Leitsatz (amtlich)

Zahlungen, die der Besteller von Gußteilen dafür leistet, daß der Lieferer eine Gußform herstellt und für die erwarteten Bestellungen verwendet, sind als Anschaffungskosten für das Verwendungsrecht vom Besteller zu aktivieren und über die erwartete Dauer der Lieferungen abzuschreiben.

 

Orientierungssatz

Ist die Vergütung für das Verwendungsrecht von sog. kundengebundenen Formen unabhängig von schwebenden oder erwarteten Lieferungsverträgen geleistet worden, kommt ihre Aktivierung als Anzahlung oder Rechnungsabgrenzungsposten nicht in Betracht. Ist mit der Erteilung von Aufträgen von vornherein nicht zu rechnen, so ist eine Absetzung für außergewöhnliche technische oder wirtschaftliche Abnutzung vorzunehmen, während die Ausgaben nicht zu aktivieren sind, wenn die Herstellung der Form fehlschlägt.

 

Normenkette

EStG 1979 § 5 Abs. 2, § 7 Abs. 1; HGB § 248 Abs. 2

 

Tatbestand

Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) unterhält eine Maschinenfabrik. Für die von ihr hergestellten Spezialmaschinen benötigt sie Gußteile, die sie von Gießereien bezieht. Die Lieferer (Gießereien) stellen die Gußformen nach den Angaben der Klägerin her. Sie bleiben im Eigentum der Lieferer, dürfen jedoch als sog. kundengebundene Formen nur für künftige Aufträge der Klägerin verwendet werden. Für die Kosten der Herstellung leistet die Klägerin gesonderte Vergütungen. Die Lieferer verpflichten sich, die Formen noch drei Jahre nach der letzten Lieferung an die Klägerin aufzubewahren.

Die Klägerin behandelte die Zahlungen auf die Formen als Betriebsausgaben. Nach einer Betriebsprüfung sah der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) darin jedoch Anzahlungen der Klägerin, die über die Dauer der Lieferungen aufzulösen seien. Die Lieferungsdauer habe in der Vergangenheit im allgemeinen vier Jahre betragen; wegen des schnellen technischen Wandels werde jedoch nur ein Zeitraum von zweieinhalb Jahren zugrunde gelegt. Der Gewinnfeststellungsbescheid 1981 und der Bescheid über den Einheitswert des Betriebsvermögens zum 1.Juni 1981 wurden entsprechend geändert.

Die Klage zum Finanzgericht (FG) blieb erfolglos.

Gegen diese Entscheidung richtet sich die vom FG zugelassene Revision der Klägerin, mit der sie die Verletzung materiellen Rechts rügt.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist unbegründet.

1. Um eine Werklieferung nach den besonderen Wünschen des Bestellers durchzuführen, muß der Lieferer (Unternehmer) vielfach vorab Modelle, Werkzeuge oder insbesondere Formen selbst herstellen oder von Dritten herstellen lassen. Die hierfür entstehenden Kosten werden dem Besteller oft nicht im Preis der später hergestellten Erzeugnisse, sondern in voller Höhe oder doch zu einem Teil gesondert in Rechnung gestellt. Dies hat seine Ursache vor allem darin, daß der Umfang der zu erbringenden Lieferungen ungewiß und damit nicht gewährleistet ist, daß der Lieferer seine vorab entstandenen Kosten, aber auch nur diese, im Preis der Erzeugnisse zurückerhält. Der Lieferer verpflichtet sich in diesem Falle regelmäßig, die vorab hergestellten Formen nur für Aufträge des Bestellers zu verwenden, sofern sie nicht in das Eigentum des Bestellers übertragen werden.

