Entscheidungsstichwort (Thema)

Bauherrengemeinschaften - Feststellungsverjährung - Mietgarantiegebühren - Vertrauensschutz

 

Leitsatz (NV)

1. Zur Feststellungsverjährung bei der Änderung von Feststellungsbescheiden für Bauherrengemeinschaften (Aussetzung der Vollziehung).

2. Zur Beurteilung von Mietgarantiegebühren.

3. Zum Vertrauensschutz bei Änderung eines Bescheids.

4. Keine Anwendung des Übergangserlasses vom 14. März 1990, BStBl I 1990, 147 im finanzgerichtlichen Anfechtungsverfahren gegen Feststellungsbescheide.

 

Normenkette

AO 1977 §§ 169, 170 Abs. 2-3, § 171 Abs. 3, 176, § 180 Abs. 2, § 181 Abs. 1, 5; FGO § 69; EStG § 7 Abs. 1, §§ 9, 21

 

Tatbestand

Der Antragsteller, Beschwerdeführer und Beschwerdegegner (Antragsteller) beteiligte sich an einer Bauherrengemeinschaft zur Errichtung einer Wohnanlage mit 24 Eigentumswohnungen in H, T-Straße. Treuhänderin war die S-Steuerberatungsgesellschaft mbH F (Treuhänderin). Den Vertrieb des Bauprojekts hatte das Institut für . . . übernommen. Der Antragsteller schloß mit der Treuhänderin im Dezember 1980 einen vorformulierten Treuhandvertrag, in dem er sie mit den im Zusammenhang mit der Errichtung der Eigentumswohnung Nr. 23 erforderlichen Treuhand- und Verwaltungsaufgaben betraute und ihr umfassende Vollmacht erteilte. Die Gesamtkosten sind im Treuhandvertrag mit . . . DM beziffert. Die Treuhänderin schloß im Namen des Antragstellers, wie für die übrigen Anleger, die der Verwirklichung des Bauvorhabens dienenden gleichlautenden, vorformulierten Verträge. Dazu gehören insbesondere der Grundstückskaufvertrag mit der G Wohnungsbauunternehmen GmbH & Co. KG in H, der auch die Baugenehmigung erteilt wurde, der Werkvertrag über die schlüsselfertige Errichtung des Gebäudes zu einem Pauschalfestpreis, der Architektenvertrag, ein Bürgschafts- und Garantievertrag, ein Finanzierungsvermittlungsvertrag, ein Vermietungsgarantievertrag mit der G Bau GmbH & Co. KG vom November 1980, ein Zwischenmietvertrag mit der G GmbH Immobilien Bewirtschaftungs- und Verwaltungsgesellschaft & Co. KG vom März 1982 sowie die Darlehensverträge zur Finanzierung des Bauvorhabens. In dem Vermietungsgarantievertrag verpflichtet sich die Garantiegeberin, die Vermietung des Bauvorhabens zu besorgen und garantiert für einen Zeitraum von fünf Jahren die Zahlung eines monatlichen Mietzinses in bestimmter Höhe. Grundlage des Vertragswerks war ein Vertriebsprospekt mit einer detaillierten Beschreibung der Planung und Finanzierung des Gesamtobjekts. Auf Grund dieses Vertragswerks hatte der Antragsteller mehrere Gebühren und Provisionen zu zahlen, die in dem Gesamtentgelt enthalten sind; um die sofortige Abziehbarkeit eines Teils dieser Aufwendungen als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung streiten die Beteiligten.

Das Bauvorhaben wurde 1982 fertiggestellt.

