Entscheidungsstichwort (Thema)

Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Urlaubs und plötzlich eintretender Arbeitsüberlastung

 

Leitsatz (NV)

Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen möglicher Verhinderung durch Urlaub und plötzlich eintretender Arbeitsüberlastung ist nicht zu gewähren, wenn der Prozessbevollmächtigte ausreichend Zeit hatte, die Verlängerung der Begründungsfrist rechtzeitig zu beantragen.

 

Normenkette

FGO §§ 56, 116 Abs. 3 Sätze 1, 4

 

Tatbestand

Zwischen den Beteiligten war vor dem Finanzgericht (FG) streitig, ob die Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin), eine GbR, von ihr bezogene Vermarktungsbeihilfen periodengerecht erfasst hatte.

Die Klage hatte keinen Erfolg. Das Urteil wurde den Prozessbevollmächtigten der Klägerin lt. Empfangsbekenntnis am 17. Dezember 2001 zugestellt. Die Revision hatte das FG nicht zugelassen.

Mit am 15. Januar 2002 beim Bundesfinanzhof (BFH) eingegangenem Schriftsatz legten die Prozessbevollmächtigten der Klägerin für diese Nichtzulassungsbeschwerde ein. Nach dem Hinweis des Vorsitzenden des beschließenden Senats, die für die Begründung des Rechtsmittels vorgeschriebene Frist sei am 18. Februar 2002 verstrichen, ohne dass eine Begründung eingereicht worden sei, beantragte die Klägerin mit Schriftsatz vom 6. März 2002 die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand und begründete die Nichtzulassungsbeschwerde.

Der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt ―FA―) regt an, dem Wiedereinsetzungsantrag nicht zu entsprechen.

 

Entscheidungsgründe

Die Nichtzulassungsbeschwerde ist unzulässig.

Nach § 116 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) i.d.F. des Zweiten Gesetzes zur Änderung der Finanzgerichtsordnung und anderer Gesetze (2.FGOÄndG) kann die Nichtzulassung der Revision durch Beschwerde angefochten werden. Die Beschwerde ist innerhalb von zwei Monaten nach der Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen (§ 116 Abs. 3 Satz 1 FGO).

Das Urteil wurde den Prozessbevollmächtigten der Klägerin am 17. Dezember 2001 zugestellt. Die Begründungsfrist lief danach am 18. Februar 2002 ab (§ 54 Abs. 2 FGO, § 222 Abs. 1 der Zivilprozessordnung ―ZPO― i.V.m. § 187 Abs. 1 und § 188 Abs. 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs ―BGB―), ohne dass die Klägerin die Nichtzulassungsbeschwerde begründet hatte. Die an sich nach § 116 Abs. 3 Satz 4 FGO mögliche Verlängerung der Begründungsfrist um einem Monat hat die Klägerin nicht beantragt.

Die mit Schreiben vom 6. März 2002 beantragte Wiedereinsetzung in den vorigen Stand (§ 56 FGO) hinsichtlich der versäumten Begründungsfrist ist nicht zu gewähren. In dem Schreiben führt der Prozessbevollmächtigte P zur Begründung aus, er habe am 10. Januar 2002 vorsorglich die Nichtzulassungsbeschwerde eingelegt, sei dann erst am 28. Januar 2002 aus dem am 12. Januar 2002 angetretenen und schon lange vorher gebuchten Urlaub zurückgekehrt und habe das weitere Vorgehen nicht ―wie notwendig― mit beiden Gesellschaftern der Klägerin besprechen können. Der Gesellschafter X komme von seinem Wohnort Tenerife/Spanien nur sporadisch nach Deutschland. Erst am 8. Februar 2002 sei es möglich gewesen, die Fortführung des Beschwerdeverfahrens zu beschließen. Seit dem 11. Februar 2002 sei er, P, schließlich durch Arbeiten für seinen größten, durch eine Insolvenz bedrohten Mandanten an der Erstellung der schwierigen Beschwerdebegründung gehindert gewesen. Nur das notwendige Tagesgeschäft habe erledigt werden können.

Es kann dahingestellt bleiben, ob die angegebenen Gründe für sich genommen eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand rechtfertigen könnten (vgl. Gräber/Koch, Finanzgerichtsordnung, 5. Aufl., § 56 Rz. 20 Stichwort "Fehler des Beteiligten"). Eine Wiedereinsetzung kommt hier schon deshalb nicht in Betracht, weil P noch vor Ablauf der Begründungsfrist am 18. Februar 2002 gemäß § 116 Abs. 3 Satz 4 FGO die Verlängerung der Begründungsfrist um einen Monat hätte beantragen können (vgl. Beschluss des Bundesfinanzhofs vom 21. Februar 2002 VI B 258/01, juris, m.w.N.). Hieran war er auch nicht dadurch gehindert, dass er einen überraschenden Insolvenzfall zu bearbeiten hatte. Wie er selbst einräumt, war es nämlich gleichwohl möglich, die laufenden Angelegenheiten zu bearbeiten.

Die Klägerin muss sich dieses Verschulden ihres Prozessbevollmächtigten gemäß § 155 FGO i.V.m. § 85 Abs. 2 ZPO anrechnen lassen.

 

Fundstellen

Haufe-Index 985347

BFH/NV 2003, 1438

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