Entscheidungsstichwort (Thema)

Vertretungsbefugnis nach BFHEntlG bei Steuerberatungsgesellschaften

 

Leitsatz (NV)

Eine Steuerberatungsgesellschaft ist nicht befugt, in eigener Sache Revision zum BFH einzulegen. Das gilt auch dann, wenn sie von ihrem Geschäftsführer, der Steuerberater ist, als gesetzlichem Vertreter vertreten wird.

 

Normenkette

BFHEntlG Art. 1 Nr. 1

 

Tatbestand

Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin), eine in der Rechtsform einer GmbH betriebene Steuerberatungsgesellschaft, beantragte bei dem Beklagten und Revisionsbeklagten (Beklagten) ihr gemäß § 50 Abs. 3 des Steuerberatungsgesetzes (StBerG) zu genehmigen, den bei ihr angestellten Beigeladenen zu 2 als ,,besonders befähigte Kraft anderer Fachrichtung" zu ihrem - weiteren - Geschäftsführer bestellen zu dürfen. Der Beklagte lehnte die beantragte Genehmigung ab. Die Klage der Klägerin blieb erfolglos. Mit der Revision beantragt die Klägerin, unter Aufhebung der Vorentscheidung den Beklagten zu verpflichten, ihr die beantragte Genehmigung zu erteilen. Der Beklagte und die Beigeladene zu 1, die zuständige Steuerberaterkammer, beantragen, die Revision zurückzuweisen.

Die Revision wurde mit Revisionsschrift vom 14. Februar 1985 auf dem Briefbogen der Klägerin eingelegt. Im Rubrum ist ausgeführt, daß die Klägerin durch den Geschäftsführer vertreten wird; ein Prozeßbevollmächtigter ist in der Revisionsschrift nicht benannt. Der Schriftsatz schließt ab mit der mit dem Briefkopf übereinstimmenden Firmenbezeichnung der Klägerin und der Unterschrift ,,B N". Am unteren Rand des Briefbogens ist angegeben, daß der Steuerberater B N einer der beiden Geschäftsführer der Klägerin ist. Mit Schriftsatz vom 12. März 1985, der in ähnlicher Form wie die Revisionsschrift abgefaßt ist, bat die Klägerin, ,,vertreten durch den Geschäftsführer B N", um Verlängerung der Revisionsbegründungsfrist. Die Revision wurde alsdann durch den Rechtsanwalt L als Prozeßbevollmächtigten der Klägerin begründet. Die auf diesen lautende Vollmachtsurkunde vom 2. April 1985 ist mit dem Stempel und der Unterschrift des Steuerberaters B N versehen.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist unzulässig.

Nach Art. 1 Nr. 1 Satz 1 des Gesetzes zur Entlastung des Bundesfinanzhofs (BFHEntlG) muß sich vor dem Bundesfinanzhof (BFH) jeder Beteiligte durch einen Rechtsanwalt, Steuerberater oder Wirtschaftsprüfer als Bevollmächtigten vertreten lassen. Das gilt auch für die Einlegung der Revision (Art. 1 Nr. 1 Satz 2 BFHEntlG). Steuerberatungsgesellschaften sind dort nicht aufgeführt. Nach der Rechtsprechung des BFH sind Steuerberatungsgesellschaften ebenso wie Wirtschaftsprüfungsgesellschaften und Lohnsteuerhilfevereine in der Form von Kapital- und Personenhandelsgesellschaften von der Vertretungsbefugnis nach dem BFHEntlG ausgeschlossen (vgl. Beschlüsse vom 12. November 1976 III R 14-15/76, BFHE 120, 335, BStBl II 1977, 121; vom 5. September 1980 VI R 144/80, BFHE 131, 193, BStBl II 1980, 686, und vom 29. April 1981 I R 24/81, BFHE 133, 338, BStBl II 1981, 651). Sie können sich folglich auch nicht selbst vor dem BFH vertreten, denn von dem Vertretungszwang in eigenen Sachen freigestellt sind nur die Berufsträger und natürlichen Personen, die gemäß Art. 1 Nr. 1 Satz 1 BFHEntlG als Bevollmächtigte zugelassen sind (vgl. BFH-Urteil vom 9. März 1976 VII K 18/75, BFHE 118, 290, BStBl II 1976, 449). Eine nicht postulationsfähige Steuerberatungs- oder Wirtschaftsprüfungsgesellschaft kann sich hingegen durch ihre zeichnungsberechtigten Vertreter und Angestellten, die zu den Berufsträgern im Sinne des Art. 1 Nr. 1 Satz 1 BFHEntlG gehören, vertreten lassen, wenn sie diesen Prozeßvollmacht erteilt hat (vgl. BFH-Beschluß vom 2. August 1979 V R 58/76, BFHE 128, 342, BStBl II 1979, 699). Im Streitfall ist die Revision von der Klägerin, der Steuerberatungsgesellschaft selbst, eingelegt worden und folglich als Prozeßhandlung nicht wirksam.

