Leitsatz (amtlich)

1. Eine auf grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache gestützte Nichtzulassungsbeschwerde ist unbegründet, wenn keine Klärung der grundsätzlichen Rechtsfrage von der Revision zu erwarten ist (Anschluß an die bisherige Rechtsprechung; vgl. u.a. BFH-Beschluß vom 27.Juni 1984 II B 9/84, BFHE 141, 229, BStBl II 1984, 721).

2. Dies gilt entsprechend für eine auf Divergenz gestützte Nichtzulassungsbeschwerde.

3. Keine Klärung der in der Nichtzulassungsbeschwerde angeschnittenen Rechtsfrage kann zu erwarten sein, wenn der BFH die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das FG zurückverweisen muß.

 

Orientierungssatz

1. Auch wenn durch den Ansatz eines Verlustes in dem das Verlustentstehungsjahr betreffenden Körperschaftsteuerbescheid keine Besteuerungsgrundlage mit Bindungswirkung für die Körperschaftsteuer im Verlustabzugsjahr festgestellt wird, ist dadurch nicht ausgeschlossen, daß die Feststellung eines Verlustes in dem das Verlustentstehungsjahr betreffenden Körperschaftsteuerbescheid Bindungswirkung für den Feststellungsbescheid gemäß § 47 KStG 1977 entfaltet (vgl. BFH-Rechtsprechung; hier: Verfahren wegen Nichtzulassungsbeschwerde).

2. Fehlt es im Körperschaftsteuerbescheid an dem fingiert festzustellenden Ansatz eines Einkommens und somit auch an einem fingierten Grundlagenbescheid i.S. des § 47 KStG 1977, so ist eine Klage gegen den Körperschaftsteuerbescheid dennoch zulässig, wenn dieser den "Schein des Ansatzes eines Einkommens" enthält und der Kläger behauptet, daß es zu hoch fingiert festgestellt worden sei (vgl. BFH-Urteil vom 16.3.1988 I R 188/84; hier: Verfahren wegen Nichtzulassungsbeschwerde).

 

Normenkette

FGO § 115 Abs. 2 Nrn. 1-2, Abs. 3, § 126 Abs. 3 Nr. 2, § 40; EStG § 10d; KStG 1977 § 47; AO 1977 § 182 Abs. 1

 

Tatbestand

Durch Vertrag vom 17.Dezember 1982 mit einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts übernahm die Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) für ein Bauprojekt die Vermittlung von Mietern und garantierte eine monatliche Miete von 15 400 DM auf 25 Jahre. Im Vertrag heißt es u.a.:

".....

§ 2

1. Die X sorgt für die Vermietung des Bauvorhabens

und führt die erforderlichen Werbemaßnahmen durch.

.....

2. .....

Die X garantiert die Vermietung des Objekts auf

die Dauer von 25 Jahren zu einer Monatsmiete von

15 400 DM (ohne MWSt).

...

§ 7

1. Die X erhält für die Durchführung der Vermietung

und für die in diesem Zusammenhang erforderlichen

Werbemaßnahmen nach § 2 eine Gebühr von zwei Monats-

mieten zuzüglich MWSt.

2. Die X erhält für die nach § 3 übernommene Ver-

mietungsgarantie eine Provision von 8 % der

garantierten 25-Jahres-Miete zuzüglich Mwst.

3. Die Vergütungen sind mit Abschluß dieses Vertrages

fällig."

In der Bilanz zum 31.Dezember 1982 bildete die Klägerin eine Rückstellung, wobei sie 2 % der insgesamt garantierten Mieten von 4 620 000 DM *= 92 400 DM als angemessen und erforderlich zur Abdeckung des Risikos der Inanspruchnahme aus der Mietgarantie ansah. Für das aus dem Vertrag erhaltene sofort fällige Entgelt bildete sie zum Bilanzstichtag einen passiven Rechnungsabgrenzungsposten in Höhe des Gesamtbetrages von 369 600 DM.

Der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt --FA--) erkannte die Rückstellung für die Mietgarantieverpflichtung in dem für das Streitjahr erlassenen Körperschaftsteuerbescheid nicht an. Nach nur teilweise erfolgreichem Einspruch erhob die Klägerin Klage.

Das FA änderte im Laufe des Klageverfahrens aufgrund eines Verlustrücktrags die Steuerfestsetzung und setzte die Steuer auf Null DM fest. Die Klägerin hat den Änderungsbescheid zum Gegenstand des Verfahrens gemacht und beantragt, den Körperschaftsteuerbescheid vom 12.März 1986 zu ändern und die Körperschaftsteuer sowie das zu versteuernde Einkommen unter Berücksichtigung der in der Bilanz eingestellten Rückstellung für Garantieverpflichtung festzustellen.

