Entscheidungsstichwort (Thema)

Keine Prozessführungsbefugnis des Mitglieds einer Personenvereinigung

 

Leitsatz (NV)

Richtet sich ein Umsatzsteuerbescheid gegen eine GbR oder eine sonstige Personenvereinigung als Steuerschuldnerin, muss eine Klage gegen diesen Bescheid grundsätzlich im Namen der Personenvereinigung durch alle Mitglieder der Personenvereinigung gemeinschaftlich erhoben werden. Eine nur im Namen eines Mitglieds erhobene Klage ist unzulässig. Dementsprechend muss auch die Revisionsbegründung für alle Mitglieder der Personenvereinigung erfolgen. Eine nur im Namen eines Mitglieds erfolgte Revisionsbegründung ist unzulässig.

 

Normenkette

FGO § 120 Abs. 2, § 124; BGB §§ 705, 741

 

Verfahrensgang

FG München (Urteil vom 30.01.2003; Aktenzeichen 14 K 3659/02; EFG 2004, 1258)

 

Tatbestand

I. Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) besteht aus den Eheleuten X. Diese waren je zur Hälfte Miteigentümer eines Grundstücks, das sie nach dem Wohnungseigentumsgesetz (WEG) aufteilten. Gleichzeitig waren sie Gesellschafter einer Bau-GmbH.

Sie veräußerten im Streitjahr 1998 vier Anteile an ihrem Grundstück an Bauwerber, denen gegenüber sich die Bau-GmbH zur Errichtung jeweils eines Reihenhauses verpflichtete. Hierfür hatten die Erwerber einen Gesamtpreis zu entrichten, der auf den Grunderwerb und die Bauleistungen aufgeteilt wurde.

Aufgrund einer Umsatzsteuer-Sonderprüfung kam der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) zum Ergebnis, dass zwischen den Eheleuten und der Bau-GmbH eine Organschaft bestand und der auf die Bauleistung der Bau-GmbH entfallende Preis nicht unter die Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 9 Buchst. a des Umsatzsteuergesetzes 1991 (UStG) für die Grundstückslieferung fiel.

Dementsprechend setzte das FA gegen die Eheleute X die Umsatzsteuer für das Jahr 1998 fest.

Die Klage gegen diesen Steuerbescheid hatte keinen Erfolg. Das klageabweisende Urteil bezeichnet die "A und B  X GbR" als Klägerin und führt den Ehemann, Rechtsanwalt A. X als Prozessbevollmächtigten der Klägerin auf.

Auf die Beschwerde der Klägerin ließ der Bundesfinanzhof (BFH) die Revision gegen das Urteil des Finanzgerichts --FG-- (Entscheidungen der Finanzgerichte --EFG-- 2004, 1258) zu. Dadurch wurde das Beschwerdeverfahren als Revisionsverfahren fortgesetzt.

Hierauf bat eine Rechtsanwalts-GmbH (RA-GmbH) für die Klägerin, die Frist für die Begründung der Revision bis zum 11. Dezember 2003 zu verlängern; gleichzeitig versprach sie, eine Vollmacht der Klägerin nachzureichen (Schriftsatz vom 13. Oktober 2003). Mit Schriftsätzen vom 4. Dezember 2003 und 8. Januar 2004 bat sie um erneute Verlängerung der Revisionsbegründungsfrist. Sämtlichen Verlängerungsanträgen wurde stattgegeben.

Mit Schriftsatz vom 15. Januar 2004 reichte Rechtsanwalt X (der Ehemann) eine Revisionsbegründung ein und erklärte, "daß er sich im Revisionsverfahren nunmehr wieder selbst vertritt, nichtjedoch mehr die bisherige Mit-Klägerin B.X vertritt".

Die Rechtsanwaltszulassung des Prozessbevollmächtigten A.X wurde widerrufen; der Widerruf wurde am 26. Januar 2004 rechtskräftig. Herr X erklärte deshalb, er müsse die anwaltliche Selbstvertretung niederlegen.

Mit Schriftsatz vom 16. Februar 2004 zeigte die RA-GmbH an, dass sie die Klägerin nicht mehr vertrete.

Die Geschäftsstelle des Senats teilte daraufhin der RA-GmbH mit, die Kündigung eines Vollmachtsvertrags erlange erst Wirksamkeit durch die Bestellung eines anderen Prozessbevollmächtigten und bat um Vorlage einer Vollmacht.

Hierauf teilte die RA-GmbH mit, sie sei von Frau X als Prozessbevollmächtigte für die Klägerin bestellt worden und legte eine entsprechende Vollmacht vor.

Einen förmlichen Revisionsantrag hat die Klägerin nicht gestellt.

Das FA ist der Revision entgegengetreten.

 

Entscheidungsgründe

II. Die Revision ist mangels ordnungsgemäßer Begründung unzulässig.

Nach § 120 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) ist die Revision zu begründen. Nach § 124 Abs. 1 FGO prüft der BFH, ob die Revision statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet worden ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, ist die Revision unzulässig (§ 124 Abs. 1 Satz 2 FGO).

Im Streitfall fehlt es an einer wirksamen Revisionsbegründung.

Dabei kann dahinstehen, ob die Klägerin entsprechend ihrer Bezeichnung in der Revisionsschrift und den Gerichtsentscheidungen eine GbR i.S. der §§ 705 ff. des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB), eine Gemeinschaft nach Bruchteilen i.S. des § 741 BGB oder eine sonstige Personenvereinigung ist. Jedenfalls wurden die Umsätze, um die es hier geht, von dieser Personenvereinigung ausgeführt. Sie war der Unternehmer, der zur Umsatzsteuer herangezogen wurde. Vermietet eine Gesellschaft, Gemeinschaft oder sonstige Personenvereinigung ein Grundstück, ist sie der Unternehmer; der Gesellschafter bzw. der Teilhaber wird nicht allein durch seine zivilrechtliche Stellung als Mitvermieter Unternehmer (vgl. BFH-Urteil vom 16. Mai 2002 V R 4/01, BFH/NV 2002, 1347). Entsprechendes gilt auch, wenn eine Personenvereinigung ein Grundstück veräußert und ein Gebäude errichtet. Richtet sich ein Umsatzsteuerbescheid gegen eine GbR oder eine sonstige Personenvereinigung als Steuerschuldnerin, muss eine Klage gegen diesen Bescheid grundsätzlich im Namen der Personenvereinigung durch alle Mitglieder der Personenvereinigung gemeinschaftlich erhoben werden (vgl. für Gesellschaft BFH-Beschluss vom 19. Oktober 2001 V B 54/01, BFH/NV 2002, 370, m.w.N.). Eine nur im Namen eines Mitglieds erhobene Klage ist unzulässig. Dementsprechend muss auch die Revisionsbegründung für alle Mitglieder der Personenvereinigung erfolgen. Eine nur im Namen eines Mitglieds erfolgte Revisionsbegründung ist unzulässig.

Da Rechtsanwalt X die Revisionsbegründung ausdrücklich nur im eigenen Namen abgegeben hatte, fehlt eine wirksame Revisionsbegründung der Klägerin.

 

Fundstellen

Haufe-Index 1257798

BFH/NV 2005, 233

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