Die Treuhänderin reichte im November 1980 beim damals zuständigen Finanzamt F verschiedene Unterlagen zum Zwecke der Prüfung der vorläufigen Werbungskosten-Überschüsse ein. Das Finanzamt teilte der Treuhänderin mit Verfügung vom 3. Februar 1981 mit, die Bauherrengemeinschaft werde unter einer bestimmten Steuernummer geführt und forderte sie auf, vor dem Erlaß des Feststellungsbescheides für 1980 weitere Verträge und Urkunden sowie eine Werbungskostenaufstellung für die Bauphase vorzulegen. Die Treuhänderin gab die Erklärungen zur gesonderten und einheitlichen Feststellung der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung für die Bauherrengemeinschaft für das Streitjahr 1980 im November 1982 und für das Streitjahr 1982 im November 1983 ab. In den Feststellungserklärungen sind die Überschüsse der Werbungskosten über die Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung für 1980 mit insgesamt . . . DM und für 1982 mit . . . DM ausgewiesen und auf die Anleger verteilt. Das Finanzamt F erließ zunächst für die Streitjahre auf der Grundlage der Feststellungserklärungen Feststellungsbescheide über die teilweise gesonderte und einheitliche Feststellung der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung nach § 180 Abs. 2 der Abgabenordnung (AO 1977). Diese Bescheide standen unter dem Vorbehalt der Nachprüfung (§ 164 Abs. 1 Satz 1 AO 1977). Am 30. Oktober 1986 gab das Finanzamt einen gemäß § 164 Abs. 2 AO 1977 geänderten Feststellungssammelbescheid zur Post, in dem es die Werbungskostenüberschüsse für 1980 auf . . . DM und für 1982 auf . . . DM herabsetzte und auf die Anleger verteilte. Dabei kürzte es den anteiligen Werbungskostenüberschuß des Antragstellers für das Streitjahr 1980 um die Bürgschaftsgebühren, die Finanzierungsbearbeitungsgebühren und die Finanzierungsgarantiegebühren sowie einen Teil der Zinsgarantiegebühren und der Gebühren für die Übernahme der Notar- und Grundbuchkosten. Für 1982 versagte es den Abzug der Mietgarantiegebühr von . . . DM. Die nach Ansicht des Finanzamts nicht sofort abziehbaren Aufwendungen rechnete es den Herstellungskosten zu, weil die Gebühren insoweit nicht angemessen oder nicht erforderlich gewesen seien. Die Mietgarantiegebühr ließ es nicht zum Abzug zu, weil der Garantiegeber mit dem Zwischenmieter identisch bzw. verbunden sei. Die geänderten Feststellungsbescheide gab das Finanzamt der Treuhänderin und jedem Bauherrn bekannt. Über den Einspruch gegen die geänderten Feststellungsbescheide hat es noch nicht entschieden. Den Antrag auf Aussetzung der Vollziehung der Feststellungsbescheide wies es mit Verfügung vom 4. Mai 1987 ab.

Dem daraufhin beim Finanzgericht (FG) gestellten Antrag auf Aussetzung der Vollziehung der Feststellungsbescheide für 1980 und 1982 gab das FG in bezug auf den Feststellungsbescheid für 1980 statt; den Antrag betreffend den Feststellungsbescheid 1982 wies es ab. Während des finanzgerichtlichen Verfahrens ist das Finanzamt M (Antragsgegner, Beschwerdegegner und Beschwerdeführer - FA -) als zuständiges Finanzamt an die Stelle des Finanzamts F getreten.

Gegen den Aussetzungsbeschluß des FG richten sich die vom FG zugelassenen Beschwerden des Antragstellers und des FA. Der Antragsteller wendet sich gegen die Ablehnung der Aussetzung der Vollziehung für 1982 mit der Begründung, er sei entgegen der Ansicht des FG Bauherr gewesen. Die Grundsätze des Urteils des erkennenden Senats vom 14. November 1989 IX R 197/84 (BFHE 158, 546, BStBl II 1990, 299) seien nicht anwendbar. Aufgrund der durchgeführten Bauherrenversammlung seien die Anleger jederzeit in der Lage gewesen, das Baugeschehen zu beherrschen. Sie hätten die gesamte Planung ,,kippen" können, ohne daß es wie in dem Senatsurteil der schriftlichen Zustimmung der Treuhänderin bedurft hätte. Die im Prospekt genannten Gesamtkosten seien keine Höchstwerte gewesen; die kalkulierten Gesamtkosten hätten sich durch Abwahl einzelner Dienstleistungsverträge ändern können. Die Abwahl einzelner Verträge sei aber zwangsläufig dadurch begrenzt gewesen, daß die Baumaßnahme im Rahmen einer Bauherrengemeinschaft durchgeführt worden sei. Dem Antragsteller sei kein vorformuliertes Vertragswerk vorgelegt worden. Vielmehr seien seine Verträge ausgehandelt.

