Entscheidungsstichwort (Thema)

Zur umsatzsteuerrechtlichen Abgrenzung der Landwirtschaft zum Gewerbebetrieb bei einem Gartenbaubetrieb; beschränkte gerichtliche Überprüfung im Aussetzungsverfahren

 

Leitsatz (NV)

1. Ein Gartenbaubetrieb ist jedenfalls dann als Gewerbebetrieb zu beurteilen, wenn die Umsätze aus der Landschaftsgärtnerei 50 v. H. der Gesamtumsätze übersteigen und wenn im Umsatz die Vergütung für sonstige Leistungen und für in nicht selbst gezogenen Pflanzen bestehenden Lieferungen überwiegt.

2. Entscheidungen über die Aussetzung der Vollziehung können in der Regel nur solche Tatsachen zugrunde gelegt werden, die sich aus dem angefochtenen Verwaltungsakt oder dem glaubhaft gemachten Vortrag der Beteiligten ergeben.

 

Normenkette

UStG 1973 § 24 Abs. 2

 

Verfahrensgang

FG München

 

Tatbestand

Die Ehegatten A. u. F. N. haben in Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) in den Streitjahren 1976 und 1977 eine Baumschule mit Garten- und Landschaftsgestaltung betrieben. Im Anschluß an eine Außenprüfung setzte der Antragsgegner und Beschwerdegegner (das Finanzamt - FA -) gegenüber der GbR mit Bescheiden vom Dezember 1981 die Umsatzsteuer 1976 und 1977 nach den allgemeinen Vorschriften fest; das FA hielt § 24 des Umsatzsteuergesetzes (UStG) 1973 nicht für anwendbar. Der gegen die Bescheide eingelegte Einspruch blieb erfolglos.

Nach Klageerhebung durch die Antragstellerin und Beschwerdeführerin (Antragstellerin) F. N. als Rechtsnachfolgerin der GbR setzte das FA mit Änderungsbescheiden vom Dezember 1984, die auf Antrag der Antragstellerin Gegenstand des Hauptsacheverfahrens beim Finanzgericht (FG) wurden, die Umsatzsteuer für 1976 und für 1977 herab. Einen Antrag auf Aufhebung der Vollziehung lehnte das FA ab.

Mit (erneuten) Änderungsbescheiden vom 27. März 1985 setzte das FA die Umsatzsteuer nochmals herab, und zwar für 1976 auf 37 055,65 DM und für 1977 auf 30 162,96 DM. Diese Bescheide wurden auf Antrag der Antragstellerin zum Gegenstand des Verfahrens beim FG gemacht.

Mit Schreiben vom . . . beantragte die Antragstellerin beim FG die Aussetzung der Vollziehung der Umsatzsteuerbescheide vom 27. März 1985 wegen ernstlicher Zweifel an ihrer Rechtmäßigkeit. Sie ist der Auffassung, daß die Umsätze der GbR in den Streitjahren nicht als gewerbliche Umsätze der Besteuerung unterworfen werden dürften, da die Umsätze aus der Landschaftsgärtnerei im Gesamtumsatz nicht überwögen und da nach Abschn. 134 Abs. 1 Satz 1 i. V. m. Abs. 4 Satz 7 der Einkommensteuer-Richtlinien (EStR) 1978 erst nach Ablauf eines Übergangszeitraums von drei Jahren und damit erst ab 1979 ein Gewerbebetrieb vorliege.

Das FG wies den Antrag mit im wesentlichen folgender Begründung ab: Es sei nicht ernstlich zweifelhaft, daß die Umsätze der von der GbR betriebenen Baumschule mit Landschafts- und Gartengestaltung in den Streitjahren insgesamt als Umsätze eines Gewerbebetriebes und nicht nach § 24 UStG 1973 zu besteuern seien. Überstiegen bei einem Gartenbaubetrieb die Umsätze aus Landschaftsgärtnerei 50 v. H. der Gesamtumsätze (1. Merkmal) und überwiege im Umsatz die Vergütung für sonstige Leistungen und für in nicht selbstgezogenen Pflanzen bestehende Lieferungen (2. Merkmal), so sei nach dem Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 6. Oktober 1966 I R 24/66 (BFHE 87, 13, BStBl III 1966, 678) der ganze Betrieb als Gewerbebetrieb anzusehen. Diese Kriterien lägen im Streitfall bei summarischer Betrachtung vor. Dabei stütze sich das FG auf die Aufstellung des FA J. in einem Bericht an die Oberfinanzdirektion (OFD). Danach betrügen die Umsätze aus der Landschaftsgärtnerei im Jahre 1976 65 v. H. und im Jahre 1977 62 v. H. sowie die Vergütungen für sonstige Leistungen und für Lieferungen nicht eigenerzeugter Pflanzen im Jahre 1976 60 v. H. und im Jahre 1977 58 v. H. des Gesamtumsatzes.

