Leitsatz (amtlich)

1. Die geschäftsmäßige Hilfeleistung bei der Erstellung von Umsatzsteuervoranmeldungen ist den steuerberatenden Berufen vorbehalten.

2. Voraussetzung für die Untersagung einer bestimmten geschäftsmäßigen Hilfeleistung in Steuersachen durch die Verwaltung ist, daß dafür ein Anlaß aufgrund einer entsprechenden Tätigkeit der betreffenden Person besteht.

 

Normenkette

GG Art. 12; StBerG §§ 1-7

 

Verfahrensgang

FG Baden-Württemberg

 

Tatbestand

Berichtigung: Im Urteil vom 1. März 1983 VII R 27/82 (BStBl II 1983, S. 318) muß es auf Seite 322, linke Spalte, letzter Absatz, Zeile 13 statt "FG" richtig "FA" heißen.

A.

Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) besitzt die Mittlere Reife. Am 15. August 1951 meldete er bei der Stadt A das Gewerbe "Schreibbüro sowie Einrichtung und Führung von Buchhaltungen" an. Am 18. März 1953 wurde er vom Finanzamt (FA) B davon unterrichtet, er dürfe ohne Zulassung als Helfer in Steuersachen keine laufenden Buchhaltungsarbeiten auf selbständiger Grundlage ausführen. Nachdem der Kläger 1954 ohne Erfolg an der Prüfung für Helfer in Steuersachen teilgenommen hatte, untersagte ihm das FA B mit Verfügung vom 30. April 1954 jede selbständige steuerberatende Tätigkeit. Mit Schreiben vom 6. Februar 1967 forderte die gemeinsame Strafsachenstelle beim FA B den Kläger auf, jede geschäftsmäßige Hilfeleistung in Steuersachen zu unterlassen.

Ein am 11. Juni 1970 gegen den Kläger nach § 409 der Reichsabgabenordnung (AO) eingeleitetes Bußgeldverfahren wurde durch Beschluß des Amtsgerichts C vom 31. Mai 1972 eingestellt. In der Hauptverhandlung hatte der Kläger erklärt, er werde bei seiner weiteren Tätigkeit der Durchführung von Schreib- und Buchhaltungsarbeiten für Gewerbetreibende und sonstige Steuerpflichtige sich wie bisher der Steuerberatung und in Zukunft auch der Erstellung von nach den Steuergesetzen geforderten Abschlüssen und der Anfertigung von Steuererklärungen enthalten. In der Folgezeit suchte der Kläger nach einem geeigneten Partner, der die ihm untersagten Tätigkeiten übernehmen sollte. Mit Vereinbarung vom 9. Oktober 1973 übertrug er die Erstellung von Bilanzen und von Steuererklärungen sowie die laufende Steuerberatung auf eine Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberatungsgesellschaft. Ein gegen den Kläger am 10. Februar 1974 wegen unerlaubter Hilfeleistung in Steuersachen in den Jahren 1972 und 1973 eingeleitetes Bußgeldverfahren wurde durch rechtskräftigen Bußgeldbescheid vom 10. April 1974 abgeschlossen.

Anläßlich einer beim Kläger im Dezember 1976 durchgeführten Betriebsprüfung wurde festgestellt, daß der Kläger neben den rein mechanischen Arbeitsvorgängen für etwa 20 Mandanten folgende Tätigkeiten ausgeführt hatte: Führen der Bücher; Kontieren der einzelnen Belege und Verbuchungsdurchschrifts-Verfahren; Erstellung der laufenden Umsatzsteuervoranmeldungen und Lohnsteueranmeldungen; Abschlußarbeiten: Abstimmung der Kreditoren- und der Debitoren-Konten, Erstellen der Saldenlisten, Abschluß der Personenkonten. Ein am 24. März 1977 eingeleitetes Bußgeldverfahren wurde am 24. Oktober 1977 ausgesetzt.

