Entscheidungsstichwort (Thema)

Rechtsschutzziel im NZB-Verfahren; Anforderungen an die NZB-Begründung

 

Leitsatz (NV)

1. Mit einer Beschwerde gegen die Nicht zulassung der Revision kann nicht die Aufhebung des angefochtenen Urteils und der angefochtenen Steuerbescheide erreicht werden. Dieses Prozeßziel ist der Revision vorbehalten. Entsprechende Anträge, die ein Angehöriger der rechts- und steuerberatenden Berufe stellt, können aus Gründen der Rechtssicherheit nicht umgedeutet werden. Es nützt auch nichts, wenn der Antrag auf Zulassung der Revision hilfsweise aufrechterhalten bleibt.

2. Eine Nichtzulassungsbeschwerde ist unzulässig, wenn der Prozeßbevollmächtigte in der Beschwerdebegründung lediglich Ausführungen einer dritten, nicht zur Vertretung vor dem BFH befugten Person übernimmt und diese Ausführungen offensichtlich nicht geprüft und rechtlich durchgearbeitet hat.

 

Normenkette

FGO §§ 115, 126 Abs. 3 Nr. 2; BFHEntlG Art. 1 Nr. 1

 

Tatbestand

Der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) hat gemäß § 115 Abs. 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO) Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision durch das Finanz gericht (FG) eingelegt und diese umfänglich begründet. Er beantragt hiernach u. a.,

" ... 3. Aufhebung des Urteils und Zurückverweisung an das FG zur neuen Ermittlung und Entscheidung

4. hilfsweise: eigene Entscheidung des BFH".

 

Entscheidungsgründe

Die Beschwerde ist unzulässig.

1. Das auf Aufhebung der Vorentscheidung und auf Zurückverweisung der Sache gerichtete Begehren des Klägers kann nicht mittels der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision, vielmehr nur mit der Revision selbst erreicht werden (vgl. § 126 Abs. 3 Nr. 2 FGO). Ebenso wie es angesichts der grundlegenden Unterschiede der beiden Verfahrensarten nicht möglich ist, durch Einlegung einer Revision deren Zulassung zu erreichen, ist es umgekehrt möglich, das Revisionsziel mit der Beschwerde durchzusetzen (vgl. Offerhaus in Hübsch mann/Hepp/Spitaler, Abgabenordnung-Finanzgerichtsordnung, 10. Aufl., § 115 FGO Rz. 19, m. w. N.).

Der Umstand, daß der Kläger seinen Rechtsbehelf ausdrücklich als "Nichtzulassungsbeschwerde" bezeichnet hat, ändert daran nichts. Der durch seinen Prozeßbevollmächtigten, einem Steuerberater, gestellte Antrag ist unmißverständlich und keiner Auslegung zugänglich. Von einem rechtskundigen Berufsangehörigen kann in zumutbarer Weise erwartet werden, daß diesem die unterschiedlichen Rechtsschutzziele, die durch Revision einerseits und Beschwerde andererseits erreicht werden können, geläufig sind; er ist deshalb mit seinen Prozeßerklärungen beim Wort zu nehmen (vgl. z. B. Beschlüsse des Bundesfinanzhofs -- BFH -- vom 9. Juni 1986 IX B 90/85, BFHE 145, 395, BStBl II 1986, 679; vom 29. Juli 1993 X B 210/92, BFH/NV 1994, 382; vom 9. Februar 1997 I B 1/94, nicht veröffentlicht; Offerhaus in Hübschmann/Hepp/Spitaler, a. a. O., § 115 FGO Rz. 19, m. w. N.).

2. Die Unzulässigkeit der Beschwerde folgt überdies daraus, daß die Beschwerdebegründung nicht den Anforderungen des Art. 1 Nr. 1 des Gesetzes zur Entlastung des Bundesfinanzhofs (BFHEntlG) entspricht.