Die von der Antragstellerin dagegen erhobenen Einwendungen griffen nicht durch. Die Aufteilung der Umsätze in den Steuerbescheiden 1976 und 1977 vom 27. März 1985 in solche, die mit dem Regelsteuersatz des § 12 Abs. 1 UStG 1973, und solche, die mit dem ermäßigten Steuersatz des § 12 Abs. 2 Nr. 1 i. V. m. Nr. 7 der Anlage UStG 1973 belastet seien, sei bei summarischer Beurteilung kein brauchbares Kriterium für die in bezug auf das 1. Merkmal vorzunehmende Abgrenzung der (gewerblichen) Umsätze aus der Landschaftsgärtnerei von den Umsätzen aus der Urproduktion. Denn in den mit dem ermäßigten Steuersatz belasteten Umsätzen seien Umsätze aus Landschaftsgärtnerei enthalten, und zwar diejenigen Umsätze, die zwar aufgrund von Verwaltungsanweisungen umsatzsteuerrechtlich als Werklieferungen zu beurteilen seien, die aber neben der Überlassung von Pflanzen weitere Leistungen (nämlich Aushub der Pflanzlöcher, Einsetzen der Pflanzen, Anbringung von Fegeschutzspiralen u. ä.) enthielten und die als gewerbliche Tätigkeiten anzusehen seien.

Das FG brachte weiter zum Ausdruck, daß es anhand präsenter Beweismittel entscheide. Der Vortrag der Antragstellerin, die Umsatzbestandteile seien unzutreffend ermittelt worden, sei unbeachtlich, da entsprechende Beweismittel nicht vorgelegt worden seien.

Die Umsätze der GbR hätten auch schon vor Ablauf des Dreijahreszeitraums, innerhalb dessen die durch die Merkmale 1 und 2 bestimmten Grenzen überschritten worden seien, vom FA als gewerbliche behandelt werden können. Nur für die Beurteilung der Frage, ob die Tätigkeit des Betriebs als nachhaltig angesehen werden könne, habe der BFH einen längeren Zeitraum gefordert (Urteil vom 5. November 1974 VIII R 254/71, BFHE 113, 522, BStBl II 1975, 118). Stelle sich bei der Prüfung über diesen längeren Zeitraum heraus, daß die maßgeblichen Grenzen nachhaltig überschritten würden, sei der Betrieb von Anfang an als Gewerbebetrieb zu behandeln.

Im Streitfall seien nach der bezeichneten Aufstellung des FA S. die Grenzen in den Jahren 1976 bis 1979 überschritten worden. Damit liege seit 1976 ein Gewerbebetrieb vor.

Abschn. 134 Abs. 4 Satz 7 EStR 1978 sei möglicherweise für Gerichte nicht bindend; in jedem Fall regele diese Bestimmung nur die Frage des Zukaufs, d. h., des Einsatzes fremder Erzeugnisse bei der Abgrenzung zwischen Urerzeugung und Handelsgewerbe, nicht jedoch die Abgrenzung zwischen Urerzeugung und Landschaftsgärtner.

Bei summarischer Betrachtung seien auch keine Verfahrensfehler des FA erkennbar. Im Streitfall habe die Antragstellerin spätestens bei Erhalt des Prüfungsberichts vom . . . von der Abgrenzungsproblematik Kenntnis erlangt; sie habe deshalb vor Erlaß der Steuerfestsetzungen Gegenvorstellungen vorbringen können. Damit sei ihr rechtliches Gehör nicht verletzt worden.

Die Antragstellerin beantragt im Beschwerdeverfahren, die Vollziehung der Umsatzsteuerbescheide 1976 und 1977 in vollem Umfang auszusetzen.

