Entscheidungsstichwort (Thema)

Einschaltung eines Nießbrauchers in die Wohnungsvermietung

 

Leitsatz (NV)

Eine den Vorsteuerabzug ausschließende Verwendung von Bauleistungen ist vorhanden, wenn der Eigentümer die Wohnungen in seinem mit öffentlichen Mitteln für den Wohnungsbau errichteten Gebäude mit Hilfe eines von ihm in die Wohnungsvermietung eingeschalteten Nießbrauchers vermietet.

 

Normenkette

FGO § 69 Abs. 2-3; UStG 1980 § 4 Nr. 12 Buchst. a, § 15 Abs. 2 Nr. 1, Abs. 4

 

Tatbestand

Der Antragsteller und Beschwerdeführer (Antragsteller) errrichtete 1981 bis 1984 mit öffentlichen Mitteln an verschiedenen Orten Gebäude mit insgesamt ... Wohneinheiten, Garagen und Ladenflächen. Er machte Vorsteuerbeträge aus der Errichtung der Gebäude von über ... DM, davon im Streitjahr 1981 in Höhe von ... DM, geltend. Er bestellte seiner bis dahin als Verwalterin im Angestelltenverhältnis tätigen Schwester im September 1981 und wiederum im August 1983 dingliche Nießbrauchsrechte an den Grundstücken. Die Nießbraucherin war 1981 ... Jahre alt, erlitt im Dezember 1981 einen Schlaganfall, der ihre vollständige Erwerbsunfähigkeit verursachte und der es ihr nicht mehr ermöglichte, die Verwaltungsarbeiten selbst auszuführen. Sie stellte zur Erledigung der Hausverwalteraufgaben mehrere Angestellte des Antragstellers ein. Im Jahr 1987 verstarb sie.

Der Antragsgegner und Beschwerdegegner (das Finanzamt -- FA --) erkannte die Nießbrauchseinräumung nach einer Außenprüfung wegen Gestaltungsmißbrauchs (§ 42 der Abgabenordnung -- AO 1977 --) in den Umsatzsteuerfestsetzungen für 1981 bis 1984 nicht mehr an und berücksichtigte die Vorsteuerbeträge aus Rechnungen für den Wohnungsbau nicht mehr. Im Einspruchsverfahren ließ das FA die auf die Errichtung von Ladengeschäften entfallenden Vorsteuerbeträge von ... DM zum Abzug zu und wies die Einsprüche im übrigen zurück. Über die gegen die Umsatzsteuerbescheide für 1981 bis 1984 erhobene Klage hat das Finanzgericht (FG) noch nicht entschieden.

Den Antrag auf Aussetzung der Vollziehung des Umsatzsteueränderungsbescheids 1981 vom 9. Januar 1991 in der Form der Einspruchsentscheidung vom 30. September 1991 in Höhe von ... DM bis zur Entscheidung in dem Klageverfahren (Az. ... ) wies das FG ab. Zur Begründung nahm es auf das Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 18. Januar 1995 V R 55/93 (BFH/NV 1996, 442) Bezug, mit dem u. a. die Verpflichtungsklage des Antragstellers auf Aussetzung der Vollziehung des Umsatzsteuerbescheids 1984 abgewiesen worden war.

In der Begründung seiner Beschwerde gegen die Vorentscheidung führt der Antragsteller u. a. aus, die Rechtsprechung zur Zwischenvermietung von mit öffentlichen Mitteln errichteten Wohnungen könne auf die Nießbrauchsbestellung nicht anwendbar sein, weil der Eigentümer die Wohnung nicht an den Nießbraucher vermiete, sondern ihm nur ein Nutzungsrecht einräume. Die als Nießbraucher eingeschaltete Mittelsperson gebe deshalb die bezogene Leistung nicht in identischer Form weiter.

Der Antragsteller begehrt, unter Aufhebung der Vorentscheidung die Vollziehung des Umsatzsteuerbescheids 1981 in Höhe von ... DM aufzuheben.

Das FA ist der Beschwerde entgegengetreten.

 

Entscheidungsgründe

Die Beschwerde ist unbegründet.

