Leitsatz (amtlich)

Werden eine Rechtsstreitigkeit, für die die Revisionssumme nur 1 000 DM beträgt (z. B. der Streit über die Androhung eines Zwangsgeldes), und eine hinsichtlich der Revisionssumme nicht privilegierte Streitigkeit in einer Klage zusammen verfolgt, so ist die Streitwertrevision im Hinblick auf die niedrigere Revisionssumme nur zulässig, wenn diese allein durch den Streitwertanteil der privilegierten Streitigkeit überschritten wird (Anschluß an BFH-Beschluß vom 11. März 1982 IV R 14/81, BFHE 135, 401, BStBl II 1982, 513).

 

Normenkette

BFH-EntlG Art. 1 Nr. 5; FGO § 115 Abs. 1

 

Verfahrensgang

FG Rheinland-Pfalz (Urteil vom 09.03.1983; Aktenzeichen 1 K 15/83)

 

Nachgehend

BVerfG (Beschluss vom 24.07.1984; Aktenzeichen 1 BvR 934/84)

 

Gründe

Die Nichtzulassungsbeschwerde ist zulässig.

Das FG hat die Revision nicht zugelassen; auch eine streitwertunabhängige zulassungsfreie Revision nach § 116 FGO liegt nicht vor. Dem Kläger steht daher gemäß § 115 Abs. 1 FGO i. V. m. Art. 1 Nr. 5 Satz 1 des Gesetzes zur Entlastung des Bundesfinanzhofs (BFH-EntlG) die Revision an den Bundesfinanzhof (BFH) nur zu, wenn der Wert des Streitgegenstandes 10 000 DM übersteigt. Bei Rechtsstreitigkeiten über die Androhung oder Festsetzung eines Erzwingungsgeldes und bestimmte andere Fragen beträgt die Revisionssumme nach Art. 1 Nr. 5 Satz 2 BFH-EntlG weiterhin 1 000 DM. Beide Revisionssummen werden im Streitfall nicht erreicht.

Das in der Verfügung des FA vom 13. September 1982 angedrohte Zwangsgeld beträgt 1 000 DM. Die Statthaftigkeit der zulassungsfreien Revision setzt aber bei den hinsichtlich der Revisionssumme privilegierten Streitigkeiten, zu denen auch die Androhung eines Zwangsgeldes gehört, voraus, daß der Wert des Streitgegenstandes 1 000 DM übersteigt (Art. 1 Nr. 5 Satz 2 BFH-EntlG, § 115 Abs. 1 FGO). Soweit sich der Kläger außerdem noch gegen die ihm in der Verfügung des FA gemäß § 200 AO 1977 auferlegten Mitwirkungspflichten (Mitteilung eines Prüfungstermins, Vorlage von Prüfungsunterlagen) wendet, bietet der bisherige Sach- und Streitgegenstand keine genügenden Anhaltspunkte dafür, welche Bedeutung der Sache nach dem Antrag des Klägers beizumessen ist. Für diesen Teil des Streitgegenstandes ist deshalb ein Streitwert von 4 000 DM anzunehmen (§ 155 FGO, § 3 der Zivilprozeßordnung - ZPO -, § 13 Abs. 1 Satz 2 des Gerichtskostengesetzes - GKG -). Damit beträgt der einheitliche Streitwert für das Revisionsverfahren 5 000 DM. Er übersteigt nicht die für den Regelfall geltende Revisionssumme von 10 000 DM.

Aus dem Ausnahmecharakter der Regelung des Art. 1 Nr. 5 Satz 2 BFH-EntlG für bestimmte, dort enumerativ aufgeführte Fallgruppen von Rechtsstreitigkeiten, für die die Revisionssumme von 1 000 DM des § 115 Abs. 1 FGO unverändert fortgilt, hat der IV. Senat des BFH geschlossen, daß bei vom FG verbundenen Sachen die niedrigere Revisionssumme durch die in Art. 1 Nr. 5 Satz 2 BFH-EntlG aufgeführte Rechtsstreitigkeit selbst überschritten sein muß. Es reicht demnach für die Zulässigkeit der Revision nicht aus, daß die Revisionssumme von 1 000 DM bei Zusammenrechnung des Streitwerts für die privilegierte Rechtsstreitigkeit (Art. 1 Nr. 5 Satz 2 BFH-EntlG) mit dem Streitwertanteil für die andere Streitigkeit - wie im Streitfall - überschritten würde (BFH-Beschluß vom 11. März 1982 IV R 14/81, BFHE 135, 401, BStBl II 1982, 513). Der Senat folgt dem auch für den Streitfall, in dem keine Verbindung einer Rechtsstreitigkeit i. S. des Art. 1 Nr. 5 Satz 1 BFH-EntlG mit einer solchen i. S. des Satzes 2 der Vorschrift durch das FG vorliegt (§ 73 Abs. 1 FGO), sondern in dem der Kläger von vornherein diese im Hinblick auf die Revisionssumme unterschiedlichen Streitigkeiten in einer Klage zusammen verfolgt (§ 43 FGO; vgl. Kühn/Kutter/Hofmann, Abgabenordnung (AO 1977)/Finanzgerichtsordnung, 14. Aufl., Anhang 2, Anm. zu Art. 1 Nr. 5 BFH-EntlG). Die in Art. 1 Nr. 5 BFH-EntlG ausdrücklich vorgeschriebene Berücksichtigung unterschiedlicher Revisionssummen gebietet für beide Fälle gleichermaßen eine Modifizierung der für den Regelfall entwickelten Rechtsprechung des BFH, wonach bei verbundenen Sachen, gegen die ein einheitliches Rechtsmittel ergriffen wird, für die Frage, ob die Revisionssumme erreicht ist, grundsätzlich von einem einheitlichen Streitwert auszugehen ist (Urteile vom 11. April 1962 II 248/60 U, BFHE 75, 143, BStBl III 1962, 320; vom 14. Januar 1969 II R 71/67, BFHE 95, 227, BStBl II 1969, 408; vom 25. März 1969 II R 68/68, BFHE 95, 512, BStBl II 1969, 471, sowie Beschluß vom 18. Juni 1969 I B 8/69, BFHE 96, 153, BStBl II 1969, 587). Da demnach für die niedrigere Revisionssumme von 1 000 DM der Rechtsstreit über die angeordneten Mitwirkungspflichten außer Betracht bleiben muß, ist die Revision ohne ausdrückliche Zulassung nicht statthaft.

 

Fundstellen

Haufe-Index 74799

BStBl II 1984, 544

BFHE 1984, 507

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