Im Werkvertrag sei die Anwendung der Verdingungsordnung für Bauleistungen (VOB Teil B) vereinbart. Das FA habe die an der Bauherrengemeinschaft Beteiligten nicht zur Abgabe von Feststellungserklärungen aufgefordert und der Treuhänderin keine Erklärungsvordrucke zugesandt. Der Antragsteller beantragt, den Beschluß des FG aufzuheben und dem Antrag auf Aussetzung der Vollziehung stattzugeben sowie die Beschwerde des FA zurückzuweisen. Das FA beantragt, den Beschluß des FG aufzuheben, soweit dem Antrag auf Aussetzung der Vollziehung für das Jahr 1980 stattgegeben wurde, und den Antrag auf Aussetzung der Vollziehung vom 1. Juni 1987 als unbegründet zurückzuweisen, sowie die Beschwerde des Antragstellers als unbegründet zurückzuweisen.

Das FG habe für das Streitjahr 1980 zu Unrecht Feststellungsverjährung angenommen. Die Treuhänderin sei zur Abgabe von Feststellungserklärungen verpflichtet gewesen, so daß der Beginn der Feststellungsverjährung nach § 170 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AO 1977 hinausgeschoben gewesen sei. Die Feststellungserklärungen seien der Treuhänderin im Rahmen des allgemeinen Steuererklärungsversandes zugesandt worden. Eine ausdrückliche Aufforderung zur Abgabe der Feststellungserklärungen durch Formblatt sei nicht erfolgt. Die vom Antragsteller beantragte Aussetzung der Vollziehung des Feststellungsbescheids für 1982 könne auch dann nicht erfolgen, wenn man die Anleger des Bauherrenmodells nicht als Erwerber, sondern als Bauherrn beurteile. Die umstrittenen Aufwendungen seien dann den Anschaffungskosten des Grund und Bodens und den Herstellungskosten des Gebäudes zuzurechnen.

 

Entscheidungsgründe

Die Beschwerden sind unbegründet. Das FG hat zutreffend entschieden, daß nur an der Rechtmäßigkeit des Feststellungsbescheids für 1980 ernstliche Zweifel bestehen.

Gemäß § 69 Abs. 3 i. V. m. Abs. 2 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) kann das Gericht der Hauptsache die Vollziehung eines angefochtenen Verwaltungsakts wegen ernstlicher Zweifel an dessen Rechtmäßigkeit aussetzen. Ernstliche Zweifel liegen nach der ständigen Rechtsprechung (seit dem Beschluß des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 10. Februar 1967 III B 9/66, BFHE 87, 447, BStBl III 1967, 182) vor, wenn neben für die Rechtmäßigkeit sprechenden Umständen gewichtige, gegen die Rechtmäßigkeit sprechende Gründe zutage treten, die Unentschiedenheit oder Unsicherheit in der Beurteilung der Rechtsfragen oder Unklarheit in der Beurteilung der Tatfragen bewirken. Dies ist aufgrund einer summarischen Prüfung der tatsächlichen und rechtlichen Grundlagen des Feststellungsbescheids zu entscheiden, wobei die Erforschung des Sachverhalts von Amts wegen nach § 76 FGO so weit gehen muß, daß entschieden werden kann, ob ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsakts bestehen. Die Beweisaufnahme ist auf präsente Beweismittel beschränkt (BFH-Beschluß vom 23. Juli 1968 II B 17/68, BFHE 92, 440, BStBl II 1968, 589, und Urteil vom 4. Mai 1977 I R 162-163/76, BFHE 123, 3, BStBl II 1977, 765). Diese Grundsätze gelten auch, wenn die Feststellung eines höheren als des festgestellten Werbungskostenüberschusses im Rahmen einer gesonderten und einheitlichen Feststellung von Einkünften aus Vermietung und Verpachtung begehrt wird (BFH-Beschluß vom 14. April 1987 GrS 2/85, BFHE 149, 493, BStBl II 1987, 637, 641, m. w. N.). Bei Anwendung dieser Grundsätze erweist sich die Entscheidung der Vorinstanz als zutreffend.

