Leitsatz (amtlich)

Bei der Entscheidung über die gegen einen Kostenansatz eingelegte Erinnerung ist ein Richter nach § 51 Abs. 2 FGO von der Ausübung seines Amtes ausgeschlossen, wenn er den Kostenbeamten zum Ansatz der streitigen Kosten angewiesen hat.

 

Normenkette

FGO § 51 Abs. 2

 

Tatbestand

In einem Rechtsstreit vor dem FG legte der Kostenschuldner und Beschwerdeführer (Kostenschuldner) gegen einen Beschluß des FG vom 5. Juni 1973, mit dem ihm die Vorlage einer Urkunde aufgegeben worden war, Beschwerde ein. Der BFH verwarf diese und erlegte die Kosten dem Kostenschuldner auf. Der Kostenbeamte des FG setzte am 25. März 1974 diese Kosten nach einem Streitwert von 3 000 DM an. Die besonders wegen des Streitwertes eingelegte Erinnerung des Kostenschuldners wies das FG durch Beschluß vom 19. November 1974 zurück. Es führte aus: Der Kostenschuldner sei durch den angenommenen Streitwert von 3 000 DM nicht benachteiligt. Der Kostenbeamte hätte nämlich von einem höheren Streitwert ausgehen müssen. Es neige zu der Auffassung, daß dieser mit 25 % des im Hauptverfahren streitigen Betrages von 19 700 DM anzusetzen sei, könne aber den Kostenansatz nicht zum Nachteil des Kostenschuldners ändern.

Auf Anweisung des Präsidenten des FG, der an dem Beschluß vom 19. November 1974 als Richter mitgewirkt hatte, fertigte der Kostenbeamte am 26. November 1974 einen neuen Kostenansatz gegenüber dem Kostenschuldner. Die von diesem hiergegen eingelegte Erinnerung wies das FG unter dem Vorsitz des Präsidenten durch Beschluß vom 30. Dezember 1974 als unbegründet zurück. Das FG ließ aber die Beschwerde zu.

 

Entscheidungsgründe

Dieses Rechtsmittel hat der Kostenschuldner form- und fristgerecht eingelegt. Es ist auch begründet.

Die durch den angefochtenen Beschluß vom 30. Dezember 1974 getroffene Entscheidung über die Erinnerung des Kostenschuldners gegen den Kostenansatz vom 26. November 1974 ist als rechtswidrig aufzuheben, weil der an ihr beteiligt gewesene Präsident des FG gem. § 51 Abs. 2 FGO in dieser Sache von der Ausübung seines Amtes als Richter ausgeschlossen war. Der Präsident hatte nämlich in dem der Erinnerung vorausgegangenen Verwaltungsverfahren mitgewirkt. Der Kostenansatz ist eine Maßnahme der Gerichtsverwaltung, bei der der Kostenbeamte Weisungen seines Vorgesetzten zu befolgen hat (vgl. BFH-Beschluß vom 30. Januar 1973 VII B 127/71, BFHE 108, 294, BStBl II 1973, 498; Markl, Gerichtskostengesetz, § 4 Anm. 3; Mielke, Gerichtskostengesetz, § 4 Anm. 2). Das zu ihm führende Verfahren ist also ein Verwaltungsverfahren. Die Mitwirkung des FG-Präsidenten in dem Verfahren, das zu dem Kostenansatz vom 26. November 1974 führte, bestand darin, daß er den Kostenbeamten anwies, den ursprünglichen Kostenansatz vom 25. März 1974 durch diesen Kostenansatz zu berichtigen.

Der Wortlaut des § 51 Abs. 2 FGO stimmt mit dem des § 54 Abs. 2 VwGO überein. Zu dieser Vorschrift hat das BVerwG im Urteil vom 29. Januar 1965 VII C 84/62 (Verwaltungsrechtsprechung Bd. 17 S. 637) ausgeführt: In der Rechtsprechung des BVerwG stehe fest, daß unter dem Begriff des "vorausgegangenen Verfahrens" bei einer Anfechtungsklage das gesamte Verwaltungsverfahren zu verstehen sei, das den Erlaß des angefochtenen Verwaltungsakts zum Gegenstand gehabt habe. Jede Mitwirkung, auch beratender Art, werde unter Einbeziehung des Widerspruchsverfahrens durch diese Vorschrift erfaßt. Dagegen gehörten andere, insbesondere frühere Verwaltungsverfahren nicht zu dem vorausgegangenen Verfahren im Sinne dieser Vorschrift. Der Ausschließungsgrund des § 54 Abs. 2 VwGO beruhe auf der Erwägung, daß jede Mitwirkung bei der im Verwaltungsverfahren getroffenen Entscheidung bei dem durch den Verwaltungsakt Betroffenen den Eindruck hervorrufen könnte, daß der inzwischen in das Richteramt hinübergewechselte Verwaltungsbeamte sich bereits festgelegt habe und seine Entscheidung als Richter nicht mehr mit der gebotenen Objektivität treffen könne.

Im vorliegenden Falle eines Kostenansatzverfahrens handelt es sich zwar nicht um einen Fall, wie ihn das BVerwG beurteilt hat und den auch die §§ 51 Abs. 2 FGO und 54 Abs. 2 VwGO in erster Linie ansprechen, daß nämlich ein Verwaltungsakt überprüft wird, an dessen Zustandekommen einer der Richter als -damaliger - Verwaltungsbeamter mitgewirkt hat. Hier soll vielmehr ein Justiz verwaltungsakt (vgl. den BFH-Beschluß vom 30. Januar 1973 VII B 127/71) überprüft werden, also ein Akt des Gerichts selbst, an dessen Zustandekommen ein Richter maßgeblich mitgewirkt hat. Auch hier treffen aber - wenn nicht sogar erst recht - die Ausführungen des BVerwG über den Sinn des § 54 Abs. 2 VwGO und damit auch über den des gleichlautenden § 51 Abs. 2 FGO voll zu. Demnach ist auch bei der Entscheidung über die gegen einen Kostenansatz eingelegte Erinnerung ein Richter nach § 51 Abs. 2 FGO von der Ausübung seines Amtes ausgeschlossen, wenn er den Kostenbeamten zur Ausfertigung des Kostenansatzes angewiesen hat.

Da das FG bei der Erinnerungsentscheidung vom 30. Dezember 1974 nicht vorschriftsmäßig besetzt war, prüft der erkennende Senat die sachliche Richtigkeit dieser Entscheidung nicht nach. Die Sache ist daher entsprechend § 126 Abs. 3 Nr. 2 FGO an das FG zurückzuverweisen.

 

Fundstellen

Haufe-Index 71125

BStBl II 1975, 856

BFHE 1976, 453

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