Entscheidungsstichwort (Thema)

Erfolglosigkeit einer auf grundsätzliche Bedeutung und Verfahrensmängel gestützten NZB; Barbetrieb mit Prostitution

 

Leitsatz (NV)

Wird grundsätzliche Bedeutung mit einer Abweichung von einer Entscheidung eines der anderen obersten Gerichtshöfe des Bundes begründet, sind an die Darlegung des Zulassungsgrundes der grundsätzlichen Bedeutung sinngemäß dieselben Anforderungen zu stellen wie an die Bezeichnung einer Divergenz i. S. von § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO.

 

Normenkette

FGO § 115 Abs. 2, 3 S. 3

 

Tatbestand

Der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) betrieb im Streitjahr 1990 einen "Barbetrieb", in dem in der Regel ... bis ... Bardamen tätig waren. Ihre Aufgabe war es, die Gäste zum Verzehr von Getränken zu animieren und ihnen ihre Leistungen als Prostituierte anzubieten. Bevor sich Bardame und Gast auf ein Zimmer zurückzogen, erwarb dieser eine Flasche Sekt zu einem Preis, der nach den Feststellungen des Finanzgerichts (FG) ungefähr ... bis ... DM betrug und von dem die Bardame einen Teil als Entgelt für ihre Dienste erhielt.

Der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt -- FA --) erfaßte bei der Veranlagung des Klägers zur Umsatzsteuer die gesamten von den Gästen bezahlten Entgelte, ohne sie um den den Bardamen zustehenden Anteil zu kürzen.

Einspruch und Klage gegen den Umsatzsteuerbescheid hatten keinen Erfolg. Das FG begründete seine Entscheidung damit, daß der Kläger die von den Gästen in Anspruch genommenen Leistungen mit Hilfe seiner Bardamen erbracht habe.

Wegen der Nichtzulassung der Revision hat der Kläger Beschwerde eingelegt. Er rügt in erster Linie mangelnde Sachaufklärung infolge Nichtvernehmung einer von ihm benannten Zeugin; außerdem macht er grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache im Hinblick auf abweichende Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH) geltend.

 

Entscheidungsgründe

Die Beschwerde hat keinen Erfolg.

1. Nach § 115 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) ist die Revision zuzulassen, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO) oder wenn die angefochtene Entscheidung bei einem geltend gemachten Verfahrensmangel auf diesem Verfahrensmangel beruhen kann (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO).

In der Beschwerdeschrift muß die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache dargelegt oder der Verfahrensmangel bezeichnet werden (§ 115 Abs. 3 Satz 3 FGO).

2. Eine Rechtssache hat grundsätzliche Bedeutung i. S. des § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO, wenn die für die Beurteilung des Streitfalls maßgebliche Rechtsfrage das Interesse der Allgemeinheit an einer einheitlichen Entwicklung und Handhabung des Rechts berührt. Wird die grundsätzliche Bedeutung mit einer Abweichung von einer Entscheidung eines anderen obersten Bundesgerichts begründet, sind an die Darstellung der Abweichung sinngemäß dieselben Anforderungen zu stellen wie an die schlüssige Darstellung der Divergenz zu einer Entscheidung des Bundesfinanzhofs (BFH) i. S. des § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO. Es muß ein tragender Rechtssatz aus der angefochtenen Entscheidung des FG herausgestellt werden, der zu einem tragenden Rechtssatz in der Entscheidung des anderen obersten Bundesgerichts in Widerspruch steht (BFH- Beschluß vom 1. August 1990 II B 36/90, BFHE 161, 418, BStBl II 1990, 987).

Diesen Anforderungen an die Begründung der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache genügt die Beschwerdeschrift nicht. Der Kläger hat zwar dargelegt, daß der BGH in vergleichbaren Fällen zu einem anderen Ergebnis als das FG gelangt sei; er hat aber nicht in ausreichendem Maße dargelegt, daß dem sich widersprechende abstrakte Rechtssätze zugrunde liegen. Im übrigen entfällt die vom Kläger geltend gemachte Divergenz auch insofern, als der BGH seine Ansicht, daß ein Dienstverhältnis der in Frage stehenden Art (zwischen Barinhaber und Bardame) unsittlich und damit nichtig sei und deshalb keine nichtselbständige Arbeit i. S. der §§ 2, 19 des Einkommensteuergesetzes zum Gegenstand habe (BGH-Entscheidungen vom 18. Juli 1980 2 StR 348/80, Neue Juristische Wochenschrift -- NJW -- 1980, 2591, und vom 20. Mai 1981 2 StR 784/80, NJW 1981, 2071), mittlerweile aufgegeben hat (BGH- Urteile vom 1. August 1984 2 StR 220/84, NJW 1985, 208, und vom 2. November 1995 5 StR 414/95, Zeitschrift für Wirtschaft Steuer Strafrecht 1996, 106).

3. Verfahrensmängel i. S. des § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO sind Verstöße des FG gegen Vorschriften des Gerichtsverfahrensrechts. Bei der Prüfung eines Verfahrensmangels ist von der sachlich-rechtlichen Auffassung der Vorinstanz auszugehen (BFH-Urteil vom 7. Juli 1976 I R 218/74, BFHE 119, 274, BStBl II 1976, 621). Wird als Verfahrensmangel unzureichende Sachaufklärung (Verstoß gegen § 76 FGO) wegen Nichterhebung angebotener Beweise geltend gemacht, so sind die ermittlungsbedürftigen Tatsachen, das angebotene Beweisthema und das voraussichtliche Ergebnis der Beweisaufnahme anzugeben; außerdem ist darzulegen, inwiefern das Urteil des FG aufgrund dessen sachlich-rechtlicher Auffassung auf der unterbliebenen Beweisaufnahme beruhen kann (vgl. BFH-Beschluß vom 27. Dezember 1993 V B 82/92, BFH/NV 1995, 398, m. w. N.).

Es mag zwar sein, daß die Vernehmung der Zeugin X weitere Aufschlüsse über die genaue Höhe des Preises der Sektflaschen und den genauen Zahlungsweg ergeben hätte; aus der Beschwerdeschrift ergibt sich aber nicht, warum das FG -- auf der Grundlage der von ihm angewandten Rechtssätze und eines in Einzelheiten möglicherweise modifizierten Sachverhalts -- zum Ergebnis hätte kommen können, daß der Gast die mit dem Preis der Sektflasche abgegoltenen Dienstleistungen umsatzsteuerrechtlich nicht (nur) vom Kläger, sondern (auch) von den Bardamen bezog.

4. Von einer weiteren Begründung seiner Entscheidung sieht der Senat gemäß Art. 1 Nr. 6 des Gesetzes zur Entlastung des Bundesfinanzhofs ab.

 

Fundstellen

Haufe-Index 422054

BFH/NV 1997, 766

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