Das Finanzgericht (FG) wies die Klage ab.

Die Nichtzulassungsbeschwerde wird auf § 115 Abs.3 i.V.m. § 115 Abs.2 Nrn.1 und 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) gestützt.

 

Entscheidungsgründe

Die Beschwerde ist unbegründet.

Soweit eine Nichtzulassungsbeschwerde auf die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache gestützt ist, ist sie unbegründet, wenn keine Klärung der grundsätzlichen Rechtsfrage von der Revision zu erwarten ist (Beschlüsse des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 27.Juni 1984 II B 9/84, BFHE 141, 229, BStBl II 1984, 721; vom 27.Januar 1982 II B 38/81, BFHE 135, 156, BStBl II 1982, 326; vom 2.März 1982 VII B 148/81, BFHE 135, 169, BStBl II 1982, 327; vom 28.April 1972 III B 40/71, BFHE 105, 335, BStBl II 1972, 575; vom 23.Juni 1967 VI B 16/67, BFHE 89, 117, BStBl III 1967, 531). Dies gilt entsprechend für eine auf Divergenz gestützte Nichtzulassungsbeschwerde.

Im Streitfall ist nicht zu erwarten, daß durch die Entscheidung über eine Revision die Divergenz geklärt wird. Es kann auch nicht damit gerechnet werden, daß der Senat bei der Entscheidung über die Revision zu der in der Nichtzulassungsbeschwerde als grundsätzlich bezeichneten Rechtsfrage Stellung nehmen würde.

Der Möglichkeit der Entscheidung über die in der Nichtzulassungsbeschwerde angesprochenen Rechtsfragen steht nicht bereits die Unzulässigkeit der Klage entgegen, denn die Klage ist zulässig.

Das FG hat die Klage deshalb für zulässig angesehen, weil es davon ausging, daß die Feststellung eines Verlustes in dem Körperschaftsteuerbescheid Bindungswirkung für den Bescheid über die gesonderte Feststellung nach § 47 des Körperschaftsteuergesetzes (KStG 1977) entfaltet. Der Senat hat zwischenzeitlich entschieden, daß durch den Ansatz eines Verlustes in dem das Verlustentstehungsjahr betreffenden Körperschaftsteuerbescheid keine Besteuerungsgrundlage mit Bindungswirkung für die Körperschaftsteuer im Verlustabzugsjahr festgestellt werde (BFH-Urteil vom 9.Dezember 1987 I R 1/85, BFHE 151, 554, BStBl II 1986, 463). Dadurch ist nicht ausgeschlossen, daß die Feststellung eines Verlustes in dem das Verlustentstehungsjahr betreffenden Körperschaftsteuerbescheid Bindungswirkung für den Feststellungsbescheid gemäß § 47 KStG 1977 entfaltet. Der Senat hat die Bindungswirkung des Körperschaftsteuerbescheides für den Feststellungsbescheid gemäß § 47 KStG bejaht, jedoch ausdrücklich offengelassen, was unter dem "Einkommen" i.S. des § 47 Abs.2 Satz 1 KStG zu verstehen ist (vgl. BFH-Urteil vom 9.Dezember 1987 I R 35/86, BFHE 151, 566, BStBl II 1988, 466). Der Senat muß zu dieser Frage in dem vorliegenden eine Nichtzulassungsbeschwerde betreffenden Verfahren nicht Stellung nehmen.

Der von der Klägerin vor dem FG gestellte Antrag ist auf Ansatz eines anderweitigen Einkommens im Körperschaftsteuerbescheid 1982 gerichtet, der gemäß § 47 Abs.2 Satz 2 KStG 1977 für Zwecke der Gliederungsrechnung als Grundlagenbescheid gilt. Allerdings ist der Körperschaftsteuerbescheid nur dann anfechtbar, wenn er einen fingiert festzustellenden Ansatz des Einkommens enthält. Daran fehlt es im Streitfall. Der Körperschaftsteuerbescheid 1982 vom 12.März 1986 geht von einem Fehlbetrag in Höhe von 49 330 DM aus, dem ein Betrag nach § 60 Abs.3 Satz 1 der Einkommensteuer-Durchführungsverordnung (EStDV) von 93 584 DM und gezahlte Spenden und nicht als Betriebsausgaben abziehbare Beträge von 700 DM gegenübergestellt werden. Von der von diesen Beträgen gebildeten Zwischensumme von 44 954 DM werden abziehbare Spenden nach § 9 Nr.3 KStG 1977 in Höhe von 700 DM abgezogen, was eine Zwischensumme von 44 252 DM ergibt. Von dieser Zwischensumme wird der Verlustabzug aus den Jahren 1977 bis 1981 in Höhe von 3 842 DM und der Verlustrücktrag aus 1984 in Höhe von 40 412 DM abgezogen, was ein zu versteuerndes Einkommen von Null DM ergibt. Damit findet sich an keiner Stelle der feststellende Verfügungssatz, der Aufschluß darüber geben könnte, welcher Betrag als Einkommen i.S. des § 47 Abs.2 Satz 2 KStG 1977 als festgestellt gilt.

