Entscheidungsstichwort (Thema)

Verkennung der Beweislast; unzureichende Sachaufklärung; Begrenzung der Amtsermittlung

 

Leitsatz (NV)

1. Eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache wird nicht mit der Behauptung dargetan, das FG habe das Recht im konkreten Fall unzutreffend angewendet. Wird anstelle einer Beschwerdebegründung eine Revisionsbegründung gegeben, so vermag dies nicht zur Zulassung der Revision zu führen.

2. Die im Rahmen einer Divergenzrüge gegenüberzustellenden tragenden abstrakten Rechtssätze müssen in den jeweiligen Entscheidungen zwar nicht nach Art von Leitsätzen ausgesprochen sein, sie müssen sich aber aus ihnen hinreichend deutlich ergeben.

3. Mit der Behauptung, das FG habe die Beweislast zu Ungunsten des Klägers umgekehrt, wird kein Verfahrensmangel geltend gemacht, sondern allenfalls ein materiell- rechtlicher Mangel des angefochtenen Urteils behauptet.

 

Normenkette

AO 1977 § 90 Abs. 1; EStG § 17 Abs. 1-2; FGO § 76 Abs. 1, § 115 Abs. 2 Nrn. 1-3, Abs. 3 S. 3; ZPO § 295

 

Gründe

Die Beschwerde ist unzulässig und ist deshalb zu verwerfen. Der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) hat zwar das Vorliegen von Zulassungsgründen i. S. von § 115 Abs. 2 Nrn. 1 bis 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO) behauptet, sie jedoch nicht entsprechend den gesetzlichen Anforderungen nach § 115 Abs. 3 Satz 3 FGO bezeichnet.

1. Eine Rechtssache hat grundsätzliche Bedeutung i. S. von § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO, wenn eine Rechtsfrage zu entscheiden ist, an deren Beantwortung ein allgemeines Interesse besteht, weil ihre Klärung das Interesse der Allgemeinheit an der einheitlichen Fortentwicklung und Handhabung des Rechts berührt. Es muß sich um eine aus rechtssystematischen Gründen bedeutsame und auch für die einheitliche Rechtsanwendung wichtige Frage handeln (Beschluß des Bundesfinanzhofs -- BFH -- vom 31. August 1995 VIII B 21/93, BFHE 178, 379, BStBl II 1995, 890, 892, m. w. N.).

Die grundsätzliche Bedeutung muß schlüssig dargelegt werden. Dafür reicht die bloße Behauptung, eine Streitsache habe grundsätzliche Bedeutung, nicht aus. Vielmehr muß die Beschwerde konkret auf eine bestimmte Rechtsfrage, insbesondere ihre Klärungsbedürftigkeit und ihre über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung eingehen. Ist die Rechtsfrage vom BFH bereits entschieden, so muß sich die Beschwerde mit der einschlägigen Rechtsprechung und Literatur auseinandersetzen und dartun, weshalb die bereits entschiedene Rechtsfrage gleichwohl noch klärungsbedürftig oder erneut klärungsbedürftig geworden sein soll (vgl. BFH-Beschlüsse vom 3. März 1995 VIII B 58/94, BFH/NV 1995, 974; vom 23. Januar 1992 II B 64/91, BFH/NV 1992, 676, ständige Rechtsprechung).

Die Beschwerde legt diese Voraussetzungen nicht dar. Vielmehr wirft sie unter Hinweis auf die Rechtsprechung des BFH dem Finanzgericht (FG) im Kern lediglich eine unzutreffende Rechtsanwendung im konkreten Fall vor, weil dieses bei der Ermittlung des Veräußerungsverlustes nach § 17 Abs. 1 und 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) einen fiktiven Veräußerungspreis unter Einbeziehung von nicht mit dem konkreten Übertragungsgeschäft in rechtlicher Verbindung stehenden weiteren Rechtsgeschäften zugrunde gelegt habe. Damit gibt der Kläger indessen anstelle einer Beschwerde -- allenfalls eine Revisionsbegründung, die jedoch nicht die Zulassung einer Revision zu begründen vermag (vgl. BFH-Beschluß vom 14. Oktober 1992 III B 16/92, BFH/NV 1993, 546, ständige Rechtsprechung).

2. Die Beschwerde bezeichnet ebensowenig den Zulassungsgrund nach § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO. Hierfür muß die Beschwerde neben dem genauen Zitat der angeblichen Divergenzentscheidung dartun, daß das FG mit einem seine Entscheidung tragenden abstrakten Rechtssatz von einem in der Rechtsprechung des BFH aufgestellten ebensolchen Rechtssatz abgewichen sei. In der Beschwerdeschrift müssen die divergierenden Rechtssätze im Urteil des FG und in der Entscheidung des BFH einander so gegenüber gestellt werden, daß die Abweichung erkennbar wird (BFHE 178, 379, BStBl II 1995, 890, 891, m. w. N.). Auch für die Divergenzrüge genügt es nicht, daß das FG die vom BFH entwickelten Rechtsgrundsätze lediglich unzutreffend auf den im Streitfall zu beurteilenden Sachverhalt angewendet haben soll.

