Entscheidungsstichwort (Thema)

Protokollberichtigung; zur Auslegung eines Sandausbeutevertrages; zur Divergenz bei Gesamtwürdigung

 

Leitsatz (NV)

1. Eine Protokollberichtigung (hier: zum Inhalt der Zeugenaussagen) kann grundsätzlich nur durch das FG vorgenommen werden.

2. Es kommt für die Auslegung und Abgrenzung eines Sandausbeutevertrages entscheidend auf den wirtschaftlichen Gehalt der betreffenden Vereinbarung an, wie er sich nach dem Gesamtbild der Verhältnisse unter Berücksichtigung des wirklichen Willens der Vertragsparteien ergibt. Solche auf die Umstände des Einzelfalls abhebende Fragen sind grundsätzlich nicht klärungsbedürftig.

3. Für die Annahme einer Divergenz reichen weder eine Abweichung in der Würdigung von Tatsachen oder Zeugenaussagen noch eine fehlerhafte Anwendung von Rechtsprechungsgrundsätzen auf die Besonderheiten des Einzelfalls noch schlichte Subsumtionsfehler des FG aus.

 

Normenkette

EStG § 21 Abs. 1 S. 1 Nr. 1; FGO §§ 94, 115 Abs. 2 Nrn. 1-2, § 116 Abs. 3 S. 3; ZPO § 160 Abs. 4, § 164 Abs. 1

 

Verfahrensgang

Niedersächsisches FG (Urteil vom 10.03.2010; Aktenzeichen 3 K 230/05)

 

Gründe

Rz. 1

Die Beschwerde ist unbegründet. Die geltend gemachten Zulassungsgründe sind nicht gegeben.

Rz. 2

1. Soweit der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) die Art und Weise der Zeugenvernehmung sowie den Inhalt der vorgenommenen Protokollierung der Zeugenaussagen beanstandet, genügt dieses Vorbringen den Anforderungen an eine (konkludent erhobene) Verfahrensrüge nicht (vgl. Beschluss des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 16. Juli 1997 X B 212/96, BFH/NV 1998, 52). Abgesehen davon kann eine Protokollberichtigung (§ 94 der Finanzgerichtsordnung --FGO-- i.V.m. § 160 Abs. 4, § 164 Abs. 1 der Zivilprozessordnung) grundsätzlich nur durch das Finanzgericht (FG) vorgenommen werden (vgl. BFH-Beschluss vom 6. August 2003 IX B 44/03, BFH/NV 2003, 1604). Zudem hat der --auch in der mündlichen Verhandlung vor dem FG-- rechtskundig vertretene Kläger nicht dargelegt, weshalb er einerseits nicht schon während der --immerhin über dreistündigen-- mündlichen Verhandlung entsprechend interveniert hat und warum er andererseits von der Möglichkeit, eine Berichtigung des Protokolls beim FG zu beantragen, keinen Gebrauch gemacht hat (s. BFH-Beschlüsse in BFH/NV 1998, 52, und vom 15. März 2001 IV B 72/00, BFH/NV 2001, 1238).

Rz. 3

2. Die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO) ist nicht hinreichend nach § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO dargelegt. So ist schon nicht klar, welche Rechtsfrage grundsätzlich bedeutsam sein soll; im Übrigen kommt es für die erforderliche Auslegung und Abgrenzung des hier streitigen Sandausbeutevertrages nach ständiger Rechtsprechung entscheidend auf den wirtschaftlichen Gehalt der betreffenden Vereinbarung an, wie er sich nach dem Gesamtbild der Verhältnisse unter Berücksichtigung des wirklichen Willens der Vertragsparteien ergibt (s. BFH-Urteil vom 6. Mai 2003 IX R 64/98, BFH/NV 2003, 1175). Solche auf die Umstände des Einzelfalls abhebende Fragen sind aber grundsätzlich nicht klärungsbedürftig und haben daher keine grundsätzliche Bedeutung (vgl. BFH-Beschluss vom 3. Januar 2006 IX B 162/04, BFH/NV 2006, 738). Entsprechend ist auch keine Entscheidung des BFH zur Fortbildung des Rechts erforderlich (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 Alt. 1 FGO).

Rz. 4

3. Ebenso ist eine Entscheidung des BFH zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 Alt. 2 FGO) wegen Divergenz im Sinne einer Abweichung im Grundsätzlichen nicht erforderlich. Dazu reichen weder eine Divergenz in der Würdigung von Tatsachen noch eine fehlerhafte Anwendung von Rechtsprechungsgrundsätzen auf die Besonderheiten des Einzelfalles noch schlichte Subsumtionsfehler des FG aus (s. BFH-Beschluss vom 19. Mai 2010 IX B 11/10, BFH/NV 2010, 1648, m.w.N.). So hat das FG auf der Basis der BFH-Rechtsprechung (vgl. zuletzt BFH-Urteil in BFH/NV 2003, 1175, m.w.N.) und nach Maßgabe der Beweisaufnahme (Vernehmung von Zeugen zum Beweisthema: zeitliche Dauer und Umstände des Sandabbaus) --anders als der Kläger-- den als "Kauf" bezeichneten Sandausbeutevertrag als Pachtvertrag mit daraus resultierenden Verpachtungs-Einkünften gewürdigt; diese Gesamtwürdigung wäre auch revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.

Rz. 5

4. Der Kläger rügt mit seinen --nach Art einer Revisionsbegründung gehaltenen-- Einwänden eine (vermeintlich) unzutreffende Tatsachen- und Beweiswürdigung sowie eine fehlerhafte Rechtsanwendung durch das FG, also materiell-rechtliche Fehler; damit kann aber die Zulassung der Revision nicht erreicht werden (vgl. BFH-Beschlüsse vom 24. September 2008 IX B 110/08, BFH/NV 2009, 39; vom 29. Juni 2009 IX B 74/09, juris, unter 1.), zumal Rechtsanwendungsfehler des FG von erheblichem Gewicht im Sinne einer willkürlichen oder greifbar gesetzwidrigen Entscheidung nicht dargetan sind (vgl. BFH-Beschlüsse vom 17. März 2010 X B 118/09, BFH/NV 2010, 1277; vom 8. Februar 2006 III B 128/04, BFH/NV 2006, 1116).

 

Fundstellen

Haufe-Index 2529963

BFH/NV 2011, 43

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