Mit Verfügung vom 3. Juni 1977 untersagte der Beklagte und Revisionsbeklagte (das FA) dem Kläger, für Dritte geschäftsmäßige Hilfe in Steuersachen zu leisten; die Hilfeleistung in Steuersachen umfasse auch die Kontierung von Buchungsbelegen. Für jeden Fall der Zuwiderhandlung wurde ein Zwangsgeld von 500 DM angedroht. Nach erfolgloser Beschwerde erhob der Kläger Klage. Im Laufe des Klageverfahrens erging der Beschluß des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) vom 18. Juni 1980 1 BvR 697/77 (BStBl II 1980, 706, BVerfGE 54, 301), wonach das geschäftsmäßige Kontieren von Belegen Personen, die eine kaufmännische Gehilfenprüfung bestanden haben, nicht untersagt werden darf. Das FA ging davon aus, der Kläger habe mindestens die Vorbildung eines Kaufmannsgehilfen, und änderte die Verfügung vom 3. Juni 1977 mit Verfügung vom 9. Februar 1981 in der Weise ab, daß das Verbot des geschäftsmäßigen Kontierens von Belegen nicht aufrechterhalten wurde. Die Beteiligten erklärten den Rechtsstreit insoweit in der Hauptsache für erledigt. Der Kläger beantragte vor dem Finanzgericht (FG), die Verfügung vom 9. Februar 1981 und die Beschwerdeentscheidung vom 24. Mai 1978 aufzuheben.

Das FG wies die Klage ab.

Mit Bescheid vom 8. Oktober 1982 hat das FA die Untersagungsverfügung vom 9. Februar 1981 geändert. Unter Hinweis auf den Beschluß des BVerfG vom 27. Januar 1982 1 BvR 807/80 (BStBl II 1982, 281, BVerfGE 59, 302) hat das FA das Verbot der laufenden Lohnbuchhaltung (Feststellung des Bruttolohns und des Lohnzahlungszeitraumes, Ermittlung des Lohnsteuerbetrags unter Berücksichtigung anteiliger Freibeträge und der in der Lohnsteuerkarte vermerkten persönlichen Daten, Eintragung des Arbeitslohns und der Lohnsteuer im Lohnkonto, sowie Anfertigung der Lohnsteueranmeldung) aufgehoben. In der Verfügung heißt es weiter: "Die Untersagungsverfügung bleibt jedoch im übrigen aufrechterhalten. Die Fertigung von Umsatzsteuervoranmeldungen, der Abschlußarbeiten und jede andere Möglichkeit unbefugter Hilfeleistung in Steuersachen bleibt Ihnen gemäß § 7 Steuerberatungsgesetz verboten." Die Beteiligten haben die Hauptsache, soweit sie das Verbot der laufenden Lohnbuchhaltung betrifft, für erledigt erklärt.

 

Entscheidungsgründe

B.

Die Revision des Klägers hat nur teilweisen Erfolg.

I. Das FA hat in der angefochtenen Verfügung dem Kläger zu Recht die geschäftsmäßige steuerliche Hilfeleistung bei der Erstellung von Umsatzsteuervoranmeldungen untersagt. Das FG hat insoweit zutreffend die Klage abgewiesen.

1. Nach § 5 des Steuerberatungsgesetzes (StBerG) ist anderen als den in den §§ 3, 4 StBerG genannten Personen die geschäftsmäßige Hilfe in Steuersachen verboten. Der Kläger gehört nicht zum genannten Personenkreis. Durch die von ihm vorgenommene Fertigung von Umsatzsteuervoranmeldungen -- die er, wie zwischen den Beteiligten nicht streitig ist, geschäftsmäßig durchführt -- leistet er Hilfe i. S. des § 1 Abs. 1 Nr. 1 StBerG, d. h. in Angelegenheiten, die die Umsatzsteuer als einer durch Bundesrecht geregelten Steuer betreffen. Die Erstellung einer Umsatzsteuervoranmeldung ist keine Tätigkeit i. S. des § 6 Nr. 3 StBerG, für die eine Ausnahme vom Verbot der unbefugten Hilfeleistung in Steuersachen gilt. Denn sie ist kein Arbeitsgang bei der Führung von Büchern und Aufzeichnungen, sondern die Fertigung einer Steuererklärung i. S. von § 150 der Abgabenordnung (AO 1977), für die § 6 StBerG eine Ausnahmeregelung nicht vorsieht. Da demnach der Kläger durch die geschäftsmäßige Erstellung von Umsatzsteuervoranmeldungen Hilfe in Steuersachen leistet, ohne dazu befugt zu sein, war das FA nach § 7 Abs. 1 Nr. 1 StBerG berechtigt, ihm durch Verwaltungsakt diese Hilfeleistung ausdrücklich zu untersagen und nach den §§ 328 ff. AO 1977 für jeden Fall der Zuwiderhandlung ein Zwangsgeld anzudrohen. Das hat das FA in der angefochtenen Verfügung getan.

