Entscheidungsstichwort (Thema)

Kindergeld im Jahr der Beendigung der Berufsausbildung bei anschließender Arbeitslosigkeit

 

Leitsatz (amtlich)

Ist das Kind nach Abschluss der Berufsausbildung zunächst arbeitslos, bleiben Einkünfte und Bezüge des Kalendermonats, in dem das Kind von der Arbeitslosigkeit in den Beruf wechselt, ebenso außer Ansatz wie die Einkünfte des letzten Ausbildungsmonats, wenn das Kind unmittelbar nach Abschluss der Berufsausbildung in ein Arbeitsverhältnis übernommen wird (Fortführung der Rechtsprechung im Urteil vom 1. März 2000 VI R 19/99).

 

Normenkette

EStG 1997 § 32 Abs. 4 S. 1 Nrn. 1, 2 Buchst. a, Sätze 2, 6-7, § 63 Abs. 1 Sätze 1-2, § 66 Abs. 2

 

Verfahrensgang

Hessisches FG (Dok.-Nr. 0550004; EFG 1999, 31)

 

Tatbestand

Die 1977 geborene Tochter (T) der Klägerin und Revisionsbeklagten (Klägerin) beendete am 30. Juni 1997 ihre Berufsausbildung. Die Ausbildungsvergütungen bis dahin betrugen insgesamt 6 558 DM. Danach meldete sie sich arbeitslos und bezog Arbeitslosengeld in Höhe von insgesamt 1 115 DM. Seit dem 15. August 1997 ist sie nichtselbständig tätig. Das Brutto-Gehalt für den halben Monat August betrug 1 969 DM.

Das Arbeitsamt -Familienkasse- (Beklagter und Revisionskläger ―Beklagter―) errechnete die Einnahmen der T für die Monate Januar bis August 1997 mit 9 642 DM (6 558 DM Ausbildungsvergütungen, 1 115 DM Arbeitslosengeld und 1 969 DM Arbeitslohn für August). Davon zog er einen anteiligen Arbeitnehmer-Pauschbetrag und eine anteilige Kostenpauschale ab. Der Beklagte vertrat die Ansicht, die Einkünfte und Bezüge überschritten den nach § 32 Abs. 4 Satz 6 des Einkommensteuergesetzes (EStG) maßgeblichen anteiligen Grenzbetrag von 8 000 DM. Deshalb setzte er das Kindergeld ab Januar 1997 auf 0 DM fest und forderte das für die Monate Januar bis August 1997 gezahlte Kindergeld in Höhe von 1 760 DM zurück.

Mit der Klage focht die Klägerin die rückwirkende Änderung der Kindergeldfestsetzung für die Monate Januar bis Juli 1997 und die Rückforderung des insoweit gezahlten Kindergeldes an. Das Finanzgericht (FG) gab der Klage mit den in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 1999, 31 veröffentlichten Gründen statt.

Mit der Revision macht der Beklagte geltend, für die Monate Januar bis Juli 1997 habe kein Kindergeldanspruch bestanden. Es blieben nur die Einkünfte der Monate außer Ansatz, in denen die Voraussetzungen des § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 oder 2 EStG an keinem Tage vorlägen. Seien die Voraussetzungen dagegen auch nur an einem Tag eines Monats erfüllt, müssten die Einkünfte dieses Monats in voller Höhe einbezogen werden, wie sich aus § 66 Abs. 2 EStG ergebe. Da T im August 1997 zeitweise arbeitslos gewesen sei, müssten die Einkünfte dieses Monats berücksichtigt werden.

Der Beklagte beantragt sinngemäß, das Urteil der Vorinstanz aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

Sie ist unter Bezugnahme auf das erstinstanzliche Urteil der Ansicht, Einkünfte aus einer Beschäftigung nach Abschluss der Berufsausbildung könnten nicht rückwirkend zum Verlust des Kindergeldanspruchs führen.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist unbegründet.

1. Der Kindergeldanspruch für die Monate Januar bis Juni 1997 beruht auf § 62 Abs. 1, § 63 Abs. 1 Satz 1 und 2 i.V.m. § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a EStG in der für das Streitjahr geltenden Fassung. Danach besteht ein Anspruch auf Kindergeld für ein Kind, das das 18., aber noch nicht das 27. Lebensjahr vollendet hat, wenn es für einen Beruf ausgebildet wird.

Der Anspruch für den Monat Juli 1997 beruht auf § 62 Abs. 1, § 63 Abs. 1 Satz 1 und 2 i.V.m. § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 EStG, weil die noch nicht 21 Jahre alte T in diesem Monat arbeitslos war und der Arbeitsvermittlung zur Verfügung stand.

2. Der Kindergeldanspruch ist nicht wegen der Einkünfte und Bezüge des Kindes zu versagen. Nach dem zur Veröffentlichung bestimmten Senatsurteil vom 1. März 2000 VI R 19/99 gehört der Monat, in dem das Kind von der Ausbildung in den Beruf wechselt, zu den Kürzungsmonaten i.S. des § 32 Abs. 4 Satz 6 EStG, weil die Voraussetzungen für eine Berücksichtigung nach Satz 1 Nr. 2 Buchst. a nicht während des gesamten Monats vorgelegen haben. Dies gilt entsprechend, wenn die Voraussetzungen für eine Berücksichtigung nach § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 oder 2 EStG aus anderen Gründen (hier Arbeitslosigkeit) nicht während des gesamten Monats vorgelegen haben.

3. Danach hat das FG den Kindergeldanspruch für die Monate Januar bis Juli 1997 ―wie beantragt― im Ergebnis zu Recht bejaht. T war nur bis zum 14. August 1997 arbeitslos. Der August gehört deshalb zu den Kürzungsmonaten i.S. des § 32 Abs. 4 Satz 6 EStG, so dass der anteilige Jahresgrenzbetrag 7 000 DM beträgt. Dementsprechend gehen nach § 32 Abs. 4 Satz 7 EStG nur die auf den Jahresabschnitt Januar bis Juli 1997 entfallenden Einnahmen in die Berechnung der Einkünfte und Bezüge ein. Diese belaufen sich auf 7 308 DM, nämlich 6 558 DM Ausbildungsvergütungen zuzüglich 750 DM Arbeitslosengeld (in etwa 2/3 des für die Zeit vom 1. Juli bis zum 14. August gezahlten Betrages von 1 115 DM). Bereits nach Abzug eines anteiligen Arbeitnehmer-Pauschbetrages ist der anteilige Jahresgrenzbetrag nicht überschritten.

 

Fundstellen

BFH/NV 2000, 918

BStBl II 2000, 461

BFHE 191, 67

BFHE 2001, 67

BB 2000, 1129

DB 2000, 1261

DStRE 2000, 582

HFR 2000, 579

StE 2000, 319

FR 2000, 671

LEXinform-Nr. 0553668

Inf 2000, 444

NWB 2000, 2058

FamRZ 2000, 1088

NWB-DokSt 2001, 124

StSem 2001

stak 2000

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