1. Aussetzung und Aufhebung der Vollziehung (§ 69 Abs. 3 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung -- FGO --) sollen gewährt werden, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Betroffenen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte (§ 69 Abs. 3 Sätze 1, 3 i. V. m. § 69 Abs. 2 Satz 2 FGO). Ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsakts sind zu bejahen, wenn bei summarischer Prüfung dieses Bescheids anhand des aktenkundigen Sachverhalts neben den für die Rechtmäßigkeit sprechenden Umständen gewichtige, gegen die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsakts sprechende Gründe zutage treten, die Unsicherheit in der Beurteilung der Rechtsfragen oder Unklarheit in der Beurteilung der Tatfragen bewirken (BFH-Beschluß vom 12. November 1992 XI B 69/92, BFHE 170, 106, BStBl II 1993, 263, m. w. N.). Wenn bereits eine gerichtliche Entscheidung über die Rechtmäßigkeit der zwischen den Beteiligten umstrittenen Steuerfestsetzung für einen vorangegangenen oder einen folgenden Besteuerungszeitraum mit einem dem anhängigen Verfahren gleichen Sach- und Streitstand vorliegt, sind ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsakts nur gegeben, wenn der Antragsteller bisher unberücksichtigte Tatsachen oder neue erhebliche Rechtsfragen darlegt. Diese Voraussetzungen erfüllt der Antragsteller nicht.

2. Bei der summarischen Prüfung, ob Zweifel an der Rechtmäßigkeit der angefochtenen Steuerfestsetzung für 1981 begründet sind, ergibt sich, daß der Kläger seine Schwester nur als Geschäftsbesorgerin in die steuerfreie Vermietung der mit öffentlichen Mitteln geförderten Wohnungen eingeschaltet hat, so daß der umstrittene Abzug der Vorsteuerbeträge gemäß § 15 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 des Umsatzsteuergesetzes (UStG) 1980 ausgeschlossen ist.

Es entspricht ständiger Rechtsprechung des BFH, die Abziehbarkeit von Vorsteuerbeträgen aus Rechnungen über die Herstellung von mit öffentlichen Mitteln geförderten Wohnungen bei dem Eigentümer, der in den Wohnungsvermietungsvorgang eine Mittelsperson einschaltet, danach zu beurteilen, ob die im eigenen Namen auftretende Mittelsperson steuerpflichtige oder (zum Ausschluß vom Vorsteuerabzug führende) steuerfreie Umsätze bewirkt. Wenn der Eigentümer die Wohnungen unter Inanspruchnahme von Aufwendungsbeihilfen i. S. von § 88 des Zweiten Wohnungsbaugesetzes (II. WoBauG) errichtet, ist wegen der ihn treffenden persönlichen Verpflichtung, die Wohnungen an wohnberechtigte Personen zur Kostenmiete zu überlassen, die Einschaltung einer selbständigen Mittelsperson umsatzsteuerrechtlich als Geschäftsbesorgungsverhältnis zu beurteilen, das den Ausschluß vom Vorsteuerabzug zur Folge hat (ständige Rechtsprechung, vgl. z. B. BFH-Urteile vom 13. April 1988 X R 45/81, BFH/NV 1988, 670; vom 11. Dezember 1986 V R 167/81, BFHE 148, 551, BStBl II 1987, 313, m. w. N.).

Nach den Entscheidungen des Senats zwischen den Beteiligten dieses Verfahrens (Urteil vom 18. Januar 1995 V R 55/93; Beschluß vom 18. Mai 1995 V E 1/95, BFH/NV 1996, 191) ist maßgebend, daß der Antragsteller die abzugsschädliche Verwendung der von ihm bezogenen Bauleistungen durch steuerfreie Wohnungsvermietungsumsätze bewirkt hat (§ 15 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 i. V. m. § 4 Nr. 12 UStG 1980). Er hatte sich durch die Inanspruchnahme öffentlicher Mittel für den Wohnungsbau verpflichtet, die mit diesen Mitteln beanspruchten Bauleistungen durch Wohnungsvermietung zu verwenden. Diese Verpflichtung erfüllte er dadurch, daß seine von ihm als Nießbraucherin eingeschaltete Schwester die Wohnungsvermietung unter den gleichen Bindungen im eigenen Namen besorgte. Weil sie dies dem Antragsteller vertraglich schuldete, besorgte sie dadurch die von ihm geforderte Verwendung der Bauleistungen. Die bei der Beurteilung des Vorsteuerabzugs maßgebende wirtschaftliche Zuordnung (vgl. § 15 Abs. 4 Satz 1 UStG 1980) rechtfertigt es nach der bezeichneten Rechtsprechung des Senats, die Verwendung der Leistungsbezüge durch den öffentlich-rechtlich gebundenen Eigentümer nach den von seinem Geschäftsbesorger ausgeführten Umsätzen zu beurteilen. Daß die Besorgung im Streitfall dinglich durch Nießbrauchsbestellung mit eigener Verfügungsbefugnis ausgestaltet war, ist für die Beurteilung unerheblich.

 

Fundstellen

Haufe-Index 421395

BFH/NV 1996, 717

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