2. Der angefochtenen Verfügung würde trotz dieser klaren gesetzlichen Regelung die Rechtsgrundlage fehlen, wenn die §§ 1 bis 7 StBerG im Widerspruch zu Art. 12 GG stünden. Das ist jedoch nicht der Fall.

a) Art. 12 GG konkretisiert das Grundrecht der freien Entfaltung der Persönlichkeit im Bereich der individuellen Leistung und Existenzerhaltung; er zielt auf eine möglichst unreglementierte berufliche Betätigung ab. Das Grundrecht gewährleistet dem einzelnen das Recht, jede Tätigkeit, für die er sich geeignet glaubt, als "Beruf" zu ergreifen, d. h. zur Grundlage seiner Lebensführung zu machen. Die aus Gründen des Gemeinwohls unumgänglichen Einschränkungen des Grundrechts stehen unter dem Gebot strikter Wahrung des Prinzips der Verhältnismäßigkeit. Eingriffe in die Berufsfreiheit dürfen deshalb nicht weitergehen, als die sie legitimierenden öffentlichen Interessen erfordern (vgl. BVerfG-Entscheidung in BStBl II 1982, 281, 285, BVerfGE 59, 302, 315, Abschn. B I 1 der Gründe, mit Hinweisen auf die Rechtsprechung).

Das Verbot der §§ 1 bis 7 StBerG, bei der Erstellung von Umsatzsteuervoranmeldungen geschäftsmäßig Hilfe in Steuersachen zu leisten, steht nicht außer Verhältnis zum Zweck, den der Gesetzgeber mit der Regelung der Zugangsvoraussetzungen zu den steuerberatenden Berufen unter Festlegung des Berufsbildes verfolgt.

Die Regelung der Befugnis zur geschäftsmäßigen Hilfeleistung in Steuersachen soll das Interesse der Steuerpflichtigen, sich bei der Erledigung ihrer Steuerangelegenheiten der Hilfe anderer Personen zu bedienen, sowie das Interesse der Allgemeinheit berücksichtigen, daß im Steuerwesen nur Personen tätig werden, denen die Bearbeitung öffentlicher Angelegenheiten ohne Sorge anvertraut werden kann. Im Interesse des Steueraufkommens, der Steuermoral sowie zum Schutz gesetzesunkundiger Steuerpflichtiger, die durch Falschberatung unfähiger und ungeeigneter Berater schwere Nachteile erleiden können, soll sichergestellt werden, daß nur solche Berater geschäftsmäßig Hilfe in Steuersachen leisten, die dazu die erforderliche sachliche und persönliche Zuverlässigkeit besitzen. Die Steuerberatung ist ein Teil der Rechtsberatung; die damit verbundenen Berufsaufgaben dienen der Steuerrechtspflege, einem wichtigen Gemeinschaftsgut (BVerfG-Entscheidung in BStBl II 1982, 281, 286, BVerfGE 59, 302, 317, Abschn. B I 1 b der Gründe).

b) Die Einbeziehung der Fertigung von Umsatzsteuervoranmeldungen in die den steuerberatenden Berufen vorbehaltene Hilfeleistung in Steuersachen ist zum Schutz der im Vorabsatz näher bezeichneten Gemeinschafts- und Individualinteressen gerechtfertigt. Die Erstellung einer Umsatzsteuervoranmeldung stellt eine definitive steuerrechtliche Erklärung dar, die zahlreiche und grundsätzlich auch schwierige rechtliche Wertungen verlangt.

