Entscheidungsstichwort (Thema)

Zulässigkeit einer Beschwerde ohne Begründung; Urteilsberichtigung

 

Leitsatz (NV)

1. Der Zulässigkeit einer Beschwerde steht es nicht entgegen, daß der Beschwerdeführer keine besondere Begründung abgegeben hat. Ist davon auszugehen, daß er den abgelehnten Antrag mit der Beschwerde weiterverfolgt, so ist sein Begehren seinem erstinstanzlichen Antrag zu entnehmen.

2. Voraussetzung für eine Berichtigung nach § 107 FGO ist, daß das Urteil im Rubrum, im Tenor, im Tatbestand oder in den Gründen einen Schreib- oder Rechenfehler oder eine ähnliche offenbare Unrichtigkeit enthält. Eine Änderung des gewollten und richtig erklärten Inhalts des Urteils kann nicht mit einem Berichtigungsantrag nach § 107 FGO, sondern nur mit dem gegen das Urteil zulässigen Rechtsmittel erreicht werden.

 

Normenkette

FGO §§ 107, 128 Abs. 1

 

Tatbestand

Mit Urteil vom 19. Juni 1995 wies das Finanzgericht (FG) die Klage des Klägers und Beschwerdeführers (Kläger) gegen Ablehnung von Buchführungserleichterungen ab. Der Kläger beantragte daraufhin nachträgliche Ergänzungen des Urteils um eine seiner Ansicht nach zweifelsfreie Bezeichnung des Beklagten und Beschwerdegegners (Finanzamt) im Rubrum und um eine Auflistung aller in Bezug genommenen Akten und Schriftstücke mit Geschäftszeichen und Schreibdatum.

Das FG lehnte das Begehren des Klägers mit der Begründung ab, es betreffe keine Unrichtigkeiten i. S. der §§ 107, 108 der Finanzgerichtsordnung (FGO). In der Sache sei eine Auflistung in Bezug genommener Akten und Schriftstücke auch nicht erforderlich, solange diese Unterlagen hinreichend bestimmt bezeichnet seien. Dies gelte auch für die Beklagtenbezeichnung "Finanzamt ... , vertreten durch den Vorsteher", die eindeutig sei.

Dagegen hat der Kläger ohne weitere Begründung Beschwerde eingelegt, der das FG nicht abgeholfen hat.

 

Entscheidungsgründe

Die Beschwerde ist unbegründet.

1. Nach § 128 Abs. 1 FGO ist die Beschwerde auch gegen den die Berichtigung nach § 107 FGO ablehnenden Beschluß des FG abweichend von § 319 Abs. 3 der Zivilprozeßordnung (ZPO) statthaft. Der Zulässigkeit der Beschwerde steht es nicht entgegen, daß der Kläger keine besondere Begründung abgegeben hat (vgl. Beschluß des Bundesfinanzhofs -- BFH -- vom 15. Februar 1989 V B 98/88, BFH/NV 1989, 649). Der Senat geht davon aus, daß der Kläger den abgelehnten Antrag mit der Beschwerde weiterverfolgt; daher ist das Begehren des Rechtsmittelführers seinem erstinstanzlichen Antrag zu entnehmen.

2. In der Sache hat das FG die Anträge auf Berichtigung zu Recht zurückgewiesen.

Gemäß § 107 Abs. 1 FGO sind Schreibfehler, Rechenfehler und ähnliche offenbare Unrichtigkeiten im Urteil zu berichtigen. Voraussetzung für eine Berichtigung nach dieser Vorschrift ist, daß das Urteil im Rubrum, im Tenor, im Tatbestand oder in den Gründen (BFH-Beschluß vom 27. Februar 1970 III B 3/69, BFHE 99, 94, BStBl II 1970, 546) einen Schreib- oder Rechenfehler oder eine ähnliche offenbare Unrichtigkeit enthält. Eine einem Schreib- oder Rechenfehler ähnliche offenbare Unrichtigkeit i. S. des § 107 FGO liegt nur vor, wenn es sich um ein Versehen handelt, durch das es, wie bei einem Schreib- oder Rechenfehler, dazu kommt, daß das wirklich Gewollte nicht zum Ausdruck gelangt. Ziel der Berichtigung nach § 107 FGO kann es deshalb nur sein, den erklärten mit dem gewollten Inhalt des Urteils in Einklang zu bringen. Eine Änderung des gewollten und richtig erklärten Inhalts des Urteils kann nicht mit einem Berichtigungsantrag nach § 107 FGO, sondern nur mit dem gegen das Urteil zulässigen Rechtsmittel erreicht werden (BFH-Beschlüsse vom 14. Oktober 1976 V B 16/76, BFHE 120, 145, BStBl II 1977, 38; vom 29. Juni 1989 IV B 12/88, BFH/NV 1990, 246, und vom 29. Juni 1992 V B 84/91, BFH/NV 1993, 251).

Mit seinen vom FG zurückgewiesenen Anträgen macht der Kläger keine Schreibfehler, Rechenfehler oder ähnliche offenbare Unrichtigkeiten geltend. Der Kläger begehrt vielmehr Änderungen und Ergänzungen des Urteils, die vom FG nicht gewollt und nach dessen Auffassung auch nicht erforderlich sind. Ein solches Ziel kann allenfalls mit dem gegen das Urteil zulässigen Rechtsmittel erreicht werden.

3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 2 FGO. Zwar ist das Berichtigungsverfahren kostenfrei, da es zur Instanz gehört; die Beschwerde gegen einen die Berichtigung ablehnenden Beschluß ist jedoch kostenpflichtig (Senatsbeschluß vom 13. April 1989 IV B 131/85, BFH/NV 1990, 111).

4. Der Streitwert war nach § 25 des Gerichtskostengesetzes (GKG) festzusetzen. Maßgebend für die Bestimmung des Werts eines Streits über eine Urteilsberichtigung ist das finanzielle Interesse des Antragstellers (§ 13 Abs. 1 Satz 1 GKG). Da im Streitfall ein finanzielles Interesse für den Antrag auf Urteilsberichtigung jedoch nicht erkennbar ist, hat der Senat den Streitwert für das Beschwerdeverfahren gegen den die Urteilsberichtigung ablehnenden Beschluß des FG gemäß § 13 Abs. 1 Satz 2 GKG auf 8 000 DM festgesetzt.

 

Fundstellen

Haufe-Index 421452

BFH/NV 1996, 770

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