Entscheidungsstichwort (Thema)

Verfahrensrecht/Abgabenordnung

 

Leitsatz (amtlich)

Begründet der Bf. seine Beschwerde wegen Nichtzulassung der Revision nicht gemäß § 115 Abs. 3 Satz 3 FGO innerhalb eines Monats nach der Zustellung des Urteils, so ist die Beschwerde unzulässig, wenn nicht unter den Voraussetzungen des § 56 FGO die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt wird.

 

Normenkette

FGO §§ 56, 115 Abs. 3

 

Tatbestand

Das Urteil des FG wurde dem Bf. am 13. Januar 1967 zugestellt. Der Streitwert betrug 114 DM. Die Revision gegen das Urteil ließ das FG nicht zu. Am 10. Februar 1967 ging beim FG ein Schreiben ein, in dem der Bf. erklärte, er lege Beschwerde wegen der Nichtzulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache und wegen Verfahrensmängeln ein, die ausführliche Begründung werde er in den nächsten Tagen nachreichen. In dem am 27. Februar 1967 beim FG eingegangenen Schreiben vom 24. Februar 1967 legte der Bf. dar, worin er die wesentlichen Verfahrensmängel sehe und daß die Sache grundsätzliche Bedeutung habe, weil der Gesetzgeber den Begriff Hausgehilfin nicht definiert habe.

 

Entscheidungsgründe

Die Beschwerde war als unzulässig zu verwerfen. Nach § 115 Abs. 3 Satz 1 FGO kann die Nichtzulassung der Revision selbständig durch Beschwerde innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils angefochten werden. Die Beschwerdefrist war am 13. Februar 1967 abgelaufen. Die Beschwerde ging am 10. Februar 1967, also innerhalb der gesetzlichen Frist ein. Die Beschwerde war aber nicht in der durch § 115 Abs. 3 Satz 3 FGO vorgeschriebenen Form eingelegt. In der Beschwerdeschrift muß nämlich die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache dargelegt oder die Entscheidung des BFH, von der das Urteil des FG nach Auffassung des Antragstellers abweicht, oder der Verfahrensmangel bezeichnet werden. Der Bf. hat in seinem ersten Schreiben lediglich erklärt, er werde die ausführliche Begründung für seine Beschwerde in den nächsten Tagen nachreichen. Nach § 115 Abs. 3 Satz 3 FGO ist es zwar nicht erforderlich, daß die Beschwerde selbst und die Begründung der Beschwerde in einem Schriftstück enthalten sein müssen. Die Beschwerdebegründung muß aber spätestens innerhalb der vorgeschriebenen Monatsfrist eingehen (vgl. z. B. Ziemer-Birkholz, Finanzgerichtsordnung, Anm. 49 zu § 115; v. Wallis-List, Kommentar zur Reichsabgabenordnung Bd. V, Anm. 53 zu § 115 FGO; BVerwGE VIII B 90/60 vom 2. September 1960, NJW 1960, 2163). Eine wegen überschreitung der Begründungsfrist unzulässige Beschwerde wird nicht etwa dadurch wieder zulässig, daß die Begründung nach dem Ablauf der Frist nachgereicht wird. Verspätete Prozeßhandlungen, die zur Wahrung gesetzlicher Fristen einzuhalten waren, sind wirkungslos, wie der Senat im Beschluß VI R 42/66 vom 19. April 1967 (BFH 88, 514, BStBl III 1967, 470) dargelegt hat.

Im Gegensatz zu § 120 Abs. 1 FGO, der vorschreibt, daß die Revision innerhalb eines weiteren Monats nach Ablauf der Revisionsfrist zu begründen ist, ist in § 115 Abs. 3 FGO für die Nichtzulassungsbeschwerde keine weitere Begründungsfrist gegeben. Die Beschwerde nach § 115 FGO hat auch gegenüber der allgemeinen Beschwerde des § 128 Abs. 1 FGO die Besonderheit, daß die Begründung eine Zulässigkeitsvoraussetzung ist, während die allgemeine Beschwerde keine Begründung verlangt und es infolgedessen ohne Bedeutung ist, ob eine Begründung erst nach dem Ablauf der Beschwerdefrist eingereicht wird. Wird die allgemeine Beschwerde nicht begründet, so muß der BFH von Amts wegen an Hand der vorhandenen Unterlagen prüfen, ob der Bf. durch die angefochtene Entscheidung beschwert ist. Für die Nichtzulassungsbeschwerde hat aber der Gesetzgeber eindeutig vorgeschrieben, daß diese Beschwerde innerhalb der Rechtsmittelfrist von einem Monat zu begründen ist.

Die Frist der Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde ist eine gesetzliche Frist im Sinne des § 56 Abs. 1 FGO. Wird die Frist überschritten, so kann Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt werden, wenn der Bf. ohne Verschulden verhindert war, die gesetzliche Frist zu wahren. Einen solchen Antrag hat der Bf. nicht gestellt. Der Antrag wäre nach § 56 Abs. 2 Satz 1 FGO nur innerhalb von zwei Wochen nach dem Wegfall des Hindernisses zulässig gewesen. Im Schreiben vom 24. Februar 1967, mit dem der Bf. die Beschwerde begründet hat, ist nicht dargelegt, daß der Bf. ohne Verschulden gehindert war, seine Beschwerde innerhalb der Monatsfrist zu begründen. Die unrichtige Behandlung beruht offensichtlich darauf, daß der Bf. die Rechtsmittelbelehrung die dem Urteil des FG beigegeben war, nicht genügend beachtet hat. Er war in der Rechtsmittelbelehrung darauf hingewiesen worden, daß die Beschwerde innerhalb der Frist von einem Monat eingelegt und daß in ihr die begründenden Umstände dargelegt werden müßten. Statt einer Beschwerdebegründung hat der Bf. in der Beschwerdeschrift lediglich erklärt, er werde die Begründung nachreichen. Eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand im Sinne des § 56 Abs. 1 FGO kommt unter diesen Umständen nicht in Betracht.

 

Fundstellen

Haufe-Index 412771

BStBl III 1967, 787

BFHE 1968, 101

BFHE 90, 101

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