Das Voranmeldungs- und Vorauszahlungsverfahren der Umsatzsteuer (§ 18 Abs. 1 und 2 des Umsatzsteuergesetzes -- UStG -- 1980, § 18 Abs. 2 und 3 UStG 1973) ist kein vereinfachtes Verfahren (z. B. mit festen Vorauszahlungsbeträgen oder Pauschalierungen). Es dient vielmehr dazu, die "richtige" Besteuerung während des Voranmeldungszeitraums sicherzustellen. Nach § 18 Abs. 1 Satz 1 UStG 1980 hat der Unternehmer daher für jeden Vorauszahlungszeitraum (regelmäßig einen Kalendermonat) eine Voranmeldung abzugeben. Diese ist eine Steuererklärung i. S. des § 150 Abs. 1 Satz 2 AO 1977, da die Steuer für die Vorauszahlung selbst zu berechnen ist (Steueranmeldung). Die Voranmeldung hat Angaben zu enthalten über die Umsätze, d. h. über die Summe der Lieferungen, sonstigen Leistungen und den Eigenverbrauch im Sinne des UStG, die der Unternehmer im Voranmeldungszeitraum ausgeführt hat. Sie sind getrennt nach den unterschiedlichen Steuersätzen aufzuführen. Die dafür angefallene Umsatzsteuer hat der Unternehmer selbst zu berechnen. Etwaige Änderungen der Steuersätze sind zu berücksichtigen, ebenso Änderungen der Bemessungsgrundlage (§ 18 Abs. 1 Satz 2 i. V. m. § 17 UStG 1980). Ferner sind Angaben über die zulässigen Kürzungen erforderlich, insbesondere über die im Veranlagungszeitraum angefallenen, nach § 15 UStG abziehbaren Vorsteuerbeträge. Durch Abzug der Kürzungen hat der Unternehmer die sog. Steuerzahllast zu ermitteln, der Betrag also, den er als Umsatzsteuervorauszahlung an das FA abzuführen hat (wenn nicht sich ein Überschuß zugunsten des Unternehmers ergibt).

Es handelt sich danach also um eine Steueranmeldung, deren richtige und eigenverantwortliche Erstellung eine umfassende Kenntnis der Regelungen des Umsatzsteuerrechtes voraussetzt. Die entsprechende Hilfe den dafür ausgebildeten steuerberatenden Berufen vorzubehalten, liegt im wohlverstandenen Interesse der Allgemeinheit und des Steuerpflichtigen (vgl. die obigen Ausführungen unter Buchst. a). Der Gesetzgeber hat durch die entsprechende Regelung die für Eingriffe in die Freiheit der Berufswahl geltenden Maßstäbe nicht verletzt.

c) Die Beschlüsse des BVerfG in BStBl II 1980, 706, BVerfGE 54, 301 und in BStBl II 1982, 281, BVerfGE 59, 302 stehen dieser Auffassung des Senats nicht entgegen, bestätigen sie vielmehr.

Diese Beschlüsse setzen sich mit dem Buchführungsprivileg der steuerberatenden Berufe nach § 5 Satz 1 StBerG auseinander und kommen zum Ergebnis, daß das Einbeziehen des Kontierens von Belegen und der laufenden Lohnbuchhaltung in dieses Privileg mit Art. 12 Abs. 1 GG unvereinbar ist. Maßgebend für das BVerfG war dabei insbesondere die Überlegung, daß die zur Hilfe bei der Erfüllung von Buchführungspflichten erforderlichen Kenntnisse auch durch eine kaufmännische Ausbildung vermittelt werden, sich die Buchführungshilfe als eine entsprechende selbständige Tätigkeit entwickelt hat und der Ausschluß des insoweit ausreichend vorgebildeten Personenkreises von der selbständig ausgeführten Buchführungshilfe allenfalls dann mit dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit vereinbar wäre, wenn sonst regelmäßig mit einer fehlerhaften Behandlung der wenigen Sonderfälle gerechnet werden müßte, was für die beiden genannten Bereiche vom BVerfG verneint wird. Diese Problematik stellt sich bei der hier zu entscheidenden Frage nicht. Die Möglichkeit, auf dem Gebiet der Buchführungshilfe tätig zu werden, wird niemand dadurch verwehrt, daß ihm die Befugnis zur Erstellung von Umsatzsteuervoranmeldungen nicht zugestanden wird.