Hinsichtlich der dem Lieferer gewährten Kostenvergütung ist in der Vergangenheit überwiegend vereinbart worden, daß sie mit dem Preis der gelieferten Erzeugnisse in Höhe eines bestimmten Prozentsatzes verrechnet werde, daß der Besteller aber die Erstattung eines nach Beendigung der Lieferungen verbleibenden Restbetrags nicht verlangen könne. Dies bedeutete, daß der Lieferer die Kosten der Vorarbeiten in den Preis seiner Lieferungen einrechnet und hieraus Vorteile zieht, wenn die vom Besteller vergüteten Kosten durch Verrechnung mit dem Lieferungspreis amortisiert sind. Aus diesem Grunde wird in jüngerer Zeit auf die Verrechnung der Vergütung häufig unter der Voraussetzung verzichtet, daß die Kosten der Vorarbeiten im Preis der Lieferungen unberücksichtigt bleiben (vgl. hierzu Gläßner/Leineweber, Die steuerliche Betriebsprüfung 1985, 97 ff.). Eine derartige Vereinbarung ist im Streitfall getroffen worden.

2. Die Rechtsprechung hat sich bisher mit der Frage beschäftigt, wie erhaltene und noch zu verrechnende Formkostenvergütungen in der Bilanz des Lieferers zu behandeln sind. Sie hat in einem Fall, in dem der Lieferer Eigentümer der Form geblieben war, in der Vergütung eine zu passivierende Anzahlung auf den Preis der Lieferungen gesehen, die entsprechend der Verrechnungsabrede oder aber dann gewinnerhöhend aufzulösen sei, wenn mit künftigen Lieferungen nicht mehr zu rechnen sei (Urteil des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 8.Oktober 1970 IV R 125/69, BFHE 100, 249, BStBl II 1971, 51). Nach diesen Grundsätzen müßte der Besteller die gezahlte Vergütung als Anzahlung aktivieren und mit den Anschaffungskosten der Lieferungen verrechnen; ein nach Beendigung der Lieferungen verbleibender Restbetrag müßte als Betriebsausgaben behandelt werden.

In einem weiteren Fall, in dem der Besteller Eigentümer der Formen geworden war, hat der BFH dem Lieferer die Passivierung einer Anzahlung versagt und die Behandlung als Veräußerungsvorgang verlangt (Urteil vom 31.Januar 1973 I R 205/69, BFHE 108, 194, BStBl II 1973, 305). Für den Besteller würde dies bedeuten, daß er die erworbenen Formen mit der gezahlten Vergütung aktiviert und nach ihrer wirtschaftlichen Nutzungsdauer, d.h. ihrer voraussichtlichen Verwendung für Lieferungsaufträge, abzuschreiben hat. Es wird die Auffassung vertreten, daß die Abschreibungen Anschaffungskosten der später bezogenen Erzeugnisse bedeuteten (Gläßner/Leineweber, a.a.O., S.100, 128).

3. Unter Anknüpfung an diese Rechtsprechung hat das FA im Streitfall, in dem das Eigentum an den Formen dem Lieferer verblieben ist, und in dem es um die Bilanzierung beim Besteller geht, die Formkostenvergütung als zu aktivierende Anzahlung des Bestellers behandelt und über die geschätzte Laufzeit der Lieferungsaufträge "aufgelöst". Dem läßt sich entgegenhalten, daß die Vorabvergütung des Bestellers sich zwar insoweit als Anzahlung darstellt, als sie eine Vorleistung auf die vom Vertragspartner zu erbringenden Lieferungen beinhaltet (vgl. BFH-Urteil vom 3.Juli 1980 IV R 138/76, BFHE 131, 57, BStBl II 1980, 648, m.w.N.), daß andererseits aber eine Rückforderung der Vergütung nicht in Frage kommt (zu diesem Anzahlungsmerkmal BFH-Urteile vom 16.Mai 1973 I R 186/71, BFHE 110, 325, BStBl II 1974, 25; vom 26.Juni 1979 VIII R 145/78, BFHE 128, 243, BStBl II 1979, 625).

Demgegenüber hat das FG angenommen, die Klägerin habe als Bestellerin durch die Formkostenvergütung einen als immaterielles Wirtschaftsgut zu beurteilenden Vorteil erlangt, der im Vorhandensein der Gußformen oder der technischen Lieferbereitschaft der Lieferer bestehe. Dem ist im Ergebnis zuzustimmen.

