Entscheidungsstichwort (Thema)

Wirksame Bekanntgabe an Duldungsbevollmächtigten; Verwertungsverbot

 

Leitsatz (NV)

1. Tritt ein Steuerberater gegenüber dem Finanzamt als Bevollmächtigter eines Steuerpflichtigen mit dessen stillschweigender Duldung auf, so muß der Steuerpflichtige die Bekanntgabe einer Prüfungsanordnung an den Steuerberater gegen sich gelten lassen.

2. Weder die Nichteinhaltung der gemäß §197 Abs. 1 AO einzuhaltenden Frist (angemessene Zeit) noch ein Verstoß gegen §199 Abs. 1 AO führt zu einem Verwertungsverbot.

3. Aus der Regelung in §117 Abs. 1 Satz 2 ZPO, nach der der Antragsteller in dem Antrag auf PKH das Streitverhältnis unter Angabe der Beweismittel darzustellen hat, ist zu entnehmen, daß er die hinreichende Erfolgsaussicht als Voraussetzung der Bewilligung einer PKH zumindest schlüssig -- ggf. mit Beweisantritten -- darlegen muß (Anschluß an BFH-Beschluß vom 8. Juni 1995 IX B 168/94, BFH/NV 1996, 64).

 

Normenkette

AO 1977 § 80 Abs. 1 S. 1, § 122 Abs. 1 S. 3, § 197 Abs. 1, § 199 Abs. 1; FGO § 142 Abs. 1; ZPO §§ 114, 117 Abs. 1 S. 2

 

Tatbestand

Das Finanzgericht (FG) hat den Antrag des Antragstellers und Beschwerdeführers (Antragsteller), ihm für seine Klage in Sachen Einkommensteuer 1983 Prozeßkostenhilfe (PKH) zu bewilligen, mangels hinreichender Erfolgsaussicht der Klage abgelehnt. Zur Begründung hat es sich auf seinen Aussetzungsbeschluß in Sachen Einkommensteuer 1983 bezogen, wonach das Klagebegehren des Antragstellers bei summarischer Prüfung des Sach- und Rechtsstandes keine Erfolgsaussichten habe.

Dagegen richtet sich die Beschwerde des Antragstellers. Das FG hat der Beschwerde nicht abgeholfen.

 

Entscheidungsgründe

Die Beschwerde ist unbegründet. Das FG hat dem Antragsteller zu Recht die Gewährung von PKH versagt.

Nach §142 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) i. V. m. §114 der Zivilprozeßordnung (ZPO) erhält ein Beteiligter PKH, wenn er nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozeßführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann und die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet sowie nicht mutwillig erscheint. Die Rechtsverfolgung verspricht hinreichende Aussicht auf Erfolg, wenn bei summarischer Prüfung und Würdigung der wichtigsten Tatumstände der vom Antragsteller begehrte Erfolg eine gewisse Wahrscheinlichkeit für sich hat (vgl. Beschluß des Bundesfinanzhofs -- BFH -- vom 3. Mai 1994 VII B 265/93, BFH/NV 1994, 762). Das Gericht muß den Rechtsstandpunkt des Antragstellers aufgrund dessen Sachdarstellung und der vorhandenen Unterlagen zumindest für vertretbar halten und in tatsächlicher Hinsicht von der Möglichkeit der Beweisführung überzeugt sein. Aus der Regelung in §117 Abs. 1 Satz 2 ZPO, nach der der Antragsteller in dem Antrag auf PKH das Streitverhältnis unter Angabe der Beweismittel darzustellen hat, ist zu entnehmen, daß er die hinreichende Erfolgsaussicht als Voraussetzung der Bewilligung einer PKH zumindest schlüssig -- ggf. mit Beweisantritten -- darlegen muß (BFH-Beschluß vom 8. Juni 1995 IX B 168/94, BFH/NV 1996, 64).

Aufgrund des bisherigen Sach- und Streitstands ist mit dem FG davon auszugehen, daß die Klage des Antragstellers keine hinreichende Aussicht auf Erfolg hat.

1. Der Auffassung des Antragstellers, daß die Prüfungsfeststellungen, die zur Änderung des Einkommensteuerbescheids 1983 geführt haben, einem Verwertungsverbot unterlegen hätten, kann nicht gefolgt werden. Der Senat kann offenlassen, ob bei der Verwertung von Prüfungsfeststellungen in einem nach §164 Abs. 2 der Abgabenordnung (AO 1977) geänderten Bescheid die Annahme eines Verwertungsverbots von vornherein ausscheidet (vgl. BFH-Urteil vom 27. Januar 1994 IV R 93/91, BFH/NV 1995, 177, m. w. N.). Ebensowenig braucht auf die Frage eingegangen zu werden, ob dem Antragsteller die Prüfungsanordnung vom 11. November 1988 bekanntgegeben worden ist. Die Außenprüfung für das Streitjahr 1983 beruhte auf der erweiternden Prüfungsanordnung vom 12. Dezember 1988. Diese wurde dem damaligen Bevollmächtigten des Antragstellers bekanntgegeben (§122 Abs. 1 Satz 3 AO 1977). Auf das Fehlen einer schriftlichen Vollmacht kann sich der Antragsteller nicht berufen, da ihm der durch das Auftreten der Steuerberater X bzw. Y erzeugte Rechtsschein der Bevollmächtigung zuzurechnen ist (vgl. BFH-Urteil vom 25. September 1990 IX R 84/88, BFHE 162, 4, BStBl II 1991, 120, unter IV.). Abgesehen davon, daß die behauptete mangelnde Erinnerung der Steuerberater X bzw. Y, "die Prüfungsanordnung überhaupt erhalten zu haben", nicht glaubhaft gemacht ist, ist dieser Vortrag nicht geeignet, die Bekanntgabe an sie in Frage zu stellen. Die Nichteinhaltung der Frist des §197 Abs. 1 AO 1977 vermag zu keinem Verwertungsverbot zu führen. Im übrigen kann in besonderen Fällen die Bekanntgabe der Prüfungsanordnung auch mit dem Beginn der Prüfung zusammenfallen (BFH- Beschluß vom 4. Februar 1988 V R 57/83, BFHE 152, 217, BStBl II 1988, 413).

Entgegen der Auffassung des Antragstellers hängt die Verwertung der in der Außenprüfung ermittelten Tatsachen nicht davon ab, daß eine Schlußbesprechung abgehalten wird (vgl. BFH-Urteil vom 24. Mai 1989 I R 85/85, BFH/NV 1990, 273). Auch ein Verstoß gegen §199 Abs. 1 AO 1977, wie ihn der Antragsteller behauptet, führt nicht zu einem Verwertungsverbot.

2. In materiell-rechtlicher Hinsicht verweist der Antragsteller lediglich auf sein bisheriges Vorbringen. Der erkennende Senat nimmt insoweit gemäß §113 Abs. 2 Satz 3 FGO auf die Begründung des FG Bezug.

 

Fundstellen

Haufe-Index 66787

BFH/NV 1998, 17

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