Entscheidungsstichwort (Thema)

Prozeßkostenhilfe für Verfahren vor dem BFH

 

Leitsatz (NV)

Einer bei der Einlegung eines Rechtsmittels nicht gemäß Art. 1 Nr. 1 BFHEntlG vertretenen juristischen Person kann PKH für die Durchführung des Rechtsmittelverfahrens nicht bewilligt werden, wenn sie nicht innerhalb der Rechtsmittelfrist unaufgefordert eine Erklärung nach § 117 Abs. 2 ZPO über ihre persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse abgegeben und die nach § 116 Satz 1 Nr. 2 ZPO erforderlichen weiteren Voraussetzungen hinreichend dargelegt hat.

 

Normenkette

FGO § 142 Abs. 1; ZPO §§ 114, 116 S. 1 Nr. 2, § 117 Abs. 2; BFHEntlG Art. 1 Nr. 1

 

Tatbestand

Die Antragstellerin, eine juristische Person des Privatrechts, beantragt Prozeßkostenhilfe (PKH) für die Durchführung von Rechtsmittelverfahren gegen zwei Beschlüsse des Finanzgerichts (FG), mit denen ihre Anträge auf einstweilige Anordnung - Pfändung und Mahnung - und auf Gewährung von PKH abgelehnt wurden.

 

Entscheidungsgründe

Die Anträge auf Bewilligung von PKH sind abzulehnen, weil die beabsichtigte Rechtsverfolgung keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet (§ 142 der Finanzgerichtsordnung - FGO - i.V.m. § 116 Satz 1 Nr. 2 und Satz 2, § 114 Satz 1 letzter Halbsatz der Zivilprozeßordnung - ZPO -).

An der Erfolgsaussicht der Rechtsverfolung fehlt es bereits deshalb, weil die Antragstellerin sich bei der Einlegung der als Beschwerden zu wertenden Rechtsmittel nicht entsprechend den Rechtsmittelbelehrungen des FG durch einen Rechtsanwalt, Steuerberater oder Wirtschaftsprüfer als Bevollmächtigten hat vertreten lassen (Art. 1 Nr. 1 des Gesetzes zur Entlastung des Bundesfinanzhofs) und die Beschwerden deshalb unzulässig sind. Verfügt ein Beteiligter nicht über ausreichende Mittel für die Beiziehung eines solchen Bevollmächtigten bei der Einlegung eines Rechtsmittels in einem finanzgerichtlichen Verfahren, so besteht zwar, nachdem ihm PKH bewilligt und eine der genannten Personen beigeordnet worden ist, die Möglichkeit zu einer wirksamen formgerechten Einlegung des Rechtsmittels auch noch nach Ablauf der Rechtsmittelfrist. Voraussetzung dafür ist jedoch, daß dem Rechtsmittelführer wegen seiner Mittellosigkeit Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt wird.

Um das erreichen zu können, muß der Rechtsmittelführer innerhalb der Rechtsmittelfrist nicht nur den Antrag auf PKH stellen, sondern u.a. auch unaufgefordert die Erklärung über seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nach § 117 Abs. 2 ZPO vorlegen. Geschieht das nicht, so kann eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand grundsätzlich nicht gewährt werden (vgl. Beschluß des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 25. März 1986 III R 134/80, BFH/NV 1986, 631, mit Hinweisen auf die einhellige Rechtsprechung der obersten Gerichtshöfe, und Beschuß des Bundesverfassungsgerichts vom 14. Juni 1983 1 BvR 277/83, Steuerrechtsprechung in Karteiform, Finanzgerichtsordnung, § 142, Rechtsspruch 33).

Die Antragstellerin hat in den vorliegenden Verfahren vor dem BFH bisher keine Erklärung über ihre persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nach § 117 Abs. 2 ZPO abgegeben; auch fehlt es an jeglicher Darlegung der weiteren Voraussetzungen, die § 116 Satz 1 Nr. 2 ZPO in sachlicher und persönlicher Hinsicht an den Antrag einer juristischen Person auf Bewilligung von PKH stellt (vgl. dazu BFH-Beschluß vom 17. Januar 1985 VII S 24/84, BFH/NV 1986, 425). Nicht ausreichend ist die in erster Instanz abgegebene Erklärung der Antragstellerin. Abgesehen davon, daß sie inhaltlich unzureichend ist, kann sie der Senat auch deshalb nicht berücksichtigen, weil die Antragstellerin vor dem BFH hierauf nicht Bezug genommen und nicht versichert hat, daß die Verhältnisse seitdem unverändert geblieben sind (vgl. BFH-Beschlüsse vom 5. November 1986 IV S 7/86, IV B 49/86, BFHE 148, 13, BStBl II 1987, 62, und vom 23. Mai 1989 VIII S 5-8/88, BFH/NV 1990, 316).

Da die Beschwerdefristen inzwischen abgelaufen sind, muß der Senat bei der Entscheidung über die Anträge auf PKH unter Beachtung der vorgenannten Rechtsprechung davon ausgehen, daß der Antragstellerin bei Einlegung von formgerechten Beschwerden keine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt werden kann und die Beschwerden deshalb als unzulässig zu verwerfen sind.

 

Fundstellen

Haufe-Index 419125

BFH/NV 1994, 119

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