Entscheidungsstichwort (Thema)

Fehlende Darlegung von Zulassungsvoraussetzungen

 

Leitsatz (NV)

Eine Nichtzulassungsbeschwerde ist unzulässig, wenn nach der Beschwerdebegründung die geltend gemachte Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Revisionsverfahren nicht entscheidungserheblich und damit nicht klärbar wäre.

Das ist der Fall, wenn zwar Abweichung des FG-Urteils von der EuGH-Rechtsprechung (Urteil vom 15. Januar 1998 Rs. C-37/95, Ghent Coal Terminal NV) geltend gemacht wird, aber aus der Beschwerdebegründung folgt, daß zur maßgeblichen Frage des Vorsteuerabzugs aufgrund angeblich beabsichtigter steuerpflichtiger Verwendung des Gegenstands vor dem FG nichts vorgetragen wurde.

 

Normenkette

UStG 1980 § 15; FGO § 115 Abs. 3 S. 3; UStG 1980 § 4 Nr. 9 Buchst. a

 

Verfahrensgang

FG des Landes Sachsen-Anhalt

 

Tatbestand

I. Die Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) -- eine GmbH -- betrieb ausweislich einer Gewerbeanmeldung vom 23. März 1993 seit dem 1. Juni 1991 den An- und Verkauf von Grundstücken auf eigene Rechnung sowie Hausverwaltung. Zusätzlich meldete sie Bauträgertätigkeit und Durchführung eigener Bauvorhaben sowie Vermittlung von Finanzierungen und Versicherungen als gewerbliche Tätigkeit an. Für den Voranmeldungszeitraum Mai 1992 meldete die Klägerin steuerfreie Umsätze in Höhe von 1 000 000 DM und für Dezember 1992 weitere steuerfreie Umsätze in Höhe von 230 000 DM sowie Vorsteuerbeträge in Höhe von 14 787,50 DM an.

Mangels Abgabe einer Umsatzsteuer-Jahreserklärung für 1992 schätzte der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt -- FA --) die Besteuerungsgrundlagen mit steuerfreien Umsätzen in Höhe von 1 230 000 DM (ohne abziehbare Vorsteuerbeträge). Die Umsatzsteuer für 1992 wurde mit Bescheid vom 27. Juni 1994 mit 0 DM festgesetzt. Der Einspruch, den die Klägerin trotz Aufforderung nicht begründet hatte, blieb erfolglos.

Nach Klageerhebung reichte die Klägerin zur Klagebegründung die Umsatzsteuer- Jahreserklärung 1992 beim Finanzgericht (FG) ein. Darin waren nach §4 Nr. 9 Buchst. a des Umsatzsteuergesetzes 1991 (UStG) steuerfreie Umsätze in Höhe von 1 230 000 DM und abziehbare Vorsteuerbeträge in Höhe von 14 787,50 DM angegeben. Ergänzend führte die Klägerin aus, sie habe für den Weiterverkauf bestimmte mobile Büroraumzellen in der Bilanz zum 31. Dezember 1992 fälschlich mit dem Bruttobetrag von 120 412,50 DM ausgewiesen. Der Bilanzposten "mobile Büroraumzellen" betrage ausgehend von Anschaffungskosten in Höhe von 111 625 DM (Kaufpreis zuzüglich 6 000 DM Transportkosten) abzüglich 10 v.H. Absetzung für Abnutzung (5 581 DM) und abzüglich 50 000 DM Sonderabschreibung 56 044 DM.

Trotz Aufforderung des Berichterstatters gab die Klägerin keine Beschreibung ihrer unternehmerischen Tätigkeit; sie legte auch nicht dar, zu welchem Zweck sie die Büroraumzellen angeschafft hatte. Sie stellte keinen Antrag und war in der mündlichen Verhandlung vor dem FG weder anwesend noch vertreten.

Das FG wies die Klage -- als unbegründet -- ab. Es führte insbesondere aus, eine Absicht zu steuerpflichtiger Verwendung habe nicht festgestellt werden können. Gegen die behauptete Absicht des Weiterverkaufs spreche schon, daß die Klägerin die Container als Anlagevermögen bilanziert und Sonderabschreibungen in Anspruch genommen habe. Im übrigen sei sie -- trotz Aufforderung -- ihrer Mitwirkungspflicht nicht nachgekommen und habe auf Sachaufklärungsversuche nicht reagiert.