Zur Begründung ihres Antrags trägt die Antragstellerin vor: Sie bitte, die Betriebsprüfungsakten mit Arbeitsbogen der 1. Betriebsprüfung (betreffend die Jahre . . .) und der 2. Betriebsprüfung (betreffend die Streitjahre) beizuziehen und zu verwerten. Sie habe diese Akten mit Arbeitsbogen wiederholt zur Einsichtnahme angefordert. Das FA habe die Einsichtnahme aber verweigert. Nur durch Einsichtnahme in diese Unterlagen könne der Beweis erbracht werden, daß in jenem Prüfungszeitraum die Voraussetzungen zur Annahme eines Gewerbebetriebs noch nicht vorgelegen hätten; deshalb sei auch der Übergangszeitraum von drei Jahren nicht erreicht. Hilfsweise werde insoweit die Vernehmung des Betriebsprüfers R. als Zeuge beantragt.

Das FA habe den Anteil der Leistungsumsätze (voller Steuersatz) für 1976 mit 43,62 v. H. und für 1977 mit 35,69 v. H. anerkannt. Die vom Betriebsprüfer zunächst geschätzten Leistungsumsätze seien damit hinfällig. Insoweit werde die Einvernahme des Betriebsprüfers S als Zeugen erbeten.

Entgegen der Annahme des FA seien in den mit dem ermäßigten Steuersatz besteuerten Umsätzen solche aus der Landschaftsgärtnerei nicht enthalten. Zur Vermeidung von Wiederholungen verweise sie insoweit auf den Schriftsatz vom . . . .

Unrichtig sei die Annahme des FA, daß die Zahlen für 1976 und 1977 (65 bzw. 62 v. H. der Umsätze seien solche aus der Landschaftsgärtnerei) nicht auf einer Schätzung, sondern auf Ermittlungen anhand der Ausgangsrechnungen beruhten. In dieser ,,Berechnung" seien auch viel zu hohe Handelswarenanteile angesetzt worden. So sei z. B. unberücksichtigt geblieben, daß 30 v. H. der Rosen auf dem Schuttplatz landeten. Vorsorglich werde auch insoweit die Einvernahme des Betriebsprüfers P. als Zeugen beantragt.

Im übrigen habe das FA nicht die Methoden seiner Schätzung bekanntgegeben. Die Betriebsprüfungsberichte enthielten mehr oder weniger nur Sachverhaltsfragmente und pauschale Ergebnisse; sie seien nicht aus sich heraus überprüfbar. Es lägen nur Schätzungen vor, was sich nicht zuletzt daraus ergäbe, daß alle DM-Beträge auf volle 100 DM gerundet seien. Es sei auch nicht sichergestellt, daß Umsatzanteile aus Zukäufen an Handelswaren nicht auch noch in den landschaftsgärtnerischen Pflanzenlieferungen enthalten seien; eine diesbezügliche Doppelerfassung liege nahe.

Darüber hinaus setzt sich die Antragstellerin mit den Ausführungen des FA im Verfahren vor dem FG auseinander und legt dar, daß sie diese bereits im einzelnen in ihrer Erwiderung gegenüber dem FG widerlegt habe.

Das FA beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen. Es führt dazu aus, die Umsätze der Antragstellerin aus der Landschaftsgärtnerei seien nicht geschätzt, sondern anhand der Ausgangsrechnungen ermittelt worden. Auch sei die Aufteilung der Umsätze in den Steuerbescheiden 1976 und 1977 in solche, die mit dem Regelsteuersatz, und solche, die mit dem ermäßigten Steuersatz belastet seien, entgegen der Ansicht der Antragstellerin kein brauchbares Kriterium für die in bezug auf das 1. Merkmal vorzunehmende Abgrenzung der gewerblichen Umsätze aus der Landschaftsgärtnerei von den Umsätzen aus der Urproduktion. Denn in den mit dem ermäßigten Steuersatz besteuerten Umsätzen seien auch solche aus Landschaftsgärtnerei enthalten. Nach den bestehenden Verwaltungsanweisungen würden auch diejenigen Umsätze einheitlich als Werklieferung beurteilt, die neben der Überlassung von Pflanzen weitere Leistungen enthielten. Bei der nach ertragsteuerrechtlichen Maßstäben vorzunehmenden Abgrenzung zwischen landwirtschaftlicher und gewerblicher Tätigkeit seien diese Umsätze aber dem gewerblichen Bereich zuzuordnen.