Nun hat das BVerfG in der Entscheidung in BStBl II 1982, 281, 288, BVerfGE 59, 302, 323 (Abschn. B I 2 c der Gründe) zwar entschieden, der Schutz der Steuerrechtspflege erfordere es nicht, die Hilfeleistung bei der laufenden Lohnbuchhaltung den steuerberatenden Berufen vorzubehalten, da es sich nicht um eine die besondere Qualifikation der steuerberatenden Berufe erfordernde Tätigkeit handele und den kaufmännisch Ausgebildeten die Eignung für eine solche Tätigkeit nicht abgesprochen werden könne. Das BVerfG hat weiter entschieden (Abschn. B I 2 b cc der Gründe), daß zur laufenden Lohnbuchhaltung auch gehöre, "die Summe der insgesamt einbehaltenen oder übernommenen Lohnsteuer auf einem amtlichen Vordruck (Lohnsteueranmeldung) dem Finanzamt anzugeben (§ 41 a Einkommensteuergesetz)". Obwohl insoweit der Beschluß des BVerfG nicht ganz eindeutig ist, ist ihm wohl zu entnehmen, daß dem nur kaufmännisch ausgebildeten Lohnbuchhalter von Verfassungs wegen das Recht nicht vorenthalten werden darf, auch Hilfe bei der Erstellung einer Lohnsteueranmeldung zu leisten. Die Lohnsteueranmeldung ist wie die Umsatzsteuervoranmeldung eine Steuererklärung (Steueranmeldung) i. S. des § 150 Abs. 1 Satz 2 AO 1977.

Eine erweiternde Anwendung dieses Rechtsgedankens auf die Hilfeleistung bei der Erstellung von Umsatzsteuervoranmeldungen ist jedoch nicht möglich. Dazu sind die tatsächlichen Unterschiede zwischen dieser Steueranmeldung und der Lohnsteueranmeldung zu groß. Im letzteren Falle handelt es sich nach dem Urteil des BVerfG um Routinearbeiten. Die Tätigkeit besteht im wesentlichen darin, Bruttolohn und Lohnzahlungszeitraum festzustellen, den Bruttolohn um bestimmte anteilige Freibeträge zu kürzen und unter Berücksichtigung der in der Lohnsteuerkarte vermerkten persönlichen Daten (Familienstand, Zahl der Kinder, Steuerklasse) die amtlichen Lohnsteuertabellen anzuwenden, d. h., den jeweiligen Lohnsteuerbetrag in der Tabelle abzulesen (§ 39b Abs. 2 des Einkommensteuergesetzes -- EStG --). Art und Höhe des Arbeitslohns sowie die Lohnsteuer sind im Lohnkonto einzutragen (§ 41 Abs. 1 EStG). Diese Tätigkeiten -- im EStG in den genannten wenigen Bestimmungen klar und einsichtig umrissen -- erfordern in der Tat keine besonders umfangreichen steuerrechtlichen Kenntnisse. Der Zusammenhang zwischen der Buchungstätigkeit und der Erstellung der abzugebenden Lohnsteueranmeldung ist besonders eng, so daß es vertretbar erscheint, die Mitwirkung an dieser Erstellung gewissermaßen als Teil der laufenden Lohnbuchführung selbst anzusehen.

Die Umsatzsteuervoranmeldungen sind mit den Lohnsteueranmeldungen nicht vergleichbar. Ihre richtige Erstellung erfordert eine umfassende Kenntnis des Umsatzsteuerrechts, das ohnehin nicht zu den einfachsten Steuerrechtsgebieten zählt. Es gibt keine wesentliche Vorschrift des UStG, die bei der Erstellung von Umsatzsteuervoranmeldungen nicht grundsätzlich beachtet werden muß. Das schließt nicht aus, daß es zahlreiche Fälle gibt, in denen sich keine rechtlichen Besonderheiten ergeben und die Umsatzsteuervoranmeldung daher ohne besondere Schwierigkeiten ausgefüllt werden kann. Für die hier zu entscheidende Frage kann das aber nicht maßgebend sein. Die Frage, ob es mit Art. 12 Abs. 1 GG vereinbar ist, die Erstellung von Umsatzsteuervoranmeldungen den steuerberatenden Berufen vorzubehalten, kann nicht von den Schwierigkeiten abhängig gemacht werden, die die jeweils im Einzelfall zu erstellende Anmeldung bietet. Diese Frage kann vom Gesetzgeber nur einheitlich entschieden werden. Aus dem gleichen Grund hat das BVerfG in der Entscheidung in BStBl II 1982, 281, 287, BVerfGE 59, 302, 319 (Abschn. B I 2 b bb der Gründe) auch entschieden, daß die Einbeziehung der Abschlußarbeiten an den Lohnkonten in das Buchführungsprivileg der steuerberatenden Berufe trotz des Umstandes, daß sie im Normalfall keine individuellen rechtlichen Wertungen erfordern, dem Art. 12 GG nicht widerspricht, weil die Abschlußarbeiten sachlich derart zusammenhängen, daß die Entscheidung nur einheitlich getroffen werden kann.