Die Revisionsschrift vom 14. Februar 1985 weist im Briefkopf und am Schluß des Schriftsatzes (vor der Unterschrift) die Klägerin selbst als diejenige Rechtsperson aus, die das Rechtsmittel eingelegt hat. Die Erteilung einer Prozeßvollmacht und das Handeln eines Bevollmächtigten für die Klägerin geht aus dem Schriftsatz nicht hervor. Zwar wurde die Klägerin, wie sich aus dem Rubrum, der Formulierung ,,. . . lege ich hiermit Revision ein . . .", der Unterschrift und den Angaben am unteren Rand des Briefbogens ergibt, bei der Einlegung der Revision durch ihren Geschäftsführer B N vertreten, der als Steuerberater die Voraussetzungen des Art. 1 Nr. 1 Satz 1 BFHEntlG erfüllt. Dieser hat jedoch das Rechtsmittel nicht als Bevollmächtigter der Klägerin in deren Namen eingelegt, sondern in seiner Eigenschaft als Organ der Steuerberatungs-GmbH, ohne von dieser, der Klägerin, als Steuerberater bevollmächtigt zu sein. Es liegt somit keine Prozeßerklärung des Steuerberaters N, sondern eine solche der Klägerin selbst vor (vgl. BFHE 120, 335, BStBl II 1977, 121, und BFH-Beschluß vom 23. November 1978 I R 56/76, BFHE 126, 366, BStBl II 1979, 173).

Das ergibt sich auch aus dem nachfolgenden Ablauf des Revisionsverfahrens. Der Antrag auf Verlängerung der Revisionsbegründungsfrist vom 12. März 1985 entspricht in seiner Form der Revisionsschrift; er wurde wiederum von der Klägerin, vertreten durch den Geschäftsführer N als ihrem gesetzlichen Vertreter, gestellt. Erst am 2. April 1985 wurde dem Rechtsanwalt L, der später die Revision begründete, von der Klägerin, vertreten durch den Geschäftsführer B N, eine Prozeßvollmacht für das Revisionsverfahren erteilt. Dieser Bevollmächtigte konnte aber nicht mehr wirksam namens der Klägerin Revision einlegen, weil im Zeitpunkt seiner Bevollmächtigung die Revisionsfrist bereits abgelaufen war.

Die von der nichtpostulationsfähigen Klägerin eingelegte Revision kann nicht in eine solche ihres Organs, des Geschäftsführers und Steuerberaters B N, umgedeutet werden; denn umdeutungsfähig ist nur der Inhalt einer Erklärung, nicht auch die Person des Erklärenden (BFHE 126, 366, BStBl II 1979, 173). Auch eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Revisionsfrist (§ 56 der Finanzgerichtsordnung - FGO -) kommt nicht in Betracht. Das angefochtene BFH-Urteil enthält in seiner Rechtsmittelbelehrung einen eingehenden Hinweis auf die Vertretungsregelung vor dem BFH. Ferner waren zur Zeit des Laufes der Revisionsfrist die vorstehend zitierten Entscheidungen des BFH zu Art. 1 Nr. 1 BFHEntlG bekannt. Die Klägerin als Steuerberatungsgesellschaft war somit nicht ohne Verschulden verhindert, das Rechtsmittel wirksam und rechtzeitig durch einen postulationsfähigen Vertreter einlegen zu lassen (vgl. BFH-Beschluß vom 23. November 1978 V B 21/77, BFHE 126, 270, BStBl II 1979, 99).

 

Fundstellen

Haufe-Index 414607

BFH/NV 1987, 181

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