Entscheidungsstichwort (Thema)

Kostenbeschwerde des vollmachtlosen Vertreters

 

Leitsatz (NV)

1. Eine nicht statthafte Beschwerde gegen die Auferlegung der Verfahrenskosten nach Einstellung des Verfahrens auf Grund der Klagerücknahme kann nach Ablauf der Beschwerdefrist nicht als Beschwerde gegen den Einstellungsbeschluß im ganzen angesehen werden.

2. Es besteht kein Anspruch auf Akteneinsicht, wenn diese unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt geeignet ist, dem begehrten Rechtsschutzziel zu dienen.

3. Hält der Beschwerdeführer trotz Kenntnis der berichtigten Rechtsmittelbelehrung seine Beschwerde aufrecht, kommt eine Nichterhebung der Verfahrenskosten wegen der ursprünglich unrichtigen Rechtsmittelbelehrung nicht in Betracht.

 

Normenkette

FGO § 55 Abs. 1 S. 2, Abs. 2 S. 1, § 72 Abs. 2 S. 2, §§ 78, 128 Abs. 4, § 135 Abs. 2; GKG § 8 Abs. 1 S. 1

 

Tatbestand

Das Finanzgericht (FG) hat in dem Rechtsstreit der Kläger gegen den Beklagten (das Finanzamt -- FA --) wegen Umsatzsteuerhaftung das Verfahren durch Beschluß eingestellt, nachdem die Klage zurückgenommen worden war, und die Verfahrenskosten dem Rechtsanwalt X (Beschwerdeführer) auferlegt. In der beigefügten Rechtsmittelbelehrung war als zulässiges Rechtsmittel die Beschwerde angegeben. Gegen den ihm am 2. November 1993 zugestellten Beschluß legte der Beschwerdeführer Beschwerde ein mit der ausdrücklichen Maßgabe: "Die Beschwerde bezieht sich auf die Auferlegung der Kosten des Verfahrens." Gleichzeitig beantragte er zum Zwecke der Einsicht in die vorgelegten Vollmachten nochmals umfassende Akteneinsicht.

Mit Beschluß vom 12. November 1993 ergänzte das FG die Rechtsmittelbelehrung um folgenden Satz: "Eine Beschwerde allein gegen die Auferlegung von Kosten ist nicht statthaft." Nach Zustellung dieses Berichtigungsbeschlusses (18. November 1993) teilte der Beschwerdeführer in Beantwortung eines diesem Beschluß beigefügten Schreibens dem FG am 25. November 1993, dort eingegangen am 26. November 1993, mit, daß "meine Beschwerde nicht zurückgenommen wird. Ich lege die Beschwerde insoweit gegen den kompletten Beschluß ein."

 

Entscheidungsgründe

Die Beschwerde ist unzulässig.

1. Nach § 128 Abs. 4 der Finanzgerichtsordnung (FGO) in der ab 1. Januar 1993 geltenden Fassung ist die Beschwerde in Streitigkeiten über Kosten nicht statthaft. Eine Streitigkeit über Kosten in diesem Sinne liegt auch dann vor, wenn das FG einem vollmachtlosen Vertreter die Kosten des Verfahrens auferlegt und sich dessen Beschwerde nur gegen die Kostenentscheidung richtet (Senatsbeschluß vom 11. Dezember 1979 VII B 48/76, BFHE 129, 304, BStBl II 1980, 199).

Diese Voraussetzungen sind im Streitfall erfüllt. Das FG hat dem Beschwerdeführer, da er seine Bevollmächtigung nicht ordnungsgemäß nachgewiesen hat, die Kosten des Verfahrens auferlegt. Da sich der Beschwerdeführer zunächst nach seiner ausdrücklichen Bekundung ausschließlich gegen die Kostenfolge gewandt hat, handelt es sich bei seiner Beschwerde nicht um eine (grundsätzlich zulässige) Beschwerde gegen die Einstellung des Verfahrens nach Klagerücknahme, sondern um eine nicht statthafte Kostenbeschwerde (Beschluß des Bundesfinanzhofs -- BFH -- vom 21. Februar 1991 IX B 176/90, BFH/NV 1991, 470).

