Leitsatz (amtlich)

Hat ein Revisionskläger seine Nichtzulassungsbeschwerde darauf gestützt, daß die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung habe (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO), trifft dies jedoch nicht zu, weil bereits eine einschlägige Entscheidung des BFH vorliegt, so kann die Revision nicht deshalb zugelassen werden, weil das Urteil der Vorinstanz von der Entscheidung des BFH abweicht und auf dieser Abweichung beruht (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO), wenn in der Beschwerdeschrift die Entscheidung des BFH nicht bezeichnet wird (§ 115 Abs. 3 Satz 3 FGO).

 

Normenkette

FGO § 115 Abs. 2 Nrn. 1-2, Abs. 3 S. 3

 

Tatbestand

Der Kläger und Revisionskläger (Steuerpflichtiger), Inhaber mehrerer Speditionsfirmen, vereinbarte am ... mit der in A ansässigen Firma X die Gründung einer GmbH mit dem Sitz in B, die das Unternehmen des Steuerpflichtigen mit allen Aktiven und Passiven zum Preise von 900 000 DM übernehmen sollte. Entsprechend dieser Vereinbarung errichteten die Partner durch notariellen Vertrag vom ... die GmbH, an die der Steuerpflichtige 100 000 DM und die Firma X 800 000 DM als bare Stammeinlage zu leisten hatten. Durch notariellen Kaufvertrag vom ... verkaufte der Steuerpflichtige sein gesamtes Unternehmen an die neu gegründete GmbH. Den Verkaufserlös für die veräußerten Besitzposten (ohne Grundstücke) von 908 805,35 DM unterwarf das FA der Umsatzsteuer mit 1 v. H. (§ 85 UStDB 1951). Demgegenüber verlangte der Steuerpflichtige, daß die insgesamt auf 77 399,55 DM (vorläufig) festgesetzte Umsatzsteuer um (1 v. H. von 100 000 DM =) 1 000 DM ermäßigt werde, weil er insoweit Wirtschaftsgüter nicht an die GmbH verkauft, sondern gegen Gewährung von Gesellchaftsrechten in sie eingebracht habe und daher die Steuerbefreiungsvorschrift des § 4 Nr. 9 UStG 1951 anzuwenden sei.

Einspruch und Klage des Steuerpflichtigen blieben erfolglos. Das FG stimmte der Auffassung des FA zu, daß § 4 Nr. 9 UStG 1951 im Streitfalle keine Anwendung finden könne, weil hinsichtlich der GmbH nicht eine "verschleierte Sachgründung" anzunehmen sei, sondern eine Bargründung, an die sich der Verkauf des Unternehmens des Steuerpflichtigen als wirtschaftlich und rechtlich selbständiger Vorgang angeschlossen habe.

Weder übersteigt der Wert des Streitgegenstandes die 1 000 DM-Grenze, noch hat das FG die Revision zugelassen (§ 115 Abs. 1 FGO). Der Steuerpflichtige hat gegen die Nichtzulassung Beschwerde eingelegt, der das FG nicht abgeholfen hat. Der Steuerpflichtige stützt die Nichtzulassungsbeschwerde auf § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO (grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache - sogenannte Grundsatzrevision -). Zur Begründung führt er aus, der BFH habe die hier streitige Rechtsfrage, ob eine verschleierte Sachgründung steuerlich anzuerkennen sei, noch nicht entschieden. Die grundsätzliche Bedeutung des Falles ergebe sich schon daraus, daß das FG Düsseldorf im Urteil VI 13/64 vom 20. September 1966 (EFG 1967, 189) bei gleichem Sachverhalt in der Streitfrage eine andere Entscheidung getroffen habe als die Vorinstanz.

 

Entscheidungsgründe

Aus den Gründen:

Die Nichtzulassungsbeschwerde hat keinen Erfolg.

Es trifft nicht zu, daß die Streitfrage bisher vom BFH noch nicht entschieden worden wäre. Der BFH hat vielmehr im Urteil II 35/50 U vom 5. Dezember 1950 (Sammlung der Entscheidungen des Bundesfinanzhofs Bd. 55 S. 89 - BFH 55, 89 -, BStBl II 1951, 35) klargestellt, daß eine formelle Bargründung als eine (verschleierte) Sachgründung anerkannt werden kann, wenn Gründungsvertrag (Errichtungsvertrag) und Veräußerungsvertrag (Übernahmevertrag) nur wenige Tage auseinanderliegen und in einem engen wirtschaftlichen Zusammenhang miteinander stehen. Auch im Schrifttum werden unter diesen Voraussetzungen die Bargründung einer Kapitalgesellschaft und die Übertragung der Vermögenswerte auf sie als einheitlicher Vorgang (verschleierte Sachgründung) beurteilt (vgl. Boruttau-Schadeck, Kapitalverkehrsteuer, 2. Auflage, S. 134; Egly, Gesellschaftsteuer, Kommentar, S. 125). Es kann daher nicht angenommen werden, daß eine höchstrichterliche Entscheidung des vorliegenden Falles im Interesse nicht nur der unmittelbar Beteiligten, sondern auch der Allgemeinheit liegt.

Eine andere Frage ist, ob die Vorentscheidung von dem genannten Urteil des BFH abweicht und auf dieser Abweichung beruht (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO - sogenannte Divergenzrevision -). Der Senat ist jedoch nicht in der Lage, hierüber zu befinden, weil die Beschwerde auf Nr. 2 des § 115 Abs. 2 FGO nicht gestützt ist. In § 115 Abs. 3 Satz 3 FGO ist zwingend vorgeschrieben, daß in der Beschwerdeschrift die Entscheidung des BFH, von der das Urteil des FG abweicht, bezeichnet wird. Hieran fehlt es im Streitfalle. Der zwecks Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung des Falles gegebene Hinweis auf das Urteil des FG Düsseldorf VI 13/64 vom 20. September 1966 (a. a. O.), in dem das Urteil des BFH II 35/50 U vom 5. Dezember 1950 (a. a. O.) zitiert ist, kann die Bezeichnung dieses Urteils in der Beschwerdeschrift nicht ersetzen.

Die Nichtzulassungsbeschwerde war daher gemäß § 115 Abs. 5 Satz 1 FGO durch Beschluß als unbegründet zurückzuweisen. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 2, die Bestimmung des Streitwerts auf § 140 Abs. 3 FGO.

 

Fundstellen

Haufe-Index 69199

BStBl II 1971, 246

BFHE 1971, 44

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