Nach der genannten Vorschrift muß sich jeder Beteiligte vor dem BFH durch einen Rechtsanwalt, Steuerberater oder Wirtschaftsprüfer vertreten lassen. Der BFH soll entlastet werden, indem Rechtsbehelfe nur von solchen Personen eingelegt werden dürfen, die durch ihre fachliche Vorbildung in der Lage sind, die Erfolgsaussichten der Rechtsbehelfe zu beurteilen und das Verfahren vor dem BFH sachgerecht zu führen. Demgemäß muß die von einem postulationsfähigen Prozeßbevollmächtigten unterzeichnete Beschwerdebegründung erkennen lassen, daß er den Prozeßstoff überprüft und durchgearbeitet hat und die volle Verantwortung für den Inhalt der Beschwerdebegründung übernimmt.

Zur Begründung der Beschwerde nach § 115 Abs. 3 FGO genügt deshalb die Vorlage eines zwar von einem Steuerberater unterzeichneten, sonst aber unveränderten Schreibens seiner Partei jedenfalls dann nicht, wenn der Steuerberater sich mit dem Streitstoff nicht befaßt, ihn insbesondere nicht gesichtet, geprüft und rechtlich durchgearbeitet hat (BFH-Beschlüsse vom 14. Mai 1982 VI R 197/81, BFHE 136, 52, BStBl II 1982, 607; vom 14. Oktober 1987 II R 18/85, BFH/NV 1989, 107).

Im Streitfall hat der Prozeßbevollmächtigte die Beschwerdebegründung als Anlage zum Schreiben vom 5. September 1996 übersandt. Es wird in diesem Schreiben lediglich auf die anliegende Begründung verwiesen; weitere Sachausführungen enthält die Beschwerdeschrift nicht. Bereits daraus ist erkennbar, daß der Prozeßbevollmächtigte lediglich Ausführungen einer dritten Person, möglicherweise des Klägers selbst, übernommen hat. Unabhängig davon ist die dem Gericht vorliegende Beschwerdebegründung auch offensichtlich nicht von dem Prozeßbevollmächtigten geschrieben worden. Dies ergibt sich zum einen daraus, daß das Schriftbild der Anlage und die darin verwendete Schrifttype von dem Schreiben des Prozeßbevollmächtigten vom 5. September 1996 erkennbar abweichen. Zum anderen fällt auf, daß der Prozeßbevollmächtigte in gleicher Weise im Klageverfahren vor dem FG vorgegangen ist. Auch dort hat er in seinem Schriftsatz vom 13. September 1995 lediglich auf die bei gefügte Klagebegründung verwiesen, die ihrerseits wiederum mit der auch im Beschwerdeverfahren verwendeten und von dem Schreiben vom 13. September 1995 abweichenden Schriftart geschrieben worden ist. In Einklang mit diesen äußeren Anzeichen hat der Prozeßbevollmächtigte nach Ladung zur mündlichen Verhandlung vor dem FG ausdrücklich bekundet, in das Verfahren nicht eingearbeitet zu sein und keine internen Kenntnisse zu haben. Eine Vertretung allein sei ihm deshalb nicht möglich. Es müsse der "Dezernent dieses Verfahrens", Dipl.-Kfm. X, hinzugezogen werden. Derartige Unkenntnisse des Prozeßbevollmächtigten soll der Zwang zur Vertretung durch sachkundige Personen gemäß Art. 1 Nr. 1 BFHEntlG aber gerade vermeiden (im Ergebnis ebenso BFH-Beschluß in BFH/NV 1989, 107; vgl. auch Beschluß vom 10. September 1985 VIII R 263/83, BFH/NV 1986, 175; Gräber/ Ruban, Finanzgerichtsordnung, 3. Aufl., § 120 Rz. 19; § 62 Rz. 91).

 

Fundstellen

Haufe-Index 422201

BFH/NV 1997, 796

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