 

Entscheidungsgründe

Die Beschwerde, der das FG nicht abgeholfen hat, ist unbegründet.

1. Den Anträgen der Antragstellerin auf Beiziehung der Akten bezüglich der 1. Betriebsprüfung und auf Einvernahme verschiedener Zeugen kann nicht entsprochen werden.

Zwar können im Beschwerdeverfahren grundsätzlich auch neue Tatsachen und Beweismittel vorgebracht und berücksichtigt werden (vgl. z. B. Tipke / Kruse, Abgabenordnung-Finanzgerichtsordnung, 12. Aufl., § 130 FGO Tz. 7). Das die Aussetzung der Vollziehung betreffende Verfahren - auch das gerichtliche gemäß § 69 Abs. 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO) - ist indessen ein summarisches (vgl. Gräber, Finanzgerichtsordnung, § 69 Anm. 16 und 28). Das heißt, die Prüfung ist nicht eine so eingehende wie im Hauptsacheverfahren über die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsakts. Deshalb sind nicht präsente Beweismittel ausgeschlossen (BFH-Urteil vom 4. Mai 1977 I R 162-163/76, BFHE 123, 3, BStBl II 1977, 765 unter 1.; Gräber, a.a.O.); im Interesse einer Beschleunigung und mit Rücksicht auf die vorläufige Natur der im Verfahren der Aussetzung der Vollziehung zu treffenden Entscheidung tritt der sonst das finanzgerichtliche Verfahren beherrschende Untersuchungsgrundsatz in diesem summarischen Verfahren zurück (BFH-Beschluß vom 22. November 1968 VII B 165/67, BFHE 94, 472 unter 5.). Mithin können der Entscheidung über die Aussetzung der Vollziehung in der Regel nur solche Tatsachen zugrunde gelegt werden, die sich aus dem angefochtenen Verwaltungsakt oder dem glaubhaft gemachten Vortrag der Beteiligten ergeben.

Demnach ist es nicht Aufgabe des Gerichts, etwa aus umfangreichen Akten Feststellungen zu treffen (vgl. Gräber, a.a.O.). Das kann erst recht nicht Aufgabe des Beschwerdegerichts (BFH) sein, wenn das FG sich bereits mit dem Vorbringen des Antragstellers auseinandergesetzt hat und dieser mit der Beschwerde im Ergebnis nur sein früheres Vorbringen wiederholt.

a) Es bedarf danach keines weiteren Eingehens darauf, ob die von der Antragstellerin begehrte Beiziehung der Akten der 1. Betriebsprüfung schon deshalb ausscheiden muß, weil die seinerzeitigen Feststellungen nur die Jahre . . . betreffen und deshalb unmittelbar für das vorliegende Verfahren keine Bedeutung haben können. Es muß im Streitfall auch nicht geklärt werden, ob und gegebenenfalls inwieweit ein Gericht das Recht hat, die Arbeitsbogen des Betriebsprüfers beizuziehen und auszuwerten. Schließlich kann dahingestellt bleiben, ob einem Steuerpflichtigen das Recht auf Einsichtnahme in die Arbeitsbogen des Betriebsprüfers zusteht (ablehenend neuerdings z. B. Dewein, Betriebsprüfung, Gruppe 2, Seite 194). Denn jedenfalls liegen insoweit keine präsenten Beweismittel vor, aufgrund deren eine beschleunigte Entscheidung getroffen werden könnte.

b) Den Ausführungen unter 1. a) entsprechend brauchen auch die angebotenen, nicht präsenten Zeugen nicht gehört zu werden.

2. Soweit sich die Antragstellerin lediglich auf ihr früheres Vorbringen vor dem FG bezieht und darauf verweist, muß sich der Senat damit nicht auseinandersetzen. Zum einen sind diese Darlegungen bereits durch das FG gewürdigt worden; zum anderen ist es gerade in einem summarischen Verfahren - wie vorliegend - nicht erforderlich, alle Erwägungen der Vorinstanz im einzelnen zu überprüfen, wenn der Rechtsmittelführer selbst sich mit den Erwägungen der Vorinstanz nicht auseinandersetzt und demnach nicht zum Ausdruck bringt, daß er seine bisherigen Ausführungen anhand der finanzgerichtlichen Entscheidung überprüft hat und inwiefern die finanzgerichtliche Entscheidung unzutreffend ist.