I. Beschwerde des FA betreffend Feststellungsbescheid 1980

Das FG hat zutreffend entschieden, daß ernstliche Zweifel daran bestehen, ob bei Bekanntgabe des Änderungsbescheids im Jahre 1986 bereits Feststellungsverjährung eingetreten war und der Feststellungsbescheid aus diesem Grunde rechtswidrig ist.

1. Nach § 181 Abs. 1 Satz 1 i. V. m. § 169 Abs. 1 Satz 1 AO 1977 ist die Änderung eines Feststellungsbescheides nicht mehr zulässig, wenn die Verjährungsfrist abgelaufen ist. Die Feststellungsfrist für das Streitjahr 1980 endete gemäß §§ 181 Abs. 1 Satz 1, 169 Abs. 2 Nr. 2 und 170 Abs. 1 AO 1977 mit Ablauf des 31. Dezember 1984. Der 1986 erlassene Feststellungsbescheid durfte danach nur dann ergehen, wenn der Beginn der Feststellungsfrist nach § 170 Abs. 2 oder 3 AO 1977 hinausgeschoben (Anlaufhemmung) oder nach Ablauf der Feststellungsfrist nach § 171 AO 1977 gehemmt war (Ablaufhemmung).

2. Bei summarischer Prüfung sprechen gewichtige Gründe gegen eine Anlaufhemmung nach § 170 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AO 1977. Der erkennende Senat hat im Urteil vom 17. August 1989 IX R 76/88 (BFHE 159, 398, BStBl II 1990, 411) entschieden, daß auch schon vor Inkrafttreten der Neufassung des § 180 Abs. 2 AO 1977 durch das StBereinG 1986 für Bauherren und Erwerbergemeinschaften, die Eigentumswohnungen errichteten, gesonderte und einheitliche Feststellungen der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung durchgeführt werden konnten und daß die für diese Gemeinschaften handelnden Personen unter den Voraussetzungen des § 58 der Einkommensteuer-Durchführungsverordnung (EStDV) i. V. m. § 34 Abs. 3 AO 1977 zur Abgabe von Feststellungserklärungen verpflichtet waren. Diese Verpflichtung bestand jedoch erst vom Zeitpunkt der Aufforderung durch das Finanzamt an, Feststellungserklärungen abzugeben. Erst von diesem Zeitpunkt an bestand eine gesetzliche Erklärungspflicht, so daß der Beginn der Feststellungsfrist nach § 170 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AO 1977 nur dann hinausgeschoben wird, wenn das Finanzamt den Erklärungspflichtigen rechtzeitig zur Abgabe der Feststellungserklärung aufgefordert hat.

a) Die Aufforderung zur Abgabe der Feststellungserklärungen war nicht deshalb entbehrlich, weil die FÄ seinerzeit durch Verwaltungserlasse angewiesen waren, für Bauherrengemeinschaften, die Eigentumswohnungen in Wohnblocks errichteten, stets gesonderte und einheitliche Feststellungen durchzuführen (Schreiben des Bundesministers der Finanzen - BMF - vom 21. Mai 1979 IV A 7 - S 0361 - 12/79, BStBl I 1979, 286 und vom 12. Oktober 1982 IV A 7 - S 0361 - 28/82, BStBl I 1982, 808). Diese Verwaltungsanweisungen hatten keine Außenwirkung. Sie konnten deshalb eine gesetzliche Pflicht zur Abgabe der Feststellungserklärungen nicht begründen.

b) Ob das FA im Streitfall die Treuhänderin oder die Anleger rechtzeitig aufgefordert hat, Feststellungserklärungen abzugeben, ist zwischen den Beteiligten umstritten. Eine förmliche Aufforderung ist auch nach dem Vortrag des FA nicht erfolgt. Es behauptet, es habe der Treuhänderin im Rahmen des allgemeinen Steuererklärungsversandes Erklärungen zugesandt. Für die Richtigkeit seines Vortrags könnte sprechen, daß die Bauherrengemeinschaft beim FA unter einer bestimmten Steuernummer geführt wurde und das Finanzamt F die Treuhänderin mit Verfügung vom 3. Februar 1981 aufgefordert hatte, vor Erteilung des Feststellungsbescheids für 1980 Verträge und weitere Unterlagen einzureichen. Es läßt sich indes nicht mit der erforderlichen Sicherheit ausschließen, daß die Treuhänderin die Feststellungserklärung für 1980 unaufgefordert abgegeben hat, um möglichst bald eine gesonderte und einheitliche Feststellung der Werbungskostenüberschüsse zu erreichen. Nach dem Vortrag des Antragstellers hat das Finanzamt F der Treuhänderin keine Erklärungsvordrucke zugesandt. Da das Finanzamt für die ihm günstige Tatsache des Erklärungsversands beweispflichtig ist, aber keine präsenten Beweismittel vorgelegt hat, gehen insoweit Zweifel zu seinen Lasten.

