Entscheidungsstichwort (Thema)

Revision durch Steuerberatungsgesellschaft

 

Leitsatz (NV)

1. Steuerberatungsgesellschaften sind von der Vertretung vor dem BFH ausgeschlossen.

2. Prozeßerklärungen sind auslegungsfähig. Ziel der Auslegung ist es, den wirklichen Willen des Erklärenden zu erforschen.

3. Die Revisionseinlegung durch eine Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberatungsgesellschaft kann nicht in eine Revisionseinlegung durch die sie vertretende Person umgedeutet werden.

 

Normenkette

BFHEntlG Art. 1 Nr. 1

 

Tatbestand

Das Finanzgericht (FG) hat die Klage der Kläger und Revisionskläger (Kläger) abgewiesen. Mit Schreiben vom 15. Juni 1984 - 63.915.84.03/gr -, eingegangen beim FG am 18. Juni 1984, legten die Kläger gegen das Urteil des FG Revision ein.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist unzulässig.

1. Vor dem Bundesfinanzhof (BFH) muß sich - wie auch aus der Rechtsmittelbelehrung in dem angefochtenen Urteil hervorgeht - jeder Beteiligte, sofern es sich nicht um eine juristische Person des öffentlichen Rechts oder um eine Behörde handelt, durch einen Rechtsanwalt, Steuerberater oder Wirtschaftsprüfer als Bevollmächtigten vertreten lassen (Art. 1 Nr. 1 Satz 1 des Gesetzes zur Entlastung des Bundesfinanzhofs - BFHEntlG -).

Steuerberatungsgesellschaften sind von der Vertretungsbefugnis ausgeschlossen (BFH-Beschluß vom 12. November 1976 III R 14-15/76, BFHE 120, 335, BStBl II 1977, 121; verfassungsrechtlich bestätigt durch Beschluß des Bundesverfassungsgerichts -BVerfG - vom 7. August 1978 2 BvR 26/77, Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung - HFR - 1978, 420).

2. Die Revision der Kläger ist von der Treuhandgesellschaft mbH X eingelegt worden.

Prozeßerklärungen sind auslegungsfähig. Ziel der Auslegung ist es, den wirklichen Willen des Erklärenden zu erforschen (vgl. § 133 des Bürgerlichen Gesetzbuches - BGB -). Die Auslegung hat jedoch insoweit eine Grenze, als zwar außer der Erklärung weitere Umstände zu berücksichtigen sein können, die Auslegung aber nicht zu der Annahme eines Erklärungsinhalts führen darf, für den sich in der Erklärung selbst keine Anhaltspunkte mehr finden lassen; denn in dieser Hinsicht kommt es auf die Verkörperung des Willens in der prozessualen Erklärung an (vgl. BFH-Urteil vom 1. April 1981 II R 38/79, BFHE 133, 151, BStBl II 1981, 532, m. w. N.).

Eine Auslegung der Revisionsschrift vom 15. Juni 1984 ergibt, daß die Revision von der Treuhandgesellschaft mbH X, nicht von dem Wirtschaftsprüfer und Steuerberater Y eingelegt ist.

Die Revisionsschrift hat den Briefkopf ,,Treuhandgesellschaft mbH X". Im Briefkopf sind die Geschäftsführer der GmbH, u. a. der Wirtschaftsprüfer und Steuerberater Y genannt. Das Schreiben trägt die Unterschrift ,,Y".

Aus diesen Umständen ergibt sich, daß die Treuhandgesellschaft die Revision eingelegt hat. Daß das Schreiben die Unterschrift ,,Y" trägt, erlaubt eine Umdeutung in eine eigene Erklärung des Unterzeichners schon deshalb nicht, weil Wirtschaftsprüfer und Steuerberater Y ausweislich des verwendeten Briefkopfes Geschäftsführer der GmbH ist. Einer Auslegung, daß es sich um ein Schreiben der Gesellschaft handelt, steht nicht entgegen, daß die Revisionsschrift nur von einer Person unterzeichnet ist, denn es ist rechtlich zulässig, daß eine GmbH durch einen Geschäftsführer vertreten wird. Allein die Verwendung der ,,Ich"-Form (unter dem Briefkopf einer GmbH) hindert nicht die Annahme, daß das Rechtsmittel namens der Gesellschaft eingelegt worden ist. Im Hinblick auf den Rechtsgrundsatz des § 164 Abs. 2 BGB ist im Interesse der Rechtsklarheit davon auszugehen, daß eine unter dem Briefkopf einer GmbH von deren Geschäftsführer abgegebene Erklärung mangels irgendwelcher Einschränkungen als Erklärung der GmbH angesehen werden muß (vgl. BFH-Beschlüsse vom 2. März 1988 X B 101/87, BFH/NV 1988, 588; vom 8. August 1986 VIII R 64/85, BFH/NV 1987, 182; vom 20. Januar 1987 VI R 28/86, BFH/NV 1987, 387).

Die nach Ablauf der Revisionsfrist erfolgte Vorlage einer auf den Wirtschaftsprüfer und Steuerberater Y lautenden Vollmacht und die Einlassung, nur aus postalischen Gründen sei ein Briefkopf der Steuerberatungsgesellschaft verwendet worden, können den Mangel der Wirksamkeit, der der Revisionseinlegung durch die GmbH anhaftet, nicht beheben. Der Senat nimmt hierzu auf die Ausführungen im Beschluß vom 7. Februar 1977 IV B 62/76 (BFHE 121, 171, BStBl II 1977, 291) Bezug, gegen den eine Verfassungsbeschwerde erfolglos gewesen ist (BVerfG-Beschluß vom 1. August 1977 2 BvR 284/77, nicht veröffentlicht).

3. Die Revisionseinlegung durch eine Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberatungsgesellschaft kann nicht in eine Revisionseinlegung durch die sie vertretende Person umgedeutet werden (BFH-Beschluß vom 29. April 1981 I R 24/81, BFHE 133, 338, BStBl II 1981, 651). Der Mangel der Vertretung kann auch nicht durch Erklärungen postulationsfähiger Personen geheilt werden (BFH-Beschluß vom 23. November 1978 I R 56/76, BFHE 126, 366, BStBl II 1979, 173).

 

Fundstellen

Haufe-Index 416179

BFH/NV 1989, 449

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