3. Die Vorentscheidung ist auch insoweit nicht zu beanstanden, als das FG bei summarischer Beurteilung Verfahrensfehler des FA verneinte. Es ist nicht erkennbar und von der Antragstellerin im einzelnen nun auch nicht mehr gerügt worden, daß das FA vor Erlaß der angefochtenen Umsatzsteuerbescheide das rechtliche Gehör der Antragstellerin verletzt habe.

Abgesehen davon zeigen gerade die mehrfachen Herabsetzungen der Umsatzsteuer für die Streitjahre durch das FA, daß es das Vorbringen der Antragstellerin zur Kenntnis genommen und gewüdigt hat.

4. Im Rahmen der gebotenen summarischen Beruteilung sind die Einwendungen der Antragstellerin in der Sache selbst ebenfalls nicht gerechtfertigt.

a) Es entspricht ständiger Rechtsprechung des BFH, daß mehrere Betriebsteile eines Steuerpflichtigen als einheitlicher Betrieb zu beurteilen sind, wenn sie eng miteinander verwoben sind, einander bedingen oder die verschiedenen Tätigkeiten wirtschaftlich zusammengehören, wenn also nach dem Gesamtbild der Verhältnisse die verschiedenen Tätigkeiten nicht gegeneinander abgrenzbar sind, sie folglich ihr Eigenleben verlieren (vgl. Urteile vom 2. Februar 1951 IV 250/50 U, BFHE 55, 171, BStBl III 1951, 65; vom 16. November 1978 IV R 191/74, BFHE 126, 220, BStBl II 1979, 246). In einem solchen Fall ist ein einheitliches Unternehmen gegeben; maßgebend ist dann, welcher Betrieb dem Unternehmen insgesamt das Gepräge gibt (BFH-Urteil vom 16. Dezember 1976 V R 107/73, BFHE 121, 106, BStBl II 1977, 273).

Von diesen Überlegungen geht der BFH auch in dem vom FG bezeichneten Urteil in BFHE 87, 13, BStBl III 1966, 678 aus. Deshalb ist jedenfalls dann ein Gartenbaubetrieb als Gewerbebetrieb zu beurteilen, wenn die Umsätze aus der Landschaftsgärtnerei 50 v. H. der Gesamtumsätze (1. Merkmal) übersteigen und wenn im Umsatz die Vergütung für sonstige Leistungen und für in nicht selbstgezogenen Pflanzen bestehenden Lieferungen (2. Merkmal) überwiegt.

b) Daß die nach 4. a) für die Annahme eines Gewerbebetriebs vorausgesetzten Erfordernisse im Streitfall vorgelegen haben, ist von FA und FG - jedenfalls bei summarischer Beurteilung - zutreffend angenommen worden.

Der Gesamtumsatz der GbR in den Jahren 1976 und 1977 (vgl. Bericht des FA J. vom . . .) ist nicht streitig. Nach diesem Bericht betragen die Umsätze aus der Landschaftsgärtnerei der GbR im Jahre 1976 65 v. H. und im Jahre 1977 62 v. H. dieses Gesamtumsatzes.

Die Antragstellerin trägt dagegen vor, das FA habe in den angefochtenen Umsatzsteuerbescheiden vom 27. März 1985 nur 43,62 v. H. (1976) und 35,69 v. H. (1977) des Gesamtumsatzes dem Regelsteuersatz, den überwiegenden Betrag dagegen dem halben Steuersatz unterworfen; darin komme zum Ausdruck, daß der gewerbliche Umsatzteil jeweils bei weitem nicht überwiege. Diese Folgerung aus den zutreffenden Zahlenangaben ist bei summarischer Beurteilung indessen unzutreffend. Denn in den mit dem ermäßigten Steuersatz besteuerten Umsätzen sind - wie das FG zutreffend ausgeführt hat - Umsätze aus der Landschaftsgärtnerei - also aus dem von Hause aus gewerblichen Betriebsteil - enthalten.