2. Etwas anderes ergibt sich auch nicht daraus, daß der Beschwerdeführer in seinem am 26. November 1993 beim FG eingegangenen Schriftsatz die Beschwerde nun gegen den "kompletten Beschluß" eingelegt hat. Sollte damit der bereits eingelegten Beschwerde eine andere Auslegung gegeben werden, so hätte dies keinen Erfolg, da das eindeutig und klar als Kostenbeschwerde eingelegte Rechtsmittel weder auslegungs- noch umdeutungsfähig ist. Sollte damit hingegen die Beschwerde in ihrer Zielrichtung erweitert werden, nämlich jetzt auch im Hinblick auf die Einstellung des Verfahrens (§ 72 Abs. 2 Satz 2 FGO) oder als weitere Beschwerde dahingehend eingelegt werden, so wäre dies wegen Verfristung unzulässig, denn die zweiwöchige Beschwerdefrist (§ 129 Abs. 1 FGO) gegen den am 2. November 1993 zugestellten Beschluß war bereits am 16. November 1993 abgelaufen.

Obgleich in der ursprünglichen Rechtsmittelsbelehrung nicht auf die Unanfechtbarkeit der Entscheidung über die Auferlegung der Kosten hingewiesen wurde, ist gleichwohl die Rechtsmittelfrist in Lauf gesetzt worden. Die Belehrung war nämlich nicht unrichtig i. S. des § 55 Abs. 2 Satz 1 i. V. m. Abs. 1 Satz 2 FGO, denn aus ihr war, worauf es hier allein ankommt, erkennbar, daß als Rechtsmittel eine Beschwerde gegen die Einstellung des Verfahrens in Betracht kam.

Schließlich hat auch die Richtigstellung der Rechtsmittelbelehrung durch den dem Beschwerdeführer am 18. November 1993 zugestellten Beschluß des FG vom 12. November 1993 auf den materiellen Inhalt des ursprünglichen Beschlusses vom 22. Oktober 1993, wie er in dessen Tenor und Gründen zum Ausdruck kommt, keine Auswirkungen. Insoweit ist eine neue Rechtsmittelfrist nicht eröffnet worden.

Da somit die Beschwerde in jedem Fall unzulässig ist, bedarf es keiner Ausführungen dazu, daß eine Beschwerde gegen den Einstellungsbeschluß wohl nur im Namen der Kläger hätte eingelegt werden können, für deren Zulässigkeit wiederum die Vorlage einer entsprechenden von den Klägern dem Beschwerdeführer erteilten Vollmacht für das Beschwerdeverfahren erforderlich gewesen wäre (vgl. auch BFH-Beschluß vom 1. Juni 1990 X B 59/89, BFH/NV 1991, 249).

3. Der Antrag des Beschwerdeführers auf Akteneinsicht gemäß § 78 FGO war abzulehnen. Ein Recht auf Akteneinsicht steht ihm nicht zu, da seine Beschwerde unzulässig ist und die Akten unter keinem Gesichtspunkt geeignet sind, dem begehrten Rechtsschutz des Beschwerdeführers in der Beschwerdesache zu dienen (BFH-Beschluß vom 1. Oktober 1990 X B 119/90, BFH/NV 1991, 331).

4. Die Kosten des Verfahrens waren gemäß § 135 Abs. 2 FGO dem Beschwerdeführer aufzuerlegen, weil er die Beschwerde im eigenen Namen eingelegt hat und damit unterlegen ist. Eine Nichterhebung der Kosten gemäß § 8 Abs. 1 Satz 1 des Gerichtskostengesetzes wegen unrichtiger Sachbehandlung (vgl. z. B. BFH-Beschluß vom 30. Juli 1986 V B 50/86, BFH/NV 1986, 692) kommt hier deshalb nicht in Betracht, weil der Beschwerdeführer in Kenntnis der berichtigten Rechtsmittelbelehrung durch das FG seine Beschwerde aufrechterhalten hat, wegen der ursprünglichen Belehrung also nicht schutzwürdig ist.

 

Fundstellen

Haufe-Index 419877

BFH/NV 1995, 58

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