3. Gegen die Rechtsansicht, der Beginn der Feststellungsverjährung könne nach § 181 Abs. 1 Satz 1 i. V. m. § 170 Abs. 3 AO 1977 hinausgeschoben sein, bestehen ebenfalls gewichtige Bedenken. Nach dieser Vorschrift beginnt die Frist für die Änderung einer Festsetzung nicht vor Ablauf des Kalenderjahres der Antragstellung, wenn eine Steuer oder eine Steuervergütung nur auf Antrag festgesetzt wird. Die Vorschrift greift ihrem Wortlaut nach nicht ein. Gesonderte und einheitliche Feststellung bei Bauherrengemeinschaften konnten nach § 180 Abs. 2 AO 1977 a. F. nicht ,,nur" auf Antrag durchgeführt werden. Das FA konnte sie auch von Amts wegen durchführen, z. B. dann, wenn die Erklärungspflichtigen trotz Aufforderung keine Erklärung abgaben. § 170 Abs. 3 AO 1977 ist auch der gesetzgeberischen Zielsetzung nach nicht auf Fälle wie den Streitfall zugeschnitten. Die Vorschrift soll es dem FA ermöglichen, eine auf Antrag erfolgt erstmalige Festsetzung in Ruhe zu prüfen, insbesondere dann, wenn der Antrag auf Festsetzung erst kurz vor Ablauf der regulären Verjährungsfrist gestellt wird (Begründung zu § 151 des Entwurfs einer Abgabenordnung - AO 1974 -, BT-Drucks VI/1982 S. 150; vgl. auch das BFH-Urteil vom 9. März 1990 VI R 87/89, BFHE 160, 202, BStBl II 1990, 608). Ist die Festsetzung von einem Antrag des Steuerpflichtigen abhängig, soll er es nicht in der Hand haben, durch späte Antragstellung eine gründliche Prüfung des Falls zu verhindern. Hat das FA dagegen, wie im Streitfall, die Möglichkeit, die Feststellung oder Festsetzung auch von Amts wegen durchzuführen, besteht keine Abhängigkeit von der Antragstellung; der Steuerpflichtige kann das FA durch verspätete Antragstellung nicht in ,,Zugzwang" bringen. § 170 Abs. 3 AO 1977 wird auch im Schrifttum nur in solchen Fällen für anwendbar gehalten, in denen die (erstmalige) Festsetzung ausschließlich auf Antrag erfolgt, z. B. auf Einkommensteuerfestsetzungen nach § 46 Abs. 2 Nr. 7 und 8 des Einkommensteuergesetzes (EStG), auf den Lohnsteuer-Jahresausgleich nach § 42 Abs. 2 EStG (dazu das BFH-Urteil in BFHE 160, 202, BStBl II 1990, 608) sowie auf antragsgebundene Prämien und Zulagen (vgl. Hölling in Koch, Abgabenordnung, 3. Aufl., § 170 Rz. 12; Tipke / Kruse, Abgabenordnung - Finanzgerichtsordnung, 13. Aufl., § 170 AO 1977 Anm. 5).

4. Ablaufhemmung nach § 181 Abs. 1 Satz 1 i. V. m. § 171 Abs. 3 Satz 1 AO 1977 ist nicht eingetreten. Selbst wenn man die Abgabe der Feststellungserklärung durch die Treuhänderin als Antrag im Sinne dieser Vorschrift ansehen wollte, wäre sie nicht anwendbar, weil das Finanzamt F über den Antrag jedenfalls durch Bekanntgabe der erstmaligen, wenn auch unter dem Vorbehalt der Nachprüfung stehenden Feststellungsbescheide entschieden hat. Diese Bescheide sind unanfechtbar geworden. Unter Unanfechtbarkeit i. S. der Vorschrift ist die formelle Bestandskraft zu verstehen. Auch Bescheide, die gemäß § 164 Abs. 1 AO 1977 unter dem Vorbehalt der Nachprüfung stehen, werden unanfechtbar, wenn sie, wie im Streitfall, nicht rechtzeitig angefochten werden (vgl. das BFH-Urteil vom 19. Dezember 1985 V R 167/82, BFHE 145, 457, BStBl II 1986, 420, Abschn. II 2 b).