Daß die Fertigung einer Umsatzsteuervoranmeldung nur mechanisches Rechenwerk darstellt, wie der Kläger behauptet, ist jedenfalls dann unrichtig, wenn sie verantwortlich und unter Berücksichtigung der Regelungen des UStG geschieht. Die bloße unkritische Übernahme der Ergebnisse der Buchführung ohne eigene rechtliche Prüfung genügt sicherlich nicht den Anforderungen, die das Gesetz an eine Umsatzsteuervoranmeldung stellt. Anderenfalls würde die Verantwortung für die Richtigkeit der Umsatzsteuervoranmeldung auf den Buchführer übertragen werden, der dann auch die Subsumtion der Geschäftsvorfälle unter die einschlägigen Bestimmungen des UStG vorzunehmen hätte. Selbst wenn es richtig wäre -- was unentschieden bleiben kann --, daß durch die bei der Einrichtung der Buchführung eines Betriebes getroffenen Entscheidungen -- die nach dem Beschluß des BVerfG in BStBl II 1980, 706, 710, BVerfGE 54, 301, 316 (Abschn. B II 3 a aa der Gründe) den steuerberatenden Berufen vorbehalten sind -- die Einordnung der Geschäftsvorfälle unter die umsatzsteuerrechtlichen Vorschriften weitgehend vorweggenommen werden könnte, änderte das nichts daran, daß die Steuerangelegenheit erst durch die Umsatzsteuervoranmeldung wirklich erledigt wird. Deren Erstellung ist mit dem schlichten Kontieren von Belegen oder der laufenden Lohnsteuerbuchführung nicht vergleichbar, sondern sieht ein eigenverantwortliches und sachkundiges Tätigwerden vor, das auch die kritische Überprüfung und eine gesetzesgerechte Auswertung der durch den Buchführungshelfer gelieferten Zahlen einschließt. Daß der Gesetzgeber diese Tätigkeit den Personen vorbehält, die aufgrund einer sachgerechten Vorbildung zur Hilfeleistung in Steuersachen zugelassen sind, ist daher kein Eingriff in die Berufsfreiheit, der weiter geht, als die sie legitimierenden öffentlichen Interessen erfordern.

3. Aus der Verordnung über die Abgabe von Steueranmeldungen auf maschinell verwertbaren Datenträgern (Steueranmeldungs-Datenträger-Verordnung -- StADV) vom 21. August 1980 (BGBl I 1980, 1617, BStBl I 1980, 712) ergibt sich entgegen der Auffassung des Klägers nichts anderes. Aus ihr ist lediglich zu entnehmen, welche Steueranmeldungen auf maschinell verwertbaren Datenträgern abgegeben werden dürfen, nicht aber, wer zur Hilfeleistung bei der Erstellung dieser Steueranmeldungen befugt ist. Überdies könnte sie als Verordnung das StBerG nicht ändern. Auch die Gebührenverordnung für Steuerberater, Steuerbevollmächtigte und Steuerberatungsgesellschaften (Steuerberatergebührenverordnung -- StBGebV) vom 17. Dezember 1981 (BGBl I 1981, 1442, BStBl I 1982, 269) sagt über das hier zu entscheidende Rechtsproblem nichts aus.

4. Ohne Rechtsirrtum ist das FG der tatsächlichen Frage nicht weiter nachgegangen, ob Rechenzentren im Widerspruch zu den §§ 1 bis 7 StBerG Umsatzsteuervoranmeldungen erstellen. Der Kläger kann in der Tat nicht unter Berufung auf den Gleichheitssatz des Art. 3 GG fordern, dem Gesetz widersprechende Handlungen anderer ebenfalls ungehindert vornehmen zu dürfen. Der Gleichheitssatz gewährt keinen Anspruch gegenüber der Verwaltung, eine rechtswidrige Entscheidung um der Gleichbehandlung willen zu wiederholen (vgl. Schmidt-Bleibtreu/Klein, Kommentar zum Grundgesetz, 5. Aufl., Art. 3 Anm. 33; Beschluß des BVerfG vom 12. Februar 1969 1 BvR 687/62, BVerfGE 25, 216, 229).

