Entscheidungsstichwort (Thema)

Fehlender Nachweis der Prozeßvollmacht

 

Leitsatz (NV)

Weist der Vertreter eines Verfahrensbeteiligten nicht nach, daß er zur Durchführung eines Beschwerdeverfahrens bevollmächtigt ist, so ist die Beschwerde unzulässig. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens sind in einem solchen Fall dem vollmachtlosen Vertreter aufzuerlegen.

 

Normenkette

FGO § 62 Abs. 3, § 128 ff., § 135 Abs. 2

 

Verfahrensgang

Hessisches FG

 

Tatbestand

Der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) hatte erfolglos den Erlaß eines Teils der Einkommensteuer 1979 beantragt. Seine Beschwerde wurde von der Beklagten und Beschwerdegegnerin (Oberfinanzdirektion - OFD -) zurückgewiesen. Hiergegen erhob der - damals noch als Steuerberater zugelassene - P im Namen des Klägers Klage vor dem Finanzgericht (FG).

Auf die Aufforderung des Berichterstatters am FG, eine schriftliche Vollmacht des Klägers nachzureichen, legte P die Fotokopie einer vom 27. April 1983 datierenden Urkunde vor, mit der P die Vollmacht erteilt wurde, den Kläger ,,in allen Steuerangelegenheiten vor den hierfür zuständigen Behörden und Gerichten zu vertreten".

Mit Schreiben vom 15. Juli 1985 erklärte der Kläger gegenüber dem FG, daß P keine Vollmacht habe, in seinem (des Klägers) Namen oder Auftrag Klage zu erheben. Der Kläger gab außerdem gegenüber dem Berichterstatter am FG am 29. Juli 1985 telefonisch die Erklärung ab, daß sein Schreiben vom 15. Juli 1985 zugleich die Rücknahme der Klage beinhalten sollte.

Mit Beschluß vom 6. August 1985 stellte das FG das Verfahren gemäß § 72 Abs. 2 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) ein. Die Kosten des Verfahrens wurden P auferlegt, da er die Prozeßführung veranlaßt habe, ohne dazu vom Kläger bevollmächtigt zu sein.

Gegen den Beschluß des FG legte P Beschwerde ein. Zur Begründung führte er aus, die Zurücknahme der Klage sei unwirksam.

Die Geschäftsstelle des Senats forderte P mehrfach auf, eine schriftliche Vollmacht für das Beschwerdeverfahren nachzureichen. P legte darauf wiederum lediglich die Fotokopie der Vollmachtsurkunde vom 27. April 1983 vor.

Die OFD hat zur Beschwerde nicht Stellung genommen. Sie hat lediglich mitgeteilt, daß die Bestellung des P zum Steuerberater gemäß § 46 Abs. 3 Nr. 3 des Steuerberatungsgesetzes widerrufen worden und die Befugnis zur geschäftsmäßigen Hilfeleistung in Steuersachen damit seit dem 30. September 1985 erloschen ist.

 

Entscheidungsgründe

Die Beschwerde ist unzulässig, weil P eine Vollmacht für das Beschwerdeverfahren nicht schriftlich nachgewiesen hat.

Nach § 62 Abs. 3 Satz 1 FGO ist die Prozeßvollmacht schriftlich zu erteilen. Sie kann nach § 62 Abs. 3 Satz 2 FGO nachgereicht werden. Das ist im Streitfall trotz mehrfacher Aufforderung nicht geschehen. Die von P vorgelegte Fotokopie der Vollmachtsurkunde vom 27. April 1983 bezog sich auf einen früheren Verfahrensabschnitt. Wie der Kläger gegenüber dem FG eindeutig erklärt hat, sollte die Vollmacht P jedenfalls nicht zur Erhebung einer Klage in diesem Verfahren ermächtigen; sie kann deshalb auch nicht zum Nachweis dafür dienen, daß P vom Kläger zur Durchführung des Beschwerdeverfahrens gegen den Beschluß des FG vom 6. August 1985 bevollmächtigt wurde.

Die Entscheidung ergeht gegen den Kläger persönlich. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens sind jedoch dem vollmachtlosen Vertreter P aufzuerlegen, weil er das erfolglose Beschwerdeverfahren veranlaßt hat (ständige Rechtsprechung; vgl. Beschluß des Bundesfinanzhofs vom 10. November 1966 V R 46/66, BFHE 87, 1, BStBl III 1967, 5).

Der Umstand, daß P im Laufe des Beschwerdeverfahrens durch den Widerruf seiner Bestellung zum Steuerberater seine Postulationsfähigkeit verloren hat, ist auf die Entscheidung ohne Einfluß.

 

Fundstellen

Haufe-Index 423396

BFH/NV 1988, 48

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