5. Dafür, daß Ablaufhemmung nach § 171 Abs. 4 Satz 1 AO 1977 eingetreten sein könnte, ergeben sich aus dem Akteninhalt keine Anhaltspunkte.

6. Das FG hat schließlich auch zutreffend entschieden, daß sich der Erlaß des geänderten Feststellungsbescheids für das Streitjahr 1980 nach Ablauf der Feststellungsfrist nicht auf § 181 Abs. 5 AO 1977 i. d. F. des StBereinG 1986 (früher Abs. 4) stützen läßt. Jedenfalls wäre der Feststellungsbescheid deshalb rechtswidrig, weil es an dem erforderlichen Hinweis nach § 181 Abs. 5 Satz 2 dieser Vorschrift fehlt (vgl. dazu das Senatsurteil in BFHE 159, 398, BStBl II 1990, 411).

II. Beschwerde des Antragstellers betreffend den geänderten Feststellungsbescheid 1982

Die Beschwerde des Antragstellers ist ebenfalls unbegründet. Es bestehen keine ernstlichen Zweifel daran, daß der geänderte Feststellungsbescheid für 1982 rechtmäßig ist.

1. Bei seiner Absendung an die Treuhänderin und die Anleger am 30. Oktober 1986 war noch keine Feststellungsverjährung eingetreten. Die reguläre Verjährungsfrist für das Streitjahr 1982 endete mit Ablauf des 31. Dezember 1986 (§§ 181 Abs. 1 Satz 1, 169 Abs. 2 Nr. 2, 170 Abs. 1 AO 1977).

2. Bei summarischer Prüfung ist der geänderte Feststellungsbescheid für 1982 auch in materiell-rechtlicher Hinsicht nicht zu beanstanden.

a) Das FG hat in Übereinstimmung mit dem Urteil des erkennenden Senats in BFHE 158, 546, BStBl II 1990, 299 entschieden, daß Anleger, die sich an Bauherrenmodellen wie dem vorliegenden beteiligen, nicht als Bauherren, sondern als Erwerber zu beurteilen sind und daß deshalb sämtliche Aufwendungen, die sie im Zusammenhang mit der Errichtung des Bauvorhabens leisten, grundsätzlich zu den Anschaffungskosten zu rechnen sind. Der Sachverhalt im Streitfall weist gegenüber dem Sachverhalt, den der erkennende Senat im Urteil in BFHE 158, 546, BStBl II 1990, 299 zu beurteilen hatte, keine so gewichtigen Unterschiede auf, daß eine abweichende Beurteilung gerechtfertigt wäre. Der Antragsteller hat sich zusammen mit den anderen Anlegern aufgrund eines Bündels von vorformulierten Verträgen an der Bauherrengemeinschaft beteiligt. Sein Vortrag, die Verträge seien nicht vorformuliert gewesen, wird durch die in den Akten befindlichen Urkunden, die den gleichen Inhalt haben wie in den mehr als hundert beim Senat anhängigen gleichartigen Fällen, widerlegt. Soweit erkennbar, ist der Vertragswortlaut in keinem Fall gegenüber den vordruckmäßigen Vertragsformularen geändert worden. Der Antragsteller wurde umfassend von der Treuhänderin vertreten. Die Verträge konnten nur in ihrer Gesamtheit zu dem von den Bauherren erstrebten Ziel, der Übertragung einer bezugsfertigen Eigentumswohnung, führen. Eine Möglichkeit der Anleger, auf die Planung und Durchführung des Bauvorhabens Einfluß zu nehmen und das Baugeschehen zu beherrschen, besteht bei einem so umfangreichen Bauvorhaben wie im Streitfall, das noch dazu vor dem Beitritt der Bauherren bereits in allen Einzelheiten geplant ist, praktisch nicht. Sie steht, wenn die Einflußnahme in den Verträgen vorgesehen sein sollte, nur auf dem Papier. Daran ändert sich auch dann nichts, wenn die Anleger vor Baubeginn eine Bauherrenversammlung abhalten. Die Einflußnahme der Anleger auf das Baugeschehen war im Streitfall zudem zusätzlich dadurch beschränkt, daß sie nach § 1 Abs. 3 des Werkvertrages mit dem Bauunternehmer ihre Rechte nur durch die Treuhänderin ausüben durften und daß die Baugenehmigung schon vor dem Beitritt der Anleger zur Bauherrengemeinschaft der G Wohnungsbauunternehmen GmbH & Co. KG erteilt wurde. Die Vereinbarung der VOB (B) im Werkvertrag kann an der Beurteilung der Anleger als Erwerber im einkommensteuerrechtlichen Sinn nichts ändern. Denn durch diese Vereinbarung wurde die Einflußmöglichkeit der Anleger nicht erweitert. Das FG hat danach zutreffend entschieden, daß sämtliche Aufwendungen des Antragstellers im Zusammenhang mit der Errichtung der Eigentumswohnung grundsätzlich zu seinen Anschaffungskosten gehören.

