Entscheidungsstichwort (Thema)

Ordnungsgeld gegen nicht erschienenen Zeugen

 

Leitsatz (NV)

1. Liegt die Höhe des Ordnungsgeldes im unteren Bereich des in Art. 6 Abs. 1 des Einführungsgesetzes zum Strafgesetzbuch vorgegebenen Rahmens, bedarf sie keiner besonderen Begründung (Anschluß an den BFH-Beschluß vom 11. August 1992 VII B 80/92, BFH/NV 1993, 115).

2. Zur Kostenentscheidung im Beschwerdeverfahren wegen Festsetzung eines Ordnungsgeldes.

 

Normenkette

FGO §§ 82, 143 Abs. 1; ZPO § 380 Abs. 1, § 381 Abs. 1; EGStGB Art. 6 Abs. 1

 

Verfahrensgang

FG Münster

 

Tatbestand

Im Hauptverfahren streiten die Beteiligten darüber, ob der Kläger in den Streitjahren Inhaber eines Unternehmens war. Das Finanzgericht (FG) beschloß, den Beschwerdeführer als Zeugen zu der Behauptung des Klägers zu hören, nicht er, sondern der Beschwerdeführer sei Inhaber des Betriebes gewesen. Er ist zum Termin zur mündlichen Verhandlung unter Bezeichnung der Beteiligten, des Gegenstandes der Vernehmung und der Folgen unentschuldigten Ausbleibens geladen worden. Die Zustellung der Ladung erfolgte durch Niederlegung beim zuständigen Postamt. Die Nachricht über die vorzunehmende Niederlegung wurde in den Hausbriefkasten des Beschwerdeführers eingelegt. Zum Termin ist der Beschwerdeführer nicht erschienen.

Das FG legte ihm darauf die durch sein Ausbleiben verursachten Kosten auf. Zugleich wurde gegen ihn ein Ordnungsgeld von 500 DM und für den Fall, daß das Ordnungsgeld nicht beigetrieben werden kann, Ordnungshaft von zwei Tagen festgesetzt.

Mit seiner Beschwerde macht der Beschwerdeführer geltend, er sei in der fraglichen Zeit erkrankt gewesen, daher habe er zum Termin nicht erscheinen können. Aus Nachlässigkeit habe er vor seiner Erkrankung die Ladung zum Termin nicht vom Postamt abgeholt. Aus dem gleichen Grund sei auch eine spätere Benachrichtigung des Gerichts unterblieben. Dadurch sei seine Versäumnis zumindest nachvollziehbar. Zudem sei er derzeit arbeitslos, daher erscheine das Ordnungsgeld von 500 DM unverhältnismäßig hoch. Das FG hat der Beschwerde unter Berücksichtigung der Arbeitslosigkeit des Beschwerdeführers teilweise abgeholfen und das Ordnungsgeld auf 200 DM festgesetzt.

 

Entscheidungsgründe

Die - nach teilweiser Abhilfe vorgelegte - Beschwerde ist nicht begründet und daher zurückzuweisen.

Gemäß § 82 der Finanzgerichtsordnung (FGO) i.V.m. § 380 Abs. 1 der Zivilprozeßordnung (ZPO) werden einem ordnungsgemäß geladenen Zeugen, der nicht erscheint, die durch sein Ausbleiben verursachten Kosten auferlegt, ohne daß es eines Antrages bedarf. Zugleich wird gegen ihn ein Ordnungsgeld festgesetzt. Die Festsetzung des Ordnungsmittels und die Auferlegung der Kosten unterbleiben gemäß § 381 Abs. 1 ZPO, wenn der Zeuge glaubhaft macht, daß ihm die Ladung nicht rechtzeitig zugegangen ist, oder wenn sein Ausbleiben genügend entschuldigt ist. Beides hat der Beschwerdeführer nicht dargelegt. Er bestreitet nicht die rechtzeitige und ordnungsmäßige Hinterlegung der Ladung und die Benachrichtigung darüber. Es ist kein Grund ersichtlich, weshalb der Beschwerdeführer gehindert war, die niedergelegte Ladung vor Beginn seiner behaupteten Erkrankung entgegenzunehmen und das FG danach über diesen Verhinderungsgrund zu unterrichten. Vielmehr räumt der Beschwerdeführer selbst eigene Nachlässigkeit bei der Behandlung der Ladung und der unterbliebenen Benachrichtigung des FG ein. Wegen dieses schuldhaften Verhaltens kommt die - im übrigen nicht glaubhaft gemachte - Erkrankung des Beschwerdeführers als nachträglicher Entschuldigungsgrund nicht in Betracht.

Die Höhe des Ordnungsgeldes hat das FG im Wege der teilweisen Abhilfe der Beschwerde auf 200 DM festgesetzt. Diese Bemessung liegt im unteren Bereich des in Art. 6 Abs. 1 des Einführungsgesetzes zum Strafgesetzbuch vorgegebenen Rahmens. Einer besonderen Begründung bedurfte sie daher nicht (Beschluß des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 11. August 1992 VII B 80/92, BFH/NV 1993, 115). Unter Beachtung der Bedeutung der Aussage des Beschwerdeführers im Hauptverfahren einerseits, seiner wirtschaftlichen Verhältnisse andererseits ist der festgesetzte Betrag angemessen. Ermessensfehler sind nicht ersichtlich.

Das vorliegende Beschwerdeverfahren stellt ein selbständiges Zwischenverfahren dar, daher hat der Senat gemäß § 143 Abs. 1 FGO auch über die Kosten dieses Verfahrens zu entscheiden (BFH-Beschluß vom 10. Januar 1986 IX B 5/85, BFHE 145, 314, BStBl II 1986, 270). Bei lediglich teilweiser Abhilfe der Beschwerde durch die Vorinstanz erfolgt die Kostenentscheidung einheitlich für das gesamte Beschwerdeverfahren (Tipke/Kruse, Abgabenordnung-Finanzgerichtsordnung, § 130 FGO Anm. 13; Hübschmann/Hepp/Spitaler, Kommentar zur Abgabenordnung und Finanzgerichtsordnung, § 130 FGO Anm. 18). Die Entscheidung über die Gerichtskosten folgt aus dem Kostenverzeichnis in Anlage 1 zu § 11 Abs. 1 des Gerichtskostengesetzes, Nr. 1370 i.V.m. Nr. 1371. Die Entscheidung über die außergerichtlichen Kosten beruht auf § 136 Abs. 1 FGO. Soweit die außergerichtlichen Kosten nicht vom Beschwerdeführer zu tragen sind, fallen sie der Staatskasse zur Last (BFH-Beschluß in BFHE 145, 314, BStBl II 1986, 270).

 

Fundstellen

Haufe-Index 419715

BFH/NV 1994, 733

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Haufe Finance Office Premium. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge