Entscheidungsstichwort (Thema)

Annahme gewerblichen Grundstückshandels durch Beteiligung an vermögensverwaltenden Personengesellschaften ernstlich zweifelhaft

 

Leitsatz (NV)

Die Annahme gewerblichen Grundstückshandels setzt nach der Rechtsprechung des BFH u.a. voraus, daß der Steuerpflichtige mehr als drei Grundstücke veräußert. Es ist ernstlich zweifelhaft, ob im Falle der Beteiligung des Steuerpflichtigen an einer vermögensverwaltenden Grundstücksgesellschaft der Anteil des Steuerpflichtigen an dem Grundstück der Gesellschaft für die Ermittlung der Drei-Objekt-Grenze einem Objekt gleichzustellen ist.

 

Normenkette

EStG § 15 Abs. 2

 

Tatbestand

Die Antragsteller und Beschwerdegegner (Antragsteller) werden zusammen zur Einkommensteuer veranlagt.

Die Antragstellerin erwarb am 22. April 1980 ein unbebautes Grundstück in Z, V-Straße, das sie am 27. April 1982 weiterveräußerte.

Der Antragsteller kaufte am 5. Mai 1981 zusammen mit X und Y zu gleichen Teilen ein unbebautes Grundstück in Z, G-Straße. Am 11. März 1983 verkauften die Beteiligten das Grundstück wieder.

Am 6. Mai 1983 erwarben beide Antragsteller zusammen ein unbebautes Grundstück in Z, L-Straße, und errichteten darauf mit den Eheleuten U ein Mehrfamilienhaus mit insgesamt acht Wohnungen. Durch Teilungserklärung vom 11. November 1983 wurden die Antragsteller gemeinschaftliche Eigentümer von vier Eigentumswohnungen, die sie anschließend vermieteten. Am 14. Juli 1986, am 9. Februar 1989 sowie am 29. Dezember 1989 (mit Wirkung vom 2. Februar 1990) veräußerten sie jeweils eine Eigentumswohnung. Die vierte Eigentumswohnung befindet sich noch im Eigentum der Antragsteller und ist vermietet.

Den Antragstellern gehört als Miteigentümern außerdem ein Zweifamilienhaus in Z, D-Straße, dem Antragsteller als Alleineigentümer der als gemischt-genutztes Grundstück und Betriebsgrundstück bewertete Grundbesitz in Z, W-Straße. Aus beiden Grundstücken erzielen die Antragsteller Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung.

Wegen der Grundstücksveräußerung nahm der Antragsgegner und Beschwerdeführer (das Finanzamt - FA -) gewerblichen Grundstückshandel an und rechnete dem Antragsteller im Einkommensteuerbescheid 1989 (Änderungsbescheid nach § 164 Abs. 2 der Abgabenordnung - AO 1977 -) und im Einkommensteuerbescheid 1990 (Erstbescheid) Einkünfte aus Gewerbebetrieb zu. Über den Einspruch der Antragsteller gegen die Einkommensteuerbescheide 1989 und 1990 hat das FA noch nicht entschieden. Den Antrag, die Vollziehung der angefochtenen Einkommensteuerbescheide auszusetzen, hat das FA abgelehnt.

Das Finanzgericht (FG) setzte auf Antrag der Antragsteller die Vollziehung des geänderten Einkommensteuerbescheids 1989 in voller Höhe, die Vollziehung des erstmaligen Einkommensteuerbescheids 1990 teilweise bis zum Ablauf eines Monats nach Zustellung der Einspruchsentscheidung aus.

Zur Begründung führte das FG aus: Nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) sei kein gewerblicher Grundstückshandel anzunehmen, wenn ein Steuerpflichtiger nicht mehr als drei Objekte veräußere. Würden die Objekte von einer Personengesellschaft oder -gemeinschaft veräußert, sei darauf abzustellen, ob die Gesellschaft oder Gemeinschaft mehr als drei Objekte veräußert habe. Bei Personengesellschaften und wirtschaftlich vergleichbaren Gemeinschaften sei entscheidend, daß die Gesellschafter oder Gemeinschafter in gesellschaftsrechtlicher oder gemeinschaftsrechtlicher Verbundenheit den zu Einkünften aus Gewerbebetrieb führenden Sachverhalt verwirklichten. Im Streitfall habe weder die Antragstellerin als Alleineigentümerin noch die Grundstücksgemeinschaft G-Straße, an der der Antragsteller zu 1/3 beteiligt gewesen sei, noch die aus den Antragstellern bestehende Grundstücksgemeinschaft L-Straße jeweils mehr als drei Objekte veräußert. Nach dem Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen (BMF) vom 20. Dezember 1990 (BStBl I 1990, 884, Rz. 15) sei zwar bei einer Beteiligung an vermögensverwaltenden Grundstücksgesellschaften der Anteil des Steuerpflichtigen an dem Objekt der jeweiligen Gesellschaft für die Ermittlung der Drei-Objekt-Grenze jeweils einem Objekt gleichzustellen. Gegen diese Auffassung habe der Bundesfinanzhof (BFH) ausdrücklich Bedenken erhoben (Urteil vom 25. April 1991 IV R 111/90, BFHE 165, 188, BStBl II 1992, 283).

