Entscheidungsstichwort (Thema)

Streitwert im Gewinnfeststellungsverfahren

 

Leitsatz (NV)

Im Verfahren der einheitlichen und gesonderten Gewinnfeststellung ist der Streitwert nach den vermutlichen einkommensteuerlichen Auswirkungen zu bemessen und nicht nur nach den Auswirkungen auf die Besteuerungsgrundlagen der Einkunftsart, in der die Gewinne festgestellt werden.

 

Normenkette

GKG §§ 1, 13

 

Tatbestand

Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) - eine KG - hat die Revision zurückgenommen.

Im Hauptverfahren ging es um die Berücksichtigung von Verlusten im Rahmen der einheitlichen und gesonderten Gewinnfeststellung 1974. Die KG hatte Sparkonten bei der H Bank, die auf den Namen von Gesellschaftern der KG geführt wurden, als eigenes Betriebsvermögen ausgewiesen. Die Erträge daraus (409 949 DM) hatte die KG als Betriebseinnahmen des Streitjahres 1974 erfaßt. Nach Eröffnung des Vergleichsverfahrens über das Vermögen der H Bank im Jahre 1974 hatte die KG ihren Gewinn um die Wertverluste bei den Sparguthaben (35 % Ausfallquote) in Höhe von 1 477 245 DM gemindert. Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA -) sah im Anschluß an eine Betriebsprüfung die Konten nicht als Betriebsvermögen der KG an.

Das Finanzgericht (FG) hat die Klage zurückgewiesen. Nach Rücknahme der Revision setzte die Kostenstelle des Bundesfinanzhofs (BFH) gemäß § 4 des Gerichtskostengesetzes (GKG) die Gerichtskosten bei einem Streitwert von 705 027 DM auf 8 906 DM fest.

Die Klägerin beantragt, den Streitwert durch Beschluß des Prozeßgerichts festzusetzen.

 

Entscheidungsgründe

Der Antrag ist zulässig.

Er kann ohne Einhaltung einer Frist gestellt werden (BFH-Beschluß vom 25. Juli 1978 VII R 69/76, BFHE 125, 353, BStBl II 1978, 599). Für die Festsetzung durch das Prozeßgericht gemäß § 25 GKG besteht auch ein Rechtsschutzbedürfnis (zu diesem Erfordernis vgl. BFH-Beschluß vom 11. Dezember 1974 I B 46/74, BFHE 115, 1, BStBl II 1975, 385). Die hier anstehende Rechtsfrage hat der BFH bisher nicht entschieden. Dem Rechtsschutzinteresse steht auch nicht entgegen, daß der Kostenbeamte des BFH den Streitwert bereits im Rahmen der Kostenrechnung ermittelt hat (vgl. BFH-Beschluß vom 20. Juli 1983 I R 100/77, I R 66/82, nicht veröffentlicht).

Der Streitwert im Revisionsverfahren vor dem BFH beträgt 50 v. H. von 1 410 055 DM = 705 027 DM. Zwar hat die Klägerin im Hauptverfahren beantragt, den Gewinn von . . . DM auf . . . DM herabzusetzen, d. h. um 1 000 106 DM zu mindern; auf den Antrag allein kommt es aber im Rahmen der Gewinnfeststellung nicht entscheidend an.

Im Verfahren der einheitlichen und gesonderten Gewinnfeststellung ist der Streitwert nach den vermutlichen einkommensteuerlichen Auswirkungen zu schätzen (BFH-Beschluß vom 20. Dezember 1985 VIII R 341/82, BFH/NV 1986, 481). Dabei kommt es nicht allein auf Auswirkungen bei den Besteuerungsgrundlagen der Einkunftsart an, in der die Gewinne festgestellt wurden. Maßgeblich ist die Auswirkung auf die Einkommensteuer der Beteiligten. So hat der BFH beim Streit darüber, ob Erträge den Einkünften aus Gewerbebetrieb zuzuordnen waren, den Streitwert nicht nach der Höhe des festgesetzten Gewinns bemessen, obwohl die ersatzlose Aufhebung der Gewinnfeststellungsbescheide beantragt worden war (BFH-Beschluß vom 30. Juli 1985 VIII R 239/81, BFH/NV 1986, 174). Der BFH zog in Betracht, daß die Erträge im Fall des Obsiegens bei den Einkünften aus Kapitalvermögen oder Vermietung und Verpachtung zu erfassen waren (ähnlich BFH-Urteil vom 12. März 1970 IV 4/64, BFHE 99, 11, BStBl II 1970, 547; BFH-Beschluß vom 30. Juni 1989 VIII R 372/83, BFH/NV 1989, 802). Aus dem gleichen Grund ist hier zu berücksichtigen, daß die Zinserträge in Höhe von 409 949 DM unstreitig entweder bei den Einkünften aus Gewerbebetrieb oder bei den Einkünften aus Kapitalvermögen zu erfassen waren. Streitig ist allein, ob darüber hinaus der Gewinn um die Wertverluste in Höhe von 1 477 245 DM zu mindern war. Dieser Betrag allein wirkte sich auf die Einkommensteuer der am Feststellungsverfahren Beteiligten aus (allerdings gemindert um die Korrektur der Gewerbesteuerrückstellung, vgl. dazu BFH-Beschluß vom 28. Mai 1980 IV R 135/79, BFHE 130, 484, BStBl II 1980, 591).

Der Streitwert beträgt 50 v. H. von 1 410 055 DM (1 000 106 DM + 409 949 DM). Bei einem Gewinn von mehr als 1 Mio. DM kann mit einer einkommensteuerlichen Belastung von 50 v. H. gerechnet werden (BFH-Urteil vom 25. Juni 1985 VIII R 338/82, BFH/NV 1986, 88).

 

Fundstellen

Haufe-Index 416892

BFH/NV 1990, 449

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