Entscheidungsstichwort (Thema)

Bezeichnung von Divergenz und Verfahrensmangel in der NZB

 

Leitsatz (NV)

1. Mit der Darlegung, das FG habe sachlich falsch entschieden, wird das Vorliegen einer Divergenz nicht schlüssig behauptet.

2. Nach Ergehen eines Vorbescheids kann sich der Beteiligte durch Antrag auf mündliche Verhandlung rechtliches Gehör verschaffen. Hierzu muß die Beschwerdeschrift Ausführungen enthalten, wenn die Verletzung des rechtlichen Gehörs als Verfahrensmangel gerügt wird.

 

Normenkette

FGO § 115 Abs. 3 S. 3, § 96 Abs. 2

 

Gründe

Die Nichtzulassungsbeschwerde des Beklagten (Finanzamt - FA -) ist unzulässig, da ihre Begründung nicht den gesetzlichen Anforderungen (§ 115 Abs. 3 Satz 3 der Finanzgerichtsordnung - FGO -) entspricht.

1. Nach § 115 Abs. 3 Satz 3 FGO muß die Entscheidung des Bundesfinanzhofs (BFH), von der das Urteil des Finanzgerichts (FG) nach Auffassung des FA abweicht, ,,bezeichnet" werden. Dazu ist nicht nur eine genaue Bezeichnung der jeweiligen BFH-Entscheidung notwendig. Es muß darüber hinaus aus der angefochtenen Entscheidung des FG ein abstrakter Rechtssatz herausgestellt werden, der zu einem abstrakten Rechtssatz in der Entscheidung des BFH in Widerspruch stehen könnte. Die (möglicherweise) voneinander abweichenden Rechtsauffassungen sind dabei erkennbar oder zumindest in ohne weiteres nachvollziehbarer Weise gegenüberzustellen. Diesen Anforderungen genügt die Beschwerdebegründung nicht.

Das FA entnimmt zwar den von ihm angezogenen BFH-Entscheidungen (Urteile vom 12. April 1988 VIII R 177/84, BFHE 153, 203, BStBl II 1988, 723; vom 3. Februar 1983 IV R 153/80, BFHE 137, 547, BStBl II 1983, 324, und vom 18. Mai 1990 VI R 17/88, BFHE 160, 425, BStBl II 1990, 770) die Rechtssätze, daß für Steueransprüche, die vor dem 1. Januar 1977 entstanden sind, die Verjährungsvorschriften der Reichsabgabenordnung (AO) weiter gelten (Art.97 § 10 Abs. 1 und 2 des Einführungsgesetzes zur Abgabenordnung - EGAO 1977 -) und dies auch gelte für die Unterbrechung der Verjährung. Er stellt dem jedoch keinen der Entscheidung des FG zugrunde liegenden Rechtssatz gegenüber, der dem widersprechen könnte (beispielsweise: das FG sei davon ausgegangen, daß für die Unterbrechung der Verjährung die Vorschriften der Abgabenordnung - AO 1977 - einschlägig seien). Die Ausführungen des beklagten FA gehen insoweit vielmehr dahin, daß im Streitfall zum maßgebenden Zeitpunkt die Grundsteuer noch nicht verjährt gewesen sei und durch eine Vollstreckungsmaßnahme eine Unterbrechung der Verjährung eingetreten sei. Damit wird jedoch nur dargetan, daß das FG nach Auffassung des FA sachlich falsch entschieden habe. Nicht hingegen wird damit dargelegt, daß das FG von einer Rechtsauffassung ausgegangen sei, die zu der herausgestellten BFH-Auffassung in Widerspruch stünde. Damit ist das Vorliegen einer Divergenz bereits nicht schlüssig dargelegt.

2. Auch insoweit, als das FA als Verfahrensmangel eine Verletzung des rechtlichen Gehörs (§ 96 Abs. 2 FGO) geltend macht, ist diese Rüge nicht ordnungsgemäß begründet.

Ein Verfahrensmangel muß bezeichnet werden (§ 115 Abs. 3 Satz 3 FGO). Das erfordert eine genaue Angabe der Tatsachen, die den gerügten Verfahrensmangel schlüssig ergeben. Diesen Anforderungen genügt die Beschwerdeschrift wiederum nicht. Die Verletzung des rechtlichen Gehörs kann nur geltend gemacht werden, wenn sie vor dem FG - soweit es möglich und zumutbar war - gerügt worden ist (§ 155 FGO i.V.m. §§ 295, 531 der Zivilprozeßordnung - ZPO -; BFH-Urteile vom 18. April 1972 VIII R 40/66, BFHE 105, 325, BStBl II 1972, 572, und in BFH/NV 1986, 136, m.w.N.). Im Streitfall hätte sich das FA nach Ergehen des Vorbescheids rechtliches Gehör dadurch verschaffen bzw. eine Verletzung des rechtlichen Gehörs rügen können, daß es Antrag auf mündliche Verhandlung gestellt hätte. Da die Beschwerdebegründung dazu nichts ausführt, ist der Verfahrensmangel der Verletzung des rechtlichen Gehörs bereits aus diesem Grund nicht schlüssig dargelegt.

3. Auch der geltend gemachte Verfahrensmangel eines Verstoßes gegen die Pflicht des FG zur Aufklärung des Sachverhalts nach § 76 FGO ist nicht ausreichend begründet. Diese Rüge erfordert eine genaue Angabe des Beweisthemas und der Beweismittel, die das Gericht nicht berücksichtigt hat. Darzutun ist darüber hinaus, welches Ergebnis die unterlassene Beweisaufnahme nach Auffassung des FA erbracht hätte und wieso dieses Ergebnis - ausgehend von der Rechtsauffassung des FG selbst - zu einer anderen Entscheidung hätte führen können. Da es sich um einen verzichtbaren Mangel handelt, ist auch darzutun, daß ein entsprechender Antrag gestellt bzw. warum sich eine entsprechende weitere Sachverhaltsaufklärung dem Gericht von Amts wegen hätte aufdrängen müssen. Diesen Anforderungen genügt die Beschwerdeschrift wiederum nicht.

4. Die weiteren Ausführungen in der Beschwerdebegründung gehen dahin, daß das FG materiell-rechtlich falsch entschieden habe. Damit wird kein Zulassungsgrund dargelegt.

 

Fundstellen

Haufe-Index 418619

BFH/NV 1993, 422

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