Zwar brauchen die gegenüberzustellenden Rechtssätze in den jeweiligen Entscheidungen nicht ausdrücklich nach Art von Leitsätzen ausgesprochen zu sein, sie müssen sich jedoch aus ihnen hinreichend deutlich ergeben (vgl. BFH-Beschlüsse vom 23. April 1992 VIII B 49/90, BFHE 167, 488, BStBl II 1992, 671, 672; vom 24. Oktober 1990 II B 31/90, BFHE 162, 483, BStBl II 1991, 106, 107). Die Beschwerde führt demgegenüber nicht einmal ansatzweise auf, welchen von der BFH-Rechtsprechung abweichenden tragenden abstrakten Rechtssatz das angefochtene Urteil enthalten soll, sondern behauptet insoweit lediglich einen Widerspruch des angefochtenen Urteils zur Rechtsprechung des BFH (BFH-Urteil vom 21. September 1982 VIII R 140/79, BFHE 137, 407, BStBl II 1983, 289, nach welchem das "Veräußerungsgeschäft" von anderen Rechtsgeschäften der Beteiligten strikt zu trennen sei).

3. Die Beschwerde bezeichnet schließlich auch keine Verfahrensmängel.

a) Mit der Behauptung, das FG habe angeblich mit dem Ansatz eines fiktiven, auf nicht "bewiesenen und nicht beweisbaren" Annahmen des FA beruhenden Veräußerungspreises die Beweislast zu Ungunsten des Klägers umgekehrt, wird kein Verfahrensmangel dargetan. Vielmehr handelt es sich insoweit allenfalls um einen materiell- rechtlichen Mangel (vgl. BFH-Urteile vom 5. November 1970 V R 71/67, BFHE 106, 156, BStBl II 1971, 220, 224; vom 7. Juli 1983 VII R 43/80, BFHE 138, 527, BStBl II 1983, 760, 761; vom 28. Juli 1994 IV S 2/93, BFH/NV 1995, 118, 119, ständige Rechtsprechung).

b) Die Bezeichnung eines Verfahrensmangels erfordert die schlüssige Darlegung von Tatsachen, aus denen sich -- ihre Richtigkeit unterstellt -- der Mangel ergeben muß und zudem, daß das angefochtene Urteil auf diesem beruhen kann. Wird die Rüge mangelnder Sachaufklärung erhoben, so müssen die ermittlungsbedürftigen Punkte angegeben und die Beweisthemen sowie Beweismittel angeführt werden. Ferner ist darzulegen, welche Beweismittel das FG nicht erhoben hat, deren Erhebung sich ihm jedoch nach seiner insoweit maßgebenden materiell- rechtlichen Rechtsauffassung und nach Lage der Verhältnisse hätte aufdrängen müssen, welche Ergebnisse die zusätzliche Erhebung voraussichtlich gehabt und warum das Ergebnis zu einer anderen Entscheidung des FG geführt hätte (vgl. BFH-Urteil vom 24. Februar 1988 I R 143/84, BFHE 152, 500, BStBl II 1988, 819, 820). Überdies ist bei verzichtbaren Mängeln vorzutragen, daß der angebliche Verfahrensverstoß in der Vorinstanz nicht gerügt werden konnte (vgl. § 295 der Zivilprozeßordnung -- ZPO -- i. V. m. § 155 FGO; BFH-Beschluß vom 5. Juni 1991 II B 180/90, BFH/NV 1992, 397, ständige Rechtsprechung).

Die Beschwerde hat zu alledem nichts vorgetragen. Sie bezeichnet nicht einmal konkret, zu welchem Beweisthema denn Erhebungen hätten angestellt werden sollen. Darüber hinaus geht sie auch nicht auf die vom FG angesprochene Frage der Wechselwirkung zwischen der Nichterfüllung zumutbarer Mitwirkungspflichten und der Begrenzung der Pflicht des FG zur Aufklärung des Sachverhalts von Amts wegen ein (vgl. BFH-Beschluß vom 4. Juli 1990 GrS 2--3/88, BFHE 161, 290, BStBl II 1990, 817, 828, m. w. N.; BFH-Urteil vom 16. Dezember 1992 X R 77/91, BFH/NV 1993, 547, 549, m. w. N.). Hierzu hätte aber besonders deshalb Anlaß bestanden, weil der Kläger im finanzgerichtlichen Verfahren der richterlichen Verfügung nach § 79 b FGO vom 27. Oktober 1995 nicht nachgekommen war.

Von einer weiteren Begründung sieht der Senat nach Art. 1 Nr. 6 des Gesetzes zur Entlastung des Bundesfinanzhofs ab.

 

Fundstellen

Haufe-Index 421878

BFH/NV 1997, 490

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