b) Der Senat hat in dem Urteil in BFHE 158, 546, BStBl II 1990, 299 (Abschn. V) offengelassen, welche Aufwendungen ausnahmsweise nicht den Anschaffungskosten des bebauten Grundstücks zuzurechnen sein könnten. Voraussetzung für den sofortigen Abzug ist jedenfalls, daß es sich um Aufwendungen handelt, die von den Anschaffungskosten einwandfrei abgrenzbar sind und nicht mit der Übertragung des bebauten Grundstücks wirtschaftlich zusammenhängen. Voraussetzung für den sofortigen Abzug ist nach der Rechtsprechung des Senats außerdem, daß die Gegenleistung abwählbar ist und sich das Gesamtentgelt entsprechend ermäßigt und daß die Abwahlmöglichkeit und die Ermäßigung klar und eindeutig in den Verträgen zum Ausdruck kommen. Zu den sofort abziehbaren Aufwendungen können, wie der Senat in Abschn. VI des Urteils dargelegt hat, unter diesen Voraussetzungen insbesondere die Aufwendungen für die Vermietung des Grundstücks gehören. Zu diesen Aufwendungen könnten auch die umstrittenen Mietgarantiegebühren zu rechnen sein.

Im Streitfall fehlt es an klaren und eindeutigen Vereinbarungen über die Abwählbarkeit. In Abschn. V Nr. 2 des Treuhandvertrages ist lediglich ausgeführt, daß für die Bemessung der an die Treuhänderin zu zahlenden Vergütung ohne Berücksichtigung bleibt, wenn die tatsächlichen Gesamtkosten gegenüber den kalkulierten Gesamtkosten deshalb eine Änderung erfahren, weil der Treugeber (Anleger) einzelne Leistungen, deren Provision im kalkulierten Gesamtaufwand enthalten waren, nicht in Anspruch nimmt. Eine klare und eindeutige Vereinbarung darüber, daß auch die von der G Bau GmbH & Co. KG übernommene Vermietungsgarantie abwählbar war und daß sich bei Abwahl das Gesamtentgelt verminderte, ist darin nicht zu sehen. In Abschn. II des Treuhandvertrags, in dem die von der Treuhänderin im einzelnen abzuschließenden Verträge aufgezählt werden, u. a. auch der Vermietungsgarantievertrag, ist nicht vereinbart, daß der Anleger einzelne dieser Verträge abwählen kann.

