Entscheidungsstichwort (Thema)

Besteuerung der Einkünfte aus einer Tätigkeit beim Europäischen Patentamt in Den Haag

 

Leitsatz (NV)

1. Die Anwendung des § 32 b EStG bedeutet keine Besteuerung der an sich steuerfreien oder nicht steuerbaren Einkünfte. Vielmehr werden ausschließlich die steuerpflichtigen Einkünfte auf der Grundlage eines besonderen Steuersatzes besteuert.

2. Für die Anwendung des § 34 c EStG ist kein Raum, wenn ein Stpfl. steuerfreie Einkünfte vom Europäischen Patentamt erzielt, die lediglich in den Progressionsvorbehalt eingehen.

 

Normenkette

Protokoll über die Vorrechte und Immunitäten der europäischen Patentorganisation Art. 16 Abs. 1 S. 2; EStG §§ 32b, 34, 34c

 

Verfahrensgang

Niedersächsisches FG

 

Gründe

Die Beschwerde ist zulässig, jedoch unbegründet. Die von den Klägern und Beschwerdeführern (Klägern) in ihrer Beschwerde begründung aufgeworfenen Rechtsfragen haben keine grundsätzliche Bedeutung. Sie sind überwiegend entscheidungsunerheblich und im übrigen geklärt. Deshalb war die Beschwerde zurückzuweisen.

1. Die Einkünfte des Klägers für seine Tätigkeit beim Europäischen Patentamt in Den Haag sind im Inland nach Art. 16 Abs. 1 Satz 2 des Protokolls über die Vorrechte und Immunitäten der europäischen Patentorganisation -- kurz: Protokoll -- (BGBl II 1976, 985) steuerfrei. Davon ist auch das Finanzgericht (FG) in der Vorentscheidung ausgegangen.

2. Der von den Klägern geführte Rechtsstreit betrifft ausschließlich die Frage, mit welchem Steuersatz ihre übrigen, im Inland steuerpflichtigen Einkünfte zu versteuern sind. Diese Frage ist in erster Linie nach § 32 b des Einkommensteuergesetzes (EStG) zu entscheiden. Dessen Abs. 1 Nr. 2 und Abs. 2 Nr. 2 in der im Streitjahr geltenden Fassung erlaubt es, den Steuersatz unter Einbeziehung bestimmter steuerfreier und nicht steuerbarer Einkünfte zu ermitteln. Dies bedeutet keine Besteuerung der an sich steuerfreien oder nicht steuer baren Einkünfte. Vielmehr werden ausschließlich die steuerpflichtigen Einkünfte -- diese allerdings auf der Grundlage eines besonderen Steuersatzes -- besteuert. Dem steht das Protokoll nicht entgegen, weil sein Art. 16 Abs. 1 Satz 3 ausdrücklich den Ansatz eines besonderen Steuersatzes erlaubt. Dies hat der erkennende Senat bereits in seinen Urteilen vom 27. September 1990 I R 181/87 (BFHE 162, 284, BStBl II 1991, 84) und I R 104/89 (BFH/NV 1991, 729) entschieden. Die Kläger haben keine Gesichtspunkte vorgetragen, die eine Überprüfung der damals vertretenen Rechtsauffassung nahelegen würden.

3. Über die Anwendung des § 36 EStG kann nicht im Steuerfestsetzungsverfahren entschieden werden. Für eine Anwendung des § 34 c EStG ist im Streitfall kein Raum, weil auf die vom Kläger erzielten Einkünfte, soweit sie vom Europäischen Patentamt herrühren, keine inländische Einkommensteuer erhoben wurde. Das FG hat auch § 34 Abs. 2 EStG zutreffend angewendet. § 34 Abs. 1 Satz 1 zweiter Halbsatz EStG in der im Streitjahr geltenden Fassung verweist insoweit auf die Hälfte des Steuer satzes, der sich ergäbe, wenn die tarifliche Einkommensteuer nach dem gesamten zu versteuernden Einkommen zuzüglich der nach einem Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung von der Einkommensteuer freigestellten ausländischen Einkünfte zu bemessen wäre. Darunter fallen auch die nach dem Protokoll steuerfrei gestellten ausländischen Einkünfte des Klägers, wenn man -- wie der erkennende Senat in BFHE 162, 284, BStBl II 1991, 84 -- das Protokoll als "Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung" im materiellen Sinne versteht.

4. Auf der Grundlage dieser Rechtsauffassung wird weder der Grundsatz der Besteuerung der Kläger nach ihrer Leistungsfähigkeit verletzt noch gegen Vorschriften des Grundgesetzes verstoßen.

 

Fundstellen

Haufe-Index 420193

BFH/NV 1995, 381

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