Das FG hat in der Vorentscheidung die dem Körperschaftsteuerbescheid 1982 vom 12.März 1986 entnommenen Besteuerungsgrundlagen in tatsächlicher Hinsicht nicht ausdrücklich festgestellt. Der Senat kann sie dennoch bei der Entscheidung berücksichtigen, weil das FG in der Vorentscheidung auf den Bescheid vom 12.März 1986 Bezug genommen hat. Damit gelten die in ihm unstreitig angesetzten Besteuerungsgrundlagen als i.S. des § 118 Abs.2 FGO festgestellt (Beschluß des Großen Senats des BFH vom 17.Juli 1967 GrS 3/66, BFHE 91, 213, BStBl II 1968, 285).

Fehlt es an dem fingiert festzustellenden Ansatz eines Einkommens 1982 im Körperschaftsteuerbescheid vom 12.März 1986, so fehlt es auch an einem entsprechend fingierten Grundlagenbescheid i.S. des § 47 KStG 1977. Dennoch ist die Klage der Klägerin deshalb nicht unzulässig. Vielmehr ist zu berücksichtigen, daß die Finanzverwaltung eine förmlich fingierte Feststellung des Einkommens im Körperschaftsteuerbescheid für entbehrlich hält. Nach Auffassung der Finanzverwaltung geht die in § 47 Abs.2 Satz 2 KStG 1977 i.V.m. § 182 Abs.1 der Abgabenordnung (AO 1977) vorgeschriebene Bindungswirkung von dem Einkommen aus, das das FA der Feststellung der Körperschaftsteuer 1982 zugrunde gelegt hat, auch wenn der Bescheid das Einkommen betragsmäßig nicht ausweist. Der Bescheid vom 12.März 1986 enthält damit den "Schein des Ansatzes eines Einkommens", von dem die Klägerin behauptet, daß es zu hoch fingiert festgestellt worden sei. Prozessual gesehen ist die Klägerin berechtigt, Anfechtungsklage auch gegen den Schein eines (hier: fingierten) Feststellungsbescheides zu erheben (vgl. BFH-Urteil vom 16.März 1988 I R 188/84, BFHE 153, 219, BStBl II 1988, 683).

Obwohl die Klage zulässig ist, käme der erkennende Senat nicht zur Klärung der von der Klägerin in der Nichtzulassungsbeschwerde angeschnittenen Rechtsfragen. Der Senat müßte die Sache an das FG zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurückverweisen, ohne zu den angeschnittenen materiell-rechtlichen Fragen Stellung nehmen zu können.

Der Senat müßte die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das FG zurückverweisen, um dem FA die Gelegenheit zu geben, die bisher fehlende Feststellung des Einkommens in dem Körperschaftsteuerbescheid durch Erlaß eines Ergänzungsbescheides gemäß § 179 Abs.3 AO 1977 nachzuholen. Die Klägerin erhielte damit die Möglichkeit, durch den Antrag nach § 68 FGO den Rechtsstreit gegen den Ergänzungsbescheid fortzuführen (vgl. BFHE 153, 219, BStBl II 1988, 683).

Eine Klärung der von der Klägerin in der Nichtzulassungsbeschwerde angeschnittenen Rechtsfragen wäre auch dann nicht möglich, wenn das FA während des Revisionsverfahrens den Ergänzungsbescheid gemäß § 179 Abs.3 AO 1977 erlassen würde und die Klägerin dann den Antrag nach § 68 FGO stellte. In diesem Fall müßte der Senat die Sache an das FG gemäß § 127 FGO zurückverweisen, ohne zu den von der Klägerin in der Nichtzulassungsbeschwerde angeschnittenen Rechtsfragen Stellung nehmen zu können (vgl. BFH-Urteil vom 4.Februar 1987 I R 200/82, BFH/NV 1988, 373).

 

Fundstellen

Haufe-Index 62110

BFH/NV 1989, 2

BStBl II 1989, 104

BFHE 154, 486

BFHE 1989, 486

BB 1989, 61-61 (L)

DB 1989, 87-88 (LT)

HFR 1989, 139 (LT)

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