II. Mit der ursprünglichen Verfügung vom 3. Juni 1977 wurden dem Kläger die Kontierung von Belegen, die Erstellung von laufenden Umsatzsteuer- und Lohnsteueranmeldungen sowie die "Abschlußarbeiten -- Abstimmen der Debitoren- und Kreditorenkonten, Erstellen der Saldenlisten, Abschluß der Personenkonten --" untersagt. Diese Untersagung wurde zwar hinsichtlich des Verbots des Kontierens mit Änderungsverfügung vom 9. Februar 1981 und hinsichtlich des Verbots der laufenden Lohnbuchhaltung (einschließlich der Anfertigung von Lohnsteueranmeldungen) mit Änderungsverfügung vom 8. Oktober 1982 aufgehoben. Das FG hat jedoch in seiner Verfügung vom 8. Oktober 1982 die Untersagungsverfügung im übrigen ausdrücklich aufrechterhalten, also hinsichtlich der Hilfeleistung bei der Erstellung von Umsatzsteuervoranmeldungen (vgl. oben Abschn. I) und hinsichtlich der Abschlußarbeiten (Abstimmen der Debitoren- und Kreditorenkonten, Erstellung der Saldenlisten, Abschluß der Personenkonten). Soweit das FA in seiner Änderungsverfügung vom 8. Oktober 1982 ausführt, diese Arbeiten "und jede andere Möglichkeit unbefugter Hilfeleistung in Steuersachen bleibt Ihnen gemäß § 7 Steuerberatungsgesetz verboten", ist das nach den Umständen nicht dahin zu verstehen, das FA habe damit gegenüber den vorangegangenen Untersagungsverfügungen ein neues allgemeines Verbot der Hilfeleistung in Steuersachen aussprechen wollen. Eine solche Verfügung wäre unrechtmäßig, weil ihr die erforderliche Bestimmtheit fehlte (vgl. Urteil des FG Hamburg vom 26. April 1979 V 251/77, Entscheidungen der Finanzgerichte -- EFG -- 1979, 571).

Soweit das Fg entschieden hat, das FA habe durch die angefochtene Verfügung die Hilfeleistung des Klägers bei den Abschlußarbeiten zu Recht untersagt, ist seine Entscheidung nicht frei von Rechtsfehlern. Sie ist daher aufzuheben und die Sache an das FG zurückzuverweisen.

Die unbefugte Hilfeleistung in Steuersachen ist durch das Gesetz selbst verboten (§ 5 StBerG). Eine schlichte Wiederholung dieses abstrakten gesetzlichen Verbots kann nicht Gegenstand einer Untersagungsverfügung der Verwaltung nach § 7 Abs. 1 StBerG sein. Nach dieser Bestimmung kann das FA die Hilfeleistung daher auch nur untersagen, "wenn die Tätigkeit durch eine Person ... ausgeübt wird, die nicht unter § 3 oder § 4 fällt". Voraussetzung für eine Untersagung durch Verwaltungsakt ist daher, daß dafür ein konkreter Anlaß aufgrund einer entsprechenden Tätigkeit der Person besteht, an die sich die Untersagungsverfügung richten soll. Dies ist auch deswegen erforderlich, weil die Verfügung wegen des Erfordernisses ausreichender Bestimmtheit hinreichend deutlich erkennen lassen muß, welche Tätigkeiten dem Betroffenen im einzelnen untersagt werden (Urteil des FG Hamburg in EFG 1979, 571).

Es ist nach den Beschlüssen des BVerfG in BStBl II 1980, 706, 710, BVerfGE 54, 301, 316 (Abschn. B II 3 a aa der Gründe) und in BStBl II 1982, 281, 287, BVerfGE 59, 302, 319 (Abschn. B I 2 b bb der Gründe) nicht zweifelhaft, daß es sich bei den Abschlußarbeiten um eine besonders qualifizierte Tätigkeit handelt, die auch entsprechende steuerliche Kenntnisse voraussetzen und den steuerberatenden Berufen vorbehalten bleiben dürfen. Die Vorentscheidung läßt aber tatsächliche Feststellungen darüber vermissen, ob der Kläger überhaupt konkret solche Abschlußarbeiten vorgenommen hat.

 

Fundstellen

Haufe-Index 74577

BStBl II 1983, 318

BFHE 1983, 129

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