Entscheidungsstichwort (Thema)

Aussetzung der Verhandlung

 

Leitsatz (NV)

Zur entsprechenden Anwendung des § 74 FGO bei Erlaß eines Änderungsbescheids

 

Normenkette

FGO § 74

 

Verfahrensgang

FG Münster

 

Tatbestand

Der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt - FA -) hat den geänderten Gewerbesteuermeßbescheid 1977 vom 25. Februar 1982, gegen den die Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) nach erfolglosem Einspruch Klage (Az. IX . . . /83 G) erhoben hatte, durch den Bescheid vom 17. Januar 1983 geändert. Gegen diesen Änderungsbescheid hat die Klägerin Einspruch eingelegt, den das FA während des vorliegenden Beschwerdeverfahrens als unbegründet zurückgewiesen hat. Über die Klage (Az. IX . . . /86 G hat das Finanzgericht (FG) noch nicht entschieden.

Einen Antrag, den Änderungsbescheid vom 17. Januar 1983 zum Gegenstand des Klageverfahrens IX . . . /83 G zu machen, hat die Klägerin nicht gestellt. Das FG hat daraufhin das Verfahren über diese Klage unter Hinweis auf den Beschluß des Großen Senats des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 25. Oktober 1972 GrS 1/72 (BFHE 108, 1, BStBl II 1973, 231) ausgesetzt.

Mit der Beschwerde beantragt die Klägerin, den Aussetzungsbeschluß aufzuheben. Ihrer Ansicht nach sind die Grundsätze der Entscheidung des Großen Senats in BFHE 108, 1, BStBl II 1973, 231 im Streitfall nicht einschlägig.

Das FA beantragt, die Beschwerde als unbegründet zurückzuweisen.

Das FG hat der Beschwerde nicht abgeholfen.

 

Entscheidungsgründe

Die Beschwerde ist unbegründet.

Das FG durfte die Entscheidung des Rechtsstreits IX . . . /83 G bis zum rechtskräftigen Abschluß des Verfahrens über die Rechtmäßigkeit des Änderungsbescheids vom 17. Januar 1983 (Az. des FG: IX . . . /86 G) aussetzen. Dies folgt aus einer entsprechenden Anwendung des § 74 der Finanzgerichtsordnung (FGO). Nach dieser Vorschrift kann das Gericht, wenn die Entscheidung des Rechtsstreits ganz oder zum Teil von dem Bestehen oder Nichtbestehen eines Rechtsverhältnisses abhängt, das den Gegenstand eines anderen anhängigen Rechtsstreits bildet, anordnen, daß die Verhandlung bis zur Erledigung des anderen Rechtsstreits auszusetzen sei. In seinem Beschluß in BFHE 108, 1, BStBl II 1973, 231 hat der Große Senat des BFH diese Vorschrift für entsprechend anwendbar erachtet in einem Fall, in dem während des Revisionsverfahrens der umstrittene Bescheid gemäß § 222 Abs. 1 Nr. 1 der Reichsabgabenordnung (AO) berichtigt und mit dem Einspruch angefochten, ein Antrag gemäß § 68 FGO aber nicht gestellt worden war. Er hat entschieden, daß das Verfahren gegen den Berichtigungsbescheid Vorrang haben müsse und demzufolge das Verfahren gegen den ursprünglichen Bescheid auszusetzen sei bis zum Vorliegen einer rechtskräftigen Entscheidung über den Berichtigungsbescheid. Er ist dabei davon ausgegangen, daß der Berichtigungsbescheid den ursprünglichen Bescheid in seinen Regelungsinhalt mit aufnimmt. Der ursprüngliche Bescheid bleibe in dem Umfang, in dem er in den Berichtigungsbescheid aufgenommen worden sei, suspendiert, und zwar für die Dauer der Wirksamkeit des Berichtigungsbescheids. Damit ist eine entsprechende Anwendung des § 74 FGO auch im Streitfall zulässig. Der Regelungsinhalt des Bescheids vom 25. Februar 1982 geht in dem Bescheid vom 17. Januar 1983 auf. Unerheblich ist dabei, daß das FA den Bescheid vom 25. Februar 1982 gemäß § 164 Abs. 2 der Abgabenordnung (AO 1977) geändert und dabei den Vorbehalt der Nachprüfung aufgehoben hat. Entgeben der Ansicht der Klägerin hat die Aussetzung des Verfahrens nicht zur Folge, daß eine Überprüfung des Vorbehalts gemäß § 164 Abs. 1 AO 1977 notwendigerweise nicht mehr möglich ist (vgl. Tipke/Kruse, Abgabenordnung-Finanzgerichtsordnung, § 68 FGO Rdnr. 7).

 

Fundstellen

Haufe-Index 414763

BFH/NV 1987, 450

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