeschlossene und für sich bestehende wirtschaftliche Tätigkeit, nach außen hin in Erscheinung tritt und sich an die Allgemeinheit wendet. Die auf Gewährung der Besichtigung des Schlosses gerichtete Tätigkeit erstreckt sich auf eine unbestimmte Zahl von Personen, sie wendet sich ganz allgemein an die öffentlichkeit. Ob und in welchem Umfang eine Werbetätigkeit entfaltet wird, ist unwesentlich. Im übrigen ist im vorliegenden Fall eine Werbung auch nicht erforderlich, da die allgemein bekannte Bedeutung des Schlosses einen großen Besucherstrom herbeiführt. Auch der Umstand, daß die Schloßbesichtigung außerhalb jeden Wettbewerbes steht, kann nichts daran ändern, daß sich der Steuerpflichtige mit der vorhandenen und unterhaltenen Organisation wie ein sonstiges Erwerbsunternehmen an die Allgemeinheit wendet (Urteil des Reichsfinanzhofs VI a 7/38 vom 25. Oktober 1938, Slg. Bd. 45 S. 140, Reichssteuerblatt - RStBl - 1938 S. 1189).

Zu untersuchen ist noch die vom Steuerpflichtigen bejahte Frage, ob sich seine Tätigkeit als eine reine Vermögensverwaltung im Sinne eines Vermietens eines Grundstückes oder einzelner Teile darstellt, oder ob es sich, wie die Vorinstanzen angenommen haben, um eine darüber hinausgehende Betätigung handelt. Das ist Tatfrage des einzelnen Falles. Nach der Entscheidung des Reichsfinanzhofs VI 96/42 vom 1. Juli 1942, RStBl 1942 S. 1081, ist allerdings die Nutzbarmachung von Grundstücken durch Vermietung im allgemeinen kein Gewerbebetrieb. Es müssen besondere Umstände hinzutreten, die der Tätigkeit des Grundstückseigentümers die Eigenschaft einer gewerblichen Betätigung verleihen. Das Wesen der dort beispielsweise angeführten besonderen Umstände liegt darin, daß die bloße Nutzungsüberlassung, wie sie bei langfristigen Vermietungen üblich ist, durch fortgesetzte Betätigungen ergänzt wird, die einer gewerblichen Tätigkeit entsprechen.

Eine Vermögensverwaltung durch Vermietung liegt jedoch schon deshalb nicht vor, weil es sich bei der Durchführung der Schloßbesichtigung nicht um die Erfüllung eines Mietvertrages handelt. Nach § 535 BGB besteht die Miete in der Gewährung des Gebrauches einer Sache gegen Entrichtung eines Mietzinses. Das durch Lösen einer Eintrittskarte begründete Rechtsverhältnis hat aber keine Gebrauchsüberlassung zum Inhalt, sondern gewährt lediglich das Recht, die Räumlichkeiten und Einrichtungen des Schlosses in Augenschein zu nehmen. Bereits nach bürgerlichem Recht kommt es für die Frage, ob ein Rechtsverhältnis, auf Grund dessen Grundstücke oder Grundstücksteile zum Gebrauch gegen Entgelt überlassen werden, als Miete, gemischter Vertrag oder Vertrag besonderer Art anzusehen ist, nicht darauf an, ob er Vertrag auf die Begriffsmerkmale im Sinne des § 535 BGB abgestellt ist oder nicht. Entscheidend ist vielmehr die Gesamtheit des objektiven Vertragsinhaltes (Staudinger, BGB, 10. Auflage Bd. II Teil 2 S. 550, Urteil des Bundesfinanzhofs V 177/52 U vom 25. September 1953, Slg. Bd. 58 S. 116, Bundessteuerblatt 1953 III S. 335). So liegt zum Beispiel bei der mit dem Betreten von Kuranlagen verbundenen Erlaubnis, innerhalb eines Kurparkes Aufnahmen von Park und Personen zu machen, keine Grundstücksvermietung, sondern ein gemischter Vertrag vor (Urteil des Reichsfinanzhofs V A 985/32 vom 20. August 1934, RStBl 1934 S. 1393). Ob das Rechtsverhältnis zwischen dem Steuerpflichtigen und den Besuchern als gemischter Vertrag oder als Vertrag besonderer Art zu behandeln ist, braucht nicht abschließend entschieden zu werden; es weist jedenfalls keine Merkmale eines Mietvertrages auf, enthält vielmehr eher solche eines Dienst- und Werkvertrages. Von einer überlassung von Grundstücken und Gebäuden oder Räumen zur vertragsmäßigen Nutzung kann nicht gesprochen werden. Die Besucher wollen nicht Grundstücke, Gebäude, Gebäudeteile oder sonstige Gegenstände zu irgendeiner Nutzung überlassen haben, sondern das wegen seiner eigenartigen Lage und kulturhistorischen Bedeutung bekannte Schloß besichtigen und ihre Betrachtungen durch Hinweise des zur Führung bereitgestellten Personals ergänzt wissen. Wie bereits erwähnt, erfordert die große Zahl der Besucher eine gewisse Organisation zur Leitung und Ausgestaltung des Verkehrs der Personen, wie sie bei einer Vermietung nicht üblich ist. Hierbei ist es ohne Belang, ob auch den im Schloß vorhandenen Sammlungen und Einrichtungen eine mehr oder weniger große Bedeutung zukommt oder nicht. Wie das Finanzgericht ausgeführt hat, sind auch ohnedies weitere Leistungen erforderlich, die im Instandsetzen und Instandhalten, im Reinigen usw. bestehen.

Die Auffassung des Finanzgerichts ist hiernach frei von Rechtsirrtum.

 

Fundstellen

Haufe-Index 408837

BStBl III 1957, 355

BFHE 1958, 322

BFHE 65, 322

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Haufe Finance Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge