Entscheidungsstichwort (Thema)

Autodidakt als Freiberufler

 

Leitsatz (NV)

Ein Beruf ist einem Katalogberuf i.S. des §18 Abs. 1 Nr. 1 EStG ähnlich, wenn er in wesentlichen Punkten mit ihm verglichen werden kann. Dazu gehört die Vergleichbarkeit sowohl hinsichtlich der Ausbildung als auch der ausgeübten beruflichen Tätigkeit.

 

Normenkette

EStG § 18 Abs. 1 Nr. 1; FGO § 115 Abs. 2 Nr. 2

 

Gründe

Von einer Darstellung des Tatbestandes wird gemäß Art. 1 Nr. 6 des Gesetzes zur Entlastung des Bundesfinanzhofs abgesehen.

Die Beschwerde ist nicht begründet. Das Finanzgericht (FG) ist von den gerügten Entscheidungen des Bundesfinanzhofs (BFH) und des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) nicht abgewichen.

1. Divergenz zu den angeführten Urteilen des BFH:

Der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) entnimmt den genannten Entscheidungen des BFH den Rechtssatz, ein dem beratenden Betriebswirt ähnlicher Beruf liege vor, wenn sich die Beratungstätigkeit auf einen oder mehrere der anerkannten Hauptbereiche der Betriebswirtschaft erstrecke.

Dieser Rechtssatz ist den genannten BFH- Entscheidungen indes nicht zu entnehmen.

Nach der in den zitierten Entscheidungen ständigen Rechtsprechung des BFH ist ein Beruf einem der Katalogberufe i.S. des §18 Abs. 1 Nr. 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) ähnlich, wenn er in wesentlichen Punkten mit ihm verglichen werden kann. Dazu gehört die Vergleichbarkeit sowohl hinsichtlich der Ausbildung als auch der beruflichen Tätigkeit (vgl. BFH-Urteil vom 12. Oktober 1989 IV R 118-119/87, BFHE 158, 413, BStBl II 1990, 64). Wer, wie ein Autodidakt, die für den Katalogberuf vorgeschriebene Ausbildung nicht besitzt, kann die erforderlichen theoretischen Kenntnisse zwar auch anhand eigener praktischer Tätigkeiten erbringen. Diese Arbeiten müssen jedoch den Schluß rechtfertigen, daß die theoretischen Kenntnisse ihrer Breite und Tiefe nach denjenigen des an einer Fachhochschule oder wissenschaftlichen Hochschule Ausgebildeten entsprechen (vgl. BFH-Urteil vom 7. November 1991 IV R 17/90, BFHE 166, 443, BStBl II 1993, 324). Damit müssen die praktischen Arbeiten den wesentlichen Teil des Katalogberufs umfassen und sich nicht lediglich auf einen Ausschnitt hieraus beschränken. Nur derjenige, der bereits entsprechend umfangreiche Kenntnisse nachgewiesen hat, kann sich dann in seiner Tätigkeit auf Teilbereiche spezialisieren (vgl. BFH-Urteile vom 27. Mai 1975 VIII R 199/73, BFHE 116, 30, BStBl II 1975, 665; vom 11. Juni 1985 VIII R 254/80, BFHE 144, 62, BStBl II 1985, 584; vom 13. April 1988 I R 300/83, BFHE 153, 222, BStBl II 1988, 666; vom 2. September 1988 III R 58/85, BFHE 154, 332, BStBl II 1989, 24; in BFHE 158, 413, BStBl II 1990, 64, und in BFHE 166, 443, BStBl II 1993, 324).

Ausgehend von diesen Grundsätzen hat das FG entschieden, daß der Kläger jedenfalls in keinem der Hauptbereiche eines Ingenieurberufs tätig war.

Hinsichtlich des beratenden Betriebswirts anerkennt das FG, daß der Kläger in Hauptbereichen der Betriebswirtschaft tätig war. Es verneint aber -- in Übereinstimmung mit der BFH-Rechtsprechung -- eine i.S. des §18 Abs. 1 Nr. 1 EStG ähnliche Tätigkeit des Klägers damit, daß dieser die einem Betriebswirt erforderlichen vergleichbaren theoretischen Kenntnisse durch seine bisherige Tätigkeit nicht nachgewiesen habe und dieser Nachweis sich nicht durch eine Betätigung lediglich auf einem oder mehreren Hauptbereichen der Betriebswirtschaft erbringen lasse.

2. Divergenz zu Urteilen des BVerfG:

a) Zwar entnimmt der Kläger dem Beschluß des BVerfG (Beschluß vom 25. Oktober 1977 1 BvR 15/75, BStBl II 1978, 125) zutreffend die Aussage, die Tätigkeit eines beratenden Betriebswirts sei dadurch gekennzeichnet, daß sich die Beratungstätigkeit auf eines oder mehrere der anerkannten Hauptgebiete der Betriebswirtschaftslehre erstrecke. Dazu steht die Entscheidung des FG jedoch nicht in Widerspruch, denn das FG verneint im Streitfall die erforderliche vergleichbare Ausbildung des Klägers, da dieser noch nicht in allen Bereichen der Betriebswirtschaft beratend tätig war.

b) Soweit der Kläger dem Beschluß des BVerfG (Beschluß vom 9. Oktober 1990 2 BvR 146/90, Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung 1991, 614) entnimmt, daß ein einem beratenden Betriebswirt ähnlicher Beruf schon dann vorliegt, wenn sich die Tätigkeit auf wenige Hauptbereiche der Betriebswirtschaft erstreckt, kann der Senat dem nicht folgen. Vielmehr hat das BVerfG mit dieser Entscheidung die ständige Rechtsprechung des BFH bestätigt, daß die vergleichbare Ausbildung ein zulässiges und sachlich einleuchtendes Differenzierungskriterium für die Zuordnung zu einem Katalogberuf des §18 EStG ist. Es hat insbesondere entschieden, daß die in ständiger Rechtsprechung des BFH für den ähnlichen Beruf geforderte Vergleichbarkeit hinsichtlich Ausbildung und Tätigkeit nicht unvertretbar ist.

 

Fundstellen

Haufe-Index 154223

BFH/NV 1999, 459

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