Entscheidungsstichwort (Thema)

Zur Wiedereinsetzung bei unzutreffendem Briefbogen

 

Leitsatz (NV)

1. Die Einlegung der Beschwerde auf dem Briefbogen einer Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberatungsgesellschaft entspricht nicht den Anforderungen des Art. 1 Nr. 1 Satz 1 BFHEntlG.

2. Wiedereinsetzung kann nicht gewährt werden, wenn der Prozeßbevollmächtigte bei der Unterzeichnung der Rechtsmittelschrift nicht bemerkt, daß die Sekretärin einen unzutreffenden Briefbogen verwendet hat.

 

Normenkette

BFHEntlG Art. 1 Nr. 1 S. 1; FGO § 56

 

Tatbestand

Die Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) legte durch Schriftsatz vom 7. Februar 1997 ihrer Prozeßbevollmächtigten erster Instanz, einer Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberatungsgesellschaft mbH, Nichtzulassungsbeschwerde ein. Die Nichtzulassungsbeschwerde trägt den Briefkopf der Gesellschaft, ist in der Wir-Form gehalten und schließt mit der Firmenbezeichnung und einer Unterschrift ab.

Auf den Hinweis der Geschäftsstelle des Senats, daß vor dem Bundesfinanzhof (BFH) nur natürliche Personen postulationsfähig sind, hat der jetzige Bevollmächtigte erneut Nichtzulassungsbeschwerde eingelegt und einen Antrag auf Wiedereinsetzung gestellt. Eine auf ihn persönlich ausgestellte Vollmacht vom 24. März 1997 wurde nachgereicht. Der Wiedereinsetzungsantrag wurde mit einem Versehen der Sekretärin begründet.

 

Entscheidungsgründe

Die Nichtzulassungsbeschwerde ist unzulässig.

Vor dem BFH muß sich jeder Beteiligte durch einen Rechtsanwalt, Steuerberater oder Wirtschaftsprüfer als Bevollmächtigten vertreten lassen (Art. 1 Nr. 1 Satz 1 des Gesetzes zur Entlastung des Bundesfinanzhofs -- BFHEntlG --). Das gilt auch für die Einlegung einer Nichtzulassungsbeschwerde (Art. 1 Nr. 1 Satz 2 BFHEntlG).

Die Klägerin hat sich bei Einlegung der Nichtzulassungsbeschwerde von ihrer bisherigen Prozeßbevollmächtigten, der oben genannten Gesellschaft, vertreten lassen. Eine Vertretung durch eine Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberatungsgesellschaft ist jedoch nicht zulässig (vgl. u. a. BFH-Beschlüsse vom 12. November 1976 III R 14-- 15/76, BFHE 120, 335, BStBl II 1977, 121; vom 23. November 1978 V B 21/77, BFHE 126, 270, BStBl II 1979, 99, und vom 2. August 1979 V R 58/76, BFHE 128, 342, BStBl II 1979, 699). Im Streitfall läßt die zunächst eingegangene Beschwerdeschrift nur die Deutung zu, daß die GmbH als Prozeßbevollmächtigte der Klägerin auftritt; dafür sprechen die Verwendung des Briefkopfes, die Wir-Form und die Art der Unterschrift.

Demnach beinhaltet erst die vom Prozeßbevollmächtigten in eigener Person für die Klägerin eingereichte Nichtzulassungsbeschwerde eine wirksame Prozeßerklärung; sie ist jedoch erst nach Ablauf der Beschwerdefrist (§ 115 Abs. 3 der Finanzgerichtsordnung -- FGO --) eingelegt worden.

Dem Antrag der Klägerin auf Wiederein setzung in den vorigen Stand kann nicht stattgegeben werden, weil ihren Prozeß bevollmächtigten ein Verschulden an der Fristversäumung trifft (§ 56 Abs. 1 FGO); dieses Verschulden muß sich die Klägerin zurechnen lassen (§ 155 FGO, § 85 Abs. 2 der Zivilprozeßordnung). Die Klägerin kann sich nicht darauf berufen, daß die Sekretärin ihres Bevollmächtigten irrtümlich einen unzutreffenden Briefbogen verwendet habe.

Nach ständiger Rechtsprechung muß der Prozeßbevollmächtigte, der eine Rechtsmittelschrift unterzeichnet, sie auf Richtigkeit und Vollständigkeit, insbesondere auf Einhaltung der Formalien überprüfen (Senatsbeschluß vom 7. Juni 1991 IV R 32/91, BFH/NV 1991, 761; Beschlüsse des Bundesgerichtshofs vom 16. Januar 1974 IV ZB 47/73, Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung -- HFR -- 1974, 311; vom 8. Juli 1981 IV b ZB 625/81, HFR 1982, 429, und des Bundesarbeitsgerichts vom 15. Februar 1973 5 AZR 554/72, HFR 1973, 349; Gräber/Koch, Finanzgerichtsordnung, 3. Aufl., § 56 Anm. 30). Hieran hat es der Prozeßbevollmächtigte im Streitfall fehlen lassen, da ihm sonst die Verwendung des unrichtigen Briefbogens nicht hätte verborgen bleiben können.

 

Fundstellen

Haufe-Index 422330

BFH/NV 1997, 889

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