Leitsatz (amtlich)

Form- und Inhaltsfehler (§ 120 Abs. 2 Satz 2 FGO) einer Revision oder einer Revisionsbegründung können nicht im Wege der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand geheilt werden.

 

Normenkette

FGO §§ 56, 120 Abs. 2 S. 2, § 124 S. 2

 

Tatbestand

Der Kläger hat das seine Klage gegen einen Erbschaftsteuerbescheid als unbegründet abweisende Urteil des FG mit der Revision angefochten. Der Vorsitzende des Senats hat die Frist für die Begründung der Revision bis zum 20. Oktober 1970 verlängert. Der Kläger hat die Revision mit dem am 15. Oktober 1970 eingegangenen Schriftsatz begründet. Darin wendet er sich unter anderem gegen die Annahme, das gemeinschaftliche Testament seiner Eltern enthalte die Anordnung von Vermächtnissen und Untervermächtnissen, sowie gegen die "Beurteilung der Verfassungsmäßigkeit der Bewertungsgrundlagen". Dieser Schriftsatz enthält weder einen bestimmten Antrag noch die Angabe und die Bezeichnung der verletzten Rechtsnormen. Auf einen entsprechenden Hinweis der Geschäftsstelle des Senats hat der Kläger am 7. November 1970 einen bestimmten Revisionsantrag gestellt, die verletzten Rechtsnormen bezeichnet und Wiedereinsetzung in den vorigen Stand begehrt, "soweit ... die Revisionsbegründungsfrist von mir nicht gewahrt worden ist". Zur Begründung des Wiedereinsetzungsantrags führt er aus, es sei ihm wegen Ausscheidens eines Mitarbeiters nicht möglich gewesen, die Revisionsbegründung selbst anzufertigen. Er habe damit einen gewissenhaften und zuverlässigen Mitarbeiter beauftragt und diesen gebeten, die gesetzlichen Vorschriften zu berücksichtigen. Die von diesem gefertigte Revisionsbegründung sei ihm ohne Akten vorgelegt worden. Er habe angenommen, ein Revisionsantrag sei in der Revisionsschrift enthalten; deshalb habe er die Begründung in der vorgelegten Form unterschrieben. Erst aufgrund des Hinweises der Geschäftsstelle des Senats habe er feststellen können, "daß die Formvorschriften des § 120 Abs. 2 Satz 2 FGO nicht eingehalten worden waren". Der Kläger hat die Richtigkeit seiner Angaben zur Begründung des Wiedereinsetzungsantrags anwaltlich versichert und eine eidesstattliche Versicherung des Mitarbeiters vorgelegt, in der im wesentlichen seine Angaben bestätigt werden.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision des Klägers ist unzulässig. Das Rechtsmittel ist nicht in der gesetzlichen Form eingelegt und begründet worden (§ 124 FGO).

Gemäß § 120 Abs. 2 Satz 2 FGO muß die Revisionsbegründung oder die Revision - wenn, wie im Streitfall, keine Verfahrensmängel gerügt werden - einen bestimmten Antrag enthalten und die verletzte Rechtsnorm bezeichnen. Diesen Form- und Inhaltserfordernissen genügen weder die Revisionsschrift vom 31. August 1970 noch die innerhalb der verlängerten Begründungsfrist eingereichte Revisionsbegründung. Keiner der beiden Schriftsätze enthält einen bestimmten Revisionsantrag, aus dem sich ergeben könnte, inwieweit das Urteil des FG angefochten sein soll, und auch keine Bezeichnung der Rechtsnorm, die der Kläger durch das Urteil des FG für verletzt hält. Diese Form- und Inhaltsfehler hat der Kläger selbst in seinem nach Ablauf der verlängerten Revisionsbegründungsfrist eingegangenen Schriftsatz vom 6. November 1970 ausdrücklich eingeräumt.

Eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand kommt nicht in Betracht. Der diesbezügliche Antrag des Klägers ist gegenstandslos. Gemäß § 56 Abs. 1 FGO kann auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt werden, wenn unverschuldet eine gesetzliche Frist versäumt worden ist. Das liegt im Streitfall nicht vor. Der Kläger hat keine gesetzliche Frist versäumt. Er hat den Schriftsatz, mit dem er die (rechtzeitig eingelegte) Revision nach seinen eigenen Angaben begründet hat, innerhalb der verlängerten Revisionsbegründungsfrist eingereicht und damit die ihm für die Rechtsmittelbegründung gewährte Frist eingehalten. Dadurch allein wird die Revision jedoch noch nicht zulässig. Neben der fristgerechten Begründung des Rechtsmittels ist die Einhaltung der gesetzlichen Form ein weiteres Zulässigkeitserfordernis (§ 124 Satz 2 FGO). Die Form- und Inhaltserfordernisse des § 120 Abs. 2 Satz 2 FGO hat der Kläger unbeachtet gelassen. Die insoweit unterlaufenen Fehler können nicht durch eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand geheilt werden. § 56 FGO gilt nur bei Versäumung gesetzlicher Fristen des Gerichtsverfahrens, nicht jedoch für die Heilung von Form- und Inhaltsfehlern in der Revisions- und der Revisionsbegründungsschrift.

 

Fundstellen

Haufe-Index 72077

BStBl II 1977, 613

BFHE 1978, 34

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