4. Der Senat legt seiner Würdigung die zwischen der Klägerin und ihren Lieferern getroffenen Vereinbarungen zugrunde. Danach sollte die Formkostenvergütung die Lieferer nicht nur zur Herstellung der Formen veranlassen; diese verpflichteten sich vielmehr auch, die Formen während eines bestimmten Zeitraums bereitzuhalten und zur Durchführung von Aufträgen des Bestellers zu verwenden. Hierin liegt für den Besteller der wirtschaftliche Zweck der Vergütung. Dem ist bei der Bilanzierung Rechnung zu tragen, mag sich die gesonderte Abrechnung der Vorarbeiten zivilrechtlich auch als Werkvertrag darstellen (vgl. dazu Soergel in Münchener Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch, 2.Aufl., § 632 BGB Anm.4, m.w.N.). Die Klägerin hat danach zwar kein eigenes Nutzungsrecht an den Formen, wohl aber ein Recht eigener Art erlangt, kraft dessen sie von den Lieferern die Benutzung der Formen für die Erfüllung von Aufträgen verlangen kann. Daß über die Einzelheiten dieser Aufträge, insbesondere über den Lieferungspreis, noch Einigung erzielt werden mußte, steht dieser Betrachtung nicht entgegen.

Das Verwendungsrecht soll dem Betrieb der Klägerin auf Dauer dienen, stellt sich demnach als immaterieller Vermögensgegenstand und Wirtschaftsgut des Anlagevermögens dar und ist, weil gegen Entgelt erworben, aktivierungsfähig und gleichzeitig aktivierungspflichtig (vgl. § 248 Abs.2 des Handelsgesetzbuches --HGB-- n.F., § 5 Abs.2 des Einkommensteuergesetzes --EStG--); hierzu genügt, daß das Entgelt anläßlich der Begründung des Rechts gewährt wird (vgl. BFH-Urteil vom 11.Oktober 1983 VIII R 61/81, BFHE 140, 177, BStBl II 1984, 267). Die Vergütung ist im Streitfall unabhängig von schwebenden oder erwarteten Lieferungsverträgen geleistet worden, so daß ihre Aktivierung als Anzahlung oder Rechnungsabgrenzungsposten nicht in Betracht kommt.

5. Da das Verwendungsrecht der Klägerin sich im Zeitablauf erschöpft, müssen seine Anschaffungskosten gemäß § 7 Abs.1 Sätze 1 und 2 EStG mittels Absetzungen für Abnutzung auf die Zeit seiner wirtschaftlichen Nutzung verteilt werden. Das FA hat die Abschreibungen zutreffend nach dem Zeitraum bemessen, in dem mit einer Auftragserteilung durch die Klägerin zu rechnen ist; diese Schätzung wird von der Klägerin nicht angegriffen. Soweit im Einzelfall von vornherein nicht mit der Erteilung von Aufträgen zu rechnen ist, kommt eine Absetzung für außergewöhnliche technische oder wirtschaftliche Abnutzung gemäß § 7 Abs.1 Satz 5 EStG in Betracht, während die Ausgaben nicht zu aktivieren sind, wenn die Herstellung der Form fehlschlägt; damit ist dem Einwand der Klägerin Rechnung getragen, daß die hergestellten Formen gelegentlich technisch nicht verwendbar seien oder es nicht einmal zur Erteilung eines ersten Lieferungsauftrags komme. Ob die Abschreibungen in die Anschaffungskosten der gelieferten Erzeugnisse eingehen, braucht im vorliegenden Verfahren nicht geprüft zu werden.

 

Fundstellen

Haufe-Index 62618

BFH/NV 1989, 33

BStBl II 1989, 830

BFHE 157, 185

BFHE 1990, 185

BB 1989, 1591-1592 (LT)

DB 1989, 1750-1751 (LT)

DStR 1989, 574 (KT)

HFR 1989, 600 (LT)

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