Mit der Beschwerde beantragt die Klägerin Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung. Dazu trägt sie vor: Nach einer Entscheidung des Gerichtshofes der Europäischen Gemeinschaften (EuGH) vom 15. Januar 1998 Rs. C-37/95 (Ghent Coal Terminal NV, Deutsches Steuerrecht -- Entscheidungsdienst 1998, 528) bleibe dem Steuerpflichtigen das Recht auf Vorsteuerabzug für die im Hinblick auf steuerpflichtige Umsätze erworbenen Gegenstände und Dienstleistungen auch dann erhalten, wenn diese aufgrund von Änderungen im Unternehmen, die vom Willen des Steuerpflichtigen unabhängig seien, nicht zum vorgesehenen Zweck hätten verwendet werden können.

Die Bürocontainer seien angeschafft worden, um sie bei einem von ihr zu betreuenden Bauvorhaben z.B. als Verkaufsbüros, Planungsbüros o.ä. an die am Bauvorhaben beteiligten Unternehmen zu vermieten. Sie, die Klägerin, hätte bei Option steuerpflichtige Umsätze ausgeführt. Dies habe sie beabsichtigt. Aufgrund von Umständen außerhalb ihres Einflußbereichs sei das Bauvorhaben nicht durchgeführt worden. Sie habe die Container auch nicht an Dritte (wie beabsichtigt) vermieten können. Vermietungsumsätze seien bisher damit nicht ausgeführt worden. Nach dem EuGH-Urteil hätte ihr der Vorsteuerabzug gewährt werden müssen.

Da das FG in einer entscheidungserheblichen Rechtsfrage von einer Entscheidung des EuGH abgewichen sei, habe die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung i.S. des §115 Abs. 2 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO).

 

Entscheidungsgründe

II. Die Beschwerde hat keinen Erfolg.

1. Hinsichtlich der im Verfahren aufgeworfenen Frage des Zustellungszeitpunktes des Urteils unterstellt der Senat aufgrund des vorgelegten Briefumschlags mit Absenderstempel des FG vom 15. Januar und Eingangsstempel des Bevollmächtigten vom 26. Januar 1998 und der weiteren Umstände des Falles die späte Zustellung der angefochtenen Entscheidung und damit die rechtzeitige Einlegung der Beschwerde.

2. Die Beschwerde ist gleichwohl unzulässig. Denn die Klägerin hat nicht dargelegt, daß die von ihr als grundsätzlich bedeutsam bezeichnete Frage einer Abweichung des FG von einem EuGH-Urteil bzw. die damit angesprochene Frage des Vorsteuerabzugs im Streitfall entscheidungserheblich und daher konkret klärbar sein kann. Daran bestehen aber nach den Gründen des angefochtenen Urteils erhebliche Zweifel (vgl. Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 4. Aufl. 1997, §115 Rz. 59; Beschluß des Bundesfinanzhofs vom 18. Januar 1995 VIII B 41/94, BFH/NV 1995, 807).

Die Klägerin gibt selbst die Begründung des FG wieder, daß sie -- die Klägerin -- vor dem FG zu einer beabsichtigten steuerpflichtigen Verwendung der Container nichts vorgetragen habe. Schon dadurch erweist sich der Vortrag der Klägerin über ihre angebliche Verwendungsabsicht als neues Vorbringen, das in einem Revisionsverfahren -- mangels verfahrensrechtlicher Angriffe auf den festgestellten Sachverhalt -- nicht zu berücksichtigen wäre. Eine theoretische Erörterbarkeit von Rechtsfragen, die schon mangels Sachvortrags im Vorverfahren nicht einschlägig sind, ergibt keinen schlüssig geltend gemachten Zulassungsgrund für eine Revision.

Die Entscheidung ergeht im übrigen gemäß Art. 1 Nr. 6 des Gesetzes zur Entlastung des Bundesfinanzhofs ohne Wiedergabe der Begründung.

 

Fundstellen

Haufe-Index 154258

BFH/NV 1999, 335

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