Nach Verwaltungsanweisungen, die im Streitfall - was unstreitig ist - angewendet worden sind, werden auch diejenigen Umsätze einheitlich als Werklieferungen - mit dem ermäßigten Steuersatz - angesehen, die neben der Überlassung der Pflanzen weitere Leistungen wie Aushub der Pflanzlöcher, Vermengung der Pflanzerde mit vorab gewässertem und gedüngtem Torf, Einsetzen der Pflanzen, Anbringung von Befestigungspfählen und Anbinden der Pflanzen, Anbringung von Fegeschutzspiralen, gründliches Wässern nach der Einpflanzung sowie Pflege im ersten Wachstumsjahr enthalten, die jedoch bei der Abgrenzung der Tätigkeit der GbR zu dem gewerblichen Bereich gerechnet werden müssen.

Nach den Ermittlungen der Betriebsprüfung überwogen auch in jedem Jahr des Prüfungszeitraums im Gesamtumsatz die Vergütungen für sonstige Leistungen und für in nicht eigenerzeugten Pflanzen bestehenden Umsätze mit 60 v. H. (1976) und 58 v. H. (1977).

Entgegen der Behauptung der Antragstellerin wurden diese Umsätze aus der Landschaftsgärtnerei nicht im Schätzungsweg, sondern anhand der Ausgangsrechnungen der GbR ermittelt. Zwar konnte die Vergütung für die in nicht selbstgezogenen Pflanzen bestehenden Lieferungen weder aus der Buchführung noch aus sonstigen Aufzeichnungen der GbR entnommen werden. Sie wurden von der Betriebsprüfung deshalb aber ausgehend von den Einkaufspreisen im Kalkulationsweg ermittelt. Die insoweit von der Betriebsprüfung getroffenen Feststellungen wurden, wie der Betriebsprüfer P in seiner Stellungnahme vom 4. Februar 1987 glaubhaft versichert, mit . . . in Gegenwart zweier weiterer Prüfungsbeamter ausführlich besprochen. Es besteht deshalb im summarischen Verfahren der Aussetzung der Vollziehung kein Anlaß, an deren Richtigkeit zu zweifeln. Auch ist der Einwand der Antragstellerin, die Handelswarenanteile seien seinerzeit zu hoch angesetzt worden, zu pauschal und deshalb im vorliegenden Verfahren unbeachtlich.

Soweit die Antragstellerin noch geltend macht, die Ermittlungsergebnisse der Prüfer enthielten nur Sachverhaltsfragmente und pauschale Ergebnisse, kann dem jedenfalls im vorliegenden Verfahren nicht Rechnung getragen werden, zumal völlig eindeutige Zahlenwerte schon aufgrund unvollständiger Aufzeichnungen der GbR nicht feststellbar waren.

c) Der umsatzsteuerrechtlichen Behandlung des Unternehmens der GbR in den Jahren 1976 und 1977 als Gewerbebetrieb stehen auch Gründe des Vertrauensschutzes nicht entgegen. Es braucht in diesem Zusammenhang nicht weiter darauf eingegangen zu werden, ob der Dreijahreszeitraum des Abschn. 134 Abs. 4 Satz 7 EStR 1978 dem Gesetz entspricht und ob er auf die umsatzsteuerrechtliche Beurteilung übertragbar ist. Dem FG ist jedenfalls in der Auffassung zuzustimmen, daß es nach dem Urteil in BFHE 113, 522, BStBl II 1975, 118 (am Ende) nur für die Prüfung der Frage, ob die Tätigkeit auch als nachhaltig angesehen werden kann, auf die Berücksichtigung eines längeren Zeitraums ankommt. Stellt sich bei der Prüfung über diesen längeren Zeitraum heraus, daß die maßgeblichen Grenzen nachhaltig überschritten wurden, kann der Betrieb von Anfang an als gewerblicher behandelt werden. Dies war im Streitfall um so mehr gerechtfertigt, als die Abgrenzungsproblematik auch in der 1. Betriebsprüfung betreffend die Jahre 1971 bis 1975 eingehend erörtert worden war und die GbR folglich gewärtigen mußte, bei Veränderung der Umsatzzahlen als gewerblicher Betrieb eingestuft zu werden.

 

Fundstellen

Haufe-Index 61655

BFH/NV 1988, 198

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