Selbst wenn man davon ausgeht, daß das Entgelt für die Vermietungsgarantie durch die G Bau GmbH & Co. KG nach den Grundsätzen des Urteils des erkennenden Senats zu den sofort abziehbaren Werbungskosten gehören könnten, bestünden an der Rechtmäßigkeit des geänderten Feststellungsbescheids für 1982 keine Zweifel. Es ist dann zu prüfen, ob die behauptete Garantieleistung und das dafür entrichtete Entgelt den tatsächlichen Gegebenheiten entsprechen, insbesondere angemessen sind (Abschn. V 2 c des Senatsurteils). Auch unter diesem Gesichtspunkt ist die Entscheidung des Finanzamts, die Mietgarantiegebühr nicht sofort zum Abzug zuzulassen, bei summarischer Prüfung nicht zu beanstanden. Sind Garantiegeber und Mieter, wie im Streitfall, wirtschaftlich und persönlich verflochten, so ist die Zahlung eines Entgelts für die Garantie, einen Mietvertrag abzuschließen und eine bestimmte Miete für einen bestimmten Zeitraum zu zahlen, regelmäßig unangemessen. Die Garantie ist wirtschaftlich gesehen wertlos. Bei Zahlungsunfähigkeit des Mieters wird in aller Regel auch der Garantiegeber zahlungsunfähig sein und umgekehrt. Der Garantiegeber garantiert außerdem nur etwas, wozu der die Unternehmensgruppe beherrschende Initiator und die als Zwischenmieterin auftretende Gesellschaft der Unternehmensgruppe ohnehin bereit und in der Lage sind.

3. Der Anwendung der Rechtsgrundsätze des Urteils des erkennenden Senats in BFHE 158, 546, BStBl II 1990, 299 stehen § 176 Abs. 1 Nr. 3 und § 176 Abs. 2 AO 1977 nicht entgegen. Der Senat läßt offen, ob dieses Urteil gegenüber der bisherigen Rechtsprechung eine Änderung darstellt. § 176 Abs. 1 Nr. 3 AO 1977 ist, wie der Senat im Urteil vom 31. März 1987 IX R 111/86 (BFHE 150, 7, 12, BStBl II 1987, 668) entschieden hat, nur anwendbar, wenn das FA dem angefochtenen Bescheid die neue, für den Steuerpflichtigen ungünstige Rechtsprechung zugrundegelegt hat.

Entsprechends gilt für § 176 Abs. 2 AO 1977 (BFH-Urteil vom 11. Oktober 1988 VIII R 419/83, BFHE 155, 298, 305, BStBl II 1989, 284, 287). Das FA ist jedoch im Streitfall nicht von den Grundsätzen des Senatsurteils, sondern von der bei Bekanntgabe des Änderungsbescheids geltenden Verwaltungsanweisung ausgegangen.

Aus dem Schreiben des BMF vom 14. März 1990 IV B 3 - S 2253 a - 11/90 (BStBl I 1990, 147 - Übergangserlaß) lassen sich ebenfalls keine Zweifel an der Rechtmäßigkeit des geänderten Feststellungsbescheids 1982 herleiten. Nach diesem Übergangserlaß sind die Grundsätze des Senatsurteils in BFHE 158, 546, BStBl II 1990, 299 nicht anzuwenden, soweit sie zu einer Verschärfung der Besteuerung gegenüber der bisherigen geltenden Verwaltungspraxis führen und der Steuerpflichtige dem Bauherrenmodell oder dem vergleichbaren Modell vor dem 1. Juni 1990 beigetreten ist. Derartige Übergangserlasse sind, wenn sie eine ausreichende Rechtsgrundlage haben, auch von den Steuergerichten zu beachten (Beschluß des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes vom 19. Oktober 1971 Gms-OGB 3/70 (BStBl II 1972, 603, 609; BFH-Urteil vom 15. Januar 1986 II R 141/83, BFHE 145, 453, BStBl II 1986, 418, m. w. N.; vgl. auch BFH-Urteil vom 12. Januar 1989 IV R 87/87, BFHE 155, 487, BStBl II 1990, 261; aber auch Tipke / Kruse, a. a. O., § 227 AO 1977 Tz. 24). Seit Inkrafttreten der AO 1977 können die Steuergerichte Übergangserlasse jedoch nicht mehr im Anfechtungsverfahren gegen Steuerbescheide bzw. Feststellungsbescheide berücksichtigen (BFH-Urteil vom 28. November 1980 VI R 226/77, BFHE 132, 264, BStBl II 1981, 319; Senatsurteil vom 28. April 1987 IX R 40/81, BFH/NV 1987, 712).

 

Fundstellen

Haufe-Index 417249

BFH/NV 1991, 159

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