Mit der Beschwerde trägt das FA vor, die Rechtmäßigkeit der angegriffenen Einkommensteuerbescheide sei nicht ernstlich zweifelhaft. Nach dem BFH-Urteil vom 20. November 1990 VIII R 15/87 (BFHE 163, 66, BStBl II 1991, 345) seien für die Ermittlung der Drei-Objekt-Grenze auch die Beteiligungen des Steuerpflichtigen an vermögensverwaltenden Personengesellschaften einzubeziehen, die Grundstücke an- und verkauften. Im Streitfall hätten sowohl der Antragsteller als auch die Antragstellerin insgesamt mehr als drei Objekte veräußert. Bei der Antragstellerin sei den Veräußerungen der drei Eigentumswohnungen des Objekts L-Straße der Verkauf des ihr allein gehörenden Grundstücks V-Straße im Jahre 1982 hinzuzurechnen, beim Antragsteller die Beteiligung an der Gemeinschaft, die 1983 das Grundstück G-Straße veräußert habe. Auch die übrigen Kriterien für die Annahme gewerblichen Grundstückshandels seien gegeben.

 

Entscheidungsgründe

Die Beschwerde ist unbegründet.

Das FG hat zu Recht ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der angegriffenen Einkommensteuerbescheide 1989 und 1990 insoweit bejaht (§ 69 der Finanzgerichtsordnung - FGO -), als das FA bei der Prüfung, ob die Drei-Objekt-Grenze überschritten ist, den Anteil des Antragstellers an dem von der Grundstücksgemeinschaft mit X und Y verkauften Grundstück G-Straße sowie die Anteile der Antragsteller an den ihnen gemeinschaftlich gehörenden Grundstücken jeweils einem Objekt gleichgestellt und als ein weiteres Objekt behandelt hat. Diese - dem BMF-Schreiben (BStBl I 1990, 884, Rz. 15) entsprechende - Beurteilung wird im Schrifttum angegriffen (vgl. die Nachweise bei Schmidt, Einkommensteuergesetz, 11. Aufl., § 15 Anm. 12d). Auch in der Rechtsprechung des BFH ist die Frage, ob Anteile an Grundstücken von Grundstücksgemeinschaften wie ein selbständiges Objekt zu behandeln sind, umstritten (vgl. einerseits Urteil des VIII.Senats in BFHE 163, 66, BStBl II 1991, 345; andererseits Urteil des IV.Senats in BFHE 165, 188, BStBl II 1992, 283).

Im Fall des VIII.Senats (BFHE 163, 66, BStBl II 1991, 345) hatten Eheleute gemeinsam Grundstücke erworben, bebaut und anschließend drei Objekte veräußert. Der BFH war der Auffassung, es handle sich bei Erwerb, Bebauung und Veräußerung nicht um einen gewerblichen Grundstückshandel im Rahmen einer zwischen den Eheleuten bestehenden Gesellschaft des bürgerlichen Rechts (GbR), weil die aus den Eheleuten bestehende GbR nicht mehr als drei Objekte verkauft habe und somit vermögensverwaltend tätig geworden sei. Eine GbR sei nach der Rechtsprechung des Großen Senats (Beschluß vom 25. Juni 1984 GrS 4/82, BFHE 141, 405, BStBl II 1984, 751, unter C III. 3. a) insoweit Steuerrechtssubjekt, als sie in der Einheit ihrer Gesellschafter Merkmale eines Steuertatbestands verwirkliche, welche den Gesellschaftern für ihre Besteuerung zuzurechnen seien. Solche Merkmale seien insbesondere die Verwirklichung des Tatbestands einer bestimmten Einkunftsart und das Erzielen von Gewinn oder Überschuß im Rahmen dieser Einkunftsart. Für die Beantwortung der Frage, ob die Drei-Objekt-Grenze innerhalb der GbR überschritten sei, dürften daher nur die von den Gesellschaftern dieser GbR gemeinsam erworbenen und veräußerten Grundstücke einbezogen werden. Das vom Ehemann mit den Gesellschaftern einer anderen GbR erworbene und veräußerte Grundstück müsse außer Betracht bleiben, weil es sich bei dieser GbR um ein anderes Subjekt der Einkünfteerzielung handle. Gleichwohl könne in derartigen Fällen in der Person eines Steuerpflichtigen, der sich an mehreren solcher vermögensverwaltender Personengesellschaften beteilige, ein Gewerbebetrieb gewerblicher Grundstückshandel bestehen, zu dessen Betriebsvermögen die Beteiligungen an den einzelnen vermögensverwaltenden Personengesellschaften gehörten. Hierüber könne in dem nur die Rechtmäßigkeit der Gewinnfeststellungsbescheide betreffenden Revisionsverfahren aber nicht entschieden werden.

Der IV.Senat führte dagegen aus (BFHE 165, 188, BStBl II 1992, 283), gegen die Betrachtungsweise des VIII.Senats könne eingewandt werden, es sei nicht folgerichtig, auf die Tätigkeit der Gemeinschaft als solcher abzustellen, gleichwohl aber eine hiernach als vermögensverwaltend gewertete Tätigkeit dem Gesellschafter oder Gemeinschafter persönlich dennoch als Teilelement einer diese und andere Aktivitäten umfassenden gewerblichen Tätigkeit zuzurechnen. Damit sind ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der angegriffenen Bescheide begründet.

 

Fundstellen

Haufe-Index 419117

BFH/NV 1994, 17

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