Entscheidungsstichwort (Thema)

Anforderungen an die Darlegung eines Verfahrensfehlers nach § 116 Abs. 1 Nr. 5 FGO

 

Leitsatz (NV)

Für die schlüssige Rüge eines Verfahrensmangels nach § 116 Abs. 1 Nr. 5 FGO (Entscheidung nicht mit Gründen versehen) reicht der bloße Hinweis des Revisionsklägers, das FG habe von der Möglichkeit, nach § 105 Abs. 5 FGO auf die Darstellung der Entscheidungsgründe zu verzichten, in einem ungeeigneten Fall Gebrauch gemacht, nicht aus. Vielmehr bedarf es hierzu des schlüssigen Vortrags der Gründe, warum das FG im konkreten Fall so hätte nicht verfahren dürfen.

 

Normenkette

FGO § 105 Abs. 5, § 116 Abs. 1 Nr. 5, § 120 Abs. 2 S. 2

 

Tatbestand

Mit notariell beurkundetem Kaufvertrag erwarb der Kläger und Revisionskläger (Kläger), der Honorarkonsul der A-Republik ist, ein in B gelegenes, mit einem Wohn- und Bürogebäude bebautes Grundstück zum Kaufpreis von X DM. Der Kläger beantragte Befreiung von der Grunderwerbsteuer nach § 4 Nr. 2 des Grunderwerbsteuergesetzes (GrEStG) 1983, da der Vertragsgegenstand zu konsularischen Zwecken genutzt werden solle.

Mit Bescheid vom 31. Juli 1992 setzte der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt -- FA --) für diesen Erwerbsvorgang Grunderwerbsteuer in Höhe von Y DM fest.

Mit Schreiben vom 6. August 1992 legte der Kläger gegen diesen Bescheid "zunächst zur Fristwahrung das notwendige Rechtsmittel" ein. Gleichzeitig stellte er den Antrag, auf dem Billigkeitswege in entsprechender Anwendung von § 4 Nr. 2 GrEStG 1983 von der Besteuerung abzusehen.

Mit Bescheid vom 20. August 1992 lehnte das FA den Erlaßantrag ab. Hiergegen richtete sich die Beschwerde des Klägers vom 26. August 1992, mit der er den Antrag stellte, seinem Erlaßantrag stattzugeben. Mit Beschwerdeentscheidung der Oberfinanzdirektion (OFD) wurde die Beschwerde des Klägers als unbegründet zurückgewiesen.

Mit seiner hiergegen gerichteten Klage verfolgte der Kläger den Erlaß der Steuer aus sachlichen Gründen weiter. Im Wege einer Billigkeitsregelung sei § 4 Nr. 2 GrEStG 1983 auch auf natürliche Personen entsprechend anzuwenden. Mit diesem Punkt hätten sich FA und OFD nicht ausreichend befaßt. Der Gesetzgeber habe sicherlich an eine solche Fallgestaltung nicht gedacht bzw. nicht denken können.

Das Finanzgericht (FG) hat die Klage abgewiesen und ausgeführt, das FA habe das ihm nach § 227 der Abgabenordnung (AO 1977) zustehende Ermessen bei der Erlaßentscheidung fehlerfrei ausgeübt. Bei der Nachprüfung der angefochtenen Entscheidung gemäß § 102 der Finanzgerichtsordnung (FGO) habe nicht festgestellt werden können, daß ein Ermessensfehlgebrauch oder eine Ermessensüberschreitung vorliege. Im übrigen habe der Kläger konkrete Einwendungen im Hinblick auf die Ermessensausübung der Finanzbehörde nicht erhoben.

Die Klage sei "danach aus den in der Beschwerdeentscheidung ... dargelegten Gründen, denen der Senat nach rechtlicher Überprüfung des Streitfalles" folge, unbegründet. Deshalb werde auch gemäß § 105 Abs. 5 FGO von einer Darstellung der Entscheidungsgründe abgesehen.

Hiergegen richtet sich die Revision des Klägers. Die Revisionsbegründung hat folgenden Wortlaut:"

Zur Begründung der Revision wird zunächst vorgetragen, daß von der Möglichkeit, die Entscheidungsgründe gemäß § 105 V FGO abzukürzen, hier in einem ungeeigneten Fall Gebrauch gemacht wurde, so daß bereits dies einen wesentlichen Verfahrensmangel und damit einen Revisionsgrund gemäß § 116 Abs. 1 Nr. 5 FGO darstellt.

Eine weitere Begründung erfolgt in einem gesonderten Schriftsatz fristgemäß."

Die angekündigte weitere Revisionsbegründung ging beim Bundesfinanzhof (BFH) nicht ein.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist unzulässig. Sie ist durch Beschluß zu verwerfen (§§ 124, 126 Abs. 1 FGO).

Gegen das Urteil des FG steht den Beteiligten die Revision zu, wenn das FG oder der BFH sie zugelassen hat (§ 115 Abs. 1 FGO i. V. m. Art. 1 Nr. 5 des Gesetzes zur Entlastung des Bundesfinanzhofs). Die Revision ist weder vom FG noch vom BFH zugelassen worden.

Einer Zulassung der Revision bedarf es nicht, wenn einer der in § 116 Abs. 1 FGO bezeichneten Verfahrensmängel gerügt wird. Eine zulassungsfreie Verfahrensrevision ist jedoch nur statthaft, wenn innerhalb der Revisionsbegründungsfrist ein Mangel i. S. des § 116 Abs. 1 FGO schlüssig gerügt wird (§ 120 Abs. 2 Satz 2 FGO; BFH-Beschluß vom 21. April 1986 IV R 190/85, BFHE 146, 357, BStBl II 1986, 568; Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 3. Aufl., § 116 Rz. 3, m. w. N.).

An der schlüssigen Rüge eines der in § 116 Abs. 1 FGO genannten Verfahrensmängel fehlt es im Streitfall. Der bloße Hinweis des Klägers, das FG habe von der Möglichkeit, nach § 105 Abs. 5 FGO auf die Darstellung der Entscheidungsgründe zu verzichten, in einem ungeeigneten Fall Gebrauch gemacht, ergibt keinen Verfahrensmangel. Zwar liegt hierin zumindest mittelbar die Rüge, das Urteil sei nicht mit Gründen versehen (§ 116 Abs. 1 Nr. 5 FGO). Angesichts des Umstandes, daß das FG bei seiner Entscheidung ausdrücklich nach § 105 Abs. 5 verfahren ist, hätte es aber zur schlüssigen Darlegung dieser Verfahrensrüge weiteren Tatsachenvortrags bedurft, warum das FG im Streitfall so nicht hätte verfahren dürfen. Gründe, die das FG hier ausnahmsweise hinderten, von der Darstellung der Entscheidungsgründe abzusehen, hat der Kläger jedoch nicht mitgeteilt, insbesondere fehlt jede Begründung dazu, warum der Streitfall -- wie der Kläger meint -- für ein solches Vorgehen ungeeignet ist.

 

Fundstellen

Haufe